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Gentisinsäure

Aktivierte neutrophile Granulozyten setzen große Mengen von Sauerstoffradikalen frei, die lokal bakterizid und zytotoxisch wirken (69, 169, 170). 5-ASA ist im Gegensatz zu SASP und SP ein hochpotenter Radikalfänger (free radical-scavenger) (74, 79, 171). Es wird angenommen, dass die Neutralisierung von Sauerstoffradikalen neben der Hemmung der Eicosanoidsynthese der wichtigste antiinflammatorische Wirkmechanismus von 5-ASA und zu einem geringeren Anteil auch von SASP und SP bei der Colitis ulcerosa ist (77, 172, 173). Experimente mit aktivierten Granulozyten und 5-ASA zeigten, dass 5-ASA unter diesen Bedingungen zu Salicylsäure und Gentisinsäure deaminiert werden kann (73). Es wird angenommen, dass 5-ASA durch hypochlorige Säure, die von den aktivierten Granulozyten freigesetzt wird, zu Imiquinonen und Quinonen oxidiert wird (174). Mittels LC-MS/MS-Analytik konnte bei diesen Versuchen sowohl Salicylsäure und als hauptsächlich gebildeter neuer stabiler Metabolit die Gentisinsäure identifiziert werden (174). Einen ähnlichen Mechanismus über ein „Quinon“ postulierten Holmes und Mitarbeiter für die Hemmung der Cyclooxygenase durch die Gentisinsäure (175).

Für uns unerwartet blockierte die Gentisinsäure die LTB4- und LTC4-Synthese in Granulozyten in einem Ausmaß, wie wir es nur unter SASP beobachtet hatten. Die

geschädigt wurde (176). Die Hemmung der LTC4-Synthese wurde in dieser Studie untersucht, weil man aus der positiven Korrelation zwischen der Zunahme der LTC4-Synthese und der Schädigung der Mukosa annahm, dass LTC4 eventuell über seine vasokonstriktorische Wirkung (177) kausal an der Schädigung der Magenschleimhaut beteiligt sein könnte (177-179). Die Ratten wurden u.a. mit 2,4-substituierten Salicylaten wie z.B. 4-Aminosalicylsäure und 2,5-substituierten Salicylaten wie z.B. der 5-ASA und der Gentisinsäure behandelt. Dabei zeigte sich, dass zwar alle untersuchten Substanzen die LTC4-Synthese hemmten, ein protektiver Effekt aber nur für die 2,4-substituierten, jedoch nicht für die 2,5-substituierten Salicylate nachweisbar war (176). Diese fehlende protektive Wirkung von 5-ASA ist umso unverständlicher, als es unter der Behandlung mit 5-ASA in diesen Experimenten zu einer Zunahme der Prostaglandin I2-Synthese (PGI2 = Prostacyclin) kam, denn PGI2 müsste aufgrund seiner vasodilatatorischen Wirkung die Minderdurchblutung als einen wesentlichen Faktor für die Schädigung der Magenschleimhaut antagonisieren und somit eine Schädigung verhindern.

Die Autoren kommen aufgrund der erhobenen Daten zu dem Schluss, dass der protektive Effekt einzelner Substanzen - wie der 4-ASA - nicht durch die Beeinflussung der Prostaglandin- oder der Leukotriensynthese, sondern durch einen anderen Mechanismus bedingt sein muss (176).

Auch in Monozyten war die Wirkung der Gentisinsäure auf die LTB4-Synthese etwas stärker ausgeprägte als die von SASP. Über diese Effekte der Gentisinsäure auf die Leukotriensynthese konnten wir in der Literatur nichts finden. Nach unseren Untersuchungen ist die Gentisinsäure somit so potent wie SASP bezüglich der Hemmung der Leukotriensynthese in Granulozyten und Monozyten. Die Gentisinsäure könnte somit die fehlende Wirkung der 5-ASA auf die Leukotriene ersetzen. Inwieweit die Gentisinsäure unter den oben beschriebenen Umständen in-vivo gebildet wird, ist unklar. Im Darmdialysat von fünf Patienten mit Colitis ulcerosa unter der Behandlung mit 5-ASA konnten wir mittels Flüssigkeits-Tandem-Spektrometrie (LC-MS/MS) keine Gentisinsäure nachweisen. Dies schließt jedoch die Bildung der Gentisicsäure nicht aus, da der Metabolismus in der Darmschleimhaut und nicht im Darmlumen stattfindet.

In unseren Experimenten zur Wirkung von 5-ASA auf die LTB4-Synthese in Granulozyten und Monozyten dürfte der Metabolismus von 5-ASA zur Gentisinsäure keine Rolle spielen, denn sowohl die LTB4-Synthese als auch die Freisetzung der

Sauerstoffradikale wird erst durch die Zugabe von A23187 stimuliert. Da über 90% der LTB4-Synthese innerhalb der ersten 2-3 Minuten stattfinden, ist die Metabolisierung von 5-ASA zur Gentisinsäure zu langsam, um die LTB4-Synthese noch erheblich zu vermindern. Außerdem müsste für eine messbare Hemmung ca. 80% der eingesetzten 10-3 M 5-ASA innerhalb der 10-30 Sekunden zur Gentisinsäure metabolisiert worden sein, was extrem unwahrscheinlich ist. Aus dieser Überlegung folgt, dass wir in unseren Experimenten nur die Wirkung von 5-ASA selbst und nicht die Effekte der Gentisinsäure untersucht haben. Unsere Befunde zur Wirkung der Gentisinsäure legen nahe, dass die Gentisinsäure als aktiver Metabolit von 5-ASA die fehlende antiinflammatorische Wirkung von 5-ASA zum Teil kompensieren könnte.

Die Wirkung der Salicylsäure auf die LTB4-Synthese in Granulozyten ist ausgeprägter als die von 5-ASA und etwa mit der Wirkung von Sulfapyridin vergleichbar. Die Salicylsäure unterscheidet sich jedoch von allen von uns und anderen bisher untersuchten Substanzen dahingehend, dass mit steigender Konzentration der Salicylsäure die LTB4-Synthese in den Monozyten nicht gehemmt, sondern eher stimuliert wird. Dieser Effekt ist unseres Wissens bisher für die LTB4-Synthese nicht beschrieben worden, dagegen wurden ähnliche stimulierende Effekte für die PGE2-Synthese unter Inhibitoren bereits nachgewiesen. Dieses würde bedeuten, dass es unter der Salicylsäure durch die hohen Konzentrationen von LTB4 zur vermehrten Immigration von Granulozyten in die Darmmukosa kommt. Dieses steht im Einklang mit der klinischen Erfahrung, dass es unter NSAID eher zu einer Verschlechterung der entzündlichen Darmerkrankung kommt.

Die Salicylsäure ist ein schwacher Inhibitor der Cyclooxygenase (Cox) und hemmt somit die Synthese von Prostaglandinen und Thromboxan A2 (TxA2). In klinischen Studien konnte TxA2 wie LTB4 im Rektumdialysat bei Patienten mit entzündlichen Darmerkrankungen in sehr hohen Konzentrationen nachgewiesen werden (180). Man nimmt daher an, dass TxA2 ebenso wie LTB4 eine wichtige pathogenetische Rolle bei den entzündlichen Darmerkrankungen spielen könnte. Wir haben deshalb auch untersucht, inwieweit SASP und seine Metabolite die TxA2-Synthese beeinflussen.

6.4 Beeinflussung der Thromboxansynthese durch SASP, 5-ASA,