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Heparansulfat-Proteoglykane als Co-Rezeptoren der Integrine. .34

2 Theoretische Grundlagen

2.3 Zelladhäsionsmoleküle im Fokus der Metastasierung

2.3.4 Heparansulfat-Proteoglykane als Co-Rezeptoren der Integrine. .34

In der Literatur werden Heparansulfat-Proteoglykane (HSPG) als Co-Rezeptoren der Integrine kontrovers diskutiert. Dieses Kapitel soll einen Überblick über die Physiologie der HSPG und die möglichen Effekte auf bzw.

Wechselwirkungen mit Integrinen geben.

Proteoglykane besitzen ein Kernprotein, an das über die Aminosäuren Serin oder Threonin kovalent Glykosaminoglykan(GAG)-Ketten wie sulfat, Dermatansulfat oder Hyaluronsäure gebunden sind. Heparan-sulfat-Proteoglykane sind, wie der Name vermuten lässt, glykosidisch mit dem linearen Polysaccharid Heparansulfat verknüpft. Dieses setzt sich aus 1,4-glykosidisch verknüpften Disaccharid-Einheiten bestehend aus D-Gluco-samin und D-Glucuronsäure oder L-Iduronsäure zusammen. Ähnlich wie bereits beim Heparin können die funktionellen Gruppen in einem unter-schiedlich hohen Maße sulfatiert vorliegen und sorgen somit für eine hohe Heterogenität unter den HSPG153.

Als Besonderheit lassen sich die HSPG in die „full-time“ und „part-time“

HSPG unterscheiden, je nachdem ob der Proteinkern dauerhaft mit GAG-Ketten dekoriert ist oder dies nur unter bestimmten Umständen voll-zogen wird154.

HSPG sind ubiquitär in jedem Säugetierorganismus verbreitet und äußerst heterogen aufgebaut. An der Zelloberfläche gebunden liegen Synde-kane und GlypiSynde-kane vor. SyndeSynde-kane sind transmembranär aufgebaut und existieren in vier Isoformen, die Heparansulfatketten sind luminal am

extra-zellulären Proteinkern exponiert; gegebenenfalls finden sich noch Chon-droitinsulfate nahe der Zellmembran. Glypikane hingegen sind nicht trans-membranär sondern über Glykosylphosphatidylinositol an die Zelloberfläche gebunden155. Sie tragen Heparansulfat-Seitenketten nahe der Plasmamem-bran und oftmals eine zusätzliche Zuckerkette nahe des Endes der Ektodo-mäne. Insgesamt existieren hiervon sechs Isoformen156. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass in der EZM drei weitere HSPG vorliegen: Agrine, meist reichlich vorhanden in den Basalmembranen, Perlekane, perizellulär verbreitet und Typ XVIII Kollagen, welches ebenfalls in den Basalmembranen lokalisiert ist157.

Strukturelle Unterschiede und Vorkommen der HSPG sorgen für eine breite Heterogenität und Interaktionsfläche mit verschiedenen Proteinen wie z.B. Wachstumsfaktoren, Zytokinen, Chemokinen, Proteasen, Lipasen und Zelladhäsionsmolekülen wie den Integrinen. In der vorliegenden Arbeit wurde der Fokus auf das transmembrane Syndekan-4 gerichtet. Dieses ist direkt mit dem Aktin-Zytoskelett verbunden und bekannt für eine von anderen Molekülen auf der Zelloberfläche unabhängige Signalgenerierung und Cofaktor-Funktion von Integrinen.

2.3.4.1 Syndekane

Syndekane sind die am besten charakterisierten Plasmamembran-Proteo-glykane, obwohl selbst in dieser Untergruppe der HSPG ein hohes Maß an struktureller Variabilität besteht. Die transmembranäre (TM) Domäne und Teile der zytoplasmatischen Domänen (C1 und C2) sind hochkonserviert und bei allen vier Isoformen einheitlich158. Diese Hauptdomänen zeigen alle eine Tendenz zur Dimerisierung, wobei die TM-Domäne die treibende Kraft darstellt159,160. Die Monomere werden dabei nicht kovalent, sondern über Wasserstoffbrücken oder hydrophobe Wechselwirkungen miteinander assozi-iert. Die C1 Domäne ist für die zytoskelettale Anbindung über Aktin verant-wortlich, während die C2-Domäne zur Bindung von PDZi-Gerüstproteinen

i Die PDZ-Domäne ist eine spezifische, modular aufgebaute Proteininteraktionsdomäne.

dient. Die extrazelluläre Aminosäuresequenz des Kernproteins unterscheidet sich bei den vier Syndekan-Isoformen sehr voneinander und wird als variable Domäne bezeichnet. Einheitlich sind jeweils die Bindungsstellen der drei bis fünf GAG-Ketten und die Erkennungspunkte für Proteasen. Neben der Dekoration mit Heparansulfat-Ketten finden sich bei den längeren Prote-inkernen der beiden Vertreter Syndekan-1 und -3 nahe der transmembran-ären Region auch Chondroitinsulfatketten.

Einen schematischen Überblick über die Syndekan Familie soll die nach-folgende Abbildung geben.

Die Syndekane sind, mit Ausnahme des Syndekan-4 welches ubiquitär verbreitet ist, mit ihrem Vorkommen auf bestimmte Gewebearten beschränkt. Syndekan-1 findet sich so auf vielen Epithelgeweben und manchen Leukozyten wie Plasmazellen. Syndekan-2 ist vorhanden auf Mesenchymzelltypen, aber auch auf sich entwickelnden Nervenfasern.

Syndekan-3 ist vermehrt auf Nervenfasern und in der Entwicklung befin-denen Skelettmuskulatur anzutreffen161.

Die funktionellen Aufgaben lassen sich in vier Kategorien einteilen. Zum einen tragen sie zur Wachstumsfaktor-Rezeptor-Aktivierung bei, indem Wachstumsfaktoren wie bFGF oder VEGF an den GAG-Ketten akkumuliert werden. Überhaupt stellen sich die GAG-Ketten als ideale Rezeptoren für Abbildung 9: Die Familie der Syndekane. 161

gelöste oder von der Zellmembran weit entfernte Liganden dar. Weiterhin ist die Matrix-Adhäsion über bspw. Kollagen und Thrombospondin eine Kern-funktion während der Adhäsion, ebenso auch die Zell-Zell-Adhäsion, welche ebenfalls über bspw. Syndekan-4 zusammen mit Integrinen vollzogen wird162–164. Zudem können Syndekane in die Tumorsuppresion wie auch -progression eingreifen, indem sie über ihre Ektodomäne auf das Wachstum von epithelialen Zellen oder Myeloma-Zellen regulatorischen Einfluss nehmen165.

2.3.4.2 Syndekan-4 als Co-Rezeptor der Integrine

Syndekan-4 stellt im Kontext dieser Arbeit den interessantesten Vertreter der Syndekanfamilie dar, da er sowohl über die fokale Adhäsion als auch über die direkte Wechselwirkung mit Zellen und EZM an Zellmigration und Adhäsion beteiligt ist166.

Syndekan-4 (auch Ryudocan oder Amphiglycan genannt) wird von Zellen exprimiert, die vornehmlich stabile Adhäsionen ausbilden. Es bildet selbst Homodimere, die ihrerseits durch Clusterung, ähnlich den Integrinen, zu einer Affinitätssteigerung führen. Die Bindung zweier Syndekan-4 Moleküle ist von entscheidender Bedeutung für einen Signalling-Effekt. So konnte in Studien zur Bindung mit vollständigem Syndekan-4 und einem um die Zyto-plasmadomäne gekürzten Syndekan-4 gezeigt werden, dass die fokale Adhä-sion von CHO-K1i Zellen an die EZM-Bestandteile Fibronektin und Vitro-nektin erniedrigt und die Zytoskelettorganisation gestört war167. Das Signal-ling über Syndekan-4 ist also abhängig von den zytoplasmatischen Domänen, in der die V-Region liegt. Diese komplexiert Phosphatidyl-inositol-4,5-bisphosphat (PIP2), welches wiederum die Zytoplasmadomänen im Zustand von Dimeren oder Oligomeren stabilisiert168. Der Komplex aus Syndekan-4 und PIP2 aktiviert die Protein Kinase C (PKC), über die die Ausbildung von Aktin-Myosin-Interaktionen in Fibrillenbündeln („stress fibres“) und fokaler Adhäsion organisiert wird169. Über weitere intrazelluläre

i Ovarien-Fibroblastenzellen des chinesischen Hamsters

Proteine wie Paxillin, das Adaptorprotein der FAK, und -Aktinin wird das Signalling des Syndekan-4 fortgeführt170,171.

In der Literatur wird Syndekan-4 als Co-Rezeptor von Mitgliedern der Inte-grinfamilie beschrieben172–174. Es ist dabei nicht eine direkte Assoziation eines Integrins mit Syndekan-4 zu verstehen, sondern vielmehr eine Art von Synergismus der gemeinsam in der fokalen Adhäsion endet. Vereinfacht lässt sich dieser Vorgang wie folgt beschreiben: Eine Ligandbindung am Inte-grin führt zu einer intrazellulären Aktivierung von Tyrosinkinasen wie bspw.

der PIP5-Kinase175. Diese lässt den Phosphatidylinositol-4,5-bisphosphat Level der Zelle ansteigen. PIP2 bindet an zytoskelettale Proteine wie -Aktinin und bewirkt so eine Zytoskelettorganisation176. Es bindet aber auch gleich-zeitig an Syndekan-4 und induziert die Dimerisierung die wie bereits beschrieben in der FAK endet177. Die gemeinschaftliche Ausbildung der fokalen Adhäsion und Migration wird durch eine deutliche PKC-Aktivierung erreicht. Da sowohl Integrine als auch Syndekan-4 die Aktivierung der PKC

und der kleinen GTPase Ras-homolog-gene-family, member A (RhoA) bewirken, wird die Aktivierung zusätzlich verstärkt. Diese Synergie wurde Abbildung 10: Syndekan-4 und Integrin-abhängiges Signalling und Ausbildung der Fokalen Adhäsion sowie „stress fibres“. Abbildung modifiziert nach [170].

insbesondere für das 5β1 mit Syndekan-4 auf dem EZM Bestandteil Fibro-nektin in den letzten Jahren genau untersucht178.

Für Vorgänge wie Migration und Adhäsion ist dies für das VLA-5 (5β1) dezidiert beschrieben, nicht jedoch für das VLA-4179. Integrin 4β1 kann aber ebenfalls mit Syndekan-4 assoziieren und dieser Komplex über Tenascin, ein extrazelluläres Matrixglykoprotein, kann die Apoptose in hämatopoetischen Tumorzellen auslösen180,181.

Die gemeinschaftliche Ausbildung der fokalen Adhäsion und Migration wird durch eine deutliche PKC-Aktivierung erreicht. Da sowohl Integrine als auch Syndekan-4 die Aktivierung der PKC und der kleinen GTPase Ras-ho-molog-gene-family, member A (RhoA) bewirken, wird die Aktivierung zusätz-lich verstärkt.

Um die Zelladhäsion zu regulieren, müssen aber nicht zwingend Integrine mitwirken, da Syndekan-4 in der Lage ist auch ein unabhängiges Signalling auszulösen167. Die Aktivität eines eigenständigen Signalling über PKC kann dabei über die Phosphorylierung eines Serinrestes in der C1 Region gesteuert werden. Ist dieses Serin phosphoryliert, so kann Syndekan-4 nicht mehr Oligomerisieren und die Aktivierung der PKC bleibt aus182,183.

Über ihre Signalwirkung hinausgehend, können ebenso die Heparan-sulfatketten der Syndekane einen geeigneten Liganden darstellen. So kann bspw. Fibronektin über seine Heparin-bindende Domäne mit den GAG-Ketten interagieren184.

Heparanase ist ebenfalls befähigt über ihr enzymatisches Zentrum an Heparansulfatketten zu binden und führt somit zu einer „exogenen-vermit-telten Clusterung“ der Syndekane und über die nun zusammengeführten Proteinkerne einer nachgeschalteten Aktivierung des PKC Signalweges und der kleinen GTPase Rac1. Die Fokale Adhäsion wird über Paxillin aktiviert und die Zellen beginnen mit vermehrtem Spreiten auf dem jeweiligen Substrat185.

2.4 Extrazelluläre Matrix und die CCN-Familie