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2.2 Messinstrumente

2.2.1 Interviewleitfaden

Aufbau und Zusammenstellung des Interviewleitfadens

Die Zusammenstellung des Interviewleitfadens erfolgte einerseits auf der Grundlage der dargestellten Definition, andererseits mit der Absicht, das Phänomen interpersonelles Vertrauen möglichst eingehend zu analysieren und dabei denkbar vielfältige Anregungen für die Entwicklung eines Messinstrumentes zu seiner Erfassung zu erhalten.

Aus diesem Grunde wurde den Befragten die Möglichkeit gegeben, die Fragen überwiegend frei zu beantworten, wobei der Interviewer sich die Option offen hielt, im Einzelfall nachzufragen, falls etwas unklar geblieben sein sollte. Nach dem Hinweis auf die Vertraulichkeit und Gewährleistung der Anonymität wurde zudem um spontanes Antworten gebeten. Dabei wurde eingeräumt, dass im Zweifelsfall genug Zeit zum Überlegen vorhanden sei und das Interview lediglich Forschungszwecken diene – also nicht die Persönlichkeit, Intelligenz oder das Ausdrucksvermögen der Befragten bewertet werde.

Angesetzt waren die Interviews auf 90 Minuten. Wie bereits erwähnt, wurde dieser Rahmen meist überschritten.

Zunächst wurden für die Beschreibung der Stichprobe persönliche Daten der Teilnehmer der Interviewstudie aufgenommen. Daraufhin erfolgte die Erhebung persönlicher Erfahrungen mit dem Vertrauen in andere Menschen, bevor jeder Teilnehmer eine persönliche Definition für den Begriff des interpersonellen Vertrauens geben sollte. Anschließend wurden Fragen zu den Voraussetzungen für die Entstehung von Vertrauen gestellt. Es folgte ein sehr zeitaufwendiger Interviewabschnitt zu den Unterschieden im Vertrauen in spezifische Personen und –gruppen. Im vorletzten Teil des Interviews sollte auf die Polarität des Vertrauensbegriffes, die Dynamik des interpersonellen Vertrauens und die vermutete Funktion eingegangen werden. Letztes Thema waren dann die Unterschiede zwischen interpersonellem Vertrauen und Selbstvertrauen, bevor abschließend eine Bewertung verschiedener Definitionen verlangt und die Möglichkeit gegeben wurde, eine eigene visuelle Vorstellung des Vertrauensbegriffes darzustellen.

Erhebung soziodemographischer Daten

Bei allen im Rahmen der vorliegenden Arbeit durchgeführten empirischen Erhebungen wurden einige Angaben zur Person erbeten. Wie bei Untersuchungen dieser Art üblich, wurden mit der Absicht, Gruppen von Versuchspersonen hinsichtlich ihres Antwortverhaltens zu vergleichen und die Stichprobe für eine Replizierbarkeit, Bewertung und Einordnung der Ergebnisse exakt zu beschreiben, in jedem Fall das Geschlecht, das Alter und der Familienstand erfragt. Auch im Rahmen der Interviewstudie wurde hiermit begonnen. Zudem wurde bei allen hier berichteten Erhebungen nach dem Bestehen einer Partnerschaft gefragt und bei Vorhandensein nach deren Dauer.

Weiterhin wurden als Indikatoren für die soziale Eingebundenheit der Befragten Angaben zur Größe des Freundeskreises und zur Wohnsituation erbeten. Hinsichtlich der Wohnung wurde danach gefragt, ob diese allein oder mit weiteren Personen bewohnt und für letzteren Fall, mit wem sie gegenwärtig geteilt wird. Es folgten Fragen nach dem Schulabschluss und zur aktuellen Arbeitssituation. Im Kontext der Interviews wurde dieser Abschnitt mit einer Frage nach der Konfession und einer Einschätzung der eigenen Religiosität beendet.

Eigene Erfahrungen mit Vertrauen

Zunächst wurden die Interviewteilnehmer zu eigenen Erfahrungen mit dem Vertrauen in einzelne Personen und in Gruppen befragt. Dabei bezogen sich die Fragen zunächst auf Einzelpersonen anschließend auf Gruppen. In jedem Fall wurde gefragt, was es bedeute, wenn man sagt, man könne Menschen vertrauen. Situationen, die den Befragten hierzu einfielen, sollten genauer beschrieben werden. In jedem Fall wurde nach Umständen gefragt, in denen sich Vertrauen „lohnte“ und nach solchen, in denen das Vertrauen „missbraucht“

wurde. Daraufhin sollten Personen (bzw. Gruppen) genannt werden, denen vertraut wird, und die Beziehung zu diesen Menschen beschrieben werden.

Es schloss sich die Frage an, welchen Menschen das meiste Vertrauen und welchen das wenigste Vertrauen entgegengebracht werde. Eine letzte Frage bezog sich darauf, welches Ausmaß das Vertrauen in eine Person bei den Befragten annehmen könne. Die Interviewteilnehmer wurden dazu gebeten, den Satz „Jemanden, dem ich das größte Vertrauen entgegenbringe, würde ich sogar…“ zu vervollständigen.

Vertrauensdefinition

Um eine Definition zu erhalten, die sich möglichst nicht ausschließlich auf konkrete Beispiele oder Erlebnisse aus dem eigenen Leben beschränkt, wurden die Interviewteilnehmer gebeten, sich eine Situation vorzustellen, in der sie einem „sympathischen Außerirdischen, der mit seinem UFO auf der Erde gelandet ist“, erklären sollten, was Vertrauen ist. In jedem Fall wurden die Befragten gebeten, auf die Gedanken und Gefühle, die mit Vertrauen verbunden sind, einzugehen.

Vertrauensdeterminanten

Um herauszufinden, welche Voraussetzungen für die Befragten erfüllt sein müssen, um einem Menschen zu vertrauen, wurden sie darum gebeten, darüber Auskunft zu geben, wovon es ihrer Meinung nach abhängt, ob sie einem Menschen ihr Vertrauen schenken können. Weiterhin sollten sieben Aussagen danach beurteilt werden, ob sie im Einzelnen zutreffen, unter Umständen zutreffen oder nicht zutreffen.

Diese Aussagen waren in der ersten Person formuliert und bezogen sich darauf, ob der Entscheidung, einem Menschen zu vertrauen, eine Überlegung, ein spontaner Entschluss oder ein Gefühl vorausgeht und wie weit diese Entscheidung von der Anonymität des Gegenübers, von dessen persönlicher Bekanntschaft, von dessen Bekanntschaft über Dritte oder von der eigenen Verzweiflung abhängt. Ferner wurde den Befragten die Entscheidung abverlangt, ob das Ausmaß des Vertrauens in eine andere Person am ehesten von der eigenen Persönlichkeit, von der Situation oder von der Beziehung zu diesem Menschen abhängt.

Spezielle Vertrauensbeziehungen

Eine Vielzahl von Anregungen für die Entwicklung von Items entsprangen den Beschreibungen spezieller Vertrauensbeziehungen. Dabei waren die Interviewteilnehmer gebeten, in wenigen Worten zu schildern, was das Besondere am Vertrauen in verschiedenen Beziehungen ist. Beschrieben werden sollte dabei das Spezielle am Vertrauen in den Partner bzw. die Partnerin, in den Freundeskreis und den Bekanntenkreis, in die Eltern, die eigenen Kinder, die Familie, in einen Fremden aber auch in die Regierung, die Zukunft, die Medien und die Werbung. Weiterhin war gefragt nach den Merkmalen, die das Vertrauen in Ärzte, in Therapeuten und in Pastoren bzw. Pfarrer konstituieren. Auch auf das Vertrauen in Verkäufer, in Handwerker bzw. Facharbeiter, in Kunden, in Arbeitskollegen und in die Polizei sollte genau eingegangen werden.

Ein Fernsehbeitrag zur Zusammenarbeit der Polizei und anderer Ermittlungsbehörden mit Friseuren und Taxifahrern in amerikanischen Großstädten inspirierte zu einer Frage nach den möglichen Gründen für das besondere Vertrauen vieler Menschen in diese beiden Berufsgruppen.

Ebenfalls ein äußerer Anlass, in diesem Fall eine vor einiger Zeit durchgeführte Telefonumfrage zum Vertrauen in verschiedene Produkte am Markt (u.a. in spezielle Bausparverträge oder die Schokolade einer bestimmten Marke), regte zur Frage an, ob die Interviewteilnehmer davon ausgehen, dass auch unbelebten Objekten „vertraut“ wird. In diesem Fall sollten Beispiele für Gegenstände genannt werden, denen „vertrauensvoll“

begegnet werden könne bzw. müsse.

Insgesamt machte der Abschnitt zu speziellen Vertrauensbeziehungen einen erheblichen Anteil am Interview aus. Dafür erwiesen sich die Antworten auf die beschriebenen Fragen aber auch als sehr hilfreich für die Itemkonstruktion.

Polarität des Vertrauensbegriffes

Zu Beginn dieses Interviewabschnitts sollte zunächst erörtert werden, welcher Begriff am besten das Gegenteil von Vertrauen beschreibt. Dieser Begriff sollte anschließend definiert und darauf eingegangen werden, welche Gedanken und Gefühle sich dahinter verbergen.

Darum gebeten sich vorzustellen, dass Vertrauen in der Mitte einer Skala zwischen zwei Extremen angesiedelt sei, gestanden die meisten Befragten ein, dass ihnen dies nicht möglich ist. Folglich waren sie nicht in der Lage, die Extreme als Pole zu benennen. Die Nennung der Begriffe Misstrauen und Leichtgläubigkeit regte einige dazu an, das Bild wieder aufzunehmen, andere versuchten sich lieber in einer Beschreibung dieser Begriffe.

Auf die Haltung der Befragten in interpersonalen Beziehungen zielte die Frage ab, ob man ihrer Meinung nach grundsätzlich jedem Menschen eher vertrauen oder misstrauen sollte. Es folgte die Bitte um eine Begründung der Antwort.

Daraufhin wurde den Interviewteilnehmern eine Einschätzung der häufig Lenin zugeschriebenen Aussage „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“ abverlangt und weiterhin darum gebeten, den Unterschied zwischen Misstrauen und Vorsicht zu erläutern.

Abschließend, und mit den anderen Fragen dieses Abschnittes kaum in Zusammenhang stehend, sollten die Befragten Personen nennen, von denen sie selbst erwarteten, Vertrauen entgegengebracht zu bekommen.

Dynamik der Vertrauensentwicklung

Da das Entstehen und Vergehen von Vertrauen für die vorliegende Untersuchung nur am Rande von Interesse und die Analyse der Dynamik nicht zentrales Anliegen war, wurden gegen Ende des Interviews nur kurze Antworten auf die Fragen verlangt, wie Vertrauen entstehen könne, wodurch die Entstehung behindert werde, wie Vertrauen verloren gehe und wie man sich bewusst um den Aufbau von Vertrauen bemühen könne.

Funktion des Vertrauens

Auch auf die vermutete Funktion von Vertrauen sollten die Befragten nur kurz eingehen.

Dazu wurden sie gefragt, wofür es ihrer Meinung nach nötig sei, dass wir anderen Menschen vertrauen.

Vertrauen und Selbstvertrauen

Die letzte offene Frage des Interviews zielte darauf ab, dem Unterschied und dem Zusammenhang zwischen Vertrauen und Selbstvertrauen aus der Perspektive der Befragten nachzugehen.

Aussagen zum Vertrauen

Abschließend wurden den Interviewteilnehmern eine Reihe von Aussagen zum Vertrauen vorgelegt, die einerseits verschiedene Aspekte der dargestellten Vertrauensdefinition beschrieben, andererseits alternative Begriffsbestimmungen darstellten. Alle Aussagen wurden vorgelesen, konnten aber von den Befragten mitgelesen werden. Auf einer vierstufigen Skala (stimmt völlig – stimmt eher – stimmt eher nicht – stimmt gar nicht) sollte dann jede Aussage beurteilt werden.

Vertrauensbild

Vor der Verabschiedung wurde den Befragten noch die Möglichkeit gegeben, ihr Bild des Vertrauensbegriffes zu beschreiben oder zu Papier zu bringen. Tatsächlich zeichneten zwei der Befragten ihre visuelle Vorstellung von Vertrauen auf, während die meisten jedoch diese lediglich kurz beschrieben oder aber mitteilten, dass sie eine solche Vorstellung nicht hätten.