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Im Darmlumen von Patienten mit Colitis ulcerosa und Morbus Crohn konnten hohe Konzentrationen von Leukotrien B4 (LTB4), den Cysteinyl - Leukotrienen LTC4 und LTD4 und Prostaglandin E2 (PGE2) nachgewiesen werden (159). Verlaufsmessungen belegten darüber hinaus, dass die Konzentration der Leukotriene im Darmlumen positiv mit der Krankheitsaktivität korreliert (159). Bei der Remissionsinduktion durch Prednisolon wurde die erhöhte Rate der Leukotriensynthese auf Werte reduziert, wie sie bei Patienten ohne entzündliche Darmerkrankungen gemessen wurden (159).

Die Frage, welche Zellen im Darm die Leukotriene synthetisieren, konnte durch Untersuchungen an Dickdarmbiopsaten von Patienten mit Colitis ulcerosa und Morbus Crohn geklärt werden. Diese Studien belegten, dass die Aktivität des Markerenzyms für neutrophile Granulozyten (160), die Myeloperoxidase, hochsignifikant mit der durch

A23187 stimulierten LTB4-Synthese in den Biopsaten korrelierte. Wir haben daher unsere Experimente an neutrophilen Granulozyten durchgeführt.

SASP hemmte die mit A23187 stimulierte Synthese von LTB4 und LTC4 in therapeutisch erreichbaren Konzentrationen von 10-3 M vollständig. Dieser Befund stimmt mit den von Tornhamre und Mitarbeitern publizierten Daten überein (161). Da SASP im Dickdarm zu SP und 5-ASA metabolisiert wird, tragen auch diese beiden Metabolite zur pharmakologischen Wirkung von SASP in vivo bei. In der Konzentration von 10-3 M vermindert SP die LTB4-Synthese um 50% im Vergleich zur Kontrolle. Im Gegensatz zu SASP und SP reduziert die 5-Aminosalicylsäure in der gleichen Konzentration die LTB4-Synthese nur um 40% im Vergleich zur Kontrolle.

Tornhamre und Mitarbeiter publizierten einen noch geringeren, statistisch nicht signifikanten Effekt von 5-ASA auf die A23187-induzierte LTB4-Synthese in Granulozyten (161). Der von Tornhamre und Mitarbeitern berechnete IC50-Wert von SASP für die Hemmung der LTB4-Synthese betrug 250 x 10-6 M, während der von uns berechnete IC50-Wert mit 32 x 10-6 M deutlich niedriger liegt. Die von uns gemessenen IC50-Werte für die Hemmung der LTC4-Synthese und die von Tornhamre und Mitarbeitern publizierten Werte differieren in einer vergleichbaren Größenordnung wie die IC50-Werte für LTB4. Die Unterschiede zwischen den IC50-Werten von Tornhamre und unseren Werten dürften hauptsächlich auf die von uns weiter entwickelte Analytik der Leukotriene zurückzuführen sein. Da auch die höheren IC50-Werte von Tornhamre in therapeutischen Dosierungen von SASP im Darm erreicht werden, ist die Hemmung der Leukotriensynthese ein pharmakologisch relevanter Angriffspunkt für die antiphlogistische Wirkung von SASP bei entzündlichen Darmerkrankungen, jedoch nicht von 5-ASA.

Bei den von Tornhamre und den von uns durchgeführten Versuchen wurden die Zellen mit Calcium-Ionophor (A23187) stimuliert, die Leukotriene in den Überständen mit HPLC getrennt und anschließend mittels UV-Detektion direkt quantifiziert. Bei dem Vergleich unserer Ergebnisse mit Arbeiten, die Ende der 70-er, Anfang der 80-er Jahre durchgeführt wurden, müssen die damals beschränkten analytischen Methoden

(162-164). Diese Methode ist mit erheblichen analytischen Problemen behaftet, da es bei dem exzessiven Metabolismus der Arachidonsäure schwierig ist, alle Metabolite zu trennen und zu identifizieren.

Stenson & Lobos berichteten bereits 1982 als erste, dass SASP und seine Metabolite die mit A23187 stimulierte Leukotriensynthese in Granulozyten hemmen (162).

SASP blockierte in einer Konzentration von 2 x 10-3 M die LTB4-Synthese in Granulozyten vollständig (162). Der von ihnen errechnete IC50-Wert von 0,9 x 10-3 M für SASP ist in guter Übereinstimmung mit dem von Tornhamre (161) und dem von uns ermittelten IC50-Wert. Neben SASP untersuchten Stenson & Lobos auch die Wirkung der 5-ASA und SP auf die LTB4-Synthese in Granulozyten. Selbst in einer Konzentration von 10 x 10-3 M blockierte die 5-ASA nur 60% der LTB4-Synthese (IC50-Wert ~ 5 x 10-3M) und SP blockierte in der gleichen Konzentration nur 30% der LTB4-Synthese. Die geringe Wirkung von 5-ASA im Vergleich zu SASP stimmt gut mit unseren Werten überein. SP wurde von den Autoren als pharmakologisch nicht relevanter Bestandteil von SASP beschrieben (162). Im Gegensatz zu den Ergebnissen von Stenson & Lobos belegen unsere Ergebnisse, dass SP zwar schwächer als SASP, jedoch eindeutig stärker als 5-ASA die LTB4-Synthese hemmt.

In Experimenten von Nielsen und Mitarbeitern blockierte weder SASP noch 5-ASA die LTB4-Synthese vollständig. Die berechneten IC50-Werte liegen mit 4,8 x 10-3 M für SASP und 3,8 x 10-3 M für 5-ASA erheblich über den von uns und den anderen Gruppen gemessenen Werten. In einer weiteren Arbeit berichten Allgayer & Stenson über ebenfalls hohe IC50-Werte von 2,8 x 10-3 M für SASP und 6,4 x 10-3 M für 5-ASA.

Diese Ergebnisse von Allgayer & Stenson müssen jedoch kritisch bewertet werden, da in dieser Arbeit die N-Acetyl-5-Aminosalicylsäure die Leukotriensynthese über 50% hemmt. Im Gegensatz zu diesem Befund stehen die Ergebnisse anderer Arbeiten (163), die belegen, dass N-Acetyl 5-Aminosalicylsäure in intakten Zellen keinerlei Wirkung auf die Leukotriensynthese hat. Dies wird dadurch begründet, dass die hydrophile N-Acetyl-5-Aminosalicylsäure nur sehr schlecht durch die Zellmembran permeiert. Ein weiteres Problem dieser Arbeit ist, dass die Effekte von SASP und 5-ASA durch Waschen der Zellen wieder reversibel sein sollen. Da die 5-Lipoxygenase intrazellulär lokalisiert ist, müssen SASP und 5-ASA in die Zellen permeieren und sollen dann durch dreimaliges Waschen wieder vollständig aus der Zelle entfernt werden können. Dies scheint sehr fragwürdig, denn zumindest die 5-ASA permeiert sehr schlecht durch Zellmembranen. Die hohen IC50-Werte in den

beiden letzten Arbeiten (163, 164) könnten auch durch eine nicht ausreichend selektive Trennung aller markierten Arachidonsäuremetabolite bedingt sein, denn im Unterschied zu unseren Ergebnissen und den Resultaten von anderen (161, 162) ist die Hemmung der LTB4-Synthese trotz der in diesen Arbeiten eingesetzten sehr hohen Konzentrationen von SASP nicht vollständig.

Neben der Hemmung der 5-Lipoxygenase haben Allgayer & Stenson zwei neue Wirkmechanismen von SASP mit Konsequenzen für die Leukotriensynthese beschrieben; so blockiert SASP den Metabolismus von LTB4 zu den chemotaktisch inaktiven Metaboliten 20-OH- und 20-COOH-LTB4 (164). Diese Wirkung von SASP verstärkt die Entzündungsreaktion, da die Wirkdauer von LTB4 erheblich verlängert wird. Diese pro-inflammatorische Wirkung wird aber wahrscheinlich durch den zweiten Angriffspunkt, die Hemmung der PLA2, wieder kompensiert, was eine Reduzierung der Arachidonsäure-Freisetzung zur Folge hat (164). Da die durch die PLA2 freigesetzte Arachidonsäure auch das Ausgangssubstrat für die Cyclooxygenase ist, wird auch die Prostaglandin- und Thromboxansynthese reduziert.

Die hieraus folgende Verminderung der Prostaglandinsynthese steht im Widerspruch zu den Befunden von Tornhamre und Mitarbeitern, die unter SASP einen massiven Anstieg der PGE2-Synthese gemessen haben (161).

In weiteren Experimenten untersuchten Allgayer und Stenson die Beeinflussung der Hemmung der LTB4-Synthese in Abhängigkeit von exogener Arachidonsäure unter SASP und 5-ASA (164). SASP blockierte die LTB4-Synthese sowohl unter exogener als auch endogener Arachidonsäure vollständig. Die erforderlichen Konzentrationen von 4 x 10-3 M für exogene und 8 x 10-3 M für endogene Arachidonsäure liegen allerdings erheblich auseinander. Unter 5-ASA sind diese Unterschiede zwischen exogener und endogener Arachidonsäure nicht feststellbar. Die Zugabe von exogener Arachidonsäure kann somit die pharmakologische Beeinflussung der Leukotriensynthese erheblich beeinflussen.

Die Bedeutung der Prostaglandinsynthese für den Gastrointestinaltrakt zeigt sich bei der Behandlung mit NSAID, die die Cyclooxygenase und damit die

Prostaglandin-blockiert 5-ASA nur die 5-Lipoxygenase. Dieser Unterschied wird von den Autoren herangezogen, um den Unterschied in der Potenz zwischen SASP und 5-ASA zu erklären, denn auch in diesen Untersuchungen ist SASP wesentlich potenter als 5-ASA. Die geringen Effekte der 5-ASA auf die Leukotriensynthese, auch im Vergleich zu SP, waren unerwartet, denn bereits in den sechziger Jahren wurde wegen der günstigen Wirkung von SASP und den damit leider auch häufig vergesellschafteten UAW eine intensive Forschung nach der pharmakologisch wirksamen Komponente von SASP durchgeführt. Azad Kahn publizierte 1977 in „The Lancet“ eine klinische Studie, die belegt, dass 5-ASA und SASP in der Behandlung der Colitis ulcerosa therapeutisch äquivalent sind (11). Aufgrund der geringen Effekte auf die LTB4-Synthese und den für einen längeren Zeitraum kaum erreichbaren hohen Konzentrationen von 5-ASA bezweifelten Tornhamre und Mitarbeiter, dass die Hemmung der Leukotriensynthese ein pharmakologisch relevanter Angriffspunkt von 5-ASA bei den entzündlichen Darmerkrankungen ist (161).

Einer der Gründe für die nahezu fehlende Wirkung von 5-ASA auf die Leukotriensynthese könnten darin liegen, dass wir - wie die meisten anderen Arbeitsgruppen - unsere Untersuchungen nur an neutrophilen Granulozyten durchgeführt haben. Für die Therapie des akuten schweren Schubs einer Colitis ulcerosa sind weder SASP noch 5-ASA alleine ausreichend wirksam, so dass häufig hochdosierte Glukokortikoide zusätzlich gegeben werden müssen. Durch klinische Studien sehr gut belegt ist die alleinige Anwendung von SASP oder 5-ASA zur Rezidivprophylaxe bei der Colitis ulcerosa. Im Gegensatz zum akuten Schub spielen hier die Granulozyten nur eine untergeordnete Rolle, während Monozyten und Makrophagen die dominierende Zellpopulation ausmachen und damit hauptsächlich für die Leukotriensynthese verantwortlich sind.

6.2 Beeinflussung der Leukotriensynthese in Monozyten durch