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Bei Patienten mit entzündlichen Darmerkrankungen konnte eine stark stimulierte Leukotriensynthese nachgewiesen werden. In den etablierten tierexperimentellen Modellen zur Erforschung der entzündlichen Darmerkrankungen ließ sich ebenfalls eine erhöhte Leukotriensynthese nachweisen und - wie bereits dargelegt - konnte mit den selektiven Leukotriensynthese-Inhibitoren eine sehr günstige Wirkung erreicht werden. Diese Befunde bildeten das Rational für die Anwendung von hochspezifischen 5-Lipoxygenase-Inhibitoren in der Therapie der entzündlichen Darmerkrankungen (207-209). Unter vergleichbaren Patientenkollektiven führte Zileuton, ein selektiver 5-Lipoxygenase Inhibitor, zu einer signifikant 70%-igen Reduktion der LTB4-Synthese im Darm (210). Die klinischen Resultate dieser Studie waren jedoch ernüchternd, da Zileuton nur marginal besser als Placebo war (210).

Diese geringe therapeutische Wirkung wurde dahingehenden interpretiert, dass die 70%ige Hemmung für eine therapeutische Wirkung nicht ausreichend ist. In einer weiteren klinischen Studie über sechs Monate mit 305 Patienten wurde die Remissionserhaltung unter Mesalazin 400 mg 4xmal täglich mit Zileuton 600 mg 4xmal täglich und Placebo verglichen. Mit Mesalazin gelang es in 63%, mit Zileuton in 54% und mit Placebo in 43% die Remission zu erhalten (211). Die Autoren führten auch bei dieser Studie die nicht vollständige Hemmung der Leukotriensynthese durch Zileuton als Ursache für dessen geringe therapeutische Wirkung an (211).

Um die Frage zu klären, ob die geringe therapeutische Wirkung von Zileuton durch die unzureichende Hemmung der Leukotriensynthese bedingt ist oder nicht, musste eine klinische Studie mit einem hochpotenten 5-Lipoxygenase-Inhibitor durchgeführt werden. An 183 Patienten mit leichter bis mittelschwerer Colitis ulcerosa wurde eine placebo-kontrollierte Studie mit MK591, einem solchen hochpotenten 5-Lipoxygenase-Inhibitor, durchgeführt (212). MK591 blockierte mehr als 97% der LTB4-Synthese im Darm, während unter Placebo nur eine Hemmung von 12% beobachtet wurde (213).

Obwohl eine dosisabhängige Remissionsinduktion unter MK591 beobachtet wurde, war diese unter MK591 mit 25.6% im Vergleich zu Placebo mit 20,5% sehr gering (212). Bei der Beurteilung der Wirkung von MK591 in dieser Studie muss jedoch die

außergewöhnlich hohe Remissionsrate unter Placebo berücksichtigt werden. In weiteren klinischen Studien mit den selektiven Leukotriensynthese-Inhibitoren A-64077 (214) und FPL 64170XX (215) konnte ebenfalls jeweils eine mehr als 80%ige Hemmung der Leukotriensynthese belegt werden, ohne dass diese jedoch mit einer therapeutisch relevanten Wirkung einherging. Neben den Leukotriensynthese-Inhibitoren wurde auch die Wirkung bei Colitis ulcerosa in klinischen Studien untersucht. Der gemischte LTD4/LTE4-Rezeptorantagonist SR 2640 zeigte zwar eine hemmende Wirkung auf die Chemotaxis von LTB4 auf neutrophile Granulozyten, einen therapeutisch relevanten Effekt auf die Colitis ulcerosa konnte auch in dieser Studie nicht nachgewiesen werden (216).

Diese Studien stellten die Bedeutung der Leukotriene für die Entzündungsreaktion bei der Colitis ulcerosa in Frage. Der Grund für die fehlende therapeutische Wirkung von Leukotriensynthese-Inhibitoren bei der Colitis ulcerosa ist also nicht die unvollständige Hemmung der Leukotriensynthese wie ursprünglich bei den Studien mit Zileuton vermutet, sondern die Tatsache, dass den Leukotrienen nicht die Schlüsselrolle bei der Entzündungsreaktion zukommt, die man aufgrund der positiven Korrelation zwischen Entzündungsaktivität und der Leukotriensyntheserate vermutet hatte.

Wie lässt sich der Unterschied zwischen der guten Wirksamkeit der 5-Lipoxygenase-Inhibitoren bei den tierexperimentellen Studien mit der geringen therapeutischen Wirkung dieser Substanzen bei Patienten mit Colitis ulcerosa erklären? Ein wesentlicher Unterschied besteht in der Ursache und der Auslösung der Entzündungsreaktion im Darm. Im Tierversuch wird durch die zeitlich begrenzte Applikation definierter Substanzen der Darm geschädigt. Im Gegensatz dazu verläuft die Initiierung der Entzündung beim Menschen schubförmig wobei bis heute unklar ist, durch welchen Stimulus der Schub ausgelöst wird. Im Tierversuch werden die zu untersuchenden Pharmaka zeitnah entweder vor der Schädigung oder sehr kurz danach appliziert. Beim Menschen liegen meist Wochen bis Monate zwischen dem Beginn der Entzündung und der gezielten Therapie, so dass eine Vielzahl von Mediatoren bereits aktiviert sind und das Immunsystem involviert ist.

einer vollständigen Hemmung der Leukotriensynthese nicht erwartet werden, dass 5-Lipoxygenase-Inhibitoren therapeutisch relevante Effekte bei den entzündlichen Darmerkrankungen bewirken können.

Ungesättigte Fettsäuren wie die Eicosapentaensäuren, die im Fischöl vorkommt, werden wie die Arachidonsäure über die Cyclooxygenase zu PGH3 metabolisiert.

PGH3 kann wie PGH2 aus der Arachidonsäure zu Prostaglandinen und Leukotrienen metabolisiert werden. Die aus der Eicosapentaensäure gebildeten Metabolite wie z.B.

LTB5 oder Thromboxan A3 sind aber biologisch wesentlich weniger wirksam wie die aus der Arachidonsäure gebildeten Metabolite LTB4 und TxA2 (220). In einer doppelblind randomisierten Studie wurde die Wirkung von Eicosapentaensäure an Patienten mit Colitis ulcerosa in der Remission bezüglich der Remissionserhaltung im Vergleich zu Placebo untersucht (221). Nach zwölf Monaten konnte kein signifikanter Unterschied zwischen den beiden Gruppen bezüglich der Remissionserhaltung festgestellt werden (221). Eine ähnliche Studie mit dem gleichen Resultat wurde auch bei Patienten mit Morbus Crohn durchgeführt (222). Da die Eicosapentaensäure sowohl die Wirkung der Prostaglandine als auch der Leukotriene abschwächt, folgt, dass den Eicosanoiden keine entscheidende pathophysiologische Rolle bei den entzündlichen Darmerkrankungen zukommt.

In Indien wird Salai guggal (Indischer Weihrauch) zur Behandlung von entzündlichen Erkrankungen wie z.B. der chronische Polyarthritis oder entzündlichen Darmerkrankungen in der ayurvedischen Medizin angewandt (223). In vitro Experimente zeigen eine Hemmung der Leukotriensynthese durch Harzextrakte von Boswellia serrata (223). In einer kleinen klinischen Pilotstudie konnte keine therapeutische Wirksamkeit von H15 (Harzextrakt von Boswellia serrata) bei Patienten mit chronische Polyarthritis nachgewiesen werden (224). In einer weiteren Pilotstudie bei Patienten mit Morbus Crohn war H15 in seiner Wirksamkeit mit 5-ASA vergleichbar (225). Weitere Studien zeigten jedoch, dass die erreichten Plasmakonzentrationen von H15 für eine Hemmung der Leukotriensynthese in vivo nicht ausreichend sind (226). Da, wie oben ausgeführt, auch für hochpotente und selektive Leukotriensynthese-Inhibitoren keine über die Placebowirkung hinausgehenden Effekte bei Patienten mit entzündlichen Darmerkrankungen nachweisbar sind, müssen für die therapeutische Wirkung von H15 weitere pharmakologische Mechanismen relevant sein.

6.10 Pharmakologischer Wirkmechanismus von SASP und seinen