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Kalibrieren der Risikokosten

6.2 Modellaufbau und formale Validierung

6.2.2 Kalibrieren der Risikokosten

Die Plan-Logistikkosten werden aus der Summe aller historischen Belieferungen be-rechnet. Das heißt, potentielle Risikokosten sind in dieser Summe der Logistikkosten zwar enthalten, gehen aber nur mit dem durchschnittsbildenden Faktor in die Bewer-tung einer Belieferungskonstellation mit ein. Um die Datenbasis um die enthaltenen Risikokosten zu korrigieren bzw. zu kalibrieren, werden die bewerteten Plan-Logistikkosten des Lieferanten eines Windparks aus der Ist-Situation von den tat-sächlich angefallenen Ist-Logistikkosten abgezogen. Im Falle einer positiven Diffe-renz zwischen den vorab beschriebenen Plan- und Ist-Logistikkosten werden diese als angefallene Risikokosten ausgewiesen. Der bewertete Kostenunterschied zwi-schen der Ist-Situation und einem optimierten Szenario ist somit das Einsparpotential ohne Berücksichtigung der Risikokosten. Werden die eben definierten Risikokosten

von der beschriebenen Kostendifferenz abgezogen, erhält man das Einsparpotential nach Abzug und somit unter Berücksichtigung der hergeleiteten und somit theoreti-schen Risikokosten. Für den Fall, dass diese Risikokosten negativ sind, die tatsäch-lich angefallenen Kosten also geringer sind als die mit demselben Lieferanten bewer-teten Plankosten, werden diese gleich null gesetzt. Wenn der im Rahmen der Opti-mierung gewählte Lieferant dem historischen Ist-Lieferanten entspricht, dann wird ein mögliches Gesamtpotential nicht durch theoretische negative Risikokosten reduziert.

Wenn sich der optimierte Lieferant hingegen vom historischen Ist-Lieferanten unter-scheidet, dann wird das Potential nicht um den negativen Risikokostenwert erhöht.

Unter Anwendung einer solchen gezielten Kalibrierung des Modells, die eine Über-schätzung des Optimierungspotentials strukturell ausschließt, wird die Datenbasis für die nachfolgenden Optimierungen als formal ausreichend valide angenommen.

Um die Nachvollziehbarkeit der Kalibrierung zu ermöglichen, werden nachfolgend die Zahlenbeispiele in Abbildung 42: Beispiele aus der Fallstudien-Stichprobe (Ist-Situation) für die Projektbewertung exklusive und inklusive Risikokosten beschrieben.

Abbildung 42: Beispiele aus der Fallstudien-Stichprobe (Ist-Situation) für die Projektbewertung exklusive und inklusive Risikokosten

Quelle: Eigene Darstellung

Das Projekt P1 wurde in der Ist-Situation von Lieferant L1 beliefert. In einem optimier-ten Szenario wurde als Quelle hingegen L6 gewählt. Die realen Ist-Kosten waren hö-her als die Plan-Ist-Kosten, die mit dem gleichen Lieferanten (L1) als Quelle anhand der im Anhang 9.1 beschriebenen Applikation zur Bewertung und Analyse von Auf-tragszuordnungskonstellation bewertet wurden. Daraus leiten sich theoretische Risi-kokosten in Höhe von rund 110.000€ ab. Die Plankosten mit dem optimierten Liefe-ranten L6 als Quelle liegen ausgesprochen deutlich unter den Ist-Kosten. Damit ergibt sich ein Potential exklusive der Risikokalibrierung, welches sich aus der

Gegenüber-Projekt P1 L1 L6 762,335 652,264 110,072 180,000 582,335 472,264 P2 L2 L4 884,322 942,159 -57,837 315,900 568,422 626,259

P3 L3 L5 276,235 260,701 15,533 262,988 13,247 -2,287

P4 L3 L3 346,126 337,316 8,810 337,316 8,810 0

P5 L3 L3 313,259 337,832 -24,573 337,832 -24,573 0

stellung der realen Ist-Kosten und den Plankosten der alternativen Quelle ergibt, in Höhe von gut 582.000€. Das um die theoretischen Risikokosten kalibrierte Potential liegt nach Abzug der Risikokosten entsprechend niedriger bei noch gut 472.000€.

Grundsätzlich werden bei der Kalibrierung also Plankosten von Plan-Ist-Kosten ab-gezogen, um Risiko- oder Bewertungseffekte so weit als möglich aus der Ergebnis-gegenüberstellung auszuschließen. Neben diesem verhältnismäßig einfach nachvoll-ziehbaren Normalfall gibt es jedoch eine Reihe von weniger intuitiven Konstellatio-nen, die nachfolgend beschrieben werden:

Beim Projekt P2 liegen die Plan-Ist-Kosten beispielsweise über den Ist-Kosten. Dar-aus leiten sich negative Risikokosten in Höhe von knapp 58.000€ ab. Das bedeutet, dass der durchschnittliche Risikokostenanteil in den Plankosten über den tatsächlich realisierten Risikokosten liegt. Dieser Umstand lässt wiederum darauf schließen, dass dieses Projekt sehr effizient und mit geringen Risikokosten durchgeführt werden konnte. Die Plankosten mit dem optimierten Lieferanten als Quelle liegen wiederum deutlich unter den Ist-Kosten. Damit ergibt sich weiterhin ein Potential durch die Wahl der alternativen Quelle. Diesmal liegt das kalibrierte Potential jedoch über dem Po-tential exklusive der Kalibrierung. Die Begründung für dieses Vorgehen liegt zum ei-nen in der Absicht eines möglichst konsistenten Vorgehens. Zum anderen lässt es sich aber auch damit begründen, dass die reale Errichtung offenbar mit sehr gerin-gen Risikoereignissen durchgeführt werden konnte. Dieser Umstand sollte sich dann auch in der Potentialbewertung niederschlagen.

Beim Projekt P3 sind die Risikokosten wieder positiv und müssen vom Vergleich ex-klusive Risiko abgezogen werden. Das Ergebnis ist hier jedoch, dass die Logistikkos-ten der Ist-Situation etwas geringer ausfallen als die der optimierLogistikkos-ten Variante. Da in der Optimierung ausschließlich mit Plankosten gerechnet wird, lässt das darauf schließen, dass dem ursprünglichen Lieferanten hier entweder keine freie Kapazität mehr zur Verfügung stand, oder dessen Komponentenkosten über denen der alter-nativen gewählten Quelle liegen.

In der Konstellation des Projektes P4 sind der Ist- und der Planlieferant identisch. Die Plan-Ist-Kosten sind geringer als die tatsächlich angefallenen Kosten. Das deutet darauf hin, dass in der Belieferung kleinere Risikoereignisse eingetreten sind. Diese Kosten dürfen bei einem fairen Vergleich der Auftragszuordnung aber keine Rolle

spielen, da sie in der bewerteten Situation nicht abgebildet werden. Deshalb wird der Vergleich inklusive Risiko nach Abzug der Risikokosten gleich null gesetzt.

Im abschließenden Fallbeispiel P5 sind der Ist- und der Planlieferant wiederum iden-tisch. Der Unterschied liegt in den hier vorliegenden negativen Risikokosten. Analog zu dem vorhergehenden Beispiel werden die kalibrierten Potentiale wieder gleich null gesetzt, um weder theoretische Potentiale noch Mehrkosten zu bewerten.