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Beschichtung der Quarzsensoren

4 Material und Methoden

4.8 Biosensorische Methoden

4.8.2 Beschichtung der Quarzsensoren

Für die Beschichtung der Quarze stehen je nach Anwendung verschiedene Methoden zur Verfügung. Dabei wird zunächst einmal unterschieden, ob die Beschichtung des Quarzes außerhalb der Messeinheit (ex-situ) oder inner-halb der Messeinheit, während der Aufzeichnung eines Sensorgrammes (in-situ) geschieht. Weiterhin ist die erste Schicht, die Funktionalisierung, auf der Oberfläche des Quarzes entscheidend für die entsprechende Anwen-dung.

4.8.2.1 Ex situ-Immobilisierung von Membranen

In der vorliegenden Arbeit werden ausschließlich Modellmembranen (defi-nierte Phospholipid-Bilayer) über diese Immobilisationsmethode auf den Quarz aufgebracht. Gereinigte Quarze werden für mindestens 12 Stunden in einer Chloroformlösung mit 1 mM Hexadecan-1-thiol eingelegt. Dabei bildet sich ein lückenloser Monolayer durch Reaktion des Thiols mit der Goldober-fläche aus. Dieses Verfahren wird auch „self assembling“ genannt und es entsteht ein sogenannter SAM (engl.: „self assembled monolayer“). Nach der Inkubation wird der Quarz mit Ethanol gespült und im Luftstrom getrocknet.

Die Übertragung der Membran erfolgt über die Langmuir-Blodgett-Technik mittels einer Filmwaage. Dazu muss im Vorfeld für jedes Phospholipid bzw.

deren Mischungen eine individuelle Bruchkurve ermittelt werden. Die Bruchkurven geben an, bei welchem Kollapsdruck ein komprimierter Lipid-film seine Ordnung verliert und die Lipide lateral übereinander geschoben werden. Hierzu wird die Langmuir-Blodgett-Filmwaage mit Wasser gefüllt

und das in Chloroform gelöste Lipid mittels Hamiltonspritze in einem Volumen von 10 µL auf die Wasseroberfläche gegeben. In einer Ruhezeit von 10 min verdunstet das Chloroform und den Phospholipiden wird die Möglichkeit gegeben sich entsprechend ihrer Polarität auf der Luft-Wasser-Grenzfläche anzuordnen. Durch die Bewegung einer Barriere mit einer Geschwindigkeit von ca. 330 µm s-1 wird computergestützt durch die Soft-ware Ruk Trough Control der Kollapsdruck ermittelt. Die Lateraldruckände-rung wird dabei von einem frei hängenden Kraftaufnehmer als ÄndeLateraldruckände-rung der Oberflächenspannung verfolgt. Nach Abzug einer gewissen Toleranz erhält man den individuellen Kompressionsdruck für das verwendete Lipid oder eine Lipidmischung. Für die hier verwendeten Lipide und deren Mischungen konnten folgende Kompressionsdrücke ermittelt werden:

Lipid/Lipidmischung Mol-Verhältnis Kompressionsdruck

DSPC 100 % 54,0 mN/m

DPPC/DOGS-NTA 80 %/20 % 54,1 mN/m

Tabelle 4.3: Kompressionsdrücke der verwendeten Lipide/Lipidmischungen.

Für die eigentliche Übertragung der Membran wird also nun das gewünschte Membranlipid auf die Wasseroberfläche aufgebracht und entsprechend seinem individuellen Kompressionsdruck der Lipidfilm komprimiert. Ist der Lateraldruck erreicht wird der vorbereitete Quarz senk-recht mit einer Geschwindigkeit von 170 µm s-1 durch den Lipidfilm in die Wasserphase getaucht. In diesem Vorgang treten Interaktionen in Form von Van-der-Waals-Kräften und hydrophoben Wechselwirkungen zwischen den hydrophoben Alkanketten der Phospholipiden und der Hexadecanthiol-schicht auf, wodurch eine Monolayer-Phospholipid-Schicht komplettiert wird. Verstärkt durch den eingestellten Lateraldruck, welcher in diesem Vorgang auch computergestützt nachjustiert wird, kommt es zur Ausbildung eines hochorganisierten Phospholipidlayers auf der Quarzsensoroberfläche.

Der in das Auffanggefäß eingefahrene Quarz wird dem Langmuir-Trog erst entnommen, wenn die restlichen Lipide auf der Oberfläche entfernt wurden.

Der SAW erfordert für den Einbau in die Messzelle absolut trockene Quarze um Beschädigungen an der Messeinrichtung oder Kurzschlüsse während des Messprogrammes zu verhindern. Die mittels Langmuir-Blod-gett-Technik übertragenen Membranen dürfen jedoch nicht mit Luft in Kontakt kommen, da dies zum Kollabieren des Phospholipidlayers führen kann. Um diese Situation zu umgehen wird eine besondere Trockungs-technik des o.g. beschichteten Quarzes angewandt, welche sich aus der Kryopräservation verschiedener Pflanzen und Bakterien ableitet242,243. Dazu wird das im Auffanggefäß befindliche Wasser weitestgehend entfernt, so dass der Quarz noch nass bleibt und durch eine 1,66 µM Trehalose-Lösung ersetzt. Der Quarz verbleibt für 15 min in dieser Lösung und wird anschlie-ßend bei Raumtemperatur getrocknet. In diesem Prozess lagert sich die Trehalose (siehe auch Abb. 23) zwischen die Phospholipidköpfe des Lipid-layers ein. Während des Trocknens stabilisiert das Disaccharid den Lipidfilm und schützt ihn vor dem zu erwartenden Kollaps244. Der so getrocknete Abbildung 22: Immobilisierung einer definierten Phospholipidschicht auf die Oberfläche eines SAW-Sensorquarzes mittels Langmuir-Blodgett-Technik. A) Die Phospholipide haben sich ihrer Polarität entsprechend an der Luft-Wasser-Grenzfläche angeordnet. B) Nach Kompression der Phospholipide taucht der vorbereitete Sensorquarz senkrecht zur Wasseroberfläche in den Lang-muir-Trog ein und bindet die Phospholipide über hydrophobe Wechselwirkungen.

Es entsteht ein künstlicher Phospholipid-Bilayer auf der Sensoroberfläche. Modifi-ziert nach[274].

Quarz kann unter trockenen Bedingungen mehrere Tage gelagert werden und lässt sich in die Sensoreinheit des SAW-Sensors einbauen. Durch den Pufferfluss wird die Trehalose ausgespült und die Membran wieder rehydra-tisiert.

Bei den SAW-Messungen finden diese Membran-beschichteten Quarze eine besondere Verwendung. Durch den Einbau des Kopfgruppen modifi-zierten Chelator-Lipids DOGS-NTA (siehe auch Struktur unter Kapitel 4.1.3.1 auf Seite 57) können bspw. His-getaggte Proteine an die Lipidoberfläche gebunden werden. Die Abbildung 24 zeigt schematisch die Bindung der His-Sequenz an das im NTAi chelatisierte Nickel-Ion. Somit ergibt sich im Verlauf der Messung, nach Zugabe des jeweiligen Protein-Histags eine nahezu naturgemäße Darstellung von exponierten Proteinen auf einer Lipidmembran wie sie bspw. auch zell- oder endothel-ständig zu finden sind.

i NTA = engl.: Nitrilotriacetic acid (Nitrilotriessigsäure)

Abbildung 23: Strukturformel der Trehalose. Trehalose ist ein Disaccharid, welches aus zwei ,´-1,1-glykosidisch verknüpften Glucose Molekülen besteht.

Beide anomere C-Atome sind an der O-glycosidischen Bindung beteiligt, damit gehört Trehalose zu den nicht-reduzierenden Zuckern.

O HO

HO

OH OH

O

HO

OH

O

H O

OH

Bisher konnten Messungen an Membranen nur über die Herstellung von Membranpräparationen aus Ganzzelllysaten oder Liposomen erfolgen. Die aufgereinigten Präparationen wurden dann als Membranfraktion vesikulär auf dem Sensor immobilisiert75. Dazu wurde die Sensoroberfläche zuvor mit einer 10 mM Lösung Thioglucose behandelt. Diese bindet mit ihrem Thiol an die Goldoberfläche und hydrophilisiert die Oberfläche nach außen mit ihren Hydroxygruppen. Membranvesikel lagern sich dann gemäß ihrer Polarität an den hydrophilen Gruppen bzw. an der hydratisierten Oberfläche an. Der Ordnungsgrad dieser Anlagerung ist allerdings nicht hoch und variiert auch je nach proteinogener Zusammensetzung der Membranfraktion.

4.8.2.2 In situ-Immobilisierung von Proteinen

Die gereinigten Quarze werden für die in situ-Immobilisation zuvor mindestens 12 Stunden in einer ethanolischen Lösung (wasserfrei) aus Mercaptoundecansäure mit einer Konzentration von 200 mM bei RT einge-legt. Dabei bildet sich ebenfalls wie bereits oben beschrieben ein lückenloser Monolayer aus.

Der Quarz wird anschließend aus der Thiollösung entnommen und mit 96%igem Ethanol abgespült, im Luftstrom getrocknet und trocken im Kühl-schrank bis zur weiteren Verwendung gelagert.

Abbildung 24: Die Abbildung zeigt die Bindung des His-Sequenz (orange) über NTA-Ni2+(dunkelblau). Das Nickel-Ion wird über das Kopfgruppen-Chelatorlipid DOGS-NTA über den anderen Phospholipidköpfen (schematisch, hellblau) der Membran exponiert. Abbildung modifiziert nach [268].

HN N

O

-O

-O -O

O O

Ni2+

N N

N N

R

HN

NH His O

O O

O O

Zur eigentlichen Immobilisierung wird ein Quarz mit Carboxylat-SAM-Be-schichtung in die Messzelle des Biosensors eingebaut. Die weitere Beschich-tung des Sensors gliedert sich in die folgenden Teilschritte:

1) Aktivierung der Säurefunktion mit Hilfe von EDC/NHS

2) Schaffung von stabilen Säureamidbindungen zwischen dem zu immobilisierenden Protein und EDC/NHS

3) Absättigung freier Bindungsstellen durch eine Mischung von Etha-nolamin und Ammoniumacetat.

Eine 400 mM EDC-Lösung in Phosphatpuffer wird mit einer 100 mM NHS-Lösung in Phosphatpuffer unmittelbar vor dem Versuch zu gleichen Teilen in einem Probengefäß miteinander gemischt.

Das zu immobilisierende Protein sollte in Lösung möglichst hochkonzen-triert vorliegen. Als Puffer bieten sich hier sowohl der o.g. Phosphatpuffer als auch PBS-Puffer oder auch Wasser an.

Zur Absättigung frei gebliebener Bindungsstellung an der aktivierten Carbonylfunktion wird eine Mischung aus gleichen Teilen einer 2 M Ammo-niumacetat-Lösung und einer 2 M Ethanolamin-Lösung (pH 8,5) verwendet.

Die ablaufenden Vorgänge auf molekularer Ebene soll Abbildung 25 verdeutlichen.

Nach erfolgter Immobilisierung des Proteins kann außerdem noch eine 5 %ige wässrige Glycerol-Lösung injiziert werden. Mit dieser kann bei Pro-teinimmobilisationen ein Gehalt an tatsächlich an der Oberfläche gebun-denem Protein errechnet werden. Dazu macht man sich die Eigenschaft des Glycerols zu Nutze, nur einen Viskositätseffekt ohne Masseeffekt bei der Messung mit dem SAW hervorzurufen (siehe Kapitel 4.8.3).

Nach der Immobilisierung kann der Puffer gewechselt werden. Üblicher-weise werden Messungen mit dem Biosensor in PBS-Puffer durchgeführt.

Allerdings muss sich nach erfolgtem Pufferwechsel das System zunächst äquilibrieren. Dies ist in der Amplitude durch die Viskositätsänderung optisch erkenntlich. Die Frequenz ändert sich durch eine in verschiedenen Puffern veränderte Hydratisierung der jeweiligen Proteine ebenfalls. Die Abbildung 25: Schematische Darstellung der Reaktionen während einer Prote-in-Immobilisierung mit EDC/NHS. Die Carbonylfunktion wird durch das EDC zu einem reaktiven Ester aktiviert. Dieser reagiert entweder direkt mit Aminofunk-tionen eines Proteins oder reagiert weiter mit NHS zu einem reaktiven NHS-Ester.

Der NHS-Ester kann durch Aminofunktionen der Proteine substituiert werden. Der reaktive EDC-Ester kann auch hydrolysiert werden, wodurch wieder die Carboxyl-gruppe vorliegt.

eigentliche Messung mit Injektion von Bindungspartnern kann demnach erst erfolgen, wenn sich ein gleichmäßiger Frequenzverlauf eingestellt hat.