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Es ist hinlänglich bekannt, dass Unternehmensübernahmen in Wellen auftreten und sich diese zeitlich je nach Branche unterscheiden (Mitchell und Mulherin 1996; Andrade, Mitchell und Stafford 2001; Andrade und Stafford 2004). Aus diesem Grund hat sich die wissenschaftliche Diskussion rund um das Thema M&A-Wellen in den letzten Jahren im Wesentlichen mit zwei Fragen auseinander gesetzt: Zum einen, welche Faktoren das Entstehen von Wellen innerhalb der einzelnen Branchen grundsätzlich begünstigen bzw. Wellen auslösen können, zum anderen, welche konkreten Implikationen sich aus den Wellen für den Übernahmeerfolg sowohl kurz- als auch langfristig für die beteiligten Unternehmen ergeben.

Bei der Suche der Treiber für die Entstehung von Übernahmewellen haben sich im Kern zwei Erklärungsansätze etabliert. Die Neoklassische Theorie unterstellt, dass Akteure am Kapitalmarkt grundsätzlich rational agieren und versteht das Auftreten von Übernahmewellen als Antwort der Unternehmen auf (externe) politische, technologische, regulatorische oder wirtschaftliche Schocks (Jensen 1993). Dem gegenüber erklärt die Verhaltensorientierte Finanzmarkttheorie (Behavioral Finance) das Auftreten der Zyklen in erster Linie als Konsequenz ineffizienter Märkte bzw. überbewerteter Unternehmenswerte der Käufer, mit der Absicht, niedrig bewertete Ziele zu übernehmen.

So zeigen Shleifer und Vishny (2003), dass Übernahmen und die daraus entstehende Häufung in Wellen durch fehlbewertete Marktpreise getrieben werden. Die rational agierenden und ge-winnmaximierenden Käufer greifen in diesen Zeiten bei der Finanzierung dieser Akquisitionen vorwiegend auf rein aktienbasierte oder zumindest hybride Formen zurück, um so den Markt zu arbitrieren. Die Folge daraus ist, dass Marktineffizienzen dazu führen, dass weniger stark bewertete Unternehmen mittelfristig Ziele von Übernahmen werden und somit mittelbar nicht am Markt bestehen bleiben. Des Weiteren argumentieren sie, dass der neoklassische Ansatz in erster Linie industriespezifische Wellen erklären kann, jedoch keinen übergreifenden Grund für das Auftreten globaler bzw. industrieübergreifender M&A-Zyklen liefert. Einen ähnlichen An-satz verfolgen auch Rhodes-Kropf und Viswanathan (2004), welche die Fehlbewertung von Un-ternehmenswerten als einen der entscheidenden Gründe für das Entstehen von Übernahmewel-len aufführen, insbesondere dann, wenn kein erkennbarer Schock in einzelnen Industrien vor-handen ist. Chuang (2018) beobachtet ebenfalls, dass die Übernahmeaktivität von Unterneh-men abhängig vom eigenen Markt-zu-Buchwert und der übergreifenden Marktsituation ist.

Wenngleich nicht explizit auf M&A-Wellen eingegangen wird, zeigen seine Ergebnisse, dass sich der Akquisitionszeitpunkt (sog. Timing) und die daraus resultierenden Renditen je nach Höhe des Unternehmenswerts und der Marktentwicklung deutlich unterscheiden können.

Harford (2005) führt hingegen auf, dass keine der früheren Studien einen direkten Vergleich der Neoklassischen Theorie und der Verhaltensorientierten Finanzmarkttheorie vornimmt. In der Analyse versucht er, beide Ansätze zu kombinieren, und kommt zu dem Ergebnis, dass die Li-quidität der Unternehmen (Capital Liquidity) maßgeblich für die Entstehung von Übernahme-wellen verantwortlich ist. Während er, ausgehend von der Neoklassischen Theorie, in erster Linie industriespezifische Schocks als die initiale Ursache für Übernahmen sieht, ist das Vor-handensein von ausreichend Kapital entscheidend für das Entstehen und die Ausbreitung gan-zer Wellen. Somit stimmt er im Kern ebenfalls der Verhaltensorientierten Finanzmarkttheorie zu, sieht jedoch den Zusammenhang zwischen Unternehmenswerten und der Übernahmeaktivität eher als Indiz für die Bedeutung eines notwendigen Liquiditätseffekts und weniger als Zeichen von Fehlbewertungen am Aktienmarkt. Des Weiteren betont er, dass nicht jeder Schock zwangs-weise eine Welle auslösen muss, da entsprechendes Kapital vorhanden sein muss. Somit können auch Wellen entstehen, selbst wenn einzelne Industrien keinen echten Schock erfahren. Darauf aufbauend beschreibt er als Ursache für industrieübergreifende M&A-Wellen das gleichzeitige Auftreten mehrerer branchenspezifischer Übernahmezyklen.

Zu ähnlichen Ergebnissen kommen auch neuere Studien: Szücs (2016) schlussfolgert, dass in-dustriespezifische Phänomene ausschlaggebend für die Entstehung von Wellen und globale Zyklen durch die Überlagerung mehrerer Industriewellen begründet sind. Zusätzlich beobach-tet er, dass branchenspezifische Wellen in der Regel mit einer Zeit einhergehen, in der der Markt zwar steigende Umsätze erfährt, gleichzeitig aber fallende Profite und, entgegen der oben aufgeführten Ergebnisse, die Abnahme der industrieweiten Marktkapitalisierung auftreten. Die-ses Szenario sei dabei vergleichbar mit der Situation einer zunehmenden Konkurrenz im Wett-bewerbsumfeld, was auch auf die Pharmabranche der vergangenen Jahre zutrifft.

Wiederum andere Arbeiten gehen der Frage nach, ob das Verhalten des Managements für die Entwicklung von M&A-Wellen entscheidend ist. Goel und Thakor (2010) beschreiben, dass Neid von CEOs ein Treiber für die Entstehung von Zyklen sein kann. Während anfängliche Übernah-men zu Beginn einer Welle hiervon grundsätzlich losgelöst und aus wirtschaftlich rationalen

Gründen erfolgen, können solche Transaktionen andere Marktteilnehmer dazu verleiten, Über-nahmen in erster Linie aufgrund der Motive des Managements vorzunehmen und weniger, weil die Zielunternehmen wirklich sinnvoll erscheinen. Dies tritt umso stärker auf, je mehr Kapital vorhanden bzw. je besser die Unternehmenssituation ist, was sich wiederum mit den Ergebnis-sen übriger Behavioral Finance-Studien deckt. Darauf aufbauend zeigen sie, dass Transaktionen mit fortschreitendem Zeitpunkt innerhalb der Welle zu einem höheren Premium und übergrei-fend zu schlechteren Reaktionen führen. Generell zeigt sich, dass der Charakter der Geschäfts-führer einen bedeutenden Einfluss auf die Entscheidung zur grundsätzlichen Durchführung ei-ner Übernahme an sich, aber eben auch auf den Zeitpunkt der Akquisition hat. So zeigen Mal-mendier und Tate (2008), dass Selbstüberschätzung des Managements erheblich die Wahr-scheinlichkeit erhöht, überhaupt zu akquirieren. Gleichzeitig schneiden Übernahmen dieser Art von CEOs deutlich schlechter ab, was wiederum mit Blick auf die Übernahmezyklen insbeson-dere in den späten Phasen von M&A-Wellen schlechtere Ergebnisse erwarten lassen.

Erxleben (2015) befasst sich mit der Frage des Übernahmeerfolgs zu unterschiedlichen Marktzyklen. Ausgehend von dem Kurs-Gewinn-Verhältnis (Price-to-Earnings Ratio) untersucht er, welchen kurz- und langfristigen Erfolg Übernahmen in einzelnen Phasen haben, und beo-bachtet dabei, dass Akquisitionen innerhalb hochbewerteter Zeiten kurzfristig zwar besser ab-schneiden, langfristig jedoch schlechtere Ergebnisse erzielen. In einem weiteren Teil der Arbeit untersucht er den Zusammenhang von industriespezifischen Kennzahlen und der M&A-Intensi-tät einzelner Branchen und beschreibt den signifikanten Einfluss einzelner Faktoren (z.B. die F&E-Intensität, Branchenkonzentration oder CAPEX-Quoten) auf die Übernahmehäufigkeit.

Neben der Erklärung, warum Zyklen überhaupt auftreten, untersuchen eine Vielzahl von Stu-dien, was die konkreten Implikationen auf den kurz- und langfristigen Unternehmenserfolg sind. Carow, Heron und Saxton (2004) untersuchen, welchen Einfluss der Zeitpunkt der An-kündigung zu Beginn einer Welle hat, bzw. ob M&A-Vorreiter in den Anfängen höhere Renditen erzielen. Ihre Ergebnisse zeigen, dass Vorreiter zu Beginn einer Welle deutlich höhere abnor-male Renditen erfahren, als solche zu einem späteren Zeitpunkt. Zusätzlich beobachten sie, dass die Reaktionen bei Unternehmen mit einem strategischen Vorteil bzw. einem Informati-onsvorsprung übrige Akquisitionen kurz- und langfristig bei weitem übersteigen. Cai, Song und Walkling (2011) beschreiben den Einfluss von einer Antizipation des Marktes auf zukünftige

M&A-Ankündigungen und kommen zu dem Schluss, dass weniger stark antizipierte Akquisitio-nen deutlich bessere Renditen erzielen als solche, welche vom Markt erwartet werden und bei denen potentielle Synergien entsprechend vorab im Kurs eingepreist wurden. Auch wenn sie betonen, dass sich die Untersuchung nicht explizit auf M&A-Wellen bezieht, lassen sich die Ergebnisse dennoch insofern auf Wellen übertragen, da gemäß ihrer Argumentation Ankündi-gungen zu Beginn von Übernahmezyklen ebenfalls höhere Renditen erwirtschaften müssen.

Duchin und Schmidt (2013) verbinden ebenfalls das Auftreten von M&A-Wellen mit dem Ver-halten des Managements bzw. übergreifenden Agency-Problemen. Sie beobachten, dass Trans-aktionen innerhalb einer M&A-Welle langfristig zu deutlich schlechteren Ergebnissen führen als solche außerhalb einer Welle. Sie begründen dies mit schlechteren Corporate Governance-Struk-turen in den Unternehmen innerhalb von Wellen und mit einer Häufung Agency-getriebener Übernahmen (wie z.B. bei Goel und Thakor 2010). Trotz der deutlichen Unterschiede in den langfristigen Renditen können sie jedoch keine Differenzen in den kurzfristigen Reaktionen um die Ankündigung beobachten.

Neuere Arbeiten wie z.B. Moran (2017) kommen zu dem Schluss, dass Renditen im Verlauf von M&A-Wellen abnehmen. Ähnlich wie in den vorangegangenen Studien wird in erster Linie auf-geführt, dass unerwartete Übernahmen einen stärkeren Effekt hervorrufen als die, die antizi-piert werden. Folglich führen frühe Akquisitionen dazu, dass der Markt die neuen Informatio-nen verwertet und die übrigen Marktteilnehmer und potentielle Synergien entsprechend neu bewertet. Demgegenüber zeigen andere Autoren jedoch auf, dass bestimmte Transaktionsarten durchaus einen Einfluss darauf haben, welcher Zeitpunkt innerhalb von Wellen von Vorteil ist.

Xu (2017) zeigt am Beispiel grenzübergreifender Transaktionen, dass Akquisitionen zwar in-nerhalb einer Welle immer noch deutlich besser abschneiden, als die außerhalb einer Welle, gleichzeitig wird jedoch deutlich, dass Übernahmen, welche zu einem späteren Zeitpunkt in-nerhalb der Welle durchgeführt werden, gegenüber den früheren besser abschneiden. Als mög-lichen Grund führt der Autor Lerneffekte auf, welche bei (unsichereren) grenzübergreifenden Akquisitionen den Käufern zu Gute kommen, welche anfangs erst einmal beobachten.