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5.1 Anmerkung zur Methodik

5.1.1 Histamin und Histaminrezeptorantagonisten

Da Histamin ein Entzündungsmediator ist, der beim Menschen an der COPD und dem Asthma beteiligt ist, wurde es in der vorliegenden Studie als Testsubstanz verwendet. Ziel der Studie war es, zu überprüfen, ob Histamin für die Bronchokonstriktionsinduktion im Verlauf der COB verantwortlich ist und wenn ja, über welchen Histaminrezeptor es seine Wirkung entfaltet. Im vorliegenden Versuch wurde das 4-Methylhistamin getestet, da vermutet wurde, dass sich H4-Rezeptoren an der Lunge befinden. Es sollte geprüft werden, ob H4-Agonisten ebenfalls für die Bronchokonstriktionsinduktion und damit evtl. auch für die COB verantwortlich sein könnten.

5.1.1.1 Histaminwirkung

Die Rolle von Histamin bei der COB-Pathogenese vom Pferd wird kontrovers diskutiert. Während TRAUB (2005) sie als gering einschätzt, wiesen KLEIN und DEEGEN (1986) mit Hilfe des Histamin-Provokationstests einen Zusammenhang zwischen dem Erkrankungsgrad und der Reagibilität auf Histamin nach. Dabei reagierten an COB erkrankte Pferde stärker auf Histamin als gesunde, die kaum eine Reaktion zeigten.

In der vorliegenden Studie wurde eine Konzentrations-Wirkungsbeziehung für das Histamin dargestellt. Die ermittelte EC50 von 1819,7 nM ist vergleichbar mit der des Menschen (EC50 2710 nM). Im Vergleich zu der Studie von VIETMEIER (2004) (6,7 [10-x mol/l] entspricht 199,52 nM) und BARTON (2005) (7,4 [10-x mol/l] entspricht

38,81 nM) erwiesen sich die PCLS der vorliegenden Studie weniger empfindlich gegenüber Histamin.

Die PCLS aus nichthumanen Primaten (Marmoset) reagierten deutlich stärker (EC50

425 nM) (SEEHASE et al. 2010) als die des Pferdes und auch die PCLS vom Meerschweinchen wiesen eine höhere Empfindlichkeit gegenüber Histamin auf (EC50

217 nM). Bei Mäusen und Ratten ließ sich dagegen durch Histamin keine Bronchokonstriktion induzieren (RESSEMEYER et al. 2006). Diese Versuchstiere scheinen keine optimalen Versuchstiere sowohl für den Menschen als auch für das Pferd zu sein.

Die in der Literatur für andere Spezies beschriebene deutliche bronchokonstriktorische Wirkung des Methacholins im Vergleich zum Histamin (BARTON 2005) konnte in der vorliegenden Studie ebenfalls beobachtet werden.

Während der Wirkmechanismus der beiden Substanzen ähnlich ist, unterscheiden sich die Substanzen selbst und die Rezeptoranzahl, an den sie wirken. Methacholin ist ein direktes Parasympathomimetikum, das als hochpotenter Bronchokonstriktor seine Wirkung analog zu dem natürlichen Transmitter Acetylcholin und über denselben muscarinergen Rezeptor ausübt. Diese Rezeptoren sind unter physiologischen Bedingungen in großer Anzahl in der Lunge vorhanden. Zusätzlich ist zu bemerken, dass Methacholin ein synthetischer Stoff ist, der per se eine stärkere Wirksamkeit besitzt. Histamin ist dagegen ein natürlicher Mediator, der im Verlauf einer Entzündung aus IgE stimulierten Mastzellen freigesetzt wird.

5.1.1.2 Effekt der Histaminrezeptorantagonisten

Histaminantagonisten werden in der Literatur als uneffektiv für die COB-Therapie beschrieben (BARNES 2001). Als Ursache für die eingeschränkte klinische Wirksamkeit der Antihistaminika werden die niedrige Rezeptoraffinität und die pH-abhängige Rezeptorbindung vermutet. Durch ein allergisches Geschehen erfolgt eine pH-Senkung, die die Bindung der Antihistaminika an den Rezeptor verhindert (WELLMANN 2007). Um überhaupt einen Effekt zu induzieren sind hohe Dosen notwendig, die den Nachteil erhöhter Nebenwirkungen und eines starken sedativen

Effekts mit sich bringen. Eine prophylaktische Antihistaminikagabe scheint hingegen über eine Aufhebung der Rezeptorinternalisierung den histaminbedingten Effekt wirksam zu hemmen. Sie ist jedoch nicht praktikabel, da Pferde mit bereits vorhandenen klinischen Symptomen nach Einsetzen der Histaminausschüttung vorgestellt werden, so dass die Antihistaminika unwirksam sind.

BARTON (2005) untersuchte den Effekt der H1-Rezeptorantagonisten Diphenhydramin und Azelastin. Eine statistische Auswertung war jedoch nicht möglich, da die Reagibilität der PCLS in der zweiten Kontraktionsreihe (nach Inkubation mit dem Rezeptorantagonisten) zu gering war. Als Ursache wurde hier der Status der Lungengesundheit vermutet, da nur Probanden, die mittel- bis hochgradig an COB erkrankt waren, eine Reaktion auf das zugegebene Histamin zeigten. In der vorliegenden Studie konnten Effekte der Histaminantagonisten beobachtet werden.

Sie werden in den folgenden Abschnitten einzeln diskutiert.

5.1.1.2.1 H1-Antagonist Cetirizin

H1-Antihistaminika werden in der Pferdemedizin zur Behandlung von Überempfindlichkeitsreaktionen zum Beispiel gegen Insektenbisse oder zur Behandlung von anaphylaktischen Reaktionen, die durch Medikamente ausgelöst werden, verwendet. In der Humanmedizin werden H1-Antihistaminika unter anderem zur Therapie der allergischen Rhinitis eingesetzt. Bei asthmatischen Patienten besitzen Antihistaminika nur einen geringen dilatatorischen Effekt. BARNES (2001) empfahl daher eine kombinierte Therapie mit Antihistaminika und Anti-Leukotrienen.

In der vorliegenden Studie wurde eine Hemmung der histamininduzierten Bronchokonstriktion durch eine vorherige Inkubation mit dem H1-Antagonisten Cetirizin beobachtet. Dieses Ergebnis spricht somit für ein Auftreten von H1 -Rezeptoren in der Lunge, die an der Bronchokonstriktion beteiligt sind. Da sich Cetirizin in einer klinischen Studie am Pferd als wirksam und ohne Nebenwirkungen bei der oralen Applikation erwiesen hat, ist pharmakologisch ein Einsatz zur Therapie der COB empfehlenswert. Ein Nachteil des Cetirizins ist die kurze Halbwertszeit, die

eine zweimal tägliche Gabe erforderlich macht, um den erforderlichen Wirkstoffspiegel aufrecht zu erhalten (OLSEN et al. 2007). Aufgrund der wenig invasiven und anwenderfreundlichen Applikationsart, sollte dies kein Ausschlusskriterium sein.

In humanmedizinischen Studien wurde beobachtet, dass der Einsatz von Cetirizin die Freisetzung von GM-CSF und IL-8 aus den Atemwegsepithelzellen hemmt (OLSEN et al. 2008). Da im Verlauf der COB des Pferdes der TNF-α-Spiegel und die NFκB-Aktivität erhöht sind (OLSEN et al. 2008) stellt dies eine weitere Indikation für den Einsatz von H1-Antagonisten in der COB-Therapie dar.

5.1.1.2.2 H2-Antagonist Ranitidin

Durch den Einsatz des H2-Rezeptorantagonisten Ranitidin konnte in der vorliegenden Studie keine Hemmung der histamininduzierten Bronchokonstriktion induziert werden. Dies könnte auf die Abwesenheit des H2-Rezeptors in der Lunge hindeuten, der von CHAND et al. (1979) in der Trachea und in den Bronchien nachgewiesen wurde. Möglicherweise kann dieser Widerspruch auf die Art des Rezeptors zurückgeführt sein. Der H2-Rezeptor ist ein inhibitorischer Rezeptor, der die Relaxation der Atemwegsmuskulatur bewirkt (JOHNSON 1998). Dies ist mit dem in Abbildung 5d des vorliegenden Versuchs und den von OLSZEWSKI et al. (1999b) dargestellten Ergebnissen vereinbar, bei dem keine Hemmung der histamininduzierten Bronchokonstriktion verursacht wurde.

5.1.1.2.3 H3/H4-Antagonist Thioperamid

Durch die Inkubation der PCLS mit Thioperamid wird eine Blockade des H3- und H4 -Rezeptors bewirkt. In der vorliegenden Studie konnte keine vollständige Hemmung der histamininduzierten Bronchokonstriktion nachgewiesen werden. Es stellte sich nur eine geringe Reduktion der Kontraktionsstärke im Vergleich zu der Kontraktionsreihe ohne Antagonist dar. Eine mögliche Ursache könnte das Vorhandensein einer geringen Anzahl an H3- und H4-Rezeptoren in der Lunge sein, die zwar zu einer Reduktion jedoch nicht zur vollständigen Hemmung der

Kontraktionsstärke führt. Eine andere Erklärung wäre die Ermüdung der Bronchien in der zweiten Konzentrationsreihe, die jedoch durch die parallel durchgeführte Kontrollgruppe widerlegt werden kann, bei der die zweite Histaminkontraktionsreihen ohne Antagonist untersucht wurde. Hier konnten keine signifikanten Unterschiede in der Bronchokonstriktionsstärke festgestellt werden.

OLSZEWSKI et al. (1999b) beobachtet an equinen Atemwegen eine Erhöhung der Gewebssensibilität gegenüber Histamin durch H3-Rezeptor-Antagonisten. Für das Pferd konnte die bronchorelaxierende Wirkung des H3-Rezeptors bestätigt werden.

Da sich aus diesen Ergebnissen vermuten lässt, dass sich H3-Rezeptoren an der Lunge befinden, besitzt der H3-Rezeptorantagonist Thioperamid keinen hemmenden Effekt auf die Bronchokonstriktion.

5.1.2 Versuche mit 4-Methylhistamin und dem H4-Antagonist JNJ7777120