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Der grundlegende Unterschied beider Ansätzen ist durch die Verwendung des TTC-Konzepts bei der FoBiG-Methodik gegeben, während bei der BAFU-Methode die Be-stimmungsgrenze eine relevante Rolle spielt, weil für zahlreiche Substanzen keine toxikologisch fundierten Daten ermittelbar waren. Ferner verwendet FoBiG in der Re-gel Letaldosen nicht, während diese bei BAFU herangezogen werden. Falls Hinweise auf Genotoxizität bzw. Kanzerogenität vorlagen, wurden diese bei FoBiG berücksich-tigt und einige bestehende k-Werte dadurch abgesenkt. Werte nach Altlastenverord-nung wurden beim FoBiG-Konzept nicht regelmäßig übernommen.

Beim BAFU werden nur eindeutig als krebserzeugende eingestufte Substanzen, so-wie Krebsverdachtsstoffe, bei denen ein „slope factor“ (SF) gefunden werden kann, als krebserregende Substanzen behandelt. Bei FoBiG wird bei Krebsverdachtsstof-fen standardmäßig von einem möglichen kanzerogenen Potential ausgegangen und bei ungenügender Datenlage zumindest der TTC-Default Wert von 0,75 µg/l zur Si-cherheit herangezogen. In Ausnahmefällen, falls substanzspezifische Daten vorhan-den waren, die vorhan-den Krebsverdacht entkräfteten, wurde davon abgewichen und ein sk-Wert auf Basis dieser Information berechnet. In Zahlen bedeutet dies, dass nach dem BAFU-Konzept von den ursprünglich 50 als kanzerogen bzw. Krebsverdachts-stoff eingestuften Substanzen letztlich nur 22 anhand dieses Einstufungsmerkmals beurteilt wurden. Diese Auswahl setzt sich zusammen aus 17 eindeutig kanzerogen eingestuften Substanzen und 5 Krebsverdachtsstoffen, für die ein SF gefunden wer-den konnte. Die verbleibenwer-den 28 Substanzen wurwer-den meist anhand der vorhande-nen k-Werte aus der AltlV bewertet (13 Fälle) bzw. je nach den vorliegenden sub-stanz-spezifischen Daten (GSchV: 3 Fälle, RfD: 3 Fälle, NOAEL/LOAEL: 4 Fälle, LD50: 3 Fälle, Sonstige Richtwerte: 3 Fälle).

Die folgenden Abbildungen beschreiben die Verteilung der Ausgangsdaten für die Gesamtstoffliste − d.h. sowohl Substanzen aus der Einzelstoffanalytik sowie solche mit Konzentrationswerten, die aus Screeninganalysen stammen − jeweils nach dem BAFU- bzw. dem FoBiG-Konzept.

AltlV; 31

RfD (ähnliche); 15

NOAEL/LOAEL; 13

LD50; 73 Bestgrenze; 88

Sonstiges; 9

Krebs (SF); 8 GSchV; 10

Abbildung 1: Basisdaten zur Festlegung der IW und k-Werte beim BAFU-Konzept (Gesamt-zahl an Substanzen: 247)

AltV; 28

RfD (ähnlich); 31

Krebs (SF); 7 Krebs (TD50/25); 7 Sonstiges; 11

Allgemeinschw elle (TTC); 173

Abbildung 2: Basisdaten zur Festlegung der sk-Werte und k-Werte beim FoBiG-Konzept (Gesamtzahl an Substanzen: 257)

Betrachtet man nur die Substanzen aus der Einzelstoffanalyse − welche letztlich für die Beurteilung des Sanierungsbedarfs entscheidend sind − ergibt sich eine unter-schiedliche Verteilung der Basisdaten, welche zur Herleitung der Bezugswerte für die jeweiligen Konzepte verwendet wurden (siehe Abbildung 3).

A B

AltlV; 30

RfD (ähnliche); 8 NOAEL/LOAEL; 3

LD50; 11 Bestgrenze; 2

Sonstiges; 8

Krebs (SF); 6

GSchV; 7

AltV; 27

RfD (ähnlich); 24 Allgemeinschw elle

(TTC); 9

Sonstiges; 11

Krebs (TD50/25); 2

Krebs (SF); 6

Abbildung 3: Basisdaten zur Herleitung der IW, sk-Werte und k-Werte für die Bewertung der Einzelstoffe A beim BAFU-Konzept (Gesamtzahl an Substanzen: 75) und B beim FoBiG-Konzept (Gesamtzahl an Substanzen: 79).

Die Abbildungen 3 A und B machen deutlich, dass die Datenlage zur Bewertung der Substanzen aus der Einzelstoffanalyse im Vergleich zu den Substanzen aus der Screeninganalyse wesentlich besser ist. Im Fall des FoBiG Konzepts werden z.B. nur ca. 10% der Substanzen anhand des TTC-Konzeptes bewertet, während dieser all-gemeine toxikologische Vorsorgewert in der Gesamtbewertung bei ungefähr 70%

aller Substanzen als sk-Wert angewandt wurde.

Die toxikologisch fragliche Anwendung der Letaldosen und auch die toxikologisch nicht begründete Anwendung der Bestimmungsgrenzen als IW gemäß dem

BAFU-Konzept wurde in der Bewertung der Einzelstoffe nur bei 18% der zu bewertenden Substanzen angewandt. Unter Einschluss der Screeningwerte wird diesen Interventi-onswerten auf Basis Letaldosen und Bestimmungsgrenzen mit zusammen 65% wie-derum mehr Gewicht beigemessen. Dies zeigt deutlich, dass die Datenlage zu den Substanzen aus der Screeninganalyse schlechter ist.

Zu einem Sanierungsbedarf führen − wie bereits ausgeführt − nur Substanzen aus der Einzelstoffanalytik, deren maximal gemessene Konzentration den IW bzw. sk-Wert/2 oder den k-sk-Wert/2 überschreiten. Nur Substanzen, die dieses Kriterium erfül-len werden in Tabelle 7 nochmals vergleichend dargestellt.

Unter Verwendung des methodischen Ansatzes von FoBiG wurden insgesamt 13 Substanzen ermittelt, die nach den gesetzlichen Vorgaben einer Sanierung bedürfen.

Unter Verwendung der BAFU-Maßstäbe wurden insgesamt 20 Substanzen ermittelt.

Trotz der teilweise unterschiedlichen Basisdaten zur Ableitung von IW bzw. sk-Werten liefern beide Ansätze bei 11 Substanzen aus der Einzelstoffanalyse (nahezu) identische Ergebnisse. Dies betrifft die Substanzen:

• Chlorethen

• Trichlorpropan, 1,2,3-

• Vanadium

• Tetrachlorethan, 1,1,2,2-

• Trichlorethen

• Hexachlorethan

• Tetrachlorethen

• Strontium

• Zink

• Kalium

• Sulfate

BAFU-Konzept FoBiG-Konzept

Kalium 7440-09-7 12000 Trinkwasserverordnung 0,6 4,5 12000 Trinkwasserverordnung 0,6 4,5

Lithium 7439-93-2 35 LD50 (ChemID) 0,3 1,5

Insgesamt sind kleinere Differenzen bei einzelnen Stoffen möglich, da die Berech-nungsmethode bzw. einige zu Grunde liegenden Annahmen etwas unterschiedlich sind. So liegt im Fall des Hexachlorethans der IW des BAFU bei 25 µg/l, während der sk-Wert von FoBiG bei 21 µg/l liegt. Dieser Unterschied beruht auf der Annahme ei-nes Körpergewichts von 70 kg des BAFU im Gegensatz dazu wird bei FoBiG von 60 kg Körpergewicht zur Berechnung ausgegangen.

Berechnung IW: 0,00001*70kg/(0,000014/µg/kg*d*2 l/d) = 25 µg/l Berechnung sk-Wert: 0,00001*60kg/(0,000014/µg/kg*d*2 l/d = 21 µg/l

Bei Arsen und Trichlorethen wurde bei FoBiG vom k-Wert der Altlastenverordnung abgewichen. Bei Arsen führt dies zu einer abweichenden Schlussfolgerungen im Vergleich zur Bewertung nach dem BAFU-Konzept – es wurde ein Sanierungsbedarf festgestellt. Im Fall von Trichlorethen wird trotz unterschiedlicher Vergleichsgröße durch beide Konzepte ein Sanierungsbedarf signalisiert.

In nachfolgender Tabelle 8 wird die Bewertung von Substanzen aus der Screen-inganalyse anhand der verwendeten Konzepte vergleichend dargestellt. Es werden nur die Substanzen gezeigt, deren maximal gemessene Konzentration über dem halben Bezugswert (IW bzw. sk-Wert) liegt. Die gemessenen Konzentrationswerte stellen, dabei semi-quantitative Messwerte dar. Eine Überschreitung des zulässigen Konzentrationswertes ist dementsprechend kein Auslöser für eine Sanierung, son-dern bildet die Grundlage für die Forderung einer besseren Überwachung (d.h. zu-nächst Einzelstoffanalytik) der so identifizierten Substanz.

Trotz der teilweise unterschiedlichen Basisdaten zur Ableitung von sk-Werten liefern beide Ansätze bei 3 Substanzen aus der Screeninganalyse (nahezu) identische Er-gebnisse. Dies betrifft die Substanzen:

• 2,3,6-TRICHLORO-BENZALDEHYDE

• Benzidine und

• Dichloroacetaldehyde

Tabelle 8: Direkter Vergleich der Substanzen aus der Screeninganalyse, die − anhand der angewandten Konzepte − zu einer verbesserten Über-wachung führen (d.h. Überführung in Einzelstoffanalytik). Bei grau hinterlegten Feldern wurde im jeweils anderen Konzept keine Überschreitung des sk-Wert bzw. IW festgelegt. Die 88 Substanzen, die beim BAFU Konzept allein aufgrund der Bestimmungsgrenze (BG) über dem 1/2 k-Wert liegen, wurden nicht aufgeführt.

BAFU Konzept FoBiG Konzept

BEZEICHNUNG CASNR

2,3,6-TRICHLORO-BENZALDEHYDE 4659-47-6 2,6 LD50 (ChemID) 2,3 2,3 0,75 TTC-Konzept

(allg. Ansatz) 8,0 8,0

2-Brompyridin 109-04-6 1,1 LDLo (ChemID) 0,5 1,9

ACETONITRIL, 2-HYDROXY-2-PHENYL- 532-28-5 0,2 LD50 (ChemID) 1,6 1,6

Benzidine 92-87-5 0,0015 SF (US EPA) 202,7 202,7 0,0013 SF(US EPA) 233,9 233,9

Desethylterbuthylazine 30125-63-4 0,1 GSchV 3,1 13,9

DIBENZOFURAN 132-64-9 0,2 LD50

(HSDB) 1,4 1,4

Dichloroacetaldehyde 79-02-7 0,4 LD50

(ChemYQ) 0,97 1,9 0,75 TTC-Konzept

(allg. Ansatz) 0,5 1,0

Diphenylamin 122-39-4 0,1 GSchV 2,2 4,3

2,6-Di-tert-butyl-p-benzochinon 719-22-2 0,75 TTC-Konzept

(allg. Ansatz) 0,9 1,3

4-Amino-N-ethyl-benzolsulfonamid 1709-53-1 0,02 BG 52 52 0,75 TTC-Konzept

(allg. Ansatz) 1,4 1,4

Vergleichende Gesamtbewertung der Substanzen aus der Screening- sowie Einzelstoffanalytik

Bei 5 Substanzen aus der Screeninganalyse wird gemäß dem BAFU-Konzept eine weit höhere Überschreitung des Bezugswertes signalisiert als bei FoBiG, da die Be-stimmungsgrenze herangezogen wurde bzw. bei FoBiG der TTC-Wert. Dies betrifft die Stoffe:

• p-Chlorbenzoylacrylsäure

• FORMYLMETHYLENETRIPHENYLPHOSPHORANE

• DICHLOROACETIC ACID, 2-ETHYLHEXYL ESTER

• 7,9-Di-tert.butyl-1-oxaspiro(4,5)deca-6,9-dien-2,8-dion und

• 4-Amino-N-ethyl-benzolsulfonamid.

In 10 Fällen (teilweise aus Screeninganalyse (SC)) wird über die BAFU-Methode eine (weit) höhere Überschreitung des sk-Werts bzw. k-Werts signalisiert als bei FoBiG, da die Toleranzgrenze der GSchV als IW verwendet wurde. Dies betrifft die Stoffe:

• Atrazin,

• Desethylatrazin,

• Desisopropylatrazin,

• 2,6-Dichlorbenzamidin,

• Metolachlor,

• Prometryn,

• Simazin,

• 1H-Isoindole-1,3(2H)-dione (SC)

• Desethylterbuthylazine (SC) und

• Diphenylamin (SC).

Der Unterschied − welcher aus der Wahl zur Ableitung eines Interventionswertes auf Basis von Letalitätsdosen im BAFU-Konzept bzw. dem TTC-Konzept im Falle der FoBiG Methodik − resultiert, kann sich in beide Richtungen auswirken. Bei mögli-cherweise gentoxischen Substanzen wird ein niedrigerer TTC gewählt, der dann deutlich unter dem IW auf Basis des extrapolierten LD50 liegen kann (Variante a).

Aber der LD50-basierte IW kann auch zu konservativeren Abschätzungen führen, wenn es z.B. nicht um eine gentoxische Substanz der Cramer-Klasse III geht (Vari-ante b). Solche Unterschiede wirkten sich bei mehreren Substanzen der Screening-analyse aus:

• Dichloroacetaldehyde (a; daraus resultiert aber keine unterschiedliche Behand-lung)

• 2,6-Di-tert-butyl-p-benzochinon (a)

• DL-2-ETHYLHEXYL CHLOROFORMATE (a)

• 2-Brompyridin (b)

• Crotamiton (a)

• 2,3,6-TRICHLOROBENZALDEHYDE (a)

• DIBENZOFURAN (b)

• ACETONITRIL, 2-HYDROXY-2-PHENYL- (b)

Die Unterschiede lassen sich am Beispiel erläutern: DL-2-ETHYLHEXYL CHLOROFORMATE (CAS-Nr. 24468-13-1) erhält im FoBiG-Konzept mangels quali-fizierter toxikologischer Daten den allgemeinen sk-Wert von 0,75 µg/l aufgrund der Hinweise auf ein genotoxisches Potential. Ein Vergleich mit der maximal gemesse-nen Konzentration zeigt den Handlungsbedarf.

Der Interventionswert für diese Substanz wurde im BAFU-Konzept anhand des vor-liegenden LD50-Wertes abgeschätzt. Der BAFU Interventionswert übertrifft den Wert nach FoBiG-Konzept um das 250-fache, eine weitere Überwachung ergibt sich in diesem Fall nicht.

Eventuell wurde so der potentiellen Gefahr, welche vom genotoxischen Potential ausgehen könnte, im BAFU-Konzept nicht genügend Rechnung getragen.

Bei ACETONITRIL, 2-HYDROXY-2-PHENYL- kommt es beim BAFU-Konzept wahr-scheinlich zu einer Überschätzung des Risikos, da die Basis des IW nach dem BAFU-Konzept ein LD50 Wert, der jedoch bei dieser Substanz nicht für den stan-dardmäßig zu verwendeten oralen Aufnahmepfad und nicht für die Ratte vorlag. Es wurde deshalb die Letaldosis nach intravenöser Substanzapplikation an der Maus herangezogen, der deutlich unter einer oralen Letaldosis liegt.

Der LD50 im BAFU-Konzept kann auch dann zu stark abweichenden Extrapolationen führen, wenn der Bezugswert im FoBiG-Konzept auf Basis von Stoffdaten statt mit TTC erfolgt. Dies ist bei 3 Substanzen der Fall:

• 2,5-Dichloranilin

• Rubidium

• Lithium.

Hier das Beispiel Rubidium: Es liegen zwar keine geeigneten Daten zur chronischen oralen Belastung vor, jedoch ein Arbeitsplatzgrenzwert von 0,5 mg/m³. Im FoBiG-Konzept gelangt man über eine „Pfad-zu-Pfad- Übertragung“ (Basis: 0,5 mg/m³; inha-lativoral) zu folgendem sk-Wert: 0,5 mg/m³ * 20 m³/ 2 l = 5 mg/l. Es wird zusätzlich ein Sicherheitsfaktor von 10 verwendet, um von einem auf den Arbeitsplatz bezoge-nen Grenzwert auf die Allgemeinbevölkerung schließen zu könbezoge-nen. Zusätzlich wer-den Zeitfaktoren spezifisch für die Exposition der Allgemeinbevölkerung angewandt (5/7 (Wochentage), 48/52 (Kalenderwochen)). Damit folgt ein sk-Wert von 165 µg/l zur Bewertung der Substanz.

Beim Ansatz des BAFU würde alternativ, ausgehend von der niedrigsten LD50, fol-gender IW berechnet: 586 mg/kg / 1000000 * 70 kg / 2 l/d (*1000) = 20 µg/l. Dieser niedrige Wert wird durch die vorliegenden Daten zur chronischen Exposition (Inhala-tion) nicht hinreichend gestützt.

Gruppenbetrachtung im FoBiG-Konzept

Chloraniline und Dichloraniline

Bei der Einzelstoffbewertung wurde für 2,5-Dichloranilin ein Sanierungsbedarf auf Basis des Maximalwerts nach FoBiG-Schema dokumentiert. Hintergrund war der Gruppengrenzwert für Chloraniline und Dichloraniline in Höhe von 7 µg/l. Dieser Wert basiert auf Daten zu 4-Chloranilin, die herangezogen wurden, weil für

2,5-Dichloranilin keine hinreichenden Daten für eine Einzelsubstanzbewertung vorliegen, jedoch eine geringere Toxizität als für 4-Chloranilin gezeigt werden konnte (untere Schranke). Der Maximale Messwert von 3,8 µg/l für 2,5-Dichloranilin liegt somit knapp über dem sk/2-Wert.

Abweichend davon liefert die Altlastenverordnung für 4-Chloranilin einen k-Wert von 100 µg/l, jedoch ohne Bewertung der möglichen krebserzeugenden Wirkung der Substanz. Der Vergleich zeigt, dass FoBiG hier einen konservativen Maßstab zur Bewertung von 4-Chloranilin und für 2,5-Dichloranilin herangezogen hat.

Unter dem Gesichtspunkt der Gruppenbewertung tragen andere Chloraniline oder Dichloraniline nur marginal zur (additiven) Gesamtbelastung bei. Es wird dabei davon ausgegangen, dass sich die mittleren Belastungen addieren, nicht jedoch die kumu-lierten Maximalbelastungen zu berücksichtigen sind. Aus diesem Grunde wird für die Summe der Chloraniline und Dichloraniline kein gesonderter Sanierungsbedarf für erforderlich gehalten. Diese Einschätzung wird dadurch gestützt, dass der gewählte Bewertungsmaßstab für 2,5-Dichloranilin sehr konservativ ist und die Konzentration des maßgeblichen 4-Chloranilin in Feldreben auch im Maximum sehr niedrig liegt (0,045 µg/l). Die Konzentrationen und Vergleichswerte sind der folgenden Tabelle zu entnehmen:

Tabelle 9: Alle Chloraniline und Dichloraniline der Deponie Feldreben (Einzelstoffanalyse)

BEZEICHNUNG CASNR

Chloraniline 0,002 0,051 Chloranilin, 3- 108-42-9 77 0,002 0,138 - positiv 7 Gruppe

Chloraniline 0,001 0,039 Dichloranilin, 2,3- 608-27-5 76 0,006 0,478 - positiv 7 Gruppe

Chloraniline 0,002 0,136 2,4 +

2,5-Dichloranilin 554-00-7 64 0,003 0,046 - positiv 7 Gruppe

Chloraniline 0,001 0,013 Dichloranilin, 2,5- 95-82-9 13 0,302 3,8 - positiv 7 Gruppe

Chloraniline 0,086 1,084 Dichloranilin, 2,6- 608-31-1 49 0,001 0,042 - 7 Gruppe

Chloraniline 0,0003 0,012 Dichloranilin, 3,4- 95-76-1 76 0,002 0,104 n positiv 7 Gruppe

Chloraniline 0,001 0,030

Summe 0,324 4,83 0,09 1,38

Atrazin und atrazinähnliche Verbindungen (Pestizide)

Im ersten Bericht zur Deponie Feldreben (Muttenz, 2007) wurde zur Bewertung von Atrazin der TDI der WHO (2006) herangezogen. Aus dem TDI von 0,5 µg/kg*d, wür-de sich nach Berechnung ein Trinkwasserwert (TWW) von 15 µg/l ergeben (0,5 µg/kg*d * 60 kg /2 l/d), der ausgewiesene Wert war jedoch 2 µg/l (10% Quotie-rung). Der damalige TDI der WHO 2006 unterstellte, dass Atrazin möglicherweise krebserzeugend ist.

Die Bewertungsgruppe der WHO geht 2010 nicht mehr davon aus, dass Atrazin und verwandte Stoffe ein Krebspotential beinhalten. Es wird jetzt ein ADI von bis zu

20 µg/kg*d abgeleitet (ausgehend von NOAEL von 1,8 mg/kg*d, Basis neuroendokri-ne Wirkung). Zur Bewertung des Sanierungsbedarfs wurde dementsprechend der neue TWW der WHO (2010) übernommen: 100 µg/l (beinhaltet 20% Quotierung, 60 kg KG, 2 L/d). Das ubiquitäre Vorkommen der Triazinderivate rechtfertigt die Beibe-haltung der Quotierung.

Dieser sk-Wert wird auf die Substanzen Desisopropylatrazin, Desethylatrazin und Desethylterbuthylazine aufgrund struktureller Ähnlichkeit (genauer Chloro-s Triazine) und der fehlenden stoffspezifischen Daten übertragen.

Zur chemischen Klasse der Triazine gehören auch Prometryn und Simazin. Die Ein-zelsubstanzbewertung beruht bei Beiden auf stoffspezifischen Daten, sie werden je-doch aufgrund ihrer chemischen Verwandtschaft in die Bewertung des Risikos einer additiven Wirkung der gesamten Gruppe einbezogen.

Tabelle 10: Gruppenbewertung der Chloro-s Traizine

BEZEICHNUN

EZ: Einzelstoff; SC: Screening

Wir berechnen die Gesamtwirkung der Atrazine einschließlich der Triazine Prometryn und Simazin nach der Summenformel:

C1 C2 Ci

GW1/ 2 +

GW2/ 2 + … +

GWi/ 2 ≤ 1 C = maximal gemessene Konzentration, GW = Grenzwert (hier sk-Wert)

wobei für Atrazin, Desethylatrazin und Desisopropylatrazin ein toxikologischer Vor-sorgewert (hier sk-Wert) von 100 µg/l herangezogen wird, während für die anderen beiden Triazine die jeweiligen individuellen Grenzwerte (hier sk-Werte in Höhe von 120 bzw. 2 µg/l) in die Formel eingehen. Es ergibt sich ein Gesamtwert von 0,18 im Maximum (0,18<<1), so dass bei Triazinen auch bei kombinierter Betrachtung nicht von einer Gesundheitsgefährdung auszugehen ist. Die (eigentlich relevante) Mittel-wertaddition bringt noch eine deutlich niedrigere Ausschöpfung der hier tolerablen Summenbelastung.

Die Bewertung anhand des BAFU-Konzepts steht dazu in einem sehr starken Kon-trast. Hier wurde als IW der Pestizidsummenwert der GSchV verwendet (0,1 µg/l), daraus ergibt sich für die hier betrachteten Substanzen, sowie für vier weitere

Pesti-zide Sanierungsbedarf. In sieben Fällen ist dies ein eindeutiger Sanierungsbedarf bzw. der Bedarf einer Überführung in die Einzelstoffanalytik bei drei Substanzen aus der Screeninganalyse.

Summenbetrachtung aller als kanzerogen eingestuften Stoffe

In der nachfolgend dargestellten Tabelle sind alle als eindeutig krebserzeugend iden-tifizierten Substanzen aufgeführt. Dargestellt ist neben der Kanzerogenitäts-Einstufung, die Herkunft der Messwerte, Gruppenzugehörigkeiten der Substanzen, die Anzahl der Messungen, sowie die mittlere als auch die maximal gemessene Kon-zentration. Die Kanzerogenitäts-Kategorien, auf welcher die Zuordnung basiert, sind ebenfalls enthalten.

Tabelle 11: Alle eindeutig als krebserzeugend eingestuften Substanzen

BEZEICHNUNG Herkunft CASNR Gruppe

Anzahl

TERTIO BUTYL HYDROXY ANISOLE

(Butylated hydroxyanisole (BHA)) SC 25013-16-5 1 0,308 0,31 IARC2B

Dioctylphthalate SC 117-81-7 3 1,162 2,0 EPA B2

1,5-NAPHTHALENEDIAMINE SC 2243-62-1 1 0,103 0,10 MAK2

EZ = Einzelstoff; SC = Screening, SCHWM = Schwermetalle, VOC = „volatile organic compounds“ (entspricht den FHKW), FHKW = Flüchtige halogenierte Kohlenwasserstoffe (entspricht den VOC), C = Kanzerogenitäts-Kategorie der Europäischen Union, IARC = Kategorie der „International Agency for Research on Cancer“, MAK = Kanzerogenitäts-Kategorie der Deutschen Forschungsgemeinschaft, EPA = Kanzerogenitäts-Kanzerogenitäts-Kategorie der „U.S. Environmental Protection Agency“

Die Bewertung der Einzelsubstanzen führt bei vier der insgesamt 18 Substanzen zu einem Sanierungsbedarf. Diese Substanzen sind:

• Chlorethen,

• 1,2,3-Trichlorpropan,

• Trichlorethen,

• Vanadium.

Im FoBiG-Konzept wird zudem Arsen als Substanz mit sanierungsbedürftig hohen Konzentrationen im Vergleich zum angewandten, spezifischen Bezugswert identifi-ziert.

4-Chloranilin wurde nur nach dem FoBiG-Konzept betrachtet, da gemäß dem Ab-schneidekriterium des BAFU-Konzepts (0,05 µg/l) die Substanz in einer zu geringen maximalen Konzentration vorlag und dementsprechend nicht bewertet wurde.

Für eine Summenbetrachtung aller Kanzerogene ist zunächst ein noch vertretbares Krebsgesamtrisiko durch alle Stoffe der Altlast festzulegen. Eine übliche Konvention liegt bei einem Gesamtzusatzrisiko von 1:10000 (10-4) im Unterschied zum Einzel-stoffrisiko, das nicht höher sein soll als 1:100000 (10-5). Addieren wir die Mittelwerte der 14 Einzelstoffe aus Tab. 11, so ergibt sich bei den vorliegenden Konzentrationen nach FoBiG-Schema ein Gesamtrisiko von 2,5 x 10-5, das deutlich keiner ist als 10-4. Das Gesamtkrebsrisiko liegt damit auch unter Einschluss aller krebserzeugenden Einzelstoffe noch in einem üblicherweise tolerierten Bereich. Auch nach BAFU-Schema ergibt sich ein ähnliches Bild (Gesamtrisiko durch Stoffe der Einzelstoffana-lyse 2,0 x 10-5 auf Basis der Mittelwerte).

Werden zusätzlich die Substanzen einbezogen, die aus der Screening-Analyse stammen, ergibt sich ein Bild, das vollständig durch das hohe Krebsrisiko von Benzi-din bestimmt wird (beide Bewertungen: BAFU- und FoBiG-Ansatz). Ohne diese Ein-zelsubstanz, zu der nur ein einziger Screeningmesswert vorliegt, ist das Krebsrisiko durch alle Stoffe wiederum tolerierbar, wenn ein Gesamtrisiko von 10-4 in dieser Wei-se interpretiert wird.

Summenbetrachtung aller mittleren Konzentrationswerte (Einzelstoffe)

Im Folgenden wurde vereinfachend unterstellt, dass alle Stoffe – auch bei deutlicher Unterschreitung des jeweiligen sk-Werts – zusammen additiv wirken würden. Diese Unterstellung ist extrem konservativ und wird nur als Orientierung für das Gesamtbe-lastungspotenzial durch das in Feldreben vorliegende Schadstoffpotenzial verwen-det. Diese Analyse wurde nur für die Bewertung nach FoBiG-Schema, nur für die Stoffe, zu denen Einzelstoffanalysen vorliegen und nur auf Basis der Mittelwerte vor-genommen(siehe Anhang 1). Es zeigt sich eine 6,8-fache Überschreitung des Sum-mengrenzwerts. Diese Überschreitung ist als vernachlässigbar zu bewerten:

• Sie ist durch 11 von 79 Substanzen bedingt, bei denen je Einzelstoff mindes-tens eine Konzentration von 8 % des Werts erreicht wurde (16% von sk-Wert/2).

• Dabei handelt es sich außer bei Gallium und Barium ausnahmslos um solche Substanzen, bei denen bereits wegen der Einzelstoffbewertung (Maximalkon-zentration im Vergleich zum sk-Wert/2) ein Sanierungsbedarf ermittelt wurde Damit ergibt sich bei dem breiten Schadstoffinventar kein Anhalt auf eine Gesund-heitsgefährdung durch Kombinationswirkungen, nachdem dem Sanierungsbedarf, der durch Einzelstoffe ausgelöst wird, Rechnung getragen wurde.