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3 Experimenteller Teil

4.4 Immunisierungsverlauf

Mausimmunisierung

Zur Immunisierung dreier Mäuse (Abschnitt 3.3.4, Tabelle 3.3) wurde zunächst das insolubilisierte und niedrig gekoppelte Immunogen 1 verwendet. Die Idee war, zum einen durch die schlechte Löslichkeit das Immunsystem der Mäuse stärker zu stimulieren und zum anderen der unausweichlichen Bildung von Anti-körpern gegen Synthese-Nebenprodukte zumindest bei der ELISA-Durchführung entgegen zu wirken. Immunogen 1 wurde über die Methode der gemischten An-hydride hergestellt (Abschnitt 3.3.3), so dass beispielsweise auch Isobutylreste gekoppelt sein und entsprechende Antikörper ebenfalls auftreten könnten. Da bei der Herstellung des HRP-Konjugats 1 oder der OVA-Konjugate 1 und 3 mittels der NHS-Ester-Aktivierung des TATP-Haptens nicht die gleichen Nebenprodukte entstehen (vor allem durch das hochreaktive N,N′-Dicyclohexylcarbodiimid und seine Abkömmlinge), können Kreuzreaktionen diesbezüglich im ELISA ausge-schlossen werden. Außerdem zeigte bereits die Untersuchung des Maus-3-Serums nach Boost 2 Kompetition gegenüber TATP (Abbildung 4.8, Tabelle 4.2), wenn auch die Antikörperkonzentration im Blut des Tieres noch recht gering war.

Zu diesem Zeitpunkt war bei Maus 1 und 2 noch keine Antikörperbildung zu be-obachten. Um den Prozess zu beschleunigen, wurde den Tieren ab Boost 3 das höher gekoppelte Immunogen 2 in löslicher Form injiziert. Zwar war dieses Im-munogen ebenso wie die markierten Analyten über die NHS-Ester-Methode an-gefertigt worden, aber die Kompetitionsfähigkeit des Tests lässt sich eindeutig

TATP-Antikörpern zuordnen und ermöglicht ihre Charakterisierung sowie Ver-wendung. Ein Einfluss von möglicherweise gebildeten Antikörpern gegen Syn-thesenebenprodukte lässt sich nicht erkennen, da der Testhintergrund (D-Wert, Gleichung 4) während der gesamten Immunisierung auf dem Niveau des Präimmunserums blieb und keine störenden Signale auftraten, wie aus Abbildung 4.8 hervorgeht. Die Durchführung verschiedener Synthesemethoden für die un-terschiedlich eingesetzten TATP-Proteinkonjugate ist damit vermutlich unnötig.

Der Immunisierungsverlauf von Maus 3 ist in Abbildung 4.8 (die maximale Ex-tinktion der Kurve des Boost-8-Serums wurde auf A = 1, Gleichung 4 normiert) und Tabelle 4.2 ausführlich dargestellt. Zwischen dem Präimmunserum und dem Serum nach dem ersten Boost lässt sich kein Unterschied erkennen. Erst ab Se-rum des 2. Boosts zeigt sich die Entwicklung von TATP-Antikörpern. Obwohl be-reits Boost 3 mit dem höher gekoppelten Immunogen 2 erfolgte, steigt der TATP-Antikörpertiter erst nach Boost 4 sprunghaft an. Danach scheint die Antikör-perentwicklung nahezu zu stagnieren. Obwohl die Immunogengabe um ein Fünf-tel reduziert wurde, hätte weiterhin eine Affinitätsreifung erfolgen können. Statt-dessen schwankten die Resultate von Boost zu Boost, insbesondere der Testmit-telpunkt (IC50) pendelte sich um 2.5 mg L-1 bzw. die Antikörperaffinität von 0.17 × 106 L mol-1 (Gleichung 8) ein. Diese Schwankungen entsprechen denen, die auch bei Boost-8-Serum im Laufe der Untersuchungen auf verschiedenen Platten und an verschiedenen Tagen auftraten.

Abbildung 4.8: Entwicklungsverlauf des Serums von Maus 3 im ELISA während der Immunisie-rung.

Für die Seren von Maus 1 und 2 konnten keine Kurven im direkten ELISA erhal-ten werden, weswegen auf ihre Untersuchung hier nicht genauer eingegangen wird und sich die Darstellungen auf Maus 3 beschränken. Es sei jedoch erwähnt, dass beide im indirekten ELISA Signale ab dem dritten Boost lieferten. Mit dem Serum von Maus 1 konnte zum Ende der Immunisierung hin ein ähnlicher

Anti-0.0009 0.1 1 10 100

0.0 0.2 0.4 0.6 0.8 1.0

0

Extinktion ( = 450 nm) (normiert)

TATP [mg L-1]

präimmun Boost 1 Boost 2 Boost 3 Boost 4 Boost 5 Boost 6 Boost 7 Boost 8

körpertiter wie der von Maus 3 festgestellt werden, wohingegen das Maus-2-Serum deutlich schwächere Signale bei gleicher Verdünnung (1:10 000) hervor-rief. Insgesamt funktionierte der indirekte ELISA für die Mausseren besser. So konnte bei Maus-3-Serum ein etwas besserer Testmittelpunkt von 1-1.5 mg L-1 gemessen werden. An den Beobachtungen zur Antikörperreifung, die nahezu ausblieb (vergleichbar mit Tabelle 4.2), änderte sich jedoch nichts. Während der IC50 von Maus-1-Serum zwei- bis dreimal schlechter im Vergleich zu Maus-3-Seren war, wurde für Maus-2-Serum ein Testmittelpunkt von 0.2-0.3 mg L-1 erhal-ten. Da das Maus-2-Serum somit eine etwa fünfmal bessere Antikörperaffinität als das Maus-3-Serum aufwies, wurde auch diese Maus zur Herstellung von Hybridomzellen eingesetzt.

Tabelle 4.2: Affinitätsreifung von Maus 3.

Verdünnung IC50 Affinität

Boost Serum HRP-Konjugat [mg L-1] [L mol-1]

2 1:10 000 1:10 000 4.25 ± 1.48 0.105 ± 0.037 × 106

3 1:10 000 1:10 000 2.89 ± 0.57 0.154 ± 0.030 × 106

4 1:10 000 1:10 000 2.96 ± 0.12 0.150 ± 0.006 × 106

5 1:10 000 1:10 000 2.26 ± 0.22 0.197 ± 0.019 × 106

6 1:10 000 1:10 000 2.29 ± 0.11 0.194 ± 0.010 × 106

7 1:10 000 1:10 000 2.83 ± 0.30 0.157 ± 0.017 × 106

8 1:10 000 1:10 000 2.75 ± 0.16 0.162 ± 0.009 × 106

Untersuchung der Hybridomzellkulturen

Nach Boost 8 wurden Maus 2 und 3 für die Fusion ihrer Milzzellen mit Myelom-zellen ausgewählt. Zur Vorbereitung darauf mussten die Tiere zwei Tage vor der Milzentnahme ein letztes Mal immunisiert werden. Nach diesem neunten Boost war für ausführliche Tests nicht genügend Serum vorhanden. Der einzig mögli-che ELISA offenbarte aber fast identismögli-che Werte wie mit Boost-8-Serum. Rück-blickend lässt sich aus den Ergebnissen in Abbildung 4.8 und Tabelle 4.2 sagen, dass der finale Boost nicht erst an Tag 320 nach der Erstimmunisierung der Mäuse hätte erfolgen können sondern deutlich eher. Während der Tests zwi-schen den einzelnen Nachimmunisierungen war jedoch jegliche Schwankung mit der Hoffnung auf weitere Verbesserung verknüpft. Die Fusion von Milz- und Myelomzellen sollte zu TATP-Antikörper-sekretierenden und zugleich immortali-sierten Hybridomzellen führen. Mittels ELISA wurden die Zellkulturüberstände auf das Vorhandensein von TATP-Antikörpern geprüft. Das Ergebnis dieser Untersu-chungen war trotz des enormen Aufwands und funktionierenden Positiv- und Ne-gativkontrollen ernüchternd: Es konnte kein positiver Zellklon identifiziert werden, so dass auch keine monoklonalen TATP-Antikörper produziert werden können.

Im direkten ELISA mit den ersten 68 Zellkulturüberständen von Tag 18 nach der Fusion sowie mit sämtlichen Überständen von 17 Mikrotiterplatten nach 24 und 32 Tagen wurde kein positives Ergebnis erhalten. Für Hybridomzellen, die

aus Zellen von Maus 2 erzeugt wurden (fünf Platten), war das nicht auszuschlie-ßen, da schon das Serum keine Kurven im direkten ELISA hervorbrachte. Für Maus-3-Fusionszellen (zwölf Platten) wurde aber ein anderes Ergebnis erwartet.

Mit denselben Überständen, jedoch ohne die von Tag 24, dafür zusätzliche vom 53. Tag nach der Fusion, wurden auch indirekte Tests vorgenommen. Diese ergaben zunächst sogar einige positive Signale, welche sich dann aber als nicht relevant herausstellten. Einige waren falsch-positiv und manche davon kamen von Überständen aus Kavitäten, die gar keine Zellen enthielten. Solche Resultate waren nicht reproduzierbar und ihre Ursache konnte nicht geklärt werden. Ein Einfluss des Kulturmediums auf den ELISA konnte durch Tests ausgeschlossen werden. Andere positive Signale traten zwar wiederholt auf und die Zellen der entsprechenden Kavitäten konnten auch vermehrt werden, so dass genügend Zellkulturüberstand für weitere Untersuchungen vorhanden war. Jedoch wies keine dieser Hybridomzellkulturen die Fähigkeit zur Bildung von TATP-Antikörpern auf, da keine Inhibition im kompetitiven ELISA (indirekt oder direkt) durch Zugabe von TATP-Lösungen beobachtet werden konnte. Diese positiven Signale könnten durch andere entstandene Antikörper ausgelöst worden sein, die entweder ganz unspezifisch an die Mikrotiterplatte oder ihre Beschichtung binden oder sich vor allem gegen BSA, eventuell aber auch gegen Nebenproduk-te der NHS-EsNebenproduk-ter-Synthese (wie oben beschrieben), richNebenproduk-ten. Die OVA-Konjugate 1 und 3 wurden auf die gleiche Weise wie das Immunogen 2 herge-stellt und könnten somit die gleichen Strukturen tragen. Entsprechend entstan-dene Antikörper könnten so an die OVA-Konjugat-Beschichtung einer Mikrotiter-platte binden, wobei BSA-Antikörper aufgrund struktureller Ähnlichkeiten von OVA zu BSA direkt an das OVA binden würden. Mit derartigen Antikörpern kann TATP nicht kompetitiv wechselwirken und durch den Einsatz von -Maus-IgG-HRP werden sie nicht selektiv detektiert. Das tatsächliche Vorhandensein von Antikörpern gegen Synthesenebenprodukte (z. B. gegen N′-Dicyclohexyl-harnstoffderivate u. ä.) wurde nicht geprüft. Lediglich BSA-Antikörper wurden mit Mausserum im indirekten ELISA untersucht. In Kavitäten mit BSA-Beschichtung wurden dabei extrem hohe Extinktionen erzielt, was für die Bildung größerer Mengen BSA-Antikörper spricht, und auch Kavitäten mit einer Beschichtung aus ungekoppeltem OVA riefen Signale hervor.

Die Ursachen für den Misserfolg bei der Herstellung TATP-Antikörper-produzierender Hybridomzellen können vielfältig sein. Die Squarix biotechnology GmbH ist eine Firma mit langjähriger Erfahrung und der in dieser Arbeit entwi-ckelte TATP-ELISA funktionierte zuverlässig, auch unter den angepassten Be-dingungen für die Verwendung von Zapfenplatten, wie die mitgeführten Kontrol-len bestätigen. Fehler bei der Durchführung können daher nahezu ausgeschlos-sen werden. Seit der Einführung der Hybridomtechnik von Köhler und Milstein 1975 [187] wurden zahlreiche Versuche, vor allem in den 1980er und 1990er Jahren, unternommen, die Methode zur Gewinnung monoklonaler Antikörper zu verbessern, doch vom Prinzip her blieb sie stets gleich. Die bekannte Schwach-stelle ist die eigentliche Fusion von Milz- mit Myelomzellen, wie Tabelle 4.3 für die praktische Durchführung in dieser Arbeit andeuten soll.

Tabelle 4.3: Zahlen zur Fusion von Maus-2- und -3-Milzzellen (Schätzungen).

Maus 2 Maus 3

Milzzellen (unabhängig von ihrer Vitalität) 82 000 000 190 000 000

davon stimuliert 10% 20%

fusionierte Zellen bei einer maximalen

Fusionswahrscheinlichkeit von 0.01% 8 200 19 000 Anzahl der Kavitäten, auf die Zellen verteilt

wurden 480 1 152

mikroskopisch sichtbare Zellklone 14 Tage

nach der Fusion 500

Es gibt (auch aus Tierschutzgründen [184]) kaum statistisch abgesicherte Stu-dien zur Einflussnahme auf die Fusionseffizienz zur Bildung von Hybridomzellen.

Meist handelt es sich um wenige oder gar einzelne durchgeführte Immunisierun-gen, die veröffentlicht werden. Auch die gewählten BedingunImmunisierun-gen, wie Tiermodell, Zelllinie, Fusionsrezept, Zeitspannen etc. weichen häufig voneinander ab. Letzt-lich ist selbst der Einfluss des gewählten Immunogens, das stets variiert, weitge-hend unbekannt und eventuelle Effekte sind nicht auszuschließen, so dass Ver-gleiche verschiedener Immunisierungen schwierig sind. So ist es nicht verwun-derlich, dass zum einen wenige Boosts [303, 304] empfohlen werden und zum anderen vor allem bei schwachen Immunogenen Immunisierungsverläufe bis zu einem Jahr [47] kein Problem darstellen, um eine erfolgreiche Fusion zu erzielen.

Die in dieser Arbeit recht lange Immunisierungszeit von 320 Tagen muss also nicht als entscheidendes Kriterium angesehen werden. Ein Grund könnte der relativ geringe TATP-Antikörpertiter sein. Die Mausseren ließen sich kaum weiter verdünnen als 1:10 000 (nur in Ausnahmefällen 1:77 000, wie als Positivkontrolle ohne die Aufnahme einer ELISA-Kompetitionskurve). Im Vergleich zu ähnlich verlaufenden Immunisierungen im gleichen Labor ist der Titer 10 bis 100-fach schlechter [305, 306]. Zwar gibt es in der Literatur Hinweise, dass eine 1:10 000-Verdünnung als Titer ausreichend ist [47, 188], aber nach Angaben von Squarix biotechnology GmbH war dieser Wert schon an der unteren Grenze für eine er-folgreiche Fusion. Ihrer Erfahrung nach waren außerdem die beiden Milzen der immunisierten Mäuse kaum vergrößert (normal sind ~ 108 Zellen [47]) und insbe-sondere bei Maus 2 fiel die Anzahl der stimulierten Zellen relativ gering aus. Ho-he Zellzahlen sind wünscHo-henswert, da die WahrscHo-heinlichkeit der Verschmelzung von Milzzellen mit Myelomzellen bei der chemischen Fusion mit Polyethylengly-kol nur 0.001-0.1% beträgt [188-190]. Dabei ist noch nicht sicher, ob auch die richtige Hybridomzelle, mit der Fähigkeit den gewünschten Antikörper zu produ-zieren, entstanden ist und sie stabil bleibt. Tabelle 4.3 macht deutlich, dass von knapp 300 Millionen Milzzellen zweier Mäuse schließlich nur 500 Zellklone resul-tierten (< 0.0002%). Darunter befinden sich auch die Hybridomzellen nicht stimu-lierter Milzzellen (80-90%) und solche, die nicht TATP-Antikörper sondern bei-spielsweise BSA-Antikörper oder Antikörper natürlichen Ursprungs sekretieren.

Des Weiteren kommt es vor, dass Hybridomzellen unter Stress ihre erworbenen Eigenschaften auch wieder verlieren [47]. Insgesamt ist die Chance, die

ge-wünschten Antikörper-sekretierenden Zellen zu erzeugen und damit monoklonale Antikörper produzieren zu können, recht gering.

Sowohl die Immunisierung (bis auf die Wahl der exakten Haptenstruktur) als auch die Herstellung der Hybridomzellen für die Produktion monoklonaler Anti-körper sind weitgehend empirische Methoden, die weder vorhersehbar noch ge-nau steuerbar sind. Selbst neuere Forschungsarbeiten zur Verbesserung der Zellfusion, bei denen sich oftmals die Elektrofusion durchgesetzt hat, erreichen mit 0.4% eine kaum höhere Fusionseffizienz [190]. Es sind leider keine Daten von etablierten Firmen bekannt, die einen Hinweis auf die Erfolgsquote für die Herstellung stabiler Zelllinen zur Produktion monoklonaler Antikörper geben. Ein-zig folgender Kommentar aus einer Patentschrift [307] gibt Auskunft: „Bei einer typischen, von PEG vermittelten Verschmelzung von 100 Millionen Milzzellen und 10 Millionen Myelomzellen betrug die Ausbeute an verschmolzenen Zellen weni-ger als 1 000, wovon vier oder fünf geklonte Zellen, jedoch häufig keine, einen Antikörper mit der gewünschten Spezifizität bilden. Das führt in der Praxis dazu, daß 5 bis 10 Fusionsverfahren gleichzeitig durchgeführt werden, was zu einer aufwendigen nachfolgenden Behandlung führt, um das geeignete Hybridom her-auszufinden.“ Ein wenig hoffnungsvoller Satz, der aber die hier bei der Durchfüh-rung gemachten ErfahDurchfüh-rungen bestätigt.

Kaninchenimmunisierung

Das Scheitern der Herstellung von monoklonalen TATP-Antikörpern machte eine neue Strategie zur Produktion von TATP-Antikörpern notwendig. Da die Immuni-sierung der Mäuse prinzipiell funktionierte, aber nur geringe Mengen polyklonaler TATP-Antikörper in Form ihrer Seren (≤ 100 µL) verfügbar waren, wurden zur Gewinnung größere Mengen polyklonaler TATP-Antikörper zwei Kaninchen im-munisiert. Pro Blutung konnten dabei jedem Kaninchen bis zu 20 mL Serum ent-nommen werden, zum Abschluss der Immunisierung sogar knapp 60 mL. Mit den Erfahrungen von der ersten Immunisierung wurde von Anfang an lösliches Im-munogen 3 mit einer hohen Kopplungsdichte injiziert, das nahezu identisch dem bei der Mausimmunisierung eingesetzten Immunogen 2 war (Abschnitt 3.3.3 so-wie Tabelle 4.1 und Abbildung 4.7

)

. Zunächst wurden bis einschließlich zum drit-ten Boost jedem Tier 100 µg Immunogen dem Speedy 28-day protocol von Euro-gentec S.A. [282] folgend verabreicht (Tabelle 3.4). Bereits in dem Serum nach Boost 2 ließen sich TATP-Antikörper nachweisen, doch Boost 3 brachte noch-mals beachtliche qualitative und quantitative Verbesserungen des Serums beider Kaninchen, so dass eine Fortsetzung der Immunisierung über das ursprünglich gebuchte Programm hinaus sinnvoll erschien.

Ab Boost 4 wurden beiden Kaninchen dann 50 µg Immunogen 3 gespritzt und ab Boost 5 erfolgte die Immunogengabe in regelmäßigem Abstand von vier Wo-chen (Tabelle 3.4). Die positive Entwicklung der Antikörper setzte sich auch nach Boost 3 weiter fort und verlief für beide Kaninchen fast parallel. Die Affinitätsrei-fung der Seren macht besonders zwischen Boost 2 und Boost 6 stetige Entwick-lungen erkennbar, wie Tabelle 4.4 für Kaninchen 1 und Tabelle 4.5 für

Kanin-chen 2 zeigt. Schließlich werden die Veränderungen immer kleiner, so dass ab Boost 8 keine signifikante Besserung auftritt. Interessanterweise ist die Zunahme des Titers der TATP-Antikörper, wie aus Abbildung 4.9 (Kaninchen 1) und Abbil-dung 4.10 (Kaninchen 2) abzulesen ist, durch regelrechte Schübe nach Boost 2 sowie nach Boost 6 und Boost 7 geprägt. Danach treten Schwankungen des Ti-ters auf und um nicht zu riskieren, dass der Titer eventuell einbricht (Hyposensi-bilisierung), wurde die Immunisierung mit Boost 11 beendet.

Abbildung 4.9: Entwicklungsverlauf des Serums von Kaninchen 1 im ELISA während der Immuni-sierung.

Tabelle 4.4: Affinitätsreifung von Kaninchen 1.

Verdünnung IC50 Affinität

Boost Serum HRP-Konjugat [µg L-1] [L mol-1] Immunisierung nach Speedy 28-day protocol von Eurogentec S.A.

2 1:5 000 1:20 000 140 ± 450 0.002 ± 0.001 × 109

3 1:20 000 1:40 000 37.8 ± 13.7 0.007 ± 0.003 × 109 verlängerte Immunisierung nach individuellem Protokoll

4 1:120 000 1:30 000 3.59 ± 1.36 0.077 ± 0.029 × 109

5 1:120 000 1:30 000 1.50 ± 0.21 0.185 ± 0.026 × 109

6 1:40 000 1:180 000 0.859 ± 0.170 0.323 ± 0.064 × 109

7 1:200 000 1:100 000 0.608 ± 0.364 0.457 ± 0.273 × 109

8 1:500 000 1:600 000 0.225 ± 0.026 1.234 ± 0.143 × 109

9 1:300 000 1:600 000 0.297 ± 0.064 0.934 ± 0.200 × 109

10 1:300 000 1:600 000 0.274 ± 0.108 1.015 ± 0.402 × 109

11 1:300 000 1:600 000 0.268 ± 0.074 1.037 ± 0.286 × 109

3E-5 0.001 0.01 0.1 1 10 100 1000

0.0 0.5 1.0 1.5

2.0 präimmun

Boost 2 Boost 3 Boost 4 Boost 5 Boost 6 Boost 7 Boost 8 Boost 9 Boost 10 Boost 11

Extinktion ( = 450 nm) (normiert)

TATP [µg L-1] 0

Die in Abbildung 4.9 und Abbildung 4.10 angegebenen Extinktionen stellen keine gemessenen Werte dar, sondern sind das Resultat von über die A-Werte (Glei-chung 4) aneinander gereihten Kurven. Daher rührt auch der Eindruck, dass der TATP-Antikörpertiter von Kaninchen 1 geringer ist als von Kaninchen 2. Tatsäch-lich sind bei den Seren der letzten Boosts beide Titer aber sehr ähnTatsäch-lich und der Titer von Kaninchen 1 liegt nur geringfügig über dem von Kaninchen 2. Ebenso verhält es sich mit den Affinitäten, die aus den gründlich, durch die zweidimensi-onale Verdünnung jedes Serums zu dem HRP-Konjugat 1, optimierten Testmit-telpunkten in Tabelle 4.4 und Tabelle 4.5 nach Gleichung 8 ([240, 241]) ermittelt wurden. Der für Kaninchen 1 durch die Affinitätsreifung erreichte Endwert unter-scheidet sich mit rund 1 × 109 L mol-1 nicht signifikant von den knapp 0.7 × 109 L mol-1 von Kaninchen 2. Spätestens nach Boost 8 liegen demnach Seren zweier Kaninchen vor (Boost-7-Seren sind nicht viel schlechter), die nahe-zu identisch sind. Daher hätte die Immunisierung bei beiden Kaninchen nach Boost 8 beendet werden können, aber durch drei weitere Boosts pro Kaninchen konnten insgesamt mehr als 2 × 100 mL fast gleichwertiger polyklonaler TATP-Antikörperlösung erhalten werden.

Abbildung 4.10: Entwicklungsverlauf des Serums von Kaninchen 2 im ELISA während der Immu-nisierung.

Der Immunisierungsverlauf der zwei Kaninchen widerspricht den Zusicherungen von Eurogentec S.A. [282], dass die Affinitätsreifung und die Titerentwicklung mit dem Speedy 28-day protocol ausreicht, um vergleichbare polyklonale Seren wie durch längere Immunisierungen mit weiteren Injektionen zu erlangen. Wäre die Immunisierung nach Boost 3 mit einer Serumentnahme an Tag 28 beendet wor-den, so wären nicht nur hohe quantitative Einbußen durch den deutlich geringe-ren Titer und weniger Serumentnahme die Folge gewesen. Vor allem hätte auch nicht die Qualität der Seren erreicht werden können, wie sie nach acht Boosts vorlag. Die Affinitäten wären etwa 50- (Kaninchen 2) bis 150-mal (Kaninchen 1)

3E-5 0.001 0.01 0.1 1 10 100 1000

0.0 0.5 1.0 1.5 2.0

2.5 präimmun

Boost 2 Boost 3 Boost 4 Boost 5 Boost 6 Boost 7 Boost 8 Boost 9 Boost 10 Boost 11

Extinktion ( = 450 nm) (normiert)

TATP [µg L-1] 0

schlechter gewesen, was sich negativ auf die Empfindlichkeit des ELISA und anderer Testformate ausgewirkt hätte.

Tabelle 4.5: Affinitätsreifung von Kaninchen 2.

Verdünnung IC50 Affinität

Boost Serum HRP-Konjugat [µg L-1] [L mol-1] Immunisierung nach Speedy 28-day protocol von Eurogentec S.A.

2 1:15 000 1:40 000 78.6 ± 21.2 0.004 ± 0.001 × 109

3 1:40 000 1:30 000 16.8 ± 2.70 0.017 ± 0.003 × 109 verlängerte Immunisierung nach individuellem Protokoll

4 1:120 000 1:30 000 1.91 ± 0.63 0.146 ± 0.048 × 109

5 1:120 000 1:30 000 1.25 ± 0.09 0.222 ± 0.015 × 109

6 1:120 000 1:30 000 0.850 ± 0.130 0.327 ± 0.050 × 109

7 1:100 000 1:300 000 0.535 ± 0.167 0.519 ± 0.162 × 109

8 1:200 000 1:600 000 0.400 ± 0.061 0.694 ± 0.105 × 109

9 1:600 000 1:600 000 0.426 ± 0.050 0.653 ± 0.076 × 109

10 1:600 000 1:600 000 0.447 ± 0.084 0.621 ± 0.116 × 109

11 1:300 000 1:600 000 0.407 ± 0.072 0.683 ± 0.121 × 109

Vergleich von Maus- und Kaninchenimmunisierung

Zunächst sei erwähnt, dass die Immunisierungen der drei Mäuse (mit Einschrän-kungen bei Maus 1 und 2) und der zwei Kaninchen erfolgreich waren und somit auch nochmals die passende Struktur des TATP-Haptens und die gelungenen Proteinkonjugatsynthesen bestätigt wurden. Obwohl die beiden Immunisierungen nicht identisch durchgeführt wurden, konnten außerdem doch einige interessante Beobachtungen und Schlüsse aus einem Vergleich ihrer Verläufe gezogen wer-den. Vor allem der Anfang der beiden Immunisierungsschemen (Abschnitt 3.3.4 und Tabelle 3.4) wich voneinander ab: Ausführende Firma, Kopplungsdichte, Löslichkeit sowie Menge des Immunogens und die zeitlichen Abstände der Injek-tionen. Erst ab Boost 3 bzw. 4 wurden ähnliche Immunogene und regelmäßige 4-6-wöchige Intervalle für die Boosts gewählt, die bei beiden zu einer recht lan-gen Immunisierungszeit führten (Maus: 320 Tage, Kaninchen: 224 Tage).

Die erste Auffälligkeit ist, dass beide Immunisierungsverläufe trotz erwähnter unterschiedlichster Ausgangsbedingungen ähnlich beginnen. Zwar gibt es von den Kaninchen kein Serum nach Boost 1, das bei Maus 3 noch keine erkennbare Immunreaktion zeigte, aber Boost-2-Serum zeigte bei beiden Tierarten lediglich eine recht schwache Reaktion. Erst mit dem Serum nach Boost 3 sind deutliche Verbesserungen und insbesondere ein Anstieg des TATP-Antikörpertiters zu verfolgen. Hier lassen sich die zuerst einsetzende primäre Immunantwort, bei der zunächst überwiegend die in geringen Mengen vorliegenden, pentameren IgM agieren, und der Übergang zur sekundären Immunantwort erkennen. Erst durch den wiederholten Kontakt mit demselben Antigen setzt letztere ein und führt zur Produktion vieler IgG und ihrer Affinitätsreifung [175, 185]. Auch wenn die

Kanin-chenseren eine viel deutlichere Entwicklung aufweisen, so setzt doch bei beiden Immunisierungen nach rund 150 Tagen eine Stagnation ein, wobei die Kanin-chen in diesem Zeitraum doppelt so oft nachimmunisiert wurden wie die Mäuse (Maus: Boost 4, Tag 154, Kaninchen: Boost 8, Tag 140). Bemerkenswert ist in diesem Zusammengang auch, dass bei beiden Spezies die Antigenmenge nach dem dritten (Maus: von 50 auf 10 µg) bzw. vierten Boost (Kaninchen: von 100 auf 50 µg) reduziert wurde und der Titer davon unbeirrt weiter anstieg. Es ist davon auszugehen, dass die von den Firmen geforderte Immunogenmenge zur Sicher-heit ein Überschuss dessen darstellt, was eigentlich zur Auslösung der Immun-antwort ausreichen würde.

Relevanter für diese Arbeit aber ist, dass sich die polyklonalen Seren sehr er-heblich in TATP-Antikörperaffinität und -konzentration unterschieden. Nach Ab-schluss der Antikörperreifung, die bei den Mäusen nur sehr schwach ausfiel, konnten für Maus-3-Serum eine TATP-Antikörperaffinität von knapp 0.2 × 106 L mol-1 und für die Kaninchen zwischen ca. 0.7 und 1 × 109 L mol-1 er-mittelt werden. Die polyklonalen Antikörper beider Spezies liegen damit in dem erwarteten Affinitätsbereich, der auch oft über die reziproken Dissoziations-konstanten der Antigen-Antikörper-Bindung mit etwa 10-6 bis 10-11 M angegeben wird [175]. Dennoch unterscheiden sich die Affinitäten um den Faktor 5 000 zu

Relevanter für diese Arbeit aber ist, dass sich die polyklonalen Seren sehr er-heblich in TATP-Antikörperaffinität und -konzentration unterschieden. Nach Ab-schluss der Antikörperreifung, die bei den Mäusen nur sehr schwach ausfiel, konnten für Maus-3-Serum eine TATP-Antikörperaffinität von knapp 0.2 × 106 L mol-1 und für die Kaninchen zwischen ca. 0.7 und 1 × 109 L mol-1 er-mittelt werden. Die polyklonalen Antikörper beider Spezies liegen damit in dem erwarteten Affinitätsbereich, der auch oft über die reziproken Dissoziations-konstanten der Antigen-Antikörper-Bindung mit etwa 10-6 bis 10-11 M angegeben wird [175]. Dennoch unterscheiden sich die Affinitäten um den Faktor 5 000 zu