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I MMUNHISTOCHEMISCHE U NTERSUCHUNG DER P-G LYKOPROTEINEXPRESSION

verwendet. Die Färbung wurde an Lebergewebe etabliert. Das Färbemuster im Lebergewebe (multifokale Färbung der kanikulären Oberfläche der Hepatozyten) entsprach den Angaben zur P-Glykoproteinexpression im Lebergewebe aus der Literatur (GINN 1996).

Nach Etablierung des Antikörpers wurde bei 20 der an malignem Lymphom erkrankten Hunden die Expression von P-Glykoprotein im Tumorgewebe bei Diagnosestellung untersucht. Bei 19 von 20 Hunden reagierten nur einzelne Tumorzellen mit dem Antiköper gegen P-Glykoprotein (< 1%) (Abbildung 17). Nur bei einem Patienten (Tier-Nr.P20) ließen sich multifokal Tumorzellgruppen mit dem Antikörperklon C219 anfärben (Abbildung 17).

Bei dem Tumor dieses Patienten handelte es sich um ein gastrointestinales, nicht mit Glukokortikoiden vorbehandeltes Lymphom, welches nicht auf eine Chemotherapie reagierte.

Die Höhe der MDR1-Genexpression betrug bei dem Lymphom mit der deutlichen P-Glykoproteinexpression 50 MDR1 cDNA Kopien pro HPRT cDNA Kopie. Bei den restlichen 19 Hunden, bei denen nur sehr wenige Tumorzellen mit dem Antikörperklon C219 reagierten, war die mittels RT-qPCR gemessene Höhe der MDR1-Genexpression im Tumorgewebe dagegen mit 0,4 bis 16 MDR1 cDNA Kopien pro HPRT cDNA Kopie deutlich niedriger.

Abbildung 17: Immunhistochemischer Nachweis von P-Glykoprotein. Oberes Bild.

Lymphom, bei dem nur einzelne Zellen mit dem Antikörperklon C219 reagierten. Umteres Bild. Lymphom mit deutlicher Immunreaktivität gegen den Antikörperklon C219 (Balken = 50 µm)

5 DISKUSSION

Voraussetzung für die Durchführung von klinischen Studien zur MDR beim Hund ist die Möglichkeit, die Expression von Zellmembranproteinen, die eine Vielfachresistenz vermitteln können, in Tumorbiopsien reproduzierbar quantifizieren zu können. Zur Untersuchung der P-Glykoprotein-, MRP1- und MRP2-Expression stehen verschiedene Verfahren zur Verfügung (BECK et al. 1996; BROXTERMAN et al. 1996). Die Proteine können mittels monoklonaler Antikörper nachgewiesen werden oder die Expression der für die Proteiene kodierenden Gene kann untersucht werden (NOONAN et al. 1990; HERZOG et al. 1992; FLENS et al. 1994;

HIPFNER et al. 1994). Zwar können hohe Expressionsdichten mit allen Verfahren zuverlässig bestimmt werden, die Messung geringer Expressionsdichten bereitet jedoch häufig Schwierigkeiten (BECK et al. 1996, BROXTERMAN et al. 1996; MARIE et al. 1997).

Beim Hund werden zur Untersuchung der P-Glykoproteinexpression sowohl immunhistochemische Techniken als auch Western Blots eingesetzt und zur Bestimmung der MDR1-Genexpression konventionelle RT-qPCRs verwendet (MOORE et al. 1995; GINN 1996; STEINGOLD et al. 1998). Mit keiner dieser Techniken können jedoch präzise quantitative Daten, die einen Vergleich der Expressionshöhe zwischen verschiedenen Geweben, Tumorentitäten oder Krankheitsstadien ermöglichen, erhoben werden.

In der vorliegenden Studie wurde zur Quantifizierung der MDR1-, MRP1- und MRP2-Genexpression in kaninen Lymphomen eine RT-qPCR im real-time-Modus etabliert. Die Untersuchungsmethode wurde erstmals 1996 von GIBSON und Mitarbeitern beschrieben (GIBSON et al. 1996). Als allgemeine Vorzüge der RT-qPCR im real-time-Modus gelten u.a.

eine hohe Spezifität, Sensitivität und Reproduzierbarkeit der Daten, (BUSTIN 2002;

GINZINGER 2002). Als Housekeeping-Gen wurde Hypoxanthinphophoribosyltransferase (HPRT) verwendet. HPRT wird im Vergleich zu anderen Housekeeping-Genen sehr niedrig und konstant exprimiert (FOSS et al. 1998). Die in der eigenen Studie gemessenen HPRT cDNA Kopienzahlen entsprachen in etwa den in den MDR1 niedrig exprimierenden Lymphomen gemessenen MDR1 cDNA Kopienzahlen. HPRT ist somit als endogenes Kontrollgen für die etablierten qPCR-Assays geeignet.

Zur Beurteilung der Sensitivität der etablierten RT-qPCR wurden Verdünnungen der MDR1-, MRP1- und MRP2-Standards mit 106 bis 100 Kopien pro 25 µl PCR-Ansatz analysiert.

Sowohl bei MDR1 als auch bei MRP1 und MRP2 konnten 10 Kopien pro PCR-Ansatz sicher nachgewiesen werden. Die Streuung der Ct-Werte innerhalb der als Triplikate gemessenen Ansätze war relativ gering (SD < 1,25). Dies unterstreicht die Zuverlässigkeit der Messergebnisse. Zur Bewertung der Reproduzierbarkeit der Messergebnisse wurde der Variationskoeffizient der Ct-Werte herangezogen. Alle cDNA-Proben wurden in zwei verschiedenen Messdurchgängen jeweils als Triplikat untersucht. Der Variationskoeffizient der Ct-Werte innerhalb der Messdurchgänge und zwischen den Messdurchgängen reichte von 0,1% bis 5% und entsprach den von BUSTIN veröffentlichten Empfehlungen (BUSTIN 2000).

Aufgrund der in verschiedenen Studien nachgewiesenen Expression von P-Glykoprotein, MRP1 und MRP2 in der Leber beim Hund (GINN 1996; CONRAD et al. 2001) wurde unverändertes Lebergewebe als Positivkontrolle verwendet. Lymphknotengewebe diente als Vergleichsgewebe. In allen untersuchten Lymphknoten- und Leberproben war eine Expression von MDR1 mRNA und MRP1 mRNA mittels der etablierten RT-qPCR nachweisbar. Eine Expression des MRP2-Gens war dagegen nur in unverändertem Lebergewebe, nicht aber in Lymphknotengewebe sicher detektierbar. Die Höhe der MRP2-Genexpression war jedoch auffallend niedrig. Beim Menschen wird MRP2 in der Leber relativ hoch exprimiert. Unterschiede im MRP2-Expressionsmuster zwischen Hund und Menschen werden vermutet (CONRAD et al. 2001).

Zur Verbesserung der Repräsentativität der Vergleichswerte wurden neben gesunden Beaglen auch Patienten der Klinik für kleine Haustiere als Kontrolltiere verwendet. Die Höhe der MDR1-, MRP1- und MRP2-Genexpression im Leber- bzw. Lymphknotengewebe unterschied sich zwischen den Klinikpatienten und den gesunden Beaglen nicht deutlich. Dies unterstreicht die Repräsentativität des Kontrollkollektivs.

Die interindividuelle Variation der MDR1-, MRP1- und MRP2-Genexpression im Leber- und Lymphknotengewebe der Kontrolltiere war verhältnismäßig hoch. Ähnliche Messwert-schwankungen wurden auch in Lebergeweben von gesunden Menschen gefunden (SCHUETZ et al. 1995). Ursache und Bedeutung der Schwankungen sind ungeklärt. Möglicherweise spielen Alter, Abstammung oder Ernährung eine Rolle.

In früheren Studien zur P-Glykoproteinexpression beim Hund wurde unverändertes Lymphknotengewebe als Negativkontrolle verwendet (MOORE et al. 1995; BERGMAN et al. 1996; LEE et al. 1996). Bemerkenswerterweise war in der eigenen Studie in allen untersuchten Lymphknotenproben eine Expression des MDR1-Gens mittels RT-qPCR nachweisbar. Die Höhe der Expression war jedoch deutlich niedriger als in den untersuchten Lebergeweben. Es ist anzunehmen, dass die in der vorliegenden Studie etablierte RT-qPCR sensitiver ist als die in anderen Studien verwendeten immunhistochemischen Nachweisverfahren. Studien, in denen eine Expression von P-Glykoprotein in Lymphozyten des peripheren Blutes beim Menschen nachgewiesen wurde, unterstützen diese Annahme (KLIMECKI et al. 1994; LOHRI et al. 1997).

Die Chemotherapie ist derzeit fast immer die Therapie der Wahl bei an malignem Lymphom erkrankten Hunden (MADEWELL 1999). Zu Beginn der Behandlung kann bei bis zu 90%

der an einem multizentrischem Lymphom erkrankten Hunde ein Tumorrückgang erreicht werden (ETTINGER 2003). Mittels der etablierten real-time RT-qPCR wurde die MDR1-, MRP1- und MRP2-Genexpression in 50 Lymphomen bei Diagnosestellung und in 12 Tumorrezidiven quantifiziert. In allen Lymphomen war eine Expression des MDR1-Gens nachweisbar. In der Mehrzahl der untersuchten Fälle war die Expression jedoch relativ niedrig. Nur 3 von 50 Lymphomen wiesen bei Diagnosestellung eine in Relation zu gesundem Lymphknotengewebe gesteigerte MDR1-Genexpression auf. Dieser niedrige Anteil steht im Einklang mit der im Allgemeinen guten chemotherapeutischen Beeinflussbarkeit der Lymphome des Hundes zu Behandlungsbeginn.

In früheren Studien konnte eine Expression von P-Glykoprotein mittels Western Blot oder Immunhistochemie in 3 bis 33 % der Lymphome des Hundes bei Diagnosestellung nachgewiesen werden (MOORE et al. 1995; GINN 1996; LEE et al. 1996). Ähnlich variierende Angaben werden für das Non-Hodgkin-Lymphom des Menschen berichtet (YUEN u. SIKIC 1994). Zumeist wurden zum Nachweis von P-Glykoprotein beim Hund die Antikörperklone C219 und C494 verwendet (MOORE et al. 1995; BERGMAN et al. 1996;

GINN 1996; LEE et al. 1996) Es ist bekannt, dass die Verwendung unterschiedlicher Antikörperklone gegen P-Glykoprotein beim Menschen zu abweichenden Färbeergebnissen führen kann (PILERI et al. 1991; BECK et al. 1996). Ähnliches könnte unter Umständen auch

für den Hund gelten. In der eigenen Studie war nur bei einem der 20 immunhistochemisch untersuchten Lymphome eine deutliche Immunreaktivität mit dem Antikörperklon C219 feststellbar. Im Vergleich zu früheren Studien erscheint dieser Anteil zunächst als verhältnismäßig gering. In zwei von drei Studien, die ebenfalls den Antikörperklon C219 verwendeten, wurden jedoch ähnlich niedrige Anteile P-Glykoprotein-positiver Lymphome gefunden (MOORE et al. 1995; GINN 1996).

Interessanterweise wies das stark P-Glykoprotein-positive Lymphom eine deutlich höhere MDR1-Genexpression auf als die restlichen 19 immunhistochemisch untersuchten Lymphome. Eine Korrelation zwischen der Höhe der MDR1-Genexpression und der Expression von P-Glykoprotein wurde beim Menschen u.a. bei Non-Hodgkin-Lymphomen beschrieben (LIU et al. 2001). Im Allgemeinen war nur bei Non-Hodgkin-Lymphomen mit einer relativ hohen MDR1-Expression auch eine Expression von P-Glykoprotein immunhistochemisch nachweisbar (LIU et al. 2001). Nach den eigenen Untersuchungs-ergebnissen kann eine Korrelation zwischen der Expressionsdichte von P-Glykoprotein und der Höhe der MDR1-Genexpression ebenfalls vermutet werden.

Die etablierte RT-qPCR bietet zwar gegenüber dem immunhistochemischen Nachweis den Vorteil der höheren Sensitivität, ermöglicht aber im Gegensatz zur Immunhistologie keine morphologische Zuordnung der Expression. Somit ist eine Beeinflussung der Untersuchungsergebnisse durch einen hohen Gehalt an nicht neoplastisch entarteten Zellen denkbar. Bisher gelang es jedoch nicht, einen deutlichen Einfluss einer Kontamination mit T-Lymphozyten auf die gemessene Höhe der MDR1-Genexpression in Lymphomen des Menschen nachzuweisen (KANG et al. 1995). Dennoch erscheint eine gewisse Beeinflussung möglich. Der Einsatz neuerer Techniken zur Gewebeisolierung könnte zur Klärung dieser Problematik dienlich sein.

Maligne Lymphome können sich sowohl in ihrem pathologisch-anatomischen Erscheinungsbild als auch in ihren tumorbiologischen Eigenschaften erheblich unterscheiden (FAN 2003). Unter anderem gelten gastrointestinale Lymphome als im Allgemeinen schlechter chemotherapeutisch beeinflussbar als multizentrische Verlaufsformen (COUTO et al. 1989). Interessanterweise war in der vorliegenden Studie die mittlere Höhe der MDR1-Genexpression im Tumorgewebe von Hunden mit gastrointestinalen Lymphomen bei Diagnosestellung deutlich höher als bei Patienten mit multizentrischen Verlaufsformenn. Bei

gesunden Hunden unterschied sich die Höhe der MDR1-Genexpression zwischen Darmlymphknoten und Lymphknoten anderer Körperregionen dagegen nicht. Eine Chemotherapie wurde nur bei zwei der Hunde mit einem gastrointestinalen Lymphom durchgeführt. Ein Patient reagierte mit einer Teilremission, der andere mit einem stationären Tumorverhalten. Ein direkter Zusammenhang zwischen der höheren MDR1-Genexpression und der schlechteren therapeutischen Beeinflussbarkeit gastrointestinaler Lymphome lässt sich somit vermuten. Inwieweit sich dieser Zusammenhang in zukünftigen Studien bestätigt, bleibt allerdings abzuwarten.

In zwei früheren Studien wurde bereits eine prognostische Relevanz der Expression von P-Glykoprotein für die Überlebenszeit von Hunden mit malignem Lymphom beschrieben (BERGMAN et al. 1996; Lee et al. 1996). Dagegen konnten Steingold und Koautoren keinen Zusammenhang zwischen der Höhe der MDR1-Genexpression und dem Therapieerfolg nachweisen (STEINGOLD et al. 1998).

In der eigenen Studie bestand eine deutliche Assoziation zwischen der Höhe der MDR1-Genexpression und der Therapieantwort. So konnte bei keinem der Lymphome mit einer gesteigerten MDR1-Genexpression durch die Chemotherapie eine vollständigen Rückbildung des Tumors erreicht werden. Auch die Länge des ersten rezidivfreien Intervalls war bei den Patienten mit einer erniedrigten MDR1-Genexpression vor Therapiebeginn deutlich länger als bei Hunden, bei denen die gemessenen Werte den in gesundem Lymphknotengewebe ermittelten normalisierten MDR1 cDNA Kopienzahlen entsprachen. Die Ergebnisse lassen eine Relevanz der gesteigerten MDR1-Expression für den Behandlungserfolg bei einem Teil der untersuchten Patienten vermuten.

Bei verschiedenen Tumoren des Menschen wurde eine Zunahme der P-Glykoprotein- bzw.

MDR1-Genexpression im Therapieverlauf nachgewiesen. 1979 wurde von GOLDIE und COLDMAN ein Modell aufgestellt, nach dem - ausgehend von einer Mutationsrate von 10–5 bis 10–6 - die Wahrscheinlichkeit, bereits in einem Tumor mit 107 Zellen keine resistenten Tumorzellen zu finden, äußerst gering ist (GOLDIE u. COLDMAN 1979). Etwaige resistente Tumorzellen weisen unter dem Selektionsdruck der Chemotherapie einen Überlebensvorteil auf. Letztendlich entsteht ein therapierefraktäres Tumorrezidiv (NÜSSLER u. GIESELER 2000). In der vorliegenden Studie konnte bei 7 von 12 Patienten ein deutlicher Anstieg der MDR1-Genexpression zwischen Diagnosestellung und Rezidivausbildung nachgewiesen

werden. Interessanterweise war bei diesen Patienten auch die Länge des rezidivfreien Intervalls gegenüber den Patienten ohne Anstieg der Höhe der MDR1-Genexpression im Tumorrezidiv deutlich verkürzt.. Bei vier der Patienten mit einem Anstieg der MDR1-Genexpression im Tumorrezidiv wurde die Chemotherapie wiederholt. Bei einem Patienten erwies sich das Lymphom als therapierefraktär, bei den restlichen drei Patienten konnte eine vollständige Remission erzielt werden. Bemerkenswerterweise war bei dem Patienten mit dem therapierefraktären Lymphom die MDR1-Genexpression deutlich höher als bei den restlichen Patienten. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass bei einem Teil der Lymphome des Hundes die MDR1-Genexpression im Therapieverlauf ansteigt. Ein Zusammenhang zwischen einem Anstieg der MDR1-Genexpression im Tumorrezidiv und der Abnahme der chemotherapeutischen Beeinflussbarkeit ist zu vermuten.

Im Gegensatz zur Expression von P-Glykoprotein ist über die klinische Relevanz der Expression von MRP1 und MRP2 beim malignen Lymphom des Hundes, soweit aus der Literatur ersichtlich, noch nichts bekannt. In der vorliegenden Studie konnte bei einem Patienten mit einer geringen MDR1-Genexpression kein vollständiger Tumorrückgang erreicht werden. Somit ist ein Vorkommen alternativer Resistenzmechanismen bei kaninen Lymphomen zu vermuten.

Beim Menschen wurde bereits eine Expression des MRP1 in Non-Hodgkin-Lymphomen nachgewiesen und eine Beteiligung bei der Ausprägung von Zytostatikaresistenzen bei einem Teil der Patienten vermutet (FLENS 1996; ZHAN et al. 1997). In der vorliegenden Studie war MRP1 mittels real-time RT-qPCR in allen untersuchten Lymphomen nachweisbar. Ein Zusammenhang zwischen der Höhe der MRP1-Genexpression und der Therapieantwort oder der Länge des rezidivfreien Intervalls war jedoch nicht feststellbar. Ein deutlicher Anstieg der MRP1-Expression zum Zeitpunkt des ersten Rezidivs war ebenfalls nur bei einem von 12 Patienten nachweisbar. Die Ergebnisse lassen vermuten, dass MRP1 bei der Mehrheit der untersuchten Hunde als Resistenzmechanismus nicht von wesentlicher Bedeutung war.

Inwieweit die Überexpression bei dem Patienten mit der gesteigerten MRP1-Expression bei Rezidivausbildung von klinischer Relevanz war, ist ungewiss. Zwar kann in vitro durch eine Steigerung der MRP1-Expresssion um 50% eine deutliche Herabsetzung der Empfindlichkeit von Zellen gegen Doxorubicin (Senkung der IC50 um 50%) erzielt werden,

jedoch ist die Höhe der MRP1-Genexpression, die in vivo eine MDR vermitteln kann, bisher nicht bekannt (GRANT et al. 1994; ZHAN et al. 1997).

In Transfektionsversuchen konnte gezeigt werden, dass neben P-Glykoprotein und MRP1 auch MRP2 eine Resistenz gegen verschiedene Zytostatika in vitro vermitteln kann (CUI et al. 1999). In der vorliegenden Studie war weder in den unveränderten Lymphknotengeweben noch in den Lymphomen zum Zeitpunkt der Diagnose oder Rezidivausbildung eine deutliche Expression von MRP2 nachweisbar. Dieses weist darauf hin, dass MRP2 kein Resistenzmechanismus bei den untersuchten Patienten war.

Schon seit einiger Zeit ist bekannt, dass die MDR1-Genexpression in Zellkulturen beim Menschen durch Dexamethason zelltypspezifisch aktiviert werden kann (ZHAO et al. 1993).

Eine Behandlung mit Glukokortikoiden vor Chemotherapiebeginn gilt bei Hunden mit Lymphomen als prognostisch ungünstig (PRICE et al. 1991). BERGMAN (2003) vermutet, dass die schlechtere chemotherapeutische Beeinflussbarkeit von mit Glukokortikoiden vorbehandelten Hunden möglicherweise mit einer Induktion der Expression von P-Glykoprotein im Zusammenhang steht. Zur Prüfung dieser Hypothese wurde in der vorliegenden Studie die Höhe der MDR1-Genexpression zwischen den mit Glukokortikoiden vorbehandelten und den nicht mit Glukokortikoiden vorbehandelten Lymphomen verglichen.

Ein deutlicher Unterschied war jedoch nicht feststellbar. Auch bestand zwischen diesen beiden Patientengruppen kein deutlicher Unterschied in der Länge des ersten rezidivfreien Intervalls. An Zellkulturen gelang es ZHAO und Mitarbeitern zu zeigen, dass die Induktion der MDR1-Genexpression durch Dexamethason sowohl zeit- als auch dosisabhängig ist (ZHAO et al. 1993). Die Intensität und Dauer der Vorbehandlung variierten im eigenen Patientenkollektiv stark. Es kann somit nicht ausgeschlossen werden, dass die Dosis und Dauer der Glukokortikoidbehandlung bei einem Teil der untersuchten Patienten zu niedrig waren, um eine Induktion der MDR1-Genexpression auszulösen.

Über den Effekt von Glukokortikoiden auf die MRP1-Expression ist bisher wenig bekannt.

ZHU und CENTER zeigten, dass der Promotor des humanen MRP1-Gens ein sogenanntes glucocorticoid response element (GRE) enthält und vermuteten eine mögliche Expressionssteigerung des MRP1-Gens durch Glukokortikoide (ZHU u. CENTER 1994). In vitro konnte jedoch kein Einfluss von Dexamethason auf die Expression von MRP1 in kaninen Osteosarkomzellinien oder humanen Kapillarendothelzellen nachgewiesen werden

(MEALEY et al. 2003, TOROK et al. 2003). Überraschenderweise wiesen in der vorliegenden Studie die mit Glukokortikoiden vorbehandelten Lymphome eine höhere MRP1-Genexpression auf als die nicht mit Glukokortikoiden vorbehandelten Tumoren. Eine systematischere Prüfung des Zusammenhanges wäre wünschenswert.

Der Immunphänotyp gilt derzeit als einer der wichtigsten prognostischen Faktoren beim malignen Lymphom des Hundes (MADEWELL 1999). In zahlreichen Studien ist ein Zusammenhang zwischen dem Immunphänotyp und der Remissionsdauer oder der Überlebenszeit aufgezeigt worden (GREENLEE et al. 1990; TESKE et al. 1994; DOBSON et al. 2001). Es stellt sich somit die Frage, inwieweit sich T-Zell- und B-Zell-Lymphome hinsichtlich der Höhe der MDR1-Genexpression unterscheiden. Beim Menschen ist eine Korrelation zwischen der P-Glykoproteinexpression und dem Immunphänotyp von Lymphomen bereits beschrieben worden (CHENG et al. 1993). Lee und Mitarbeiter konnten dagegen beim Hund keinen Zusammenhang nachweisen (LEE et al. 1996). In der vorliegenden Studie unterschied sich die Höhe der MDR1-Genexpression zwischen T-Zell- und B-Zell-Lymphomen ebenfalls nicht deutlich. Überraschenderweise wiesen Hunde mit einem T-Zell-Lymphom jedoch eine deutlich niedrigere MRP1-Genexpression im Tumorgewebe auf als die Patienten mit einem B-Zell-Lymphom. Zukünftige Studien sind erforderlich, um diese unerwarteten Studienergebnisse zu überprüfen.

Im Gegensatz zu MDR1, MRP1 und MRP2 gelang eine Etablierung einer RT-PCR zum Nachweis einer Expression von Survivin auf Nukleinsäureebene beim Hund in dieser Studie nicht. Alle zum Nachweis verwendeten Primer wurden so ausgewählt, dass eine 100%iger Sequenzhomologie des Amplikons zwischen Mensch und Hund bestand. Zwar gelang der Nachweis von Survivin in Kolonkarzinomgewebe und genomischer DNA vom Menschen, jedoch nicht in genomischer DNA oder Plazentagewebe vom Hund. Die Integrität der verwendeten cDNA und genomischen DNA wurde überprüft. Die Ergebnisse der durchgeführten Vorversuche lassen weitere Untersuchungen, wie eine Überprüfung der aus der Genbank entnommenen Survivinsequenz, als notwendig erscheinen.

In verschiedenen Studien wurde das maligne Lymphom des Hundes als mögliches Modell für das Non-Hodgkin-Lymphom des Menschen vorgeschlagen. Als Voraussetzung für Studien zur Modulation bestehender Vielfachresistenzen beim malignen Lymphom des Hundes wird die Etablierung eines sensitiven und reproduktiven Untersuchungsverfahrens zum Nachweis

möglicher, mit der Ausprägung einer MDR in Zusammenhang stehender Mechanismen angesehen. Mit den in der vorliegenden Studie etablierten RT-qPCR-Assays steht ein solches Nachweisverfahren zur Verfügung.

Die Ergebnisse der Studie lassen vermuten, dass ein Teil der an malignem Lymphom erkrankten Hunde von einer Modulation der P-Glykoprotein-Transporterfunktion profitieren würde. Zukünftige Studien sind erforderlich, um diese Patienten prospektiv zu erfassen und die Wirksamkeit und Sicherheit einer etwaigen Therapie zu prüfen.

6 ZUSAMMENFASSUNG

K. Culmsee

Klinische Relevanz der MDR1-, MRP1- und MRP2-Genexpression beim malignen Lymphom des Hundes

Eine systemische Chemotherapie ist derzeit die Therapie der Wahl bei Hunden mit multizentrischen Lymphomen. Zwar spricht zu Behandlungsbeginn die überwiegende Mehrheit der Tumoren sehr gut auf die Chemotherapie an, jedoch sind Rezidive aufgrund erworbener Vielfachresistenzen (multidrug resistance, MDR) im Therapieverlauf relativ häufig. Es wird angenommen, dass eine Steigerung der Expression verschiedener Gene, wie z.B. des multidrug resistance 1–Gens (MDR1); der multidrug resistance associated-protein 1 (MRP1)- und 2 (MRP2)-Gene zur Ausprägung einer MDR führen können.

In der vorliegenden Studie wurde eine Reverse Transkription quantitative-Polymerase-Kettenreaktion (RT-qPCR) im real time Modus zur Quantifizierung der MDR1-, MRP1- und MRP2-Genexpression in gesunden und neoplastischen Geweben beim Hund etabliert.

Die MDR1-, MRP1- und MRP2-Genexpression wurde bei 50 an malignem Lymphom erkrankten Hunden gemessen. Tumorgewebeproben wurden bei allen Patienten zum Zeitpunkt der Diagnosestellung und bei 12 Hunden zusätzlich bei Ausbildung eines Tumorrezidivs entnommen. 25 Hunde wurden mit einer Kombinationschemotherapie aus L-Asparaginase, Vincristin, Cyclophosphamid, Doxorubicin und Prednisolon behandelt.

In allen untersuchten Tumorproben war eine Expression des MDR1- und MRP1-Gens nachweisbar. Die Höhe der Expression variierte bei beiden Genen zwischen den untersuchten Proben. Zum Zeitpunkt der Diagnosestellung wiesen 3 von 50 Lymphomen eine im Vergleich zu unveränderten Lymphknotengewebe erhöhte MDR1- und 28 von 50 Lymphomen eine erhöhte MRP1-Genexpression auf. Im Gegensatz zum MDR1- und MRP1-Gen war eine Expression des MRP2-Gens in keinem der untersuchten Lymphome bei Diagnosestellung oder zum Zeitpunkt des ersten Tumorrezidivs nachweisbar. Gastrointestinale Lymphome wiesen eine höhere MDR1-Genexpression auf als multizentrische Lymphome (p=0,002).

Lymphompatienten, bei denen die MDR1-Genexpression im Vergleich zum Lymphknotengewebe der Kontrolltiere nicht erhöht war, reagierten deutlich häufiger auf eine

Chemotherapie mit einer Vollremission als Hunde, bei den die MDR1-Genexpression gesteigert war (p=0,002). So konnte bei keinem von drei Tumoren mit einer MDR1-Genexpression höher als im Lymphknotengewebe der Kontrolltiere, aber bei 27 von 29 Tumoren ohne gesteigerter MDR1-Genexpression eine Vollremission erreicht werden. Ein Zusammenhang zwischen der Therapieantwort und der Höhe der MRP1-Genexpression bestand bei den untersuchten Patienten dagegen nicht (p=0,56).

Bei Patienten mit einem multizentrischen B-Zell-Lymphom unterschied sich die Länge des ersten rezidivfreien Intervalls in Abhängigkeit zur Höhe der MDR1-Genexpression (p<0,001),

Bei Patienten mit einem multizentrischen B-Zell-Lymphom unterschied sich die Länge des ersten rezidivfreien Intervalls in Abhängigkeit zur Höhe der MDR1-Genexpression (p<0,001),