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Grünes Besenmoos (Dicranum viride) [1381]

3.7 Lebensstätten der Arten

3.7.10 Grünes Besenmoos (Dicranum viride) [1381]

Dicranum viride kommt von der meridionalen Zone, hier ist sie überwiegend montan bis subalpin ver-breitet, bis zur borealen Zone vor. Sie ist subozeanisch bis kontinental verbreitet (vgl. DIERSSEN 2001).

Das Moos ist azidophytisch, verlangt jedoch einen gewissen Basengehalt der Borke und kommt daher vor allem in Gebieten mit basenreichem Untergrund vor. Im europäischen Raum hat die Art ihren Ver-breitungsschwerpunkt in Südwestdeutschland und den unmittelbar angrenzenden Gebieten (unter anderem HACHTEL et al. 2003, ECC 1995).

Baden-Württemberg liegt somit im Verbreitungsschwerpunkt der Art. Entsprechend ist die Art hier weit verbreitet und bildet stellenweise große Populationen. Nur in den Nadelwaldgebieten und in Bereichen mit sehr nährstoffarmen Böden (unter anderem Schwarzwald, Odenwald, Flugsandgebiete im nördli-chen Oberrheingebiet) ist sie relativ selten. Innerhalb von Baden-Württemberg deutet sich nach P HI-LIPPI (1993) ein West-Ost-Gradient an.

Die Art tritt epiphytisch überwiegend an Laubgehölzen sowie an liegendem Totholz, an Stubben oder basenreichem Gestein, vereinzelt auch epigäisch im Bereich von Moosschürzen auf. An Bäumen kommt die Art zumeist im Bereich des Stammfußes vor. Besonders in luftfeuchteren Gebieten sowie an krummwüchsigen Bäumen kann die Art auch in höheren Stammbereichen auftreten. Nach dem bisherigen Kenntnisstand kommt die Art besonders in mehrschichtig aufgebauten Waldbeständen oder in älteren Beständen mit aufgelockertem Kronendach vor. Innerhalb eines Waldgebietes ist ihre Verteilung überwiegend geklumpt. Dies könnte dadurch bedingt sein, dass die Nahverbreitung erheb-lich effizienter als die Fernverbreitung ist. Gegenwärtig bildet die Art in Mitteleuropa keine Sporophy-ten aus, sondern verbreitet sich nur vegetativ mit Hilfe der Bruchblätter.

Untersuchungsmethodik

Aktuell ist davon auszugehen, dass für Dicranum viride im Bereich des FFH-Gebietes auf Grund der Standortsbedingungen und der Waldnutzungsgeschichte suboptimale Bedingungen herrschen. Nach PHILIPPI (1968) kommt die Art in den Fago-Querceten über kalkfreien Sanden der nördlichen Ober-rheinebene nur sehr vereinzelt vor. Die Art wurde daher nur in augenscheinlich geeigneten Beständen gesucht. Eine flächendeckende Begehung fand nicht statt.

Nach der Art wurde im Bereich zweier bekannter Fundstellen, in älteren, über 100jährigen Laubholz-beständen sowie in älteren MischLaubholz-beständen, in denen sich unter dem lichten Schirm der Wald-Kiefer eine zweite, vornehmlich von Hainbuche aufgebaute Baumschicht entwickeln konnte, gesucht. Solche Bestände zeichnen sich durch eine Vielzahl krumm- und schiefwüchsiger Bäume aus. Jüngere, kleiner 100jährige Laubholz- und Mischbestände sowie von Nadelholz geprägte Bestände wurden nicht un-tersucht.

In den ausgewählten Beständen wurden auffällige Bäume mit reichlich entwickelter Epiphytenflora oder schrägwüchsige Stämme überprüft. Konnte Dicranum viride nachgewiesen werden, wurden in einem Umkreis von circa 20 bis 30 Meter nahezu alle benachbart stehenden Bäume abgesucht.

Ergebnisse

Im Untersuchungsgebiet wurden 29 Trägerbäume mit Dicranum viride nachgewiesen. Ein Vorkom-men, das im Jahre 2000 im Gewann Zehntwald/Hundsbrunnen gemacht wurde, konnte nicht mehr bestätigt werden. Die Vorkommen wurden zu einer Erfassungseinheit (2-1381-1) zusammengefasst.

Mit Ausnahme einer Teilfläche auf beziehungsweise randlich einer Düne westlich Friedrichstal, wo 22 Trägerbäume vorhanden sind, wurden nur einzeln stehende Trägerbäume sowie eine kleine, aus 4 Trägerbäumen bestehende Gruppe nachgewiesen. Die Zielart kommt im Untersuchungsgebiet über-wiegend geklumpt vor. Dicranum viride nimmt an den Trägerbäumen eine Fläche von ca. 530 Quad-ratzentimetern ein. Die Funde verteilen sich auf folgende Baumarten:

Tab. 46: Trägerbäume und die von Dicranum viride besiedelte Fläche (cm²) Trägerbaum Anzahl

Trägerbäu-me Prozent Trägerbäume Flächengröße

D. viride (cm²) Anteil an der Gesamtfläche

Carpinus betulus 4 14% 5,9 1,1%

Fagus sylvatica 8 28% 471,9 89,1%

Quercus petraea/robur 11 38% 35,6 6,7%

Quercus rubra 6 21% 16,1 3,0%

Korrelationen mit dem Stammumfang der Trägerbäume sind nicht erkennbar. Die Art kommt im Unter-suchungsgebiet aber überwiegend an Trägerbäumen mit einem Stammumfang von mehr als 100 Zen-timetern vor.

Die Ergebnisse zeigen, dass die Art potenziell im gesamten Untersuchungsgebiet vorkommen kann.

Limitierende Faktoren sind vorwiegend die aktuelle Bestockung sowie die Bestandesgeschichte. Auf-fällig ist die meist sehr geringe Flächengröße der Vorkommen auf den Trägerbäumen. 45 % der Nachweise umfassen weniger als einen Quadratzentimeter. Nur an einem Trägerbaum, einer alten Buche in einem aufgelichteten Altbestand auf einer Düne westlich Friedrichstal, ist die besiedelte Flä-che größer als 100 Quadratzentimeter.

Bemerkenswert ist auch, dass die Vorkommen überwiegend (66 %) unterhalb einer Stammhöhe von 50 Zentimeter über Flur vorkommen. Nur sechs Vorkommen siedeln auch in einer Stammhöhe von mehr als 1 Meter über dem Boden (s. folgende Tabelle).

Tab. 47: Lage der Vorkommen von Dicranum viride an den Trägerbäumen über der Bodenoberfläche (*es handelt sich jeweils um Schätzungen)

maximale Stammhöhe über Flur der

Dicranum viride-Vorkommen Anzahl Prozent 0-25 cm 13 45%

>25-50 cm 6 21%

>50-100 cm 4 14%

> 100-150 cm 4 14%

>150-200 cm 1 3%

> 200 cm 1 3%

Bewertung des Vorkommens

Bezogen auf Baden-Württemberg ist das Vorkommen im Untersuchungsgebiet von untergeordneter Bedeutung. Im Rahmen der Untersuchung konnte nur auf und in unmittelbarer Umgebung der Düne westlich Friedrichstal ein relativ gehäuftes Vorkommen von 22 Trägerbäumen nachgewiesen werden.

Die Vorkommen von Dicranum viride sind dabei auch in diesem Bereich überwiegend auf die unters-ten Stammfußbereiche beschränkt und zumeist von sehr geringer Flächengröße. Untersuchungen über die Populationsgröße von Dicranum viride im Bereich der oberflächlich entkalkten, basenarmen Flugsande der nördlichen Oberrheinebene liegen nicht vor. Nach dem bisherigen Kenntnisstand (vgl.

PHILIPPI 1968) muss man davon ausgehen, dass die Art in diesem Bereich nur sehr vereinzelt vor-kommt. Das relativ gehäufte Vorkommen westlich Friedrichstal deutet aber an, dass unter geeigneten Bedingungen lokal auch größere Populationen möglich sind.

Die Bewertung des Erhaltungszustandes wurde maßgebend von der Anzahl der Trägerbäume und der besiedelten Fläche abgeleitet. Die übrigen Bewertungsparameter wie Qualität des Standorts, Konkur-renz durch andere Arten, Isolation der Population oder Beeinträchtigungen sind kaum zur Beurteilung der Wuchsorte geeignet.

Habitatqualität Qualität des Standorts:

Die Fundorte liegen räumlich isoliert in einem von Nadel-Laubholz-Mischbeständen geprägten Wald-gebiet. Auch jüngere, von Nadelholz geprägte Waldbestände nehmen größere Flächen ein. Bei den Waldbeständen in unmittelbarer Umgebung der Trägerbäume handelt es sich überwiegend um ältere (>120 jährige Bestände), von Laubholz (Hainbuche, Rotbuche) geprägte Bestände. Nadelholz (Wald-Kiefer) ist nur noch sehr vereinzelt beigemischt. Das ehemals unterständige Laubholz weist einen hohen Anteil "krummschäftiger" Bäume auf. Teilweise wurden diese Flächen im Rahmen der Waldbio-topkartierung als "strukturreiche Waldbestände" erfasst.

Ausnahme ist ein kleinflächiger, ca. 80jähriger Eichenbestand, der unmittelbar an das Hauptvorkom-men von Dicranum viride westlich Friedrichstal angrenzt. Dieser Bestand im Bereich der Düne ist durch einige sehr alte und tief beastete Rotbuchen geprägt. An einer dieser Buchen wurde die Flä-chendeckung von Dicranum viride auf 450 Quadratzentimeter geschätzt.

Die Qualität des Standorts muss entsprechend mit "mittel bis schlecht", das heißt mit "C" bewertet werden.

Konkurrenz durch andere Arten:

Die Dicranum viride - Vorkommen sind überwiegend sehr kleinflächig ausgebildet und befinden sich oftmals in Hypnum cupressiforme–Rasen. Entsprechend ist dieser Bewertungsparameter mit "B" zu bewerten.

Zusammenfassend ist die Habitatqualität mit "C" zu bewerten.

Zustand der Population

Anzahl der besiedelten Bäume und Größe der Population:

Im Untersuchungsgebiet wurden 29 Trägerbäume nachgewiesen, an denen Dicranum viride eine

Flä-des PEPL-Handbuchs mit "B" zu bewerten. Bezogen auf die Größe Flä-des FFH-Gebietes und die poten-ziell besiedelbare Fläche muss man, da im PEPL-Handbuch ein Flächenbezug fehlt, die "Größe der Population" aber mit "C" bewerten.

Isolation der Population:

Die einzelnen Vorkommen liegen relativ isoliert im Untersuchungsgebiet. Der Abstand der einzelnen Vorkommen liegt zwischen ca. 2 und 5 Kilometer. Dieser Bewertungsparameter ist daher mit "B" zu bewerten.

Zusammenfassend ist der Zustand der Population mit "C" zu bewerten.

Beeinträchtigungen und Störungen

Aktuelle Beeinträchtigungen und Störungen wurden nicht festgestellt. Die Entnahme von Holz ist typi-scher Bestandteil eines Wirtschaftswaldes. Sie kann, muss aber nicht zu einer Beeinträchtigung der Dicranum viride - Population führen. Als sehr kritisch sind Kalkungsmaßnahmen zu betrachten, die jedoch bereits in jüngerer Vergangenheit durchgeführt wurden. Zumindest die Kalkung vom Boden aus wirkt sich mit hoher Wahrscheinlichkeit negativ auf Dicranum viride aus. Untersuchungen über eine direkte Schädigung der Pflanze durch Kalkstaub liegen nicht vor. Diese sind aber anzunehmen, da die Art als "azidophil" bezeichnet wird, jedoch einen gewissen Basengehalt des Substrates benö-tigt.

Wichtiger sind indirekte Folgen der Kalkungsmaßnahmen. Man kann davon ausgehen, dass es in Folge von Kalkeintrag zu Änderungen der Standortsbedingungen kommt und pleurokarpe Moose wie Hypnum cupressiforme, vor allem aber Brachythecium rutabulum gefördert werden. Besonders in den unteren Stammbereichen werden die Vorkommen von Dicranum viride von diesen "konkurrenzkräfti-gen" Arten verstärkt überwachsen und damit verdrängt. Wissenschaftliche Begleituntersuchungen zur Auswirkung von Bestandeskalkungen auf die epiphytische Moosvegetation unter besonderer Berück-sichtigung von Dicranum viride sind erforderlich.

Insgesamt ist der Parameter "Beeinträchtigungen" mit "A" zu bewerten.

Bewertung des Erhaltungszustandes

In nachfolgender Tabelle ist die Bewertung der Einzelparameter und des Erhaltungszustandes im FFH-Gebiet zusammengefasst. Die Kriterien "Habitatqualität" und "Zustand der Population" werden zu einem gemeinsamen aggregiert. Beim Vorliegen unterschiedlicher Bewertungen ist gemäß PEPL-Handbuch die ungünstigere der beiden Einstufungen maßgeblich.

Tab. 48: Aggregierte Gesamtbewertung zum Grünen Besenmoos Habitatqualität C Aggregiert:

Zustand der Population C C

Beeinträchtigungen A Erhaltungszustand C

Zusammenfassend ist der Erhaltungszustand die Dicranum viride–Population im Untersuchungsgebiet als "durchschnittlicher oder beschränkter Erfassungszustand", das heißt mit der Wertstufe "C" zu be-werten.

Arten der Vogelschutzrichtlinie