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Initiativen und Kooperationen in Europa

2.6 Forschungsansätze, Aktivitäten und Projekte

2.6.2 Initiativen und Kooperationen in Europa

Im europäischen Kontext bestehen inzwischen eine ganze Reihe verschiedener Projekte und Initiativen. Bereits im Jahr 1994 wurde die European Commission on Preservation and Access (ECPA) ins Leben gerufen. Dieses Gremium aus Vertretern europäischer Bibliotheken und Ar-chive, wie des schwedischen Nationalarchivs, der portugiesischen Nationalbibliothek oder der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek hat die Beschäftigung und Vernetzung im Bereich des Bibliothekswesens zur Aufgabe. So soll beispielsweise der Erhalt und Zugang des kulturellen Erbes Europas gefördert werden.45

Digital Culture (DigiCULT - Technology Challenges for a Digital Culture) wurde im Rah-men der EU/IST (Information Society Technologies) als Projekt zur regelmäßigen Einschät-zung aktueller Technologie für die Erhaltung des kulturellen und wissenschaftlichen Erbes über zweieinhalb Jahre von 2002 bis 2004 gefördert. Ziel dieses Projekts war es, durch

Beoach-42Vgl. http://www.dl-forum.de/deutsch/projekte/projekte_316_DEU_HTML.htm [DLR 2004].

43Siehe [DLR 2004]. Die Seiten werden seit Mitte 2007 aufgrund des Abschlusses dieses Projektes nicht mehr aktualisiert.

44Vgl. http://www.lrz-muenchen.de/projekte/langzeitarchivierung bzw. http://www.babs-muenchen.de:

Aufbau von digitalen Entitäten durch Kombination verschiedener Schemata, wie MARC, Dublin Core und Formatverifikation durch PREMIS oder JHOVE.

45Vgl. hierzu die Homepage - http://www.knaw.nl/ecpa.

2.6. FORSCHUNGSANSÄTZE, AKTIVITÄTEN UND PROJEKTE 33

tung und Bewertung bestehender und sich neu entwickelnder Technologien die Bemühung der europäischen Gedächtnisorganisationen um Langzeitzugriff und -archivierung durch Berichte, Workshops und Veranstaltungen zu unterstützen.46

Etwas anders angelegt wurde das ERPANET (Electronic Research Preservation and Ac-cess) Projekt,47das von 2001 bis 2004 lief. Von der Europäischen Kommission im Rahmen des

”Framework Programme 5” finanziert, verfolgt es einen deutlich breiter angelegten Ansatz, was sich sowohl in den Zielen als auch den angesprochenen und beteiligten Organisationen ausdrückt. So sollen praxistaugliche Informationen gesammelt und sichtbar gemacht sowie Best-Practice und Fähigkeiten auf dem Gebiet der digitalen Erhaltung des kulturellen Erbes und wissenschaftlicher Forschung gefördert werden.

Im Rahmen dieser Initiative sollten Gedächtnisorganisationen, wie Archive, Museen und Bibliotheken auf der einen mit Forschungseinrichtungen, der Software- und Unterhaltungsin-dustrie sowie Stellen der öffentlichen Verwaltung auf der anderen Seite zusammengebracht werden. Dazu wurde der Aufbau eines Kompetenznetzwerks mittels einer Kooperationsplatt-form gestartet, welche als Wissensbasis für aktuelle Entwicklungen und Forschungen dienen soll.

DELOS48 setzt die Reihe der ”Networks of Excellence” für Digitale Bibliotheken fort. Es erhielt hierzu eine Teilfinanzierung der EU-Kommission. Die Hauptaufgaben des Netzwerks liegen im Bereich Forschung, deren Ergebnisse allgemein zugänglich gemacht werden sollen und dem Technologietransfer durch Kooperationsvereinbarungen mit interessierten Partnern.

Das Projekt war auf eine Laufzeit von 2004 bis 2007 angelegt.

PLANETS (Preservation and Long-term Access through Networked Services) baut auf den eingangs genannten Initiativen auf und vereinigt deshalb eine Reihe bereits bekannter Akteure aus Großbritannien, den Niederlanden und Österreich. Es umfasst Mitglieder der Europäische National Bibliotheken und Archive, Forschungsinstitutionen und Technologiefir-men und addressiert die Herausforderungen des dauerhaften Zugangs und der Erhaltung des digitalen kulturellen und wissenschaftlichen Wissens.

Das PLANETS-Projekt49 wurde ursprünglich von der Königlichen Bibliothek der Nieder-lande, dem Nationalarchiv und der British Library initiiert. Der Projektstart erfolgte dann zum 1.Juni 2006. Angelegt ist PLANETS auf vier Jahre, der finanzielle Umfang, gefördert im Rahmen des ”Framework Programme 6” beträgt ca. 14 Mio. Euro. Insgesamt sind mehr als 100 Wissenschaftler und Angehörige der Partnerorganisationen am Vorhaben beteiligt. Das Projekt repräsentiert drei große Gruppen aus insgesamt fünf Nationen:

• Staats- und Nationalbibliotheken sowie -archive: Königliche Bibliothek der Niederlande und das Niederländische Nationalarchiv, Österreichische Nationalbibliothek, British Li-brary und The National Archive GB, die beiden Nationalbibliotheken Dänemarks und das Schweizerische Bundesarchiv.

• Universitäten und Forschungseinrichtungen bzw. Auftragsforschung: University of

Glas-46Homepage des Projekts http://www.digicult.info, siehe auch ”Core Technlogies for the Cultural and Scientific Heritage Sector”, DigiCULT Technology Watch Report 3, January 2005.

47Vgl. Projekt-Homepage - http://www.erpanet.org.

48DELOS Network of Excellence, siehe http://www.delos.info.

49Siehe Beschreibung der Zielsetzungen auf der Homepage [PLANETS 2008] unter http://www.planets-project.eu/about.

gow, Technische Universität Wien, Austrian Research Center (vergleichbar mit Fraun-hofer Instituten), Universität zu Köln, Universität Freiburg und die niederländisch/

britsche Tessella (Technologie-Support).

• Große Unternehmen der IT-Branche: IBM mit Forschungen zu UVM (Universal Virtual Machine) und Microsoft für die Unterstützung bei den älteren Dokumentenformaten.

Die Ziele von PLANETS liegen wie schon in vielen anderen der vorgestellten Initiativen im Zusammenbringen von Anwendern und Forschern, der Durchdringung des Problemfeldes und der Zusammenstellung und Verbreitung des bestehenden Wissens. Dabei erhoffen sich die beteiligten Bibliotheken und Nationalarchive Antworten auf Fragen zur Langzeitarchivierung und Handlungsrichtlinien für ihre digitalen Bibliotheken. Insgesamt werden sechs Teilprojekte bearbeitet:

• Preservation Planning - Erstellung von Tools zur Überprüfung von Entscheidungen und Voraussagen, Entwicklung von Werkzeugen und Umsetzung der proaktiven LA-Planungen, Erarbeitung von Vorschlägen zur Erweiterung des bestehenden OAIS Mo-dells (Open Archival Information System) siehe hierzu [Strodl u. a. 2007].

• Preservation Action - Generelle Beschreibung, Entwicklung, Bewertung von Archivie-rungsstrategien, Beschreibung, Entwicklung, Bewertung von Werkzeugen, am Objekt ansetzen oder die Ablaufumgebungen für unveränderte digitale Objekte bereitstellen.

• Preservation Characterization - Entwicklung von Strategien und Methoden zur (abstrak-ten) Objektbeschreibung, Objektbeschreibungsdatenbank als Kern zur Einbindung ins Interoperability Framework.

• Interoperability Framework - Auswahl möglicher Architekturen (Technologien, Softwa-re, Programmiersprachen), Service Interfaces zur Verbindung der verschiedenen Kom-ponenten, Schemata für und Einbindung der verschiedenen Datenbanken der anderen Subprojekte.

• Testbed - Aufsetzen und Betreiben einer Umgebung für Testaktivitäten und Drittanbie-ter-Zertifizierungen.

• Dissemination and Takeup - Kontakt zu Technologiepartnern, Softwareherstellern, Ent-wickler-Communities, Training, Weiterbildung, Workshops, Information.

CASPAR, ”Cultural, Artistic and Scientific Knowledge for Preservation, Access and Re-trieval”,50 wird ebenfalls von der EU im Rahmen des IST kofinanziert und startete ebenfalls im Jahr 2006 als Komplementärprojekt parallel zu PLANETS. Viele Fragestellungen und eini-ge Antworten überschneiden sich durchaus. Der Hauptfokus liegt auf dem Ziel verschiedene Partner aus sehr unterschiedlichen Bereichen des kulturellen Lebens, der Wissenschaft und dem künstlerischen Bereich zusammenzubringen. Das Projekt definiert hierfür folgende Ziele:

• Aufbau eines Langzeitarchivs basierend auf dem OAIS-Modell.

50Siehe http://www.casparpreserves.eu. Eine Erörterung des Forschungsziels mit Bezug zum OAIS bietet zudem [Factor u. a. 2007].

2.6. FORSCHUNGSANSÄTZE, AKTIVITÄTEN UND PROJEKTE 35

• Demonstration, dass ein solches Langzeitarchiv die Bedürfnisse der unterschiedlichen Nutzergruppen erfüllen kann.

• Anpassung und Integration aktueller Technologien für die Nutzung zur digitalen Lang-zeitarchivierung.

• Entwicklung von technischen Lösungen für nachhaltige Erweiterungen.

DPE, Digital Preservation Europe,51 ist eine Fortsetzung des ERPANET Projekts im IST-Programm der EU. Diese Initiative kümmert sich um Koordination, Integration von For-schungsinitiativen, Aus- und Weiterbildung sowie den Aufbau von Arbeitsgruppen zum The-ma.

Die drei letztgenannten EU-weiten Aktivitäten haben nach den breiter angelegten Überblicks-projekten zur Schaffung des Problembewusstseins das Ziel, neben weiterer Foschung und Information prototypische Software für die Nutzung in der Langzeitarchivierung zu schaffen.

In Großbritannien spielt das Digital Curation Centre52 eine wichtige Rolle in der aktuellen Diskussion zur Gestaltung der digitalen Langzeitarchivierung. Es behandelt Fragestellungen zur langfristigen Sicherstellung von Zitaten, die auf Datenbanken und Online-Ressourcen verweisen. Weitere Inhalte sind Datenintegration und geeignete Publikation, automatische Extraktion von semantischen Metadaten zur besseren Beschreibung, beispielsweise von PDF-Dokumenten. Zudem geht es um die Verifikation von OAIS-basierten Archivierungsansätzen.

Besonders hervorgetan für die Emulation als Langzeitarchivierungsstrategie hatte sich das britisch-amerikanische CAMILEON53 Projekt, welches gemeinsam von den Universitäten Mi-chigan und Leeds mit Förderung der JISC und NSF54 von 1999 bis 2003 durchgeführt wurde.

Der Fokus der Arbeiten lag im Bereich der Ermittlung von Möglichkeiten zur Langzeiter-haltung der ursprünglichen Funktionalität und Aussehen digitaler Objekte, der Untersuchung von Emulation als Langzeitarchivierungsstrategie und der Einordnung von Emulation in die digitale Langzeitarchivierung. In diesem Projekt wurde einerseits diskutiert, digitale Objekte in eine bestimmte Langzeiterhaltungsform zu bringen und dann die für diese Ebene notwen-dige Nutzungsumgebung zu erhalten. Auf der anderen Seite wurden Varianten der Migration diskutiert, welche weniger stark die Authentizät der Objekte gefährden.55