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2.1 Die Dictyocaulose des Rindes

2.1.4 Immunität

Die Ausbildung einer Immunität ist im Infektionsgeschehen der Dictyocaulose von großer Bedeutung. Nach einer Infektion wird eine belastbare Immunität entwickelt, deren Grad allerdings schon nach 6 Monaten wieder abnimmt, wenn es zwischenzeitlich nicht zu einer erneuten Infektion kommt. Dies führt dazu, dass Tiere,

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die länger als zwölf Monate keinen Kontakt mit dem Erreger hatten, erneut an einer Infektion erkranken. Dies geschieht unabhängig vom Alter; eine Altersresistenz besteht nicht. MICHEL (1958) zeigte, dass nach einem Jahr reinfizierte Tiere zwar nicht patent wurden, sich in der Schwere der klinischen Symptome aber nicht von den erstmals exponierten Tieren unterschieden.

Die Ausbildung der Immunität verläuft phasenweise. Schon im Stadium der Larvenwanderung, 8 bis 10 Tage nach Infektion, entwickelt sich eine frühe Teilimmunität, die durch die Anwesenheit der adulten Stadien verstärkt wird.

PLOEGER u. EYSKER (2002) zeigten, dass die von Larven vermittelte Immunität abhängig von der aufgenommenen Larvendosis ist, jedoch die spätere Gesamtimmunität unabhängig von der Infektionsdosis ist. In einem früheren Infektionsversuch konnten EYSKER et al. (2001) zeigen, dass bereits die Applikation von 30 Larven 35 Tage vor einer Belastungsinfektion zu einer um 80% verringerten Larvenausscheidung und einer um mehr als 70% verringerten Wurmbürde führte.

Die genauen Mechanismen der Immunitätsbildung und Elimination der Parasitenstadien aus der Lunge sind nicht bekannt. Eine Beteiligung humoraler Komponenten an der Immunantwort wurde schon 1957 von JARRETT et al.

demonstriert. Ihnen gelang die passive Immunisierung von Rindern mit dem Serum experimentell infizierter Tiere. Auch MCKEAND et al. (1995b) zeigten, dass die Wurmbürden passiv immunisierter Meerschweinchen signifikant geringer waren als die einer Kontrollgruppe.

Die Bestimmung der lokalen und peripheren Antikörperspiegel für IgG, IgG1, IgG2, IgM und IgA in einer Langzeitstudie mit drei Infektionen (Tag 0, 65, 112) zeigte einen Anstieg aller Antikörperklassen nach jeder Infektion in der bronchoalveolären Lavageflüssigkeit (BALF), wobei höchste Titer nach der dritten Infektion erreicht wurden. Im Gegensatz dazu zeigte sich, außer bei IgA, kein Anstieg der Serumantikörper nach der dritten Infektion, sondern ein kontinuierlicher Abfall. Der bei allen Infektionen vorhandene frühe Anstieg der schleimhautschützenden IgA-Antikörper wird mit der Larvenmigration in Zusammenhang gebracht. Weiterhin zeigte sich eine Korrelation zwischen Larvenausscheidung und IgG2a(1). Tiere mit hohen Ausscheidungsraten hatten auch hohe IgG2a(1)-Titer, sowohl im Serum als

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auch in der BALF. Da die IgG2-Produktion von IFNγ und IL-2 stimuliert wird, wurde vermutet, dass bei diesen Tieren eine Th1-Antwort vorherrscht (SCOTT et al. 1996).

Die Bedeutung von IgE bei der Immunantwort wurde von KOOYMAN et al. (2002) demonstriert. Die Autoren zeigten, dass die gesamt IgE-Antikörperspiegel im Serum nach Reinfektion positiv mit der Protektion gegen eine Belastungsinfektion korreliert sind, wobei bereits zehn Tage nach Reinfektion ein Anstieg zu verzeichnen war.

Weiterhin war die Ausbildung einer Eosinophilie positiv mit dem IgE-Spiegel, jedoch nicht mit der Protektion korreliert. Hohe IgE-Spiegel und Eosinophilie sind Ausdruck einer Th2-Immunantwort, sodass davon auszugehen ist, dass dieser Reaktionstyp bei der Infektion mit D. viviparus vorherrscht. Eine besondere Bedeutung wird in diesem Zusammenhang einem Glykanantigen mit Lewisx-Epitop auf der Oberfläche von D. viviparus beigemessen. Lewisx-Epitope sind eine Hauptkomponente der Glykokonjugate bei Schistosomen, jedoch ist D. viviparus der einzige Nematode, bei dem diese Struktur bislang nachgewiesen wurde. Lewisx-Strukturen fungieren als Immunmodulatoren, indem sie die Th2-Immunantwort fördern und so möglicherweise die zelluläre Immunantwort des Wirtes auf den Parasiten einschränken (HASLAM et al. 2000).

Die lokale Cytokinexpression im Lungengewebe, in der Trachea und in den Bronchiallymphknoten nach experimenteller Infektion wurde von JOHNSON et al.

(2005) untersucht. Die Autoren fanden ein gemischtes Expressionsmuster, da sowohl die Th2-Cytokine IL-4, IL-5 und IL13, als auch die Th1-Cytokine IL-p35 und IFNγ am Tag 15 nach der Infektion hochreguliert waren. Dies korrespondiert mit dem Zeitpunkt der Larvenmigration durch die Lunge. Gegen Ende des Versuchs fielen die Cytokinspiegel wieder ab und am Tag 42 zeigte sich in der Sektion, dass nur noch wenige Lungenwürmer in der Lunge vorhanden waren, also eine Erregerelimination stattgefunden haben musste. Die Serum-IgG1-Spiegel waren hingegen am Ende des Versuchs am höchsten, also negativ mit der Cytokinantwort korreliert. Ob die Th1-Cytokine essentiell für die Immunität sind oder die Th2-Antwort modulieren, ist noch nicht geklärt.

HAGBERG et al. (2005) untersuchten mononukleäre Zellen in der BALF. Sowohl nach einmaliger Infektion als auch nach Reinfektion waren γ/δ-TCR-Zellen signifikant

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erhöht. Dieser Zelltyp erfüllt wichtige Funktionen bei der Regulierung der T- und B-Zellaktivität sowie bei der Rekrutierung eosinophiler Granulozyten und der Produktion von IgE. Eosinophile Granulozyten waren sowohl in der BALF, als auch im Blut erhöht, wobei nach Reinfektion höhere Spiegel erreicht wurden, als nach Erstinfektion. Für CD4-, CD8-, CD14- und Ig-Zellen konnten in der BALF keine signifikanten Unterschiede zwischen infizierten und nicht infizierten Tieren festgestellt werden.

Des Weiteren spielen individuelle Unterschiede des Wirtes bei der Antigenerkennung eine Rolle bei der Immunantwort. BRITTON et al. (1992a) lieferten Hinweise, dass diese Individualität bei der Antigenerkennung genetischen Ursprungs ist. Die Seren vakzinierter oder infizierter Rinder wiesen eine deutliche Heterogenität im Antigenerkennungsprofil auf. Dies war auch für einen Meerschweinchen-Auszuchtstamm der Fall. Der Vergleich zweier Inzuchtstämme zeigte eine deutliche Heterogenität zwischen den Stämmen, jedoch wenig individuelle Unterschiede innerhalb der Stämme. Ähnliche Beobachtungen konnten auch MCKEAND et al.

(1994a) bei Immunisierungsversuchen mit verschiedenen Meerschweinchen-stämmen machen. Neben qualitativen und quantitativen Unterschieden im Antikörperrepertoire waren die Stämme nach der Immunisierung auch unterschiedlich gut gegen eine Belastungsinfektion geschützt. Da die Inzuchtstämme identisch bezüglich des MHC Klasse I Locus waren, wurde vermutet, dass die Unterschiede auf Gene des MHC II Locus zurückzuführen sind.