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Im Bereich der Deponie Feldreben in Muttenz/ Basel Land wurden umfangreiche Be-lastungen des Grundwassers mit mehreren hundert Schadstoffen gefunden, für die im vorliegenden Projekt standortspezifisch Kriterien für Sanierungsentscheidungen benannt werden sollen. Für die meisten vorgefundenen Schadstoffe liegen keine Konzentrationswerte (k-Werte) nach Altlastenverordnung als geeignetes Kriterium vor. Für derartige Fälle wurde vom Bundesamt für Umwelt ein Methodikpapier zur Herleitung von Interventionswerten (IW) entwickelt (BAFU, August, 2002), wobei IW analog zu den k-Werten der Altlastenverordnung definiert sind.

Dieses Schema erfordert, dass sofern keine Toleranz- oder Grenzwerte aus der Le-bensmittelgesetzgebung oder keine Daten zur chronischen Toxizität bestehen zu-mindest akute Letaldosen (tödliche Dosierungen aus dem Tierexperiment, bei denen 50% der Versuchstiere sterben; LD50) zu den Einzelsubstanzen geliefert werden, um eine Schätzung des IW vorzunehmen. Können solche Mindestinformationen nicht bereitgestellt werden, sieht das BAFU-Schema vor, den IW auf die analytische Be-stimmungsgrenze zu legen, die keine toxikologische Begründung aufweist.

Ferner kann das BAFU-Schema nur dann die gesundheitsgefährdende Wirkung von gentoxischen oder krebserzeugenden Substanzen berücksichtigen, falls diese offi-ziell als „krebserzeugend“ oder „krebsverdächtig“ eingestuft sind und für die damit oft (nicht in allen Fällen) eine Krebsrisikoquantifizierung in der Literatur zur finden ist. Es handelt sich dabei um den sogenannten „slope factor“ (SF), der den geschätzten An-stieg des Krebsrisikos im Verhältnis zur aufgenommenen Schadstoffdosis beschreibt.

Bei vielen Substanzen, wie sie im Grundwasser der Deponie Feldreben vorgefunden wurden, ist eine gentoxische oder krebserzeugende Wirkung nicht mit hinreichender Sicherheit auszuschließen – zugleich ist die Datenlage jedoch für eine Legaleinstu-fung nicht ausreichend. Ein „slope factor“ wurde bisher oft nicht berechnet. Diese Stoffe müssen deshalb nach dem BAFU-Schema wie nicht krebserzeugende Sub-stanzen behandelt werden.

Vor diesem Hintergrund sollte für das vorliegende Projekt vom Forschungs- und Be-ratungsinstitut Gefahrstoffe (FoBiG) im Auftrag des Amts für Umweltschutz und E-nergie , Liestal, ein weiteres Schema zur Ableitung von analogen charakteristischen Grundwasserwerten vergleichend angewendet werden, um a) eine verbesserte Stüt-zung für Sanierungsentscheidungen der Deponie Feldreben zu erhalten, b) verglei-chende Aussagen zu den beiden Schemata (BAFU/ FoBiG) zu gewinnen. Das Fo-BiG-Schema sollte sich weitgehend an das Konzept von BAFU anlehnen, kann je-doch im Detail Abweichungen beinhalten und sollte eine möglichst breite Datenbasis zur Gewinnung toxikologischer Daten berücksichtigen. Die resultierenden k-Wert – analogen Werte wurden hier als „spezifische“ Konzentrationswerte (sk-Werte) be-zeichnet, um den Standortbezug zu verdeutlichen.

Das umfangreiche und differenzierte Ablaufschema zur Ableitung von sk-Werten auf seiner derzeitigen Entwicklungsstufe ist im Anhang (ANHANG 3) diesem Bericht an-gefügt. Das Schema des BAFU ist in ANHANG 4 dokumentiert.

Gegenüber dem BAFU-Schema sind beim FoBiG-Schema folgende zentrale Unter-schiede hervorzuheben:

• Es handelt sich um ein iteratives Verfahren: ein sk-Wert wird standortspezifisch dann fixiert, wenn dieser mit einfachen und konservativen toxikologischen An-nahmen abgeleitete Wert bereits signalisiert, dass die vorliegende Belastung im Grundwasser tolerierbar ist (Stoffkonzentration im Grundwasser < ½ sk-Wert).

Nur falls die Belastung höher ist (Stoffkonzentration im Grundwasser ≥ ½ sk-Wert), wird in der nächsten Bearbeitungsstufe eine komplexere und differenzier-tere toxikologische Methodik eingesetzt und wiederum geprüft, ob noch eine weitere Verfeinerungsstufe erforderlich wird. Dieses Vorgehen wurde gewählt, um angesichts der großen Datenmenge zügig Entscheidungen treffen zu kön-nen, die „auf der sicheren Seite“ liegen. Der Nachteil des Konzepts ist, dass ein solcher sk-Wert nur standortspezifisch zu interpretieren ist. Das BAFU-Schema ist bei gegebener Bestimmungsgrenze für den Einzelstoff dagegen standort-unabhängig anwendbar.

• Das FoBiG-Schema sieht die Anwendung des „threshold of toxicological con-cern“ vor (TTC-Konzept). Dieses Verfahren berücksichtigt die chemische Struk-tur von Schadstoffen zur Benennung einer statistisch abgesicherten toxikologi-schen Wirkungsschwelle, wobei keine weiteren substanzspezifitoxikologi-schen Testdaten (etwa Letaldosen) erforderlich sind, um diesen konservativen Wert zu ermitteln.

Auf diese Weise ist es mit dem TTC-Konzept nicht erforderlich, die toxikolo-gisch nicht definierte Bestimmungsgrenze in den Entscheidungsbaum einzube-ziehen, wie dies beim BAFU-Ansatz im Falle schlechter Datenlage der Fall ist.

• Das FoBiG-Schema führt eine Sonderbewertung für gentoxische und krebser-zeugende Substanzen durch, und zwar auch für solche Stoffe, die bisher nicht entsprechend eingestuft sind, für die jedoch erhebliche Hinweise auf eine sol-che besonders unerwünschte Wirkung vorliegen. Bei schlechter Datenlage (o-der wenn dies im Rahmen des erwähnten iterativen Vorgehens ausreichend ist) wird dann ein spezieller niedriger sk-Wert nach dem TTC-Konzept gewählt, bei guter Datenlage erfolgt eine exaktere Krebsrisikoquantifizierung auf Basis toxi-kologischer Kriterien, sofern erforderlich.

Details zur Vorgehensweise nach BAFU- oder FoBiG-Schema werden in Abschnitt 2 (Quellen und Methodik) dokumentiert. Auf die Anhänge 3 und 4 wird verwiesen.

Es liegen Konzentrationsangaben im Grundwasser im Bereich Feldreben/ Muttenz vom 27. August 2010 zu 681 Parametern (meist Einzelsubstanzen) vor. Für die toxi-kologische Bewertung wurden nur Messwerte ab Jahrgang 2001 berücksichtigt. Für alle diese Substanzen sind k-Werte zu dokumentieren oder sk-Werte bzw. IW abzu-leiten, sofern Konzentrationen oberhalb eines Abschneidekriteriums vorgefunden werden. Dieses Abschneidekriterium (Irrelevanzkriterium) ist durch eine sehr niedrige toxikologisch unbedenkliche Einzelstoffkonzentration bzw. durch eine niedrige Be-stimmungsgrenze definiert. Das Abschneidekriterium der Betrachtung im Fall des Konzeptes gemäß BAFU liegt bei einer vorgefundenen Konzentration von

< 0,05 µg/l, die gewählte Konzentrationsgrenze bei FoBiG liegt etwas darunter bei 0,0375 µg/l. Die Maximalwerte (Konzentrationen im Grundwasser) sind mit den k-Werten bzw. IW oder sk-k-Werten zu vergleichen und zu ermitteln, ob und ggf. bei wel-chen Substanzen diese Vergleichswerte überschritten sind bzw. eingehalten werden.

Verschiedene Grundwasserwerte liegen nur als Screening-Werte vor. Entsprechende Analysen sind mit erhöhten Unsicherheiten verbunden. So wurden in den letzten 9 Jahren rund 60% der im Screening gefundenen Substanzen nur einmal, weitere 14%

nur zweimal nachgewiesen. Die Unsicherheiten können auch die Substanzidentität

(Isomerenidentität) und die Quantifizierung betreffen. Damit sind auch die toxikologi-schen Bewertungen (k-Werte, sk-Werte, IW) mit Unsicherheiten verbunden. Aus die-sem Grunde werden Datensätze mit Screening-Werten gesondert aufgelistet und stehen unter dem genannten Vorbehalt. Um eine möglichst gesamtheitliche Abschät-zung des Gefährdungspotenzials der im Grundwasser gefundenen Substanzen vor-nehmen zu können, wurden die Screenings deshalb trotzdem berücksichtigt.

Der folgende Bericht enthält in Abschnitt 3 die wichtigsten Ergebnisse bei einem Vor-gehen nach der BAFU-Methodik, in Abschnitt 4 die entsprechenden Ergebnisse beim Vorgehen nach der FoBiG-Methodik. In Abschnitt 5 werden die Befunde sowie die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der beiden Ansätze mit Hinblick auf die erhalte-nen Ergebnisse diskutiert und mögliche Kombinationswirkungen verschiedener Stoff-gruppen besprochen. In Anhang 1 ist die komplette Vergleichsliste (beide Methoden) für 257 Stoffe enthalten, bei denen Konzentrationen oberhalb des Irrelevanzkriteri-ums im Bereich der Altlast Feldreben/ Muttenz vorgefunden wurden. Die für die Aus-wertungen herangezogenen Literaturquellen sind in Abschnitt 6 dokumentiert. Eine Beschreibung der Probenahmestellen befindet sich in Anhang 2. In Anhang 3 und 4 findet sich das Konzepte nach FoBiG bzw. die Vorgehensweise des BAFU zur Herlei-tung spezifischer Interventionswerte für die AltlastenbewerHerlei-tung. Aus Gründen der Übersichtlichkeit sind im vorliegenden Bericht nicht alle Beurteilungsschritte für Ein-zelstoffe dargestellt − es sind jedoch detaillierte Auswertungstabellen verfügbar, so-wie Hintergrundkommentare, die Entscheidungen bei Abweichen von den methodi-schen Standards offenlegen und die jeden einzelnen Bearbeitungsschritt nachvoll-ziehbar festhalten. Diese separaten Dokumente liegen dem Amt für Umwelt und E-nergie vor.