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Wenn Du nicht weiter weißt, kannst Du Dich an die Klingelknopfgruppen wenden

Beispiel 11: Ich kann küssen, wen ich will

Was nun?

Wie gehe ich mit der Sorge der Eltern um?

Wie gehe ich mit den im Raum stehenden Vorurteilen um?

Wen muss ich einbeziehen (Jugendleiter, Jugendliche, Eltern, Verband)?

Möglicher Umgang mit der Situation

1. Du solltest den Vorfall beim Elternabend nicht unkommentiert stehen lassen.

Beziehe klar Position und mache deutlich, dass eine sexuelle Orientierung kein Kriterium für die Auswahl von Jugendgruppenleiter/innen ist. Trage klar nach außen, dass es keine Diskussion gibt und es zum Selbstverständnis der Jugend-feuerwehr gehört, dass es genau wie in Stadtverwaltungen, Schulen oder im Bundestag bei euch im Verband Schwule und Lesben gibt und das dies für die Arbeit keine Rolle spielt.

2. Auch im Nachhinein ist es wichtig, die Situation noch einmal aufzugreifen. Da-bei solltest Du die Sorge der Eltern ernst nehmen und zum Thema machen, aber gleichzeitig verdeutlichen, dass die automatische Verbindung „schwul = Kinder-schänder“ für Dich nicht tragbar ist und dass sich die Sorge genauso auf die he-terosexuellen Männer und die Mädchen in der JF beziehen müsste. Die meisten Fälle sexuellen Missbrauchs werden in der Regel von heterosexuellen Männern an jungen Mädchen verübt, der Umkehrschluss wäre also, dass die Jugendfeuer-wehr keine heterosexuellen Männer mehr als Jugendbetreuer einsetzen dürfte.

3. Du solltest die Situation in Deiner JF diskutieren und den betroffenen Jugend-leiter und das JugendJugend-leiterteam sowie Deinen Vorgesetzten mit einbeziehen und gemeinsam mit ihnen überlegen, wie ihr mit der Ungunst der Eltern umgeht und zu dem Thema arbeiten könnt. Ihr könnt beispielsweise

Du leitest einen Elternabend, auf dem sich zwei Eltern sehr besorgt über den neuen Jugendleiter äußern. Sie haben gehört, er sei schwul und finden es sehr bedenklich, dass er eine Gruppe von von 10- bis 17-jährigen Jungen betreut.

Sie machen sich Sorgen, dass er sich nur wegen der Jungen in der Jugendfeu-erwehr engagiert und sich an ihren Söhnen vergehen könnte.

Einzelne Eltern stimmen dem Vorwurf nickend zu, die anderen sagen gar nichts dazu.

Demokratie steckt an / Trainingshandbuch für die JuLeiCa-Ausbildung und den Alltag der Jugendfeuerwehr / www.demokratie.jugendfeuerwehr.de

4. Falls Du das Gefühl hast, der Aufgabe nicht gewachsen zu sein, kannst Du Dich an die Klingelknopfgruppen aus Brandenburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt oder Thüringen, an die Feuer-wehrgays oder direkt an eine Beratungsstelle außerhalb des Verbandes wenden.

Adressen hierzu findest Du im Infoteil.

Welche Themen werden berührt?

Schwulenfeindlichkeit Heterosexismus Vorurteile Ausgrenzung

Methoden/Arbeitsmaterialien

Der Text Was ist Heterosexismus zeigt auf sehr humorvolle und sarkastische Art und Weise die Beliebigkeit von Zuschreibungen auf.

Damit kannst Du den einen oder anderen Schmunzler herauslocken und dazu anregen, darüber nachzudenken, was wir so tagtäglich an Schubladen öffnen, in die wir unsere Mitmenschen stecken.

Mit dem Modul Vorurteile kannst Du einen sensibleren Umgang mit diesen trainieren.

Die Übung Parolen Paroli bieten könntest Du mit Deinem Jugend-leiterteam durchführen, um euch auf weitere Diskussionen in der Elter-narbeit vorzubereiten.

Bezug zur JuLeiCa-Ausbildung

Rechtliche Grundlagen in der Jugendarbeit, Leitung von Gruppen, Seminargestaltung, Konfliktbewältigung, Öffentlichkeitsarbeit

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Und Du? Wie würdest Du reagieren? Übungsbeispiele

In den Beispielen aus der Praxis (Kapitel 3.5) habt Ihr gesehen, wie man vorgehen kann. Die aufgezeigten Handlungsmöglichkeiten sind als Beispiele zu verstehen und nur einige von vielen guten Möglichkeiten, wie man reagieren kann. Jede Situation hat ihre eigene Dynamik und fordert eine individuelle Reaktion. Es kann aber helfen, sich im Vorfeld schon mit möglichen Szenarien auseinander gesetzt und gewisse übertragbare Muster und Methoden durchgespielt zu haben. So seid Ihr Euch klarer darüber, was euch im Umgang mit solchen Vorfällen wichtig ist und was Euch vielleicht noch fehlt, um reagieren zu können.

Anhand folgender Beispiele könnt Ihr Euch in einer Diskussion oder in Form eines Rollenspiels Lösungsstrategien erarbeiten.

Kopiervorlage

Konflikt 1 Deine Jugendfeuerwehr ist für ihre engagierte Jugendarbeit bekannt. Man ist nicht nur im Bereich der technischen Aus- und Fortbildung „spitze“, sondern man betreibt zudem vielseitige allgemeine Jugend- und Freizeitarbeit.

Besonders stolz ist man auch auf die Patenschaft, die die JF/FF für den Auf- und Ausbau einer Dorfschule in Afrika übernommen hat. Die nächste Spen-denaktion zur Unterstützung des Projektes wird vorbereitet.

Die Betreuer/Ausbilder stellen das Projekt vor. Doch ein JF-Mitglied vertritt plötzlich folgende Ansicht: „Das bringt doch nichts. Die Menschen in den Ent-wicklungsländern sind nur zu faul, um das zu leisten, was wir schaffen“.

Konflikt 2 In der Nachbarortschaft „dümpelt“ die JF-Arbeit so vor sich hin. Langweile stellt sich bei einigen Gruppenmitgliedern ein, weil „nichts läuft“.

Zu einem Ausbildungsabend (aber noch vor dem offiziellen Beginn) bringt Hugo ein PC-Spiel mit – es trägt den Titel „Anti-Türkentest“ und auf dem Cover ist zudem ein Hakenkreuz zu erkennen.

Alle wollen wissen, was es mit dem Spiel so auf sich hat und zudem sieht es

Demokratie steckt an / Trainingshandbuch für die JuLeiCa-Ausbildung und den Alltag der Jugendfeuerwehr / www.demokratie.jugendfeuerwehr.de

Konflikt 3 Kurt bringt zu einem Ausbildungsabend den deutsch-tunesischen

Jugendli-chen Samir mit, der gerne bei der Jugendfeuerwehr mitmaJugendli-chen möchte. Man vereinbart, wie bei allen anderen potentiellen Mitgliedern auch, eine Probe-zeit.

Das „Experiment“ verläuft aus Sicht der verantwortlichen Betreuer und Aus-bilder positiv.

Allerdings sind immer wieder einige „Sticheleien“ festzustellen und Vorurteile (z.B. „Der will sich doch gar nicht integrieren lassen“ oder „Der ist doch mit seiner Familie nur aus wirtschaftlichen Gründen zu uns gekommen“…) wer-den laut. Karl, der zu wer-den Meinungsmachern der Gruppe zählt, kündigt sogar an, dass er aus der JF austreten werde, wenn Samir aufgenommen wird.

Konflikt 4 Ein typisches Ersatzsymbol für verbotene nationalsozialistische Zeichen ist die

Zahl „88“. Nach der Reihenfolge des Alphabets steht diese Zahl für die Buch-staben „HH“, also „Heil Hitler“.

Bei einem Jugendfeuerwehrzeltlager präsentiert sich Emil mit einem entspre-chenden T-Shirt. Obwohl diese Symbolik den verantwortlichen Betreuern und Ausbildern sowie einigen Jugendlichen bekannt ist, wird das Tragen dieses T-Shirts toleriert.

Beim nächtlichen Lagerrundgang stellt Betreuer May fest, dass Emil im Zelt

„Judenwitze“ erzählt und die Meinung vertritt, dass „Hitler selbst gar nicht so schlimm war“.

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Ist ja nur ein Spruch…

„Oh, wieder so ein Uniformträger! Na, Du ‘Ich bin nichts, ich kann nichts, ich trage eine Uniform” oder „Feuerwehr, die saufen doch nur – die löschen immer gleich zweimal“. Überall höre ich dumme Sprüche, manchmal auch im Freund/

innenkreis, bei der Gruppenstunde, im Jugendklub oder auf der Party. Manchmal sind das Sprüche über Feuerwehrleute, aber auch über Frauen, Schwule, Auslän-der, Juden/Jüdinnen. Über den Spruch mit der Uniform ärgere ich mich immer maßlos. So ein Blödsinn, als ob die Feuerwehruniform etwas darüber aussagt, wie schlau ich bin, was ich politisch denke oder ob ich jeden unsinnigen Befehl befolgen würde. Das regt mich auf, diese Verallgemeinerungen. Auch das mit dem Alkohol – ja das ist ein Thema, wie in anderen Vereinen und Verbänden auch. Aber die verbreitete Meinung, unsere Kamerad/innen saufen nur, das ist doch ein Vorurteil. Jugendfeuerwehr und Freiwillige Feuerwehr sind durch ganz andere Merkmale charakterisiert. Für mich geht es in der Jugendfeuerwehr um ganz andere Dinge: Ums Helfen, um die Gemeinschaft, um das Engagement für die Gesellschaft und auch darum, Verantwortung zu übernehmen.

Wenn ich solche Sprüche höre, dann versuche ich ganz ruhig zu bleiben. Ich sage mir: Lass die doch reden, die haben ja keine Ahnung. Ich denke mir: Lachste mit, dann wird ihnen das schnell langweilig. Manchmal sage ich auch: „Wennste meinst – Du musst es ja wissen“. Aber innerlich rege ich mich total auf und fühle mich verletzt, schlecht behandelt usw. Meine Erfahrung ist, wenn ich was da-gegen sage, dann fühle ich mich besser, auch wenn die blöden Sprüche weiter gehen. Wenn ich sage: Solche Sprüche sind dumm, dann kommen oft ähnliche Reaktionen: „Das ist doch gar nicht so gemeint“, „Nimm es doch nicht gleich persönlich“ oder „Stell Dich nicht so an“, „Ich kann doch nicht immer an alles denken, das ist ja Gedankenpolizei hier!“... Also wieder Sprüche, Rechtfertigun-gen, Verharmlosungen und wieder Kränkungen.

Diskriminierende und verallgemeinernde Sprüche