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Herkunftsbedingte Merkmale

Im Dokument Neue Medien (Seite 186-194)

Migrationshintergrund in den Medien

6 Analyse soziogeografischer und demographischer Merkmale

6.1 Herkunftsbedingte Merkmale

In einem ersten Schritt ist die erste Forschungsfrage F1.1 zu erörtern, näm-lich: Inwieweit und welche herkunftsbedingten Differenzen und Ähnlichkeiten lassen sich zwischen den entsprechenden Merkmalen der in der Schweiz lebenden Menschen unterschiedlicher ethnischer oder ethnoreligiöser Zugehörigkeit mit Migrationshintergrund Türkei erkennen? Konkret sind die aus der ersten For-schungsfrage abgeleiteten TeilforFor-schungsfragen bezüglich dreier Dimensionen zu bearbeiten: (F1.1a) Soziodemografische Hintergrundmerkmale, (F1.1b) soziobiografische Merkmale und (F1.1c) Migrationsgrund/-form der Befragten.

6.1.1 Soziogeografische und soziodemografische Hintergrundmerkmale Geburtsländer und Geburtsprovinzen (im Herkunftsland)

Zwecks einer genaueren Betrachtung der Herkunftskontexte wurden die Befragten gebeten, neben ihrem Geburtsland auch ihre Geburtsregion (im Herkunftsland) und die Grössenkategorie des jeweiligen Geburtsortes zu nen-nen. Hierzu ist zunächst festzuhalten, dass rund jeder vierte Befragte in der Schweiz geboren wurde (s. Tabelle 7). Eine Differenzierung nach ethnischem Hintergrund zeigt jedoch, dass der relative Anteil der Nachfolgegeneration in der assyrischen Subgruppe mit knapp 36 Prozent deutlich höher ist als bei den anderen beiden Subgruppen. Mit 12,5 Prozent ist die zweite Generation kurdischen Hintergrunds im Sample am schwächsten vertreten, weil sie, wie noch dargelegt wird, die relativ kürzeste Aufenthaltsdauer in der Schweiz aufweist.

Ferner beträgt der Anteil der Befragten, bei denen die Türkei als Geburtsland ermittelt wurde, knapp drei Viertel (71,3%) der Gesamtstich-probe. Eine Differenzierung dieses Anteils der Befragten hinsichtlich ihrer Geburtsregion innerhalb des Herkunftslandes Türkei zeigt (s.Tabelle 7), dass etwas über die Hälfte der Mitglieder der eingewanderten türkischen Subgruppe

in der Stichprobe aus den wirtschaftlich relativ entwickelten, westlichen Regionen des Landes stammt. Hingegen waren alle Angehörigen der in der Türkei geborenen assyrischen Subgruppe und etwas mehr als zwei Drittel der Kurden wie auch der Befragten alevitischen Hintergrunds ursprünglich in den wirtschaftlich wenig entwickelten Ost-/Südostprovinzen beheimatet.

Tabelle 7 Geburtsländer und -regionen der Befragten nach ethnischen Hintergründen

Assyrisch Kurdisch Türkisch Gesamt

n % n % n % n %

Schweiz 65 35.7 36 12.5 128 29.5 229 25.4

Deutschland und Österreich 13 7.1 4 1.4 13 3.0 30 3.3

Herkunftsland (Türkei) 104 57.2 247 86.1 293 67.5 644 71.3

Gesamt 182 100.0 287 100.0 434 100.0 903 100.0

Türkei

Ost- und Südostregionen 104 100.0 171 69.2 33 11.3 308 47.8

Mittelanatolien 52 21.1 72 24.6 124 19.7

Westregionen 23 9.3 155 52.9 178 27.6

Schwarzmeer 1 .4 33 11.3 34 5.3

Gesamt 104 100.0 247 100.0 293 100.0 644 100.0

Ein Blick auf die Geburtsländer der Eltern der Befragten zeigt, dass mit insgesamt 1,1 Prozent (20 von 1’806 Elternteilen, davon zwei Drittel Mütter) der Anteil derjenigen, welche die Schweiz oder Deutschland als Geburtsland ihrer Mutter oder ihres Vaters nennen, im Vergleich zum Anteil derjenigen, die selber in der Schweiz (rund jeder vierte Befragte) geboren wurden, sehr niedrig ist.

Zudem fällt auf, dass sich der ermittelte Wert (1,1%) weiter halbiert, werden die binationalen Ehen der Eltern berücksichtigt. Dabei geht der besagte Wert ausschliesslich auf Befragte türkischen Hintergrunds zurück. Damit verbun-den lässt sich insgesamt festhalten, dass im Interviewzeitraum (2010–2011) über 15-jährige Menschen dritter Generation mit Migrationshintergrund Türkei in der Schweiz selten bis nie vorkamen. Rund 90 Prozent der Eltern der Befragten der assyrischen Subgruppe kamen aus den Ost-/Südostregionen des Herkunftslandes. Weitere 7,5 Prozent hatten aus Syrien oder dem Irak stammende Elternteile. Die Eltern der Befragten kurdischen Hintergrunds wiesen als Ursprungregion zu rund 83 Prozent die Ost-/Südostregionen, zu knapp 15 Prozent Mittelanatolien auf (s. Tabelle A3 im Anhang).

Grössenkategorie des Geburtsortes im Herkunftsland

Bei einem ersten Blick auf die Daten (s. Tabelle 8) bezüglich ruraler bzw.

urbaner Herkunft der Frauen und Männer in der Stichprobe zeigt sich ein in etwa ausgeglichenes Bild: Etwa 38 Prozent der Befragten sind städtischer und 37 Prozent dörflicher Herkunft. Bei rund jedem Vierten wurde als Geburts-gemeinde eine Kreisstadt verzeichnet, wobei es sich hier – insbesondere bei mittel- und ostanatolischen Gemeinden – meist um eine Gemeinde ländlicher Natur resp. Infrastruktur handeln dürfte. Merkliche Unterschiede zeigen sich zwischen den ermittelten Grössenkategorien der Geburtsgemeinden der Befragten nach ethnischem wie auch religiösem Hintergrund. Während insgesamt rund drei Viertel der Befragten türkischen Hintergrunds eine Stadt – Grossstadt (55%) oder Kreisstadt (19%) – als Geburtsort nennen, liegen die entsprechenden Werte bei Befragten kurdischen Hintergrunds mit rund 31 bzw. 24 Prozent deutlich niedriger.

Tabelle 8 Grössenkategorie des Geburtsortes nach ethnischem und religiösem Hintergrund

Grössenkategorie des

Geburtsortes Assyrisch Kurdisch Türkisch Gesamt Alevitisch

n % n % n % n % n %

Grossstadt 12 11.5 76 30.8 159 54.5 247 38.4 44 32.4

Kreisstadt 42 40.4 58 23.6 57 19.3 157 24.4 30 22.1

Dorf 50 48.1 113 45.6 77 26.2 240 37.3 62 45.6

Gesamt (n) 104 247 293 644 136

Ähnliche Verhältnisse wie bei den Kurden lassen sich auch bei den Befragten alevitischen Hintergrunds (32% bzw. 22%) ermitteln. Davon unterscheidet sich die assyrische Subgruppe leicht: 11,5 Prozent ihrer Mitglieder kommen aus einer (Gross-)Stadt und 40 Prozent aus einer Kreisstadt.

Ferner ist die Grössenkategorie des Geburtsortes Dorf bei der assyri-schen und der kurdiassyri-schen Subgruppe mit 48 bzw. 45,6 Prozent nahezu doppelt so stark belegt wie bei der türkischen (26%). Die Ursache dieser Diskrepanz dürfte grösstenteils darin liegen, dass Befragte mit assyrischem, kurdischem oder alevitischem Hintergrund als Folge der kriegerischen Konflikte in ihren Herkunftsregionen, den Ost-/Südostregionen des Herkunftslandes, ihre Dörfer verliessen und ins Ausland flüchteten (s. Kapitel Exkurs).

Formale Bildung – erworbener höchster Schulabschluss der Eltern Als eine weitere Dimension des Herkunftskontextes wurde das formale Bildungsniveau der Mütter und Väter der Befragten erfasst. Dabei lässt sich insgesamt feststellen, dass die Befragten mehrheitlich aus bildungsarmen Familien stammen. Nichtsdestotrotz zeigen sich in der Stichprobe in Bezug auf das Bildungsniveau der Eltern merkliche Unterschiede zwischen den Subgruppen verschiedenen ethnischen und ethnoreligiösen Hintergrunds.

Eine weitere Diskrepanz lässt sich in Bezug auf die Geschlechter festhalten.

So weisen die Mütter der Befragten hinsichtlich Bildungsniveau – quer durch alle Subgruppen – auf einer Skala von 1 (keine schulische Bildung) bis 6 (Hochschule und Uni) mit 1,9 einen tieferen Mittelwert auf als die Väter (Mittelwert = 2,5). Durch eine Differenzierung der Frauen und Männer in der Stichprobe nach ihrem ethnischen und ethnoreligiösen Hintergrund mani-festieren sich wiederum Unterschiede zwischen den besagten Subgruppen.

So verfügen die Mütter und Väter der Mitglieder der türkischen Subgruppe über ein relativ gesehen höheres Bildungsniveau als die Eltern der Befragten der anderen beiden Subgruppen (s. Tabelle A4 im Anhang).

Des Weiteren lässt sich festhalten, dass insgesamt jeder dritte Eltern-teil keine Schulbildung genoss und weitere rund 42 Prozent die fünfjährige Primarschule absolvierten. Nur eine Minderheit von rund 14 Prozent verfügt über einen Berufs-, Gymnasium- oder Hochschulabschluss. Bei einem inte-rethnischen Vergleich fällt insbesondere auf, dass Mütter, aber auch Väter assyrischer und kurdischer Herkunft in der Ausprägungskategorie keine schu-lische Bildung mehr als doppelt so häufig vertreten sind, als jene türkischer Herkunft. Ferner sind die Befragten türkischen Hintergrunds hinsichtlich schulische Bildung gegenüber den beiden anderen Subgruppen klar überlegen (s. Tabelle A4 im Anhang).

Das Bildungsniveau der Eltern der Befragten widerspiegelt sich annähernd in ihrem Berufsbild. Insgesamt gibt über die Hälfte der Befrag-ten an, dass ihre Eltern ungelernte Arbeitskräfte (Mütter 27%, Väter 48%) und/oder Hausfrau (51%) bzw. Hausmann (15%) seien, während nur jeder vierte Elternteil einen qualifizierten Beruf zu haben scheint. Ein intereth-nischer Vergleich zeigt ähnliche Unterschiede wie beim Bildungsniveau und zwar zugunsten der Elternteile der Befragten aus der türkischen Subgruppe (s. Tabelle A5 im Anhang).

Resümierend lässt sich mit Bezug auf die Teilforschungsfrage (F1.1a) – Unterschiede in den herkunftsbedingten strukturellen und soziokulturellen Hintergrundmerkmalen – festhalten, dass sichtbare Differenzen zwischen den assyrischen und den kurdischen Subgruppen einerseits, insbesondere jedoch

zwischen den beiden besagten Subgruppen und den türkischen Befragten andererseits vorliegen:

Die Befragten assyrischer Herkunft bekennen sich ausschliesslich zum christlichen und jene mit kurdischem Hintergrund mehrheitlich zum alevitischen Glauben, während bei den befragten Türken grossmehrheitlich der sunnitische Islam vorherrscht.

Die Angehörigen der assyrischen und der kurdischen sowie der alevitischen Subgruppen waren ursprünglich grossmehrheitlich in den wirt-schaftlich relativ wenig entwickelten bzw. ländlich geprägten und politisch/

militärisch konfliktreichen östlichen Provinzen des Herkunftslandes Türkei beheimatet. Die Befragten mit türkischem Hintergrund stammen hingegen aus den wirtschaftlich relativ entwickelten und eher urban geprägten west-lichen Provinzen.

Abschliessend lässt sich hinsichtlich der Bildungshintergründe der Eltern der Befragten festhalten, dass die Befragten generell bildungsarme familiäre Hintergründe aufweisen. Die Eltern der Befragten assyrischer, kur-discher und alevitischer Herkunft verfügen im Unterschied zur türkischen Subgruppe über ein niedrigeres Bildungsniveau.

6.1.2 Herkunftsbedingte individuelle Merkmale

Bildung – erworbener höchster Schulabschluss im Herkunftsland Bei der Erfassung des Bildungsniveaus der Befragten wurde zunächst zwi-schen den erworbenen höchsten Bildungsabschlüssen im Herkunfts- und im Residenzland unterschieden.

Insgesamt verfügen rund 54 Prozent der Befragten quer durch alle Subgruppen über einen Schulabschluss aus dem Herkunftsland, worunter 70 Prozent der Befragten mit kurdischem (n = 204), 28 Prozent mit assy-rischem (n = 50) und 54,5 Prozent mit türkischem Hintergrund. Bei den beiden erstgenannten Subgruppen liegen hinsichtlich der in der Schweiz erworbenen schulischen Abschlüsse etwa umgekehrte Verhältnisse vor. So zeigt ein Mittelwertvergleich der erworbenen Schulabschlüsse der Mitglieder der Subgruppen in der Stichprobe, dass die assyrische Subgruppe mit 3,7 auf einer Skala von 1 bis 6 einen etwas tieferen Mittelwert als die beiden anderen Subgruppen – die kurdische (4,1) und die türkische (4,0) – aufweist (s. Tabelle 9; vgl. auch Bartal 2003: 168 f.).

Die Mitglieder der türkischen, insbesondere aber der assyrischen Subgruppe genossen ihre schulische Bildung, verglichen mit den Befragten kurdischen Hintergrunds, häufiger in der Schweiz. Folglich holt die assyrische Subgruppe hinsichtlich der schulischen Abschlüsse in der Schweiz stark auf

(von 2,8 auf 4), hingegen verliert die kurdische leicht an Stärke (von 4,2 auf 3,8), während die entsprechenden Werte in der türkischen Subgruppe mehr oder weniger ausgeglichen bleiben (s. Tabelle 9). Diese Differenzen sind nicht zuletzt als Folge der unterschiedlichen Aufenthaltsdauer der Subgruppen in der Schweiz zu betrachten. So weisen Befragte mit kurdischem Hintergrund im Vergleich zu den beiden anderen Subgruppen durchschnittlich deutlich niedrigere Werte auf (s. Tabelle A2 im Anhang).

Des Weiteren lässt sich bei einer detaillierten Betrachtung der Ergeb-nisse ermitteln, dass knapp jeder Vierte in der Stichprobe, wiederum quer durch alle Subgruppen, eine Berufsausbildung absolviert hat. Diese Befragten sind grösstenteils in den Reihen der Nachfolgegenerationen zu finden. Sie sind überwiegend in der Schweiz oder in Deutschland geboren und/oder aufgewachsen und haben ihre schulische Sozialisation in einem der besagten Länder durchlaufen. Die Mitglieder der assyrischen Subgruppe sind in dieser Kategorie klar überrepräsentiert, da sie in der Stichprobe mit einem überpro-portional hohen Anteil an Befragten jüngeren Alters vertreten sind. Ebenso sind im Sample die Abschlusskategorien Mittelschule und Gymnasium mit hohen Anteilen, nämlich mit 21 bzw. 18,2 Prozent, vertreten. Etwa gleich gross ist der Anteil jener Personen (18,1%), die ein Studium auf tertiärem Niveau aufweisen. Eine nach Ländern differenzierte Betrachtung zeigt, dass die besagten Abschlüsse (Mittelschule, aber insbesondere Gymnasium und Hochschule) mehrheitlich im Herkunftsland erlangt wurden. Hierbei ist der Anteil der Befragten mit kurdischem Hintergrund auffallend hoch. Ferner ist der Anteil der im Herkunftsland erworbenen Berufsabschlüsse um rund das Tabelle 9 Mittelwert der erworbenen Schulabschlüsse nach

ethnischem Hintergrund

Mittelwert Standard-

abweichung N %

Insgesamt 3.9 1.40 903 100.0

Assyrisch 3.7 1.22 182

Kurdisch 4.1 1.45 287

Türkisch 4.0 1.41 434

Im Herkunftsland 3.9 1.64 489 54.2

Assyrisch 2.8 1.57 50

Kurdisch 4.2 1.55 204

Türkisch 3.9 1.61 235

In der Schweiz 4.0 1.05 414 45.8

Assyrisch 4.0 .85 132

Kurdisch 3.8 1.11 83

Türkisch 4.0 1.13 199

Sechsfache tiefer (s. Tabelle A6 im Anhang). In Bezug auf die grossen Anteile der Mittelschul- und Gymnasiumabschlüsse, die im Herkunftsland erworben wurden, ist anzubringen, dass in grossen Teilen des Herkunftslandes der Besuch der Mittelschule und des Gymnasiums verbreitet ist. Hingegen nicht etabliert ist das in der Schweiz übliche sogenannte duale Berufsausbildungssystem.

Aufenthaltsdauer im Geburtsort und Binnenmigration im Herkunftsland

Als eine weitere Dimension des Herkunftskontextes wurde die Aufenthalts-dauer der Befragten in ihren jeweiligen Ursprungs- bzw. Geburtsgemeinden erfasst. Die besagte Zeitphase beträgt bei den Interviewten assyrischer und kurdischer Herkunft im Durchschnitt 12 bzw. 15,7 Jahre. Bei den türkischen Befragten liegt der entsprechende Wert bei 16,5 Jahren (s. Tabelle A2 im Anhang). Der Grund für diese Diskrepanz dürfte darin liegen, dass viele der Angehörigen der beiden erstgenannten Subgruppen – in der Regel ganze Familien – aufgrund der bereits geschilderten ungünstigen Verhältnisse ihre Ursprungsregionen verliessen und in Richtung der entwickelten Westregionen des Herkunftslandes oder ins Ausland weiterzogen. Zudem reiste dieser Teil der Befragten mehrheitlich in der zweiten Migrationsphase, nämlich ab den 1980er Jahren, als Flüchtende in die Schweiz ein, meist alle Familienmitglieder gemeinsam oder die Kinder konnten relativ kurz nach der Einreise nachge-zogen werden. Anders war es bei den türkischen Befragten, die in der Regel als Arbeitsmigranten einreisten und deren Familienmitglieder resp. Kinder grösstenteils erst einiges später, meist sogar Jahre danach, nachgezogen wurden.

Zudem fällt auf, dass beinahe jeder zweite Befragte kurdischen wie auch alevitischen Hintergrunds vor der Ausreise die Erfahrung einer soge-nannten interregionalen Binnenmigration innerhalb des Landes – in der Regel in die westlichen Regionen – machte (s. Tabelle A2 im Anhang). Der besagte Zwischenaufenthalt dieser Befragten dauerte im Durchschnitt rund 11,4 Jahre. Hingegen lässt sich in der türkischen Subgruppe nur bei etwas mehr als einem Fünftel eine Binnenmigration bzw. ein Zwischenaufenthalt mit einem Durchschnittswert von 13,4 Jahren ermitteln. Ganz anders sieht es im Falle der assyrischen Subgruppe aus, deren Mitglieder bis auf sechs Personen direkt von der Herkunftsregion ins Ausland auswanderten bzw. in die Schweiz einreisten.

Bezüglich der Teilforschungsfrage F1.1b – Unterschiede in den erfassten herkunftsbedingten soziodemografischen Merkmalen – lässt sich zusammenfassend festhalten, dass auch hier klare Subgruppenunterschiede manifest sind: Die kurdischen und alevitischen Subgruppen legen augenfäl-lig hohe statistische Mittelwerte bezüglich der formalen Bildungsabschlüsse

aus dem Herkunftsland vor. Die Befragten türkischer Herkunft folgen mit kleinem Abstand. Einen deutlich niedrigeren Mittelwert weist hingegen die Subgruppe der Befragten mit assyrischem Hintergrund auf. Im Weiteren zeigt sich, dass ein gewichtiger Teil der Befragten kurdischen wie auch alevitischen Hintergrunds vor der Emigration die Erfahrung einer interregionalen Binnen-migration innerhalb des Herkunftslandes machte, während die Angehörigen der assyrischen Subgruppe beinahe ausschliesslich und jene der türkischen grösstenteils direkt von der Herkunftsregion aus die Ausreise antraten.

6.2 Migrationsphasen

6.2.1 Migrationsphase (Einreisejahr) und Migrationsform in die Schweiz

Wie im Kapitel Exkurs bereits dargelegt, ist die Einwanderung sowohl der kurdischen als auch der assyrischen Subgruppe in die Schweiz ein Phäno-men, das im vorliegenden Ausmass erst ab den 1980er-Jahren als Folge der politischen Konflikte in der Herkunftsregion in Erscheinung trat (vgl. auch Østergaard-Nielsen 2001: 266). So waren lediglich knapp vier Prozent der Kurden, rund zehn Prozent der Assyrer und sechs Prozent der Aleviten aus der Stichprobe in der ersten Migrationsphase, also vor 1980, in die Schweiz eingewandert (s. Tabelle 10). Entsprechend ist in diesen Subgruppen der Anteil der Befragten, bei denen als Migrations-/Einreiseform Flucht genannt wurde, mit rund 60 Prozent (Kurden), 47 Prozent (Assyrer) sowie 52 Prozent (Aleviten) weitaus höher als bei den Türken (knapp 15%). In der türkischen Subgruppe, deren (klassische) Arbeitseinwanderung in die Schweiz bereits in den 1960er-Jahren ihren Anfang nahm, wurde die Einwanderungsdynamik hauptsächlich durch die Migrationsformen der sogenannten Familienzusam-menführung (28%) und Heiratsmigration (44%) geprägt (s. Tabelle 10). Diese Entwicklung der türkischen Subgruppe ist – neben dem stetig zunehmenden Anteil der Nachfolgegenerationen (knapp 30%) – bekanntlich mehr oder weniger allen klassischen Arbeitsmigrationen gemeinsam.

Ferner ist hierzu anzumerken, dass knapp sechs Prozent (52 Perso-nen von n = 903) der Befragten quer durch die Subgruppen der Studie eiPerso-nen Aufenthalt in einem Drittland vor ihrer Einreise in die Schweiz deklarierten, zumeist Interviewte, die infolge Heirat ins hiesige Land einreisten.

Mit Blick auf die Teilforschungsfrage (F1.1c) – Unterschiede in den Migrationserfahrungen – lässt sich insgesamt festhalten, dass gewichtige Subgruppendifferenzen existieren:

Die Immigration Angehöriger diskriminierter ethnischer und ethno-religiöser Minderheiten, assyrischer, kurdischer sowie alevitischer Herkunft,

in die Schweiz ist eher ein Phänomen, das erst ab den 1980er Jahren, und zwar als Folge politisch-militärischer Konflikte in den Herkunftsregionen, mehrheitlich in der Migrationsform Flucht in Erscheinung trat. Bei den Befragten türkischer Herkunft handelt es sich hingegen um eine Subgruppe, deren (klassische) Arbeitsmigration bereits in den 1960er Jahren ihren Anfang nahm. Die Einwanderungsdynamik dieser Subgruppe wird hauptsächlich durch die Migrationsformen der sogenannten Familienzusammenführung und Heiratsmigration resp. durch die Nachfolgegenerationen aufrechterhalten. Im Weiteren unterscheiden sich die selber immigrierten Befragten assyrischer Herkunft nicht zuletzt aufgrund der mehrheitlich gemeinsamen Emigration aller Familienmitglieder von den selber immigrierten Angehörigen der beiden anderen Subgruppen bezüglich der aggregierten Mittelwerte des Einreisealters stark. Während der Mittelwert des Einreisealters der assyrischen Subgruppe 13 Jahre beträgt, liegen die entsprechenden Werte für die beiden anderen Subgruppen etwas über 20 Jahre.

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