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2 LITERATURÜBERSICHT

2.2 Impfstoffe gegen tiermedizinisch relevante Helminthen

Als rohe und einfache Impfstoffe wurden in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts ganze bestrahlte Nematoden-Larven genutzt, die effektiv vor einer Infektion mit Dic-tyocaulus viviparus schützten (PLOEGER 2002). Auch gegen den Lungenwurm des Schafes D. filaria (SHARMA et al. 1988) war eine solche Vakzine erfolgreich. Gegen A. caninum wurde erstmals 1973 in Florida, USA, ein Impfstoff (Canine Hookworm Vaccine, Jensen-Salsbery Laboratories) eingesetzt, der aus röntgenbestrahlten drit-ten Larven bestand. Anfang 1975 war er in den ganzen USA erhältlich. Der Verkauf des Impfstoffs entsprach jedoch nicht den Erwartungen der Hersteller, da die Tierärz-te ihn nur widerwillig in ihre Routineprogramme aufnahmen. Die meisTierärz-ten TierärzTierärz-te waren der Meinung, dass es ausreicht, Hakenwurm-Infektionen mit

anthelminthi-schen Mitteln zu behandeln (MILLER 1978). Eine weitere Rolle für die geringe Akzep-tanz spielte die Tatsache, dass Entwurmungen zu den Haupt-Einkommensquellen der Tierärzte gehörten. Aufgrund steigender Produktionskosten, begrenzter Lagerfä-higkeit und geringer Verkaufszahlen wurde der Impfstoff 1975 wieder vom Markt genommen (MILLER 1978).

Einen großen Fortschritt in der Vakzine-Entwicklung brachte ein rekombinantes Anti-gen, aus dem ein Impfstoff hergestellt wurde, der Schutz gegen den parasitischen Zestoden Taenia ovis verlieh. Ähnliche Strategien wurden zur Entwicklung rekombi-nanter Vakzine gegen T. saginata und Echinococcus granulosus verwendet (L IGH-TOWLERS et al. 2003). Rekombinante Impfstoffe gegen Lungenwürmer konnten keine vergleichbare Wirksamkeit zu den ganzen bestrahlten Nematoden-Larven erzielen (MATTHEWS et al. 2001) und trotz der Anstrengungen vieler Forschergruppen konnte der Erfolg des rekombinanten Impfstoffes gegen Zestoden bei Nematoden bislang nicht erzielt werden (KNOX 2000; KNOX et al. 2001, 2003; NEWTON u. MEEUSEN 2003).

Im Gegensatz zu den wenigen erfolgreichen Versuchen gab es viele nicht aussichts-reiche Experimente in der Impfstoffentwicklung gegen Helminthen. Einige Protein-Antigene, wie das H11 von Haemonchus contortus, sind nur in ihrer nativen Form sehr wirksam. In der rekombinanten Form scheinen sie aber ein wichtiges strukturel-les Merkmal nicht aufzuweisen, das für die Immunogenität bedeutsam ist.

2.2.1 Proteine als Kandidaten für einen Impfstoff

Die bevorzugten Moleküle als Kandidaten für einen Impfstoff sind Proteine. Diese Tatsache beruht einerseits auf ihrer relativ einfachen molekularbiologischen Identifi-zierung, Modifizierung und Produktion in großen Mengen, was die Basis für eine kommerzielle Vakzine darstellt, sowie auf ihren Schlüsselfunktionen im Stoffwechsel der Parasiten. Der bisherige nicht sehr erfolgreiche Einsatz rekombinanter Proteine ist auf die durch noch lückenhaftes Grundwissen bedingte mangelhafte Auswahl biologisch relevanter Proteine, die unangemessene Expression rekombinanter Prote-ine und die fehlenden Kenntnisse über die Verabreichung des Impfstoffes zurückzu-führen, um im Tier eine schützende Immunantwort zu induzieren (HEIN u. HARRISON

2005).

Die Proteine von im Gastrointestinaltrakt ihres Wirtes lebenden Nematoden werden in sieben verschiedene Antigen-Typen eingeteilt. Dabei handelt es sich um drei Anti-gene, die in den exkretorisch-sekretorischen (ES)-Produkten zu finden sind und um vier somatische Antigene, die sich auf der äußeren und inneren Oberfläche oder im Innern der Parasiten befinden. Die ES-Antigene sind für die Lymphozyten der Darmmukosa (GALT, gut associated lymphoid tissue) zugänglich, während die eben-falls zu dieser Gruppe gehörenden Antigene auf der Oberfläche parasitärer Entwick-lungsstadien über die Zirkulation von den Lymphknoten erreichbar sind. Da ange-nommen wird, dass diese Moleküle eine schnelle Immunantwort hervorrufen, werden sie als „Nags“ (Natural antigens) bezeichnet. Eine Gruppe der somatischen Antigene ist ebenfalls den Lymphozyten der Mukosa ausgesetzt und wird somit zu den Nags gezählt. Zwei andere Typen können nur durch das GALT erreicht werden, wenn der Wurm zerstört wird oder wenn sie mit dem Blut bzw. mit der Lymphe des Wirtes in Berührung kommen. Diese potentiellen Antigene sind vor dem Immunsystem verbor-gen und induzieren daher keine natürliche Immunantwort. Sie werden als „Hags“

(Hidden antigens) bezeichnet. Zu den Hags gehört eine weitere Gruppe fester Anti-gene, die zwar für Antikörper, jedoch nicht für Lymphozyten zugänglich ist. Ob die Hags eine antigene Wirkung besitzen ist nicht bekannt. Sie sind insofern interessant, als dass auf sie kein Evolutionsdruck in Bezug auf die Umgehung der Immunantwort der Parasiten ausgeübt wurde. Für die Entwicklung eines Impfstoffes ist es notwen-dig herauszufinden, welche Antigene sich als Bestandteile dafür eignen (MUNN 1997).

Die eingeschränkte natürliche Immunität gegen gastrointestinale Nematoden, die mit zunehmendem Alter und mit kontinuierlichem Kontakt zu den infektiösen Larven ausgebildet wird, ist auf die Immunantwort gegen Nags, insbesondere gegen ES-Antigene, zurückzuführen. Es werden viele Antikörper gegen diese Nags gebildet, die jedoch keinen schützenden Effekt haben. Sowohl ES- als auch somatische Anti-gene wurden eingesetzt, um gegen parasitische Nematoden zu impfen. Auch Hags sind in der Lage eine Stimulation der natürlichen Immunität auszulösen (MUNN 1997).

Dieses wurde durch Versuche mit dem integralen Membranprotein H11 von H. con-tortus (MUNN 1981; MUNN u. GREENWOOD 1983, 1984), dem O12 von Ostertagia ostertagi und Teladorsagia circumcincta (MCMICHAEL-PHILLIPS et al. 1995), dem

H-gal-gp von Haemonchus und O-gal-gp von Ostertagia (SMITH et al. 1994) sowie mit dem H4.5 von Haemonchus bestätigt (MUNN et al. 1993).

2.2.2 Kohlenhydrate als Kandidaten für einen Impfstoff

Aufgrund der Schwierigkeiten Protein-Antigene für eine erfolgreiche Vakzinierung gegen parasitische Helminthen zu identifizieren wird neuerdings die Aufmerksamkeit auch auf Kohlenhydrat-Antigene gerichtet. Es wurde erkannt, dass die Antikörper gegen Kohlenhydrat-Strukturen in Glykanen und Glykoproteinen bei der Entwicklung eines Schutzes gegen die Infektion eine Rolle spielen, was auf ihr Potential als Impf-stoff-Kandidaten schließen lässt. Durch die Kombination verschiedener Methoden ist eine genaue strukturelle Analyse der Kohlenhydrate möglich geworden (DELL 1987;

DELL et al. 1994; HASLAM et al. 2001; NYAME et al. 2004). Die Strukturen der Kohlen-hydrate der Würmer sind denen der Säugetier-Glykane ähnlich, enthalten aber auch Parasiten-spezifische Modifikationen (KHOO u. DELL 2001; HASLAM et al. 2001; NYAME

et al. 2004). Gegen diese richten sich die spezifischen Antikörper (KHOO u. DELL

2001). Obwohl nah verwandte Nematoden ähnliche Glykan-Strukturen aufweisen, die die Bildung kreuzreaktiver Antikörper stimulieren, sind schützende Antikörper meist Parasiten-spezifisch. Diese Beobachtung wurde für den Nematoden H. contor-tus beschrieben (REDMOND et al. 2004).

Bei Zestoden sind Kohlenhydrate des Metazestoden von T. solium als diagnostische Antige der Zystizerkose des Menschen von großer Bedeutung (HASLAM et al. 2003).

Auch Glykoprotein-Antigene von Echinococcus ssp. wurden auf ihre Funktion in der Diagnose und in der Immunität untersucht (KHOO et al. 1997). Für den Leberegel Fasciola hepatica werden verschiedene Glykolipide beschrieben, die diagnostischen Wert besitzen (WUHRER et al. 2003, 2004). Auch die Kohlenhydrat-Strukturen von Antigenen einiger Nemtoden wurden erforscht, wobei eine große Anzahl an N- und O-Glykoproteinen, Glykolipiden und anderen Glykanen charakterisiert wurde (DELL et al. 2001; HASLAM et al. 2001; NYAME et al. 2004). Dazu gehören ein Komplex an N-Glykanen von D. viviparus, der auch in humanen Leukozyten und Schistosomen gefunden wurde (CUMMINGS u. NYAME 1996; HASLAM et al. 2000), Oberflächen-Glykane infektiöser Larvenstadien von Trichinella spiralis (WISNEWSKI et al. 1993),

Glykan-Antigene von H. contortus, die in ES-Antigen-Präparationen adulter Würmer gefunden wurden (VERVELDE et al. 2003), Glykoproteine von D. immitis (KANG et al.

1993) und speziell methylierte Zucker von Toxocara canis (KHOO et al. 1991).