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Die ersten näher bei D. viviparus untersuchten Enzyme waren Proteasen. REGE et al. (1989) identifizierten in Extrakten von adulten D. viviparus eine Cysteinprotease mit der in vitro Fähigkeit Typ I-Kollagen und Hämoglobin zu lysieren. Es wurde vermutet, dass das Enzym eine Rolle bei der Nahrungsaufnahme des Parasiten spielt und eventuell am Pathomechanismus der Infektion beteiligt ist. In von BOS et al. (1989) durchgeführten Immunisierungsversuchen wurden Meerschweinchen zweimal im Abstand von vier Wochen mit je 100 µg aufgereinigter Cysteinprotease bzw. Wurmextrakt und Freund’s inkompletem Adjuvans (FIA) intramuskulär immunisiert. Zwei Wochen nach der Boosterimpfung erfolgte die Belastungsinfektion.

Die Cysteinprotease-immunisierten Tiere zeigten eine signifikante Reduktion der Wurmbürde um 42%. Bei den Wurmextrakt-immunisierten Tieren war eine Reduktion um 66% vorhanden. In einem Rinderimmunisierungsversuch war dieser Effekt nicht

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konstant reproduzierbar. BRITTON et al. (1992b) untersuchten Extrakte von dritten Larven und Adulten und lösliche Komponenten, die vom Parasiten an die Umgebung abgegeben werden (excretory-secretory-products, ES-Produkte) auf proteolytische Aktivitäten. Mit Hilfe spezifischer Inhibitoren identifizierten sie Serin-, Cystein- und Metalloproteasen, wobei die ES-Produkte eine höhere proteolytische Aktivität aufwiesen. In den Adulten-ES-Produkten wurden die Enzyme von Serum IgG-Antikörpern vakzinierter oder infizierter Rinder erkannt und inhibiert, jedoch nicht in den Wurmhomogenaten. In den Larvenextrakten reagierten nur Serum IgG-Antikörper vakzinierter Tiere. Dies spricht dafür, dass die somatischen Proteasen normalerweise nicht für das Immunsystem zugänglich sind, jedoch bei der Immunisierung frei werden, da attenuierte Larven vermehrt absterben.

MCKEAND et al. (1995b) führten Meerschweinchenimmunisierungsversuche mit Extrakten aus adulten D. viviparus und dritten Larven sowie mit ES-Produkten von Adulten durch. Es zeigte sich, dass nur die mit Adulten-ES-Produkten immunisierten Tiere signifikant besser geschützt waren als die Kontrollgruppe. Die Meerschweinchen wurden zweimal im Abstand von vier Wochen subkutan immunisiert. In der ersten Immunisierung wurden 60 µg Protein mit einem equivalenten Volumen Freund’s komplettem Adjuvans (FCA) eingesetzt. Die zweite Vakzinedosis bestand aus 100 µg Protein mit FIA. Vier Wochen nach der zweiten Impfung erfolgte die Belastungsinfektion mit 3000 L3. Sechs Tage später wurden die Tiere seziert. In der mit ES-Produkten immunisierten Gruppe war die Anzahl fünfter Larven um 85,5% reduziert. In einer zweiten Versuchsreihe wurden Meerschweinchen passiv immunisiert, um die protektive Rolle von Antikörpern bei der Immunantwort zu untersuchen. Hierzu wurde von mit ES-Produkten immunisierten oder mit dritten Larven infizierten Meerschweinchen Serum gewonnen und anderen Meerschweinchen intraperitoneal appliziert. Eine Stunde nach der Seruminjektion wurden die Tiere mit 6000 L3 infiziert. Bei der Sektion war sowohl in der Gruppe, die das Anti-L3-Serum erhalten hatte, als auch in der Anti-ES-Gruppe die Wurmbürde signifikant reduziert. Im Vergleich zu einer Kontrollgruppe, die Serum nicht immunisierter und nicht infizierter Tiere erhalten hatte, war eine Reduktion von 79,7% bzw. 64,6% vorhanden.

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Ein Enzym, das bereits in den ES-Produkten diverser parasitischer Nematoden nachgewiesen wurde und dem große Bedeutung bei der Immunabwehr des Wirtes beigemessen wird, ist die Acetylcholinesterase (AChE). Es konnte gezeigt werden, dass AChEs von Nematoden sezerniert werden, jedoch konnte die biologische Bedeutung der sezernierten Formen noch nicht vollständig geklärt werden. Es wird davon ausgegangen, dass durch die Hydrolyse des wirtseigenen Acetycholins Funktionen blockiert werden, die zur Parasitenabwehr beitragen. Hierzu zählen Darmperistaltik und Schleimsekretion, aber auch Effekte des Acetylcholins auf Zellen des Immunsystems wie Neutrophilenchemotaxis, Mastzelldegranulation und Lymphozytenproliferation (MCKEAND et al. 1994b; MCKEAND et al. 1995a).

MCKEAND et al. (1994b) konnten in Extrakten und ES-Produkten adulter D.

viviparus Acetylcholinesteraseaktivität nachweisen, wobei in ES-Produkten eine 200fach höhere Aktivität vorhanden war als in den Extrakten. Hieran zeigte sich, dass es sich bei der Acetylcholinesterase (AChE) um ein von D. viviparus sezerniertes Enzym handelt. Vergleiche mit dritten und vierten Larven wiesen darauf hin, dass das Protein erst in einem späten Entwicklungsstadium produziert wird. Bei dritten Larven konnte keine, bei vierten Larven nur eine geringe AChE-Aktivität nachgewiesen werden. Nach gelelektrophoretischer Trennung und Färbung der Extrakte und ES-Produkte wurden fünf Isoformen des Enzyms identifiziert, die alle mit Serum IgG von natürlich und experimentell infizierten Rindern reagierten, wodurch ihre Antigenität demonstriert wurde. Das Enzym reagierte jedoch nicht mit dem Serum von mit röntgenattenuierten Larven vakzinierten Kälbern, was die Autoren darauf zurückführten, dass nicht genügend Larven ein Entwicklungsstadium erreichen, in dem ausreichend AChE produziert wird, um eine Immunantwort hervorzurufen. Dass es sich bei den fünf Isoformen um Produkte verschiedener Gene handelt, konnten Sequenzanalysen und Aktivitätsessays für zwei Formen bestätigen (LAZARI et al. 2003; SELKIRK et al. 2005). Weiterhin wurde eine gewebsständige Form der AChE identifiziert (LAZARI et al. 2004). Das protektive Potential der AChE wurde in einem Immunisierungsversuch überprüft (MCKEAND et al. 1995a). Meerschweinchen wurden mit einer AChE-angereicherten Fraktion der adulten ES-Produkte immunisiert. Eine weitere Gruppe erhielt nicht angereichertes

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Produkt. Die Impfdosen enthielten 80 µg Protein beim nicht angereicherten ES-Produkt und 20 µg bei der angereicherten Fraktion sowie FIA bei der ersten und FCA bei der zweiten Immunisierung. Acht Wochen nach der zweiten Impfung wurden die Tiere mit 6000 L3 infiziert. Die mit der AChE-angereicherten Fraktion immunisierte Gruppe wies eine signifikante Reduktion der Wurmbürde im Vergleich zur Adjuvans-Kontrollgruppe auf (-64,8%). Im Gegensatz zum vorangegangen Immunisierungs-versuch mit ES-Produkten (MCKEAND et al. 1995b) zeigte jedoch die mit nicht-angereicherten ES-Produkten immunisierte Gruppe keine signifikante Reduktion der Wurmbürde (-43,4%). Die Autoren führten dies auf das veränderte Versuchsprotokoll zurück. Da nicht ausreichend Larven zur Verfügung standen, erfolgte die Infektion acht statt vier Wochen nach der zweiten Immunisierung. In einem Rinderimmunisierungsversuch mit rekombinanter AChE und Adulten-ES-Produkten konnte das protektive Potential der AChE nicht bestätigt werden (MATTHEWS et al.

2001). Für diesen Versuch wurde eine 10% kürzere Teilsequenz der AChE in einen Expressionsvektor kloniert und als His-getagtes Fusionsprotein in E. coli exprimiert.

Die Immunogenität des rekombinanten Proteins wurde durch die Reaktion mit dem Serum Dictyocaulus-infizierter Rinder und mit dem Serum von mit ES-Produkten immunisierten Meerschweinchen bestätigt. Die rekombinante AChE wies jedoch keine AChE-Aktivität auf. Im Immunisierungsversuch erhielt eine Gruppe zweimal im Abstand von vier Wochen 100 µg des aufgereinigten Fusionsproteins mit FIA. Eine weitere Gruppe Kälber wurde mit ES-Produkten immunisiert. Die Challengeinfektion erfolgte acht Wochen nach der zweiten Impfung. Obwohl die Tiere AChE-spezifische Antikörper bildeten, zeigte keine der beiden Immunisierungsgruppen eine Reduktion der Wurmbürde im Vergleich zur Kontrollgruppe. Die Fusionsprotein-immunisierte Gruppe hatte mit 97 Würmern sogar eine höhere mittlere Wurmbürde als die Kontrolltiere, bei denen im Durchschnitt 80 Würmer vorhanden waren. Mögliche Ursachen für den fehlgeschlagenen Versuch sehen die Autoren in der Versuchsdurchführung, aber auch im Enzym selbst. Rechtliche Grundlagen machten es notwendig, statt FCA wie in den vorhergegangen Versuchen, FIA als Adjuvans einzusetzten. Andere Autoren hatten bei einem Wechsel von FCA zu FIA ebenfalls einen Verlust des protektiven Potentials beobachtet. Weiterhin führten die Autoren

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auf, dass es sich bei der rekombinant hergestellten AChE nicht um ein vollständiges Transkript handelte und dass die Expression in E. coli aufgrund inkorrekter Faltung zu einem Verlust wichtiger immunogener Epitope geführt haben könnte. Insgesamt halten die Autoren die AChE nicht für einen geeigneten Vakzinekandidaten.

Das Vorhandensein stadienspezifischer Oberflächenantigene wurde von BRITTON et al. (1993) demonstriert. Mit dem Serum vakzinierter Rinder konnte die Oberfläche bescheideter L3 erkannt werden, jedoch nicht die von Adulten, Eiern und ersten Larven. Letztere Stadien wurden jedoch von Serumantikörpern patent infizierter Rinder detektiert. Dies zeigt, dass Adulte, Eier und erste Larven Oberflächenantigene besitzen, für die vakzinierte Tiere keine Antikörper bilden, da es hier nicht zur Ausbildung einer patenten Infektion kommt. Weiterhin demonstriert das Vorhandensein von Antikörpern gegen Obeflächenantigene von bescheideten L3, dass die infektiösen Stadien bei der Penetration der Darmwand ihre Scheide nicht abstreifen bzw. dass zumindest ein ausreichender Anteil die Scheide behält und eine Immunantwort im Wirt hervorruft. Mittels monoklonaler Antikörper identifizierten GILLEARD et al. (1995b) ein immunodominantes Antigen auf der Oberfläche der Scheide von dritten Larven. Dieses 29-40 kDa große Protein erwies sich als innerhalb strongylider Nematoden konserviert, da der monoklonale Antikörper auch Oberflächenproteine der Scheide diverser anderer Spezies detektierte. Jedoch detektierten Seren von mit gastrointestinalen Nematoden (H. contortus, C.

oncophora, O. ostertagi) infizierten Tieren dieses Antigen nicht, was von den Autoren darauf zurückgeführt wird, dass diese Parasiten während ihres Lebenszyklus im Verdauungstrakt verbleiben (GILLEARD et al. 1995a). Ob dieses Antigen ein effektives Ziel der Immunabwehr des Wirtes ist oder, da die Scheide frühzeitig während der Migration abgestreift wird, Teil der Strategie des Parasiten ist, den Immunmechanismen auszuweichen, konnte nicht geklärt werden.

Ein weiteres Antigen, dem eine wichtige Funktion im Infektionsgeschehen beigemessen wird, wurde von BRITTON et al. (1994) identifiziert. Die Autoren wiesen in ES-Produkten und Extrakten von Adulten und dritten Larven Superoxid-Dismutase-Aktivität nach. Superoxid-Dismutasen (SOD) katalysieren die Umwandlung von zwei Superoxidanionen (O2-) in Wasserstoffperoxid und

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molekularen Sauerstoff. Superoxidanionen werden während des „oxidatory burst“

von Phagozyten freigesetzt und schädigen Krankheiterreger durch die Oxidation von Membranen, Proteinen und Nukleinsäuren. Es wird davon ausgegangen, dass Parasiten SOD synthetisieren, um diese toxischen Substanzen zu neutralisieren. Bei D. viviparus identifizierten BRITTON et al. (1994) mehrere Isoformen des Enzyms, die alle ein Kupfer-Zink-Abhängigkeit aufwiesen. Nur eine Isoform war sowohl in den ES-Produkten als auch in den Adulten- und Larven-Extrakten vorhanden. Eine weitere, nur in ES-Produkten vorhandene Isoform wies darauf hin, dass die SOD tatsächlich von D. viviparus sezerniert wird. Die SOD-Aktivität konnte durch Serum-IgG von infizierten und vakzinierten Rindern inhibiert werden.

Ein immunodominantes Protein mit möglicher Rolle bei der Lungenpathologie im Verlauf der D. viviparus Infektion wurde von BRITTON et al. (1995) in somatischen Extrakten und ES-Produkten identifiziert und charakterisiert. Das DvA-1 (D. viviparus Antigen-1) weist Ähnlichkeiten zum ABA-1 von A. suum auf. Von diesem ist bekannt, dass es zu den Hauptallergenen des Parasiten gehört und eine IgE-Antwort induziert. Ferner konnte bei Brugia malayi infizierten Patienten eine Korrelation zwischen IgE-Reaktion auf das Allergen und der Entwicklung pathologischer Veränderungen gezeigt werden. In einem Schafmodel zur Untersuchung der lokalen Immunmechanismen in der Lunge nach Antigenapplikation zeigten COLLIE et al.

(2001), dass Schafe, die vorher durch systemische Applikation des rekombinanten DvA-1 sensibilisiert worden waren, auf die lokale Applikation des Antigens mit einem starken Anstieg an neutrophilen und eosinophilen Granulozyten in der BALF sowie mit einer lokalen Antikörperproduktion reagierten (siehe auch Punkt 2.1.4). Dies bestätigt die Rolle des DvA-1 im Pathomechanismus der Lungenwurminfektion. Als Vakzinekandidat ist dieses Antigen wahrscheinlich nicht geeignet, da mit einer Sensibilisierung gerechnet werden muss.

BRITTON u. MURRAY (2002) identifizierten bei D. viviparus eine innerhalb der Nematoden konservierte Cathepsin L Protease. In C. elegans konnte gezeigt werden, dass dieses Enzym essentiell für die Embryonalentwicklung ist. RNA-Interferenz (RNAi) des Gens führte bei 98% der Embryonen zum Stillstand der

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Embryonalentwicklung in einer frühen Phase (HASHMI et al. 2002). Ob die Cathepsin L Protease immunogenes Potential hat, wurde nicht gezeigt.

KÖHRMANN (2002) immunisierte Rinder mit in E. coli exprimiertem Major Sperm Protein (MSP) (SCHNIEDER 1993b). Die Wurmbürde war in der immunisierten Gruppe um 71% niedriger. Dieses Ergebnis war jedoch aufgrund der geringen Tierzahl in der Impfgruppe (n = 3) statistisch nicht signifikant.

Um neue Vakzinekandidaten zu identifizieren, trennten MATTHEWS et al. (2004) Adulten-ES-Produkte mittels zweidimensionaler Gelelektrophorese auf und testeten diese im Immunoblot. Hierbei wurden Seren von drei verschiedenen Meerschweinchenstämmen eingesetzt, die nach Immunisierung mit ES-Produkten eine Unterschiedliche Empfänglichkeit für Belastungsinfektionen gezeigt hatten.

Durch Vergleich der von den Seren im Immunoblot erkannten Spots wurden sieben Spots identifiziert, die nur mit den Seren von Meerschweinchen reagierten, die nach einer Immunisierung mit ES-Produkten signifikant geschützt waren. Bei der MALDI-TOF-Analyse dieser Spots wurde ein Protein als Major Sperm Protein, MSP;

(SCHNIEDER 1993b) identifiziert. Die Fingerprints der übrigen Proteine zeigten keine signifikanten Ähnlichkeiten mit Sequenzen anderer Nematoden. Die Autoren beabsichtigen Proteinsequenzierungen dieser Spots durchzuführen, um degenerierte Primer für die Amplifikation der Kandidaten konstruieren zu können (MATTHEWS et al. 2004).