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2.4. V ORKOMMEN UND B EDEUTUNG VON C AMPYLOBACTER SPP

2.4.2. I NFEKTIONEN VON H AUSTIEREN UND W ILD

2.4.2.1.WIRTSCHAFTSGEFLÜGEL UND MÖWEN

Als „Wirtschaftsgeflügel“ werden die Arten Huhn, Pute, Ente und Gans bezeichnet, die zur Ernährung des Menschen genutzt werden. Sowohl das Wirtschaftsgeflügel als auch frei le-bende Vogelarten sind als natürliches Reservoir für thermophile Campylobacter-Arten zu berücksichtigen (RING und WOERLEN, 1991). SMIBERT (1984) sowie WASSENAAR und WAGENAAR (1999) sehen Campylobacter für Geflügel als Kommensalen an. GLÜNDER (1988) wies bei Möwen besonders C. lari nach. In einer Studie über das Vorkommen von Campylobacter spp. und Salmonella spp. bei Möwen in Norddeutschland stellten GLÜNDER et al. (1991) fest, dass 128 von insgesamt 207 Möwen mit Campylobacter spp. infiziert wa-ren. Bei Tieren unter zwei Jahren herrschte C. jejuni und bei Tieren, die älter als zwei Jahre waren C. coli vor. Studien aus den USA zeigen eine Prävalenz von 25% bei Hühnerartigen, 13% bei den Gänseartigen und 8% bei den Taubenartigen. Gänseartige Zugvögel sind nach PACHA et al. (1988) symptomlose Träger von C. jejuni. GLÜNDER (1994) beschreibt einen positiven Nachweis von Campylobacter spp. in allen von 70 untersuchten Legehennenher-den in Deutschland. Mittels kulturellen Nachweises konnten Campylobacter spp. von Kloa-kentupfern und aus Blinddarminhalt in 17 von 19 untersuchten Putenherden nachgewiesen werden (WINDHAUS, 1997). Am Anfang der Mastperiode (erste bis zweite Woche) wurden von 11% der Herden Campylobacter spp. isoliert, serologisch waren keine positiv. In der Mit-te (neunMit-te und zehnMit-te Woche) der Mastperiode wurden in 53% der Herden CampylobacMit-ter spp. isoliert und serologisch waren 29% positiv. Am Ende der Mast (21. und 22. Woche) lag die Isolationsrate in den Herden bei 80% und serologisch bei 100%. Andere kulturelle Unter-suchungen brachten bei Mastputen Nachweisraten von Campylobacter spp. in 66,7% der Herden, davon konnten 69% als C. jejuni identifiziert werden (ZIEGLER, 1993). JACOBS-REITSMA et al. (1994) berichteten für die Niederlande von positiven Nachweisraten für Campylobacter spp. von 82% in Broilerherden und von 67% in Elterntierherden. Großbritan-nien hat nach Angaben von HUMPHREY (1994) Nachweisraten von 68% in Broilerherden und 10% bei Elterntierherden. C. jejuni wird von allen Campylobacter-Stämmen ähnlich der Situation beim Menschen am häufigsten isoliert (OOSTEROM et al., 1983a; ANNAN-PRAH und JANC, 1988; BERNDTSON et al., 1996). JACOBS-REITSMA et al. (1994) differenzier-ten insgesamt 268 Isolate aus einer Broilerherde. Sie identifizierdifferenzier-ten 66% als C. jejuni und 34% als C. coli. Die in Geflügelkot bestimmten Keimzahlen von Campylobacter betrugen zwischen 106 und 109 KbE/ g (ALTEMEYER et al., 1985; MEAD und HINTON, 1989, MEAD et al., 1995). Von einigen Autoren wird das Vorkommen von C. coli in Geflügel mit 5 bis 13%

angegeben (VAN DOORN et al., 1997; WALLACE et al., 1997; MADDEN et al., 1998), ande-re fanden C. coli zwischen 28% und 34% (ENDTZ et al., 1991; JACOBS-REITSMA et al., 1994; JACOBS-REITSMA et al., 1995 a und b).

2.4.2.1.1.ÜBERTRAGUNGSWEGE

Zum Zeitpunkt des Schlupfes sind Küken nicht mit Campylobacter spp. infiziert und nur in Ausnahmefällen konnten sie von Küken mit weniger als fünf bis 14 Lebenstagen isoliert wer-den (KARMALI und FLEMMING, 1979a; ALTMEYER et al., 1985; NAIR et al., 1985;

SHAN-KER et al., 1986; ANNAN-PRAH und JANC, 1988; JONES et al., 1991a; JACOBS-REITSMA et al., 1995 a und b, 2001).

Dem horizontalen Übertragungsweg kommt für die bestandsweise Infektion mit Campylobac-ter spp. die größte Bedeutung zu (SHANKER et al., 1986; SHANE, 1992; JACOBS-REITSMA et al., 1995 b). Der Erreger wird relativ früh aus der Umwelt aufgenommen, so dass Herden in einem Alter von zwei bis vier Wochen infiziert werden; nach sechs Wochen wurde der Erreger bei 100% der Tiere einer Broilerherde nachgewiesen (BERNDTSON et al., 1995; JACOBS-REITSMA et al., 1995 b; GREGORY et al., 1997). Diese schnelle Aus-breitungstendenz führen ALTMEYER et al. (1985) auf die hohen Keimzahlen im Darm zu-rück. Durch die Infektion nur eines Tieres kann sich der Erreger über die fäkale Verunreini-gung der Einstreu, des Futters und besonders des Tränkwassers zügig innerhalb einer Her-de ausbreiten (SHANKER et al., 1990). Die Wahrscheinlichkeit einer Kolonisation von Cam-pylobacter spp. steigt mit zunehmendem Alter und Mastdauer. Sie ist zusätzlich von der Qualität der Haltungshygiene abhängig. Je besser die Hygiene ist, umso größer ist die Mög-lichkeit, den Zeitpunkt einer Kolonisation mit Campylobacter spp. heraus zu schieben oder Campylobacter-freie Herden aufzuziehen (MUNROE et al., 1983; ALTMAYER et al., 1985;

JACOBS-REITSMA, 1997). Das Zustandekommen einer Infektion hängt von biotischen und abiotischen Faktoren ab. Quellen können die Wiederverwendung alter Einstreu, unzurei-chend, unvollständig oder unregelmäßig gereinigte und desinfizierte Ställe und kontaminier-tes und unchlorierkontaminier-tes Wasser sein (SKIRROW, 1991; PEARSON et al., 1993; MIFLIN et al., 1999). Als weitere Vektoren werden in der Literatur Käfer, Milben und Flöhe, Hausfliegen, Mäuse und Ratten und frei lebende Vögel genannt (ROSEF und KAPPERUD, 1983; AN-NAH-PRAH und JANC, 1988, GLÜNDER et al., 1988; JACOBS-REITSMA et al., 1995b).

Hunde und Katzen in der Nähe von Geflügelställen stellen ebenfalls eine potentielle Gefahr dar. Futtermittel spielen aufgrund der geringen Wasseraktivität und der Tenazität von Cam-pylobacter nur eine untergeordnete Rolle (SHANKER et al., 1990; JACOBS-REITSMA et al., 1995b). Stallarbeiter und Personen, die ungehinderten und ungeschützten Kontakt zu den Geflügelherden haben, können durch kontaminierte Haut, die Kleidung und das Schuhwerk, insbesondere wenn vorher Rinder oder Schweine auf dem gleichen Hof versorgt wurden, Campylobacter spp. verbreiten (ANNAH-PRAH und JANC, 1988; KAPPERUD et al., 1993;

PHILIPSON, 1996). Spätestens bei Fang der Tiere für die Schlachtung durch das Personal oder durch das Einbringen von kontaminierten Transportkäfigen während des Verladens in Campylobacter-freie Ställe, kann der Erreger in die Herde eingetragen werden (ROSEF und KAPPERUD, 1983). Einige Autoren sehen in Campylobacter-spezies, die unter suboptimalen Bedingungen in den Zustand der VNBC übergehen, eine weitere Möglichkeit der Infektion, indem sie empfängliche Küken kolonisieren (JONES et al., 1991b).

In niederländischen Langzeitstudien wird die vertikale Übertragung über das Ei als unwahr-scheinlich angesehen, da keine Campylobacter spp. im Rahmen von Stufenkontrollen isoliert werden konnten (SHANE, 1992; JACOBS-REITSMA et al., 1995 b und 2001). SHANE et al.

(1986) konnten weiter in ihren Versuchen zeigen, dass Legehennen, die C. jejuni mit dem Kot ausschieden, keine infizierten Eier produzierten. SHANKER et al. (1986) berichten, dass geschlüpfte Küken erregerfrei waren. Der von der Eischalenoberfläche in Bruteiern isolierte C. jejuni-Serotyp entspricht nach PEARSON et al. (1996) größtenteils dem der Küken des Zuchtbetriebes.

2.4.2.2.NUTZTIERE

Bei Schweinen gelten thermophile Campylobacter spp. als Bestandteil der physiologischen Darmflora. C. coli als am meist verbreitete Spezies in der Schweinepopulation (DEDIE et al.,

1993; GAULL, 2002), seltener auch C. jejuni, haben dabei mit Nachweisraten aus dem Kot gesunder Tiere von 46% bis 100% die größte Bedeutung (ROSEF, 1981a und b; STERN, 1981; GÖRGEN et al., 1983; BORNEMANN-ROHRIG, 1985; KWIATEK et al., 1990; MOO-RE und MADDEN, 1998; ONO und YAMAMOTO, 1999; JACOBS-MOO-REITSMA, 2000; KRA-MER et al., 2000; HARTUNG, 2001 a und b). Untersuchungen an Schlachttierkörpern zeig-ten eine geringe Kontamination mit Campylobacter, obwohl sie aus Schweinekotproben sehr häufig isoliert werden konnten. In Hackfleisch, welches eine höhere Anfälligkeit für Kontami-nationen hat, konnten Campylobacter spp. nicht nachgewiesen werden (BUTZLER und OOSTEROM, 1991). GILL und BRYANT (1993) berichten von bis zu 106 KbE Campylobacter spp. pro Gramm Abfall, der bei der maschinellen Entborstung anfiel. Nach den Entborsten wurden auf der Oberfläche von Schlachtschweinen E. coli und Campylobacter spp. noch in einer Größenordnung von 70 KbE/cm2 gefunden. Das anschließende Abflammen der Tier-körper senkte die Keimzahl in Abhängigkeit von Temperatur und Dauer wieder (NERBRINK und BORCH, 1989). Im Gegensatz zu den Schlachttierkörpern konnte von Innereien oder Organen wie Leber, Niere und Herz häufig Campylobacter nachgewiesen werden (SKIR-ROW, 1991). MOORE und MADDEN (1998) zeigten in ihren Untersuchungen, dass in 6%

der von frisch geschlachteten Schweinen entnommenen Lebern Campylobacter nachzuwei-sen war. 50% der Campylobacter spp. konnten dabei als C. coli identifiziert werden. KRA-MER et al. (2000) isolierten dagegen aus Schweinelebern zu 71,7% Campylobacter spp..

34,3% wurden dabei als C. jejuni und 42,3% als C. coli identifiziert. Die Autoren vertreten zudem die Meinung, dass der mikrobielle Status von Schweinelebern frisch geschlachteter Tiere als Indikator für die Hygienepraxis in Schlachthöfen angesehen werden konnte. Die starke Kontamination der Lebern wurde mit der bei der Eviszeration angewandten Technik erklärt. Hierbei bestand die Gefahr, den Magen-Darmtrakt zu verletzen und somit eine Kon-tamination der Schlachtkörper zu verursachen. Mit einer KonKon-tamination der Lebern beim Schlachtvorgang und der Fleischuntersuchung durch freiwerdende Gallenflüssigkeit bei der Inzision von Gallengängen und der Gallenblase, konnte das Vorkommen von Campylobacter spp. auf der Oberfläche von Schweinelebern durch ROSEF (1981b) erklärt werden. Diese stellen somit auch ein wichtiges Reservoir dar. Wird Schweinefleisch nur gesalzen oder nur schwach erhitzt verzehrt, stellt C. coli eine wichtige Ursache klinischer Infektionen dar (SKIRROW, 1991). Das in Deutschland praktizierte Waschen und Salzen von Schweinedär-men konnte nach einer Untersuchung von STICHT-GROH (1982) Campylobacter nicht eli-minieren. WEIJTENS et al. (1993) betrachten Schweine als natürliches Reservoir für Campy-lobacter spp.. Produkte aus Schweinefleisch stellen somit nach ihren Arbeiten ein Risiko für den Endverbraucher dar. Für gesunde Rinder wird die Isolationsrate für C. jejuni je nach Literaturangaben zwischen 4 und 64% angegeben. Dabei ist sowohl eine territoriale als auch saisonale Varianz zu beobachten (DOYLE und ROMAN 1982a; MUNROE et al., 1983;

BEUMER et al., 1988; NIELSEN et al., 1997; ATABAY und CORRY, 1998; HARTUNG, 2001 a und b; GAULL, 2002; KOCH et al., 2002). Lebensmittelbedingte Infektionen des Menschen durch Rohmilch können durch fäkale Kontamination, aber auch durch Campylobacter-bedingte Mastitiden verursacht werden. Steiner et al. (1997) berichten von einer Beteiligung von Campylobacter spp. in 42% der Fälle von Kälberverlusten in 105 Mutterkuhbetrieben in der Schweiz. Dabei war C. jejuni mit 78% die am häufigsten isolierte Spezies. Werden in landwirtschaftlichen Betrieben Geflügel und Rinder im gleichen Betrieb gehalten, so ist das Rind in der Regel Überträger der Infektion auf das Geflügel. Einen weiteren Überblick über das Vorkommen und die Bedeutung von Campylobacter spp. bei Rindern gibt CRAMPE (1993). Die Kontamination des Fleisches mit Campylobacter kann beim Rind und beim Schwein während des Schlachtprozesses durch den Kot erfolgen. Eine Korrelation zwischen der Belastung des Schlachtkörpers und dem Produkt im Einzelhandel ist aufgrund der gerin-gen Tenazität des Erregers nach dem Kühl- und Abtrocknungsprozess nicht zu erwarten. Die

Prävalenz ist hier niedriger als bei den lebenden Tieren (OOSTEROM et al., 1983a; STERN, 1981; LOEWENHERZ, 1995). HARRIS et al. (1986) konnten in einer epidemiologischen Ar-beit in keinem Fall der untersuchten C. jejuni- und C. coli-Enteritiden beim Menschen den Verzehr von Rind -, Schaf -, oder Schweinefleisch belegen.

DOREY und COLLOBERT (1999) untersuchten in Frankreich Fleisch und Fleischerzeugnis-se, besonders rohes Tatar, von Pferden auf das Vorkommen von Campylobacter und konn-ten in 109 Proben keine Campylobacter-Spezies nachweisen.

2.4.2.3.ANDERE TIERARTEN

Hunde und Katzen spielen als Vektor für die Übertragung von Campylobacter spp. ebenfalls eine große Rolle. Für Großbritannien wird durch die Behörden bei etwa 5% der menschli-chen durch C. jejuni verursachten Enteritiden ein ursächlicher Zusammenhang mit dem Kon-takt infizierter Tiere angenommen (SKIRROW; 1981; WEBER, 1982). Sie konnten sowohl bei symptomlosen Tieren als auch bei Tieren mit Diarrhöe nachgewiesen werden. Es werden Ausscheidungsraten bei adulten, einzeln gehaltenen Hunden von bis zu 37% und bei Katzen bis zu 13% angenommen. Junge oder in Zwingergemeinschaften gehaltene Tiere haben dagegen Nachweisraten von bis zu 78% (NAIR et al. 1985; SKIRROW, 1981; BAKER et al., 1999; KIST, 2002). Nager, wie z.B. Ratten, Mäuse, Meerschweinchen und Kaninchen, waren selten Träger von Campylobacter. Sie zeigten bei einer Kolonisation des Darmes meist keine Krankheitssymptome (SKIRROW, 1994).