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8. Gewinnung und Verarbeitung von Pflanzenölen

8.2 Ölgewinnung heute

8.2.2 Gewinnung von Samenfetten

Wie auch bei der Gewinnung von Fruchtfleischfetten muss bei der Gewinnung von Samenfetten das Ausgangsprodukt zunächst gereinigt werden. Dabei wird die getrocknete Saat pneumatisch von Verunreinigungen befreit. Bei Bedarf kann die Saat geschält oder zerkleinert werden. Für eine optimale Ausbeute bei der Ölgewinnung durch Extrahieren oder Pressen sorgt die Konditionierung (Löw, 2003, S.82). Dabei wird die zerkleinerte Saat mit Wasserdampf behandelt, wodurch noch intakte Zellen aufgebrochen werden (Belitz et al., 2008). Auf Grund der Hitze denaturieren die enthaltenen Proteine und die Emulsion des Öls

65 in den Zellen wird gebrochen. Des Weiteren wird die Viskosität des Öls reduziert. Beides führt zu einer leichteren Extrahierbarkeit des Öls (Löw, 2003, S.83).

8.2.2.1 Gewinnung durch Pressen

Pressen wird heutzutage meist in Kleinölmühlen als Methode zur Ölgewinnung eingesetzt.

Man kann beim Pressen zwei Verfahren unterscheiden: das Vorpressen und das Fertigpressen.

Das Vorpressen wird heute als Vorbereitung vor der Ölgewinnung durch Extraktion

eingesetzt. Das Verfahren des Fertigpressens wird nur in kleinen Ölmühlen angewandt (Löw, 2003, S.84).

Man kann hier zwischen offenen und geschlossenen Pressen unterscheiden. Offene Pressen werden heute nur mehr bei der Ölgewinnung aus Oliven verwendet. Das Verfahren wurde bereits im Abschnitt „Gewinnung von Fruchtfleischfetten“ erläutert.

Zu den geschlossenen Pressen zählen die Seiherpresse (diskontinuierliche Presse) und die Schneckenpresse (kontinuierliche Presse). Erstere besteht aus einem perforierten Zylinder, dem sogenannten Seiher. In diesem wird durch einen Kolben Druck auf das zu pressende Gut ausgeübt. Das erhaltene Öl wird über Siebböden und Kanäle abgeleitet. Bei Schneckenpressen ist in einem horizontalen Gang eine Presswelle in Form einer Schnecke eingebaut, welche Druck auf das Pressgut ausübt (Löw, 2003, S.84).

8.2.2.2 Gewinnung durch Extraktion

Bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges war das Pressen zur Ölgewinnung die am weitesten verbreitete Methode. Danach wurde die Ölgewinnung durch Extraktion sehr beliebt. Heute wird die Extraktion meist mit einem Vorpressschritt kombiniert.

Bei der Extraktion wird mittels Lösungsmittel, wie beispielsweise Hexan oder Benzin, das Öl aus den Zellen herausgelöst. Die Saat wird hierfür zunächst zerkleinert, um das Herauslösen zu erleichtern. Lösungsmittel und Saatgut laufen bei der Extraktion im Gegenstrom. Das bedeutet, dass frisches Lösungsmittel mit großteils entölter Saat in Kontakt kommt, die

frische Saat trifft auf ölgesättigtes Lösungsmittel. Nach der Extraktion wird das Lösungsmittel abdestilliert, wodurch das Öl zurück bleibt (Löw, 2003, S.86).

66 8.3 Behandlung des Rohöls

Nach der Gewinnung des Öls aus den unterschiedlichen Pflanzenteilen muss das Rohöl weiter behandelt werden, um unerwünschte, natürliche Begleitstoffe, die den Genusswert senken, zu entfernen. Bei den Begleitstoffen handelt es sich um freie Fettsäuren, färbende Stoffe wie z. B. Chlorophylle und störende Geruchs- und Geschmackstoffe. Diese Stoffe sind natürlich vorhanden oder bilden sich während der Lagerung (Heiss, 2004).

Die Behandlung des Rohöls wird als Raffination bezeichnet und umfasst die Entschleimung, die Entsäuerung, die Bleichung und die Dämpfung. Bei der Entschleimung, die meist direkt in der Ölmühle statt findet, werden Eiweiße und Phospholipide durch Hydrolyse ausgefällt.

Diese Begleitstoffe müssen entfernt werden, da ansonsten die hydrolytische und oxidative Fettspaltung begünstigt werden würde (Löw, 2003, S.87).

Während der Lagerung des Rohöls kommt es enzymatisch oder autoxidativ zur Abspaltung von freien Fettsäuren, welche die Haltbarkeit beeinträchtigen können. Diese werden durch verschiedene Verfahren eliminiert. Eine Möglichkeit ist die Zugabe von Basen und die damit stattfindende Neutralisation. Weitere Möglichkeiten der sogenannten Entsäuerung sind die Veresterung der freien Fettsäuren mit Glycerin oder die Extraktion mit Lösungsmitteln (Kaltschmitt und Hartmann, 2001).

Weitere Maßnahmen zur Aufbereitung des Rohöls sind das Bleichen mittels Bleicherde oder die Entfernung von schwer flüchtigen Begleitstoffen durch Aktivkohle. Durch eine

Vakuumwasserdampfdestillation werden die übrig gebliebenen, störenden Stoffe wie

Pestizide, Reste des Extraktionsmittels oder andere Begleitstoffe entfernt. Dieser Prozess wird als Dämpfung bezeichnet (Löw, 2003, S.87).

8.3.1 Native Speiseöle

Bei den im Handel erhältlichen Speiseölen unterscheidet man auf Grund ihrer Herstellung raffiniertes und kaltgepresstes Öl. Bei der Kaltpressung wird das Öl allein durch mechanische Verfahren aus den Samen und Früchten gewonnen. Es kommt dabei zu keiner

Temperaturerhöhung. So gewinnt man Öle, die den natürlichen Gehalt an freien Fettsäuren und Vitaminen besitzen. Durch Kaltpressung erhält man jedoch eine geringere Ölausbeute, weshalb diese Produkte teurer als extrahierte Produkte sind. Des Weiteren sind kaltgepresste Öle weniger lange haltbar, enthalten noch alle Verunreinigungen und sollten nicht erhitzt werden, sind also zum Braten und Frittieren nicht geeignet (Rimbach et al., 2010).

Kaltgepresste Öle, die zusätzlich, mit Ausnahme von Filtration, nicht nachbehandelt, also

67 raffiniert werden und deren Rohstoffe aus biologischem Anbau stammen, bezeichnet man als native Öle (Löw, 2003, S.90). Bekanntestes Beispiel eines unraffinierten Öls im Handel ist das Virgin-Olivenöl.

8.4 Modifikation von Fetten und Ölen

Eine Modifikation von Fetten und Ölen kann durch Fraktionierung, Härtung, Umesterung oder Winterisierung erfolgen.

8.4.1 Die Fraktionierung

Die Fraktionierung von Ölen wird durchgeführt, um den Handelswert zu erhöhen oder um spezielle Produkte herzustellen. Bei Fetten und Ölen handelt es sich um ein Gemisch aus unterschiedlichen Triglyceriden, die verschiedene Schmelzpunkte aufweisen. Diese

verschiedenen Schmelzpunkte werden bei der Fraktionierung ausgenützt, um beispielsweise das niedrigschmelzende Olein von dem hochschmelzenden Stearin zu trennen (Löw, 2003, S.88). Man unterscheidet bei der Fraktionierung drei Methoden: die Trockenfraktionierung, die Lanza-Fraktionierung und die Nassfraktionierung.

Bei der Trockenfraktionierung wird das Gemisch über den Schmelzbereich hinaus erhitzt, wodurch es sich verflüssigt. Man lässt es anschließend auf jene Temperatur abkühlen, bei der das Olein noch flüssig, das Stearin jedoch schon fest ist. Die dabei entstehenden Fraktionen werden durch Filtration abgetrennt.

Die Lanza-Fraktionierung unterscheidet sich von der Trockenfraktionierung lediglich durch den Trennschritt von Olein und Stearin. Hierbei erfolgt die Trennung nicht durch Filtration, sondern mit Hilfe eines wässrigen Netzmittels wie z. B. Natriumlaurylsulfat. Dieses benetzt die festen Stearinkristalle und verdrängt das flüssige Olein. Die dabei entstehende wässrige Suspension kann abzentrifugiert werden. Die Fettkristalle werden daraufhin eingeschmolzen und vom Netzmittel getrennt.

Bei der Nassfraktionierung werden nicht die unterschiedlichen Schmelztemperaturen, sondern unterschiedliche Löslichkeiten in einem organischen Lösungsmittel ausgenutzt. Hierfür wird das Fett in dem Lösungsmittel gelöst und anschließend auf jene Temperatur abgekühlt, bei der die gewünschte Fraktion ausfällt (Heiss, 2004).

68 8.4.2 Die Härtung

Bei der Härtung von Fetten handelt es sich um eine chemische Reaktion, bei der Wasserstoff an die Doppelbindung von ungesättigten Fettsäuren addiert wird. Diese sogenannte

Hydrierung verursacht eine Schmelzpunktserhöhung. Für die Reaktion ist ein Katalysator, meist Nickel, notwendig (Heiss, 2004).

8.4.3 Die Umesterung

Bei Umesterungsreaktionen wird die Position einer Fettsäure im Triglycerid-Molekül verändert. Dies hat Einfluss auf den Schmelzpunkt. Man unterscheidet hierbei die

intramolekulare Umesterung, bei der zwei Fettsäurereste ihre Position im Triglycerid-Molekül ändern und die intermolekulare Umesterung, bei der Fettsäurereste innerhalb verschiedener Triglycerid-Moleküle ihre Position ändern. Bei der Umesterung werden die ursprünglichen Esterbindungen durch Hitze aufgebrochen und anschließend werden in einer

Gleichgewichtsreaktion neue Verknüpfungen gebildet. Dabei werden Katalysatoren wie Natrium eingesetzt. Umesterungsreaktionen werden vor allem bei der Herstellung von Margarine oder Backfetten durchgeführt, bei denen die Konsistenz der Fette und Öle eine Rolle spielt (Baltes, 2000).

8.4.4 Winterisierung

Bei der Winterisierung handelt es sich um ein Verfahren, das Wachse und hochschmelzende Glyceride aus dem Öl entfernen soll. Diese sind natürliche Fettbegleitstoffe und stammen beispielsweise aus den Samenschalen der Ölfrüchte. Bei der Lagerung von Speiseölen im Kühlschrank kann es zur Fällung dieser Begleitstoffe kommen, wodurch Schlieren sichtbar werden. Die Entfernung dieser Stoffe dient rein der Optik, da sie weder gesundheitsschädlich sind noch den Geschmack beeinflussen. Bei der Winterisierung wird das Pflanzenöl auf fünf bis acht Grad heruntergekühlt, wodurch es zu einer Ausfällung der Wachse und

hochschmelzenden Glyceride kommt. Diese werden anschließend durch Filtration entfernt (Heiss, 2004).

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9. Physiologische Bedeutung von Lipiden für den Menschen

9.1 Öle und Fette in der menschlichen Ernährung

Triglyceride weisen einen hohen physiologischen Brennwert von rund 39 kJ pro Gramm auf und sind somit wichtige Energieträger in unserer Nahrung (Biesalski et al., 2010). Öle und Fette erfüllen darüber hinaus eine Vielzahl an Funktionen in unseren Nahrungsmitteln. Sie sind Geschmacksträger, eine wichtige Komponente in der Textur eines Lebensmittels sowie Träger von fettlöslichen Vitaminen und essentiellen Fettsäuren. 95 % der Fettzufuhr erfolgt in Form von Triglyceriden, die restlichen 5 % sind u. a. freie Fettsäuren, Phospholipide und Glykolipide aus den Zellmembranen und pflanzliche Sterole.

Die in unserem Kulturkreis übliche tägliche Fettzufuhr von über 100 g pro Tag, das entspricht rund 30 - 45 % der zugeführten Energie, liegt weit über der empfohlenen Menge. Der

Energiebedarf sollte zu 25 bis 35 % aus Fett gedeckt werden. Dabei ist auch darauf zu achten, welche Fettsäuren aufgenommen werden. Die Rate an gesättigten Fettsäuren, die zum

Großteil in tierischen Fetten vorkommen, sollte unter 15 % der Gesamtkalorien ausmachen.

Einfach ungesättigte Fettsäuren sollten ca. 10 %, mehrfach ungesättigte 7 - 10 % der Energiezufuhr betragen (Suter, 2008).

Lange Zeit wurde die 1/3-Regel empfohlen, bei der je 33% der Gesamtfettsäuren aus den drei Fettsäureklassen gesättigt, einfach ungesättigt und mehrfach ungesättigt stammen sollten. Der heutige Vorschlag präferiert einfach ungesättigte Fettsäuren, da sich bei mehrfach

ungesättigten Fettsäuren vermehrt potentiell schädliche Oxidationsprodukte bilden können (Biesalski und Grimm, 2007, S.112). Eine optimale Zufuhr der essentiellen ω-6-Fettsäure Linolsäure stellen 2-7 g pro Tag dar. Bei der ω-3-Fettsäure α-Linolensäure sind 0,8-1,1 g pro Tag empfehlenswert (Suter, 2008).

9.1.1 Fettverdauung

Die Verdauung von tierischen Fetten, die eher aus kurzkettigen Fettsäuren aufgebaut sind, beginnt bereits in der Mundhöhle durch das Enzym Zungengrundlipase (Biesalski und Grimm, 2007, S.86). Die Verdauung von pflanzlichen Fetten und Ölen, die aus langkettigen Fettsäuren bestehen, fängt erst im Magen an. Auf Grund der Magenperistaltik entstehen

70 kleine Fetttröpfchen, welche emulgiert werden. Durch die Oberflächenvergrößerung kann das Enzym Magenlipase an die Triglyceride gelangen und Fettsäuren aus ihnen abspalten. Etwa 5 % der Lipide werden im Magen gespalten. Das saure Milieu, das auf Grund der Magensäure in diesem Organ herrscht, hemmt das Enzym und dieses wirkt erst verstärkt im

Zwölffingerdarm, der nächsten Station des Verdauungstraktes. Aus der Bauchspeicheldrüse werden weitere Lipasen in das Duodenum sezerniert, welche die Spaltung der Triglyceride in freie Fettsäuren und Monoglyceride bewirken (Baur, 2015). Darüber hinaus erfolgt hier eine Zugabe von Gallenflüssigkeit. Diese wird in der Leber gebildet und gelangt über die

Gallenblase und den Gallengang in den Zwölffingerdarm. Das Sekret enthält Gallensalze wie Cholat oder Desoxycholat in einer isotonen Flüssigkeit. Die Salze wirken als Detergentien und unterstützen so die Verdauung der Fette durch Bildung von Micellen (Clauss und Clauss, 2009). Diese bestehen aus den gebildeten Monoglyceriden und den freien Fettsäuren sowie den Gallensalzen und sind mit ihrer Größe von drei bis sechs Nanometern etwa 300 mal kleiner als die oben erwähnten Fetttröpfchen. Polare Anteile der beteiligten Moleküle befinden sich dabei in diesem sphärischen Gebilde der wässrigen Umgebung zugewandt, während apolare Anteile nach innen gerichtet sind. Die Micellen erreichen den Bürstensaum des Dünndarms, wo die freien Fettsäuren sowie die Monoglyceride durch einen passiven Prozess in die Mukosazellen aufgenommen werden. Die freiwerdenden Gallensalze werden in einem späteren Abschnitt des Dünndarms aufgenommen. Kurzkettige Fettsäuren benötigen keine Gallensalze zur Absorption. Da sie relativ gut wasserlöslich sind, können sie in freier Form aus den Mukosazellen über die Pfortader zu der Leber gelangen. Langkettige Fettsäuren und Monoglyceride sind dafür zu hydrophob. Sie werden am endoplasmatischen Reticulum der Mukosazellen wieder zu Triglyceriden synthetisiert und in Chylomikronen eingebaut.

Diese gelangen in die Darmlymphe und schließlich in das Blutplasma. Aus den Triglyceriden werden von den Lipoproteinlipasen des Kapillarendothels vieler Organe Fettsäuren

abgespalten, welche an Albumin gebunden werden und an den jeweiligen Bestimmungsort gelangen (Silbernagl und Despopoulos, 1988). Das entstandene Glycerin wird zur Leber transportiert, zu Dihydroxyacetonphosphat oxidiert und schließlich zu Glycerinaldehyd-3-Phosphat isomerisiert. Dieses Molekül ist ein Zwischenprodukt der Gluconeogenese und der Glykolyse (Berg et al., 2013, S.650).

Zum besseren Verständnis nachfolgender Kapitel soll hier auch kurz auf den

Cholesterinstoffwechsel eingegangen werden. Cholesterin kommt zwar in pflanzlichen Lebensmitteln nur in geringen Mengen vor, jedoch beeinflussen die in pflanzlichen Ölen und Fetten enthaltenen ungesättigten Fettsäuren den Cholesterinspiegel. In den oben genannten

71 Chylomikronen ist neben Triglyceriden auch Cholesterin enthalten, das aus der Nahrung stammt. Wurden Fettsäuren durch Lipoprotein-Lipasen des Kapillarendothels aus den Triglyceriden abgespalten, bleiben die cholesterinreichen Chylomikronen-Remnants übrig.

Diese werden von der Leber aufgenommen. Für den Transport von der Leber, dem hauptsächlichen Syntheseort von Triglyceriden und Cholesterin, zu peripheren Geweben werden weitere Lipoproteinpartikel, nämlich VLDL, benötigt. Diese Lipoproteine mit sehr geringer Dichte enthalten von der Leber nicht mehr benötigte Lipide und werden ins Blut abgegeben. Wie bei den Chylomikronen werden Fettsäuren durch Lipasen an den

Gefäßwänden abgespalten. Die cholesterinreichen Reste werden als IDL (Lipoproteine mittlerer Dichte) bezeichnet. Sie werden einerseits zur Weiterverarbeitung von der Leber aufgenommen, andererseits werden weitere Fettsäuren abgespalten, wodurch Lipoproteine geringer Dichte (LDL) entstehen. Sie stellen die wichtigsten Cholesterin-Carrier im Blut dar.

Aufgabe der LDL-Partikel ist es, Cholesterin zu den peripheren Geweben zu transportieren und dort die de novo-Synthese von Cholesterin zu regulieren. Darüber hinaus gibt es noch die HDL-Partikel, Lipoproteine mit hoher Dichte, die Cholesterin aus abgebauten Membranen aufnehmen und zur Leber transportieren. Dort wird Cholesterin in Gallensalze umgewandelt und ausgeschieden.

Das Verhältnis von HDL und LDL gibt Auskunft über die Anfälligkeit für koronare Herzkrankheiten. Bei gesunden Menschen liegt es bei 3,5 (Berg et al., 2013, S.783ff).

9.1.2 Verstoffwechselung der freien Fettsäuren

Die freien Fettsäuren werden im Plasma zu ihren Bestimmungsorten geführt. In der Muskulatur, der Leber und vielen anderen Organen werden sie als Energiequelle genutzt.

Dabei werden sie in den Mitochondrien der β-Oxidation unterzogen und zu Acetyl-CoA abgebaut. Dieses wird wiederum im Citratzyklus und der daran gekoppelten Atmungskette verstoffwechselt (Berg et al., 2013, S.651). Der Eintritt in den Citratzyklus findet nur dann statt, wenn Fett- und Kohlenhydratabbau in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander stehen. Andernfalls werden Ketokörper gebildet (Berg et al., 2013, S.660). Dieser Stoffwechselweg wird im Kapitel 9.2.1 genauer behandelt.

Ein weiterer Bestimmungsort der Fettsäuren sind die Fettzellen. Hier werden sie wieder zu Triglyceriden zusammengebaut, gespeichert und, wenn benötigt, wieder verstoffwechselt (Silbernagl und Despopoulos, 1988). Weitere Informationen hierzu sind in dem Kapitel 9.2.2 zu finden.

72 9.2 Funktion verschiedener Lipide im menschlichen Körper

9.2.1 Energielieferant

Die wichtigste Bedeutung der Triglyceride, nämlich die als Energielieferant, wurde bereits in den oberen Kapiteln erwähnt. Zur Erinnerung: Das durch β-Oxidation von Fettsäuren

gewonnene Acetyl-CoA wird in den Citratzyklus eingeschleust und durch die daran gekoppelte Atmungskette zur Energiegewinnung genutzt. Für den Eintritt in den ersten Zyklus ist Oxalacetat von Nöten, an welches Acetyl-CoA bindet. In Hungerszeiten oder bei Diabetes wird Oxalacetat jedoch für die Synthese von Glucose benötigt und steht somit nicht der Kondensation mit Acetyl-CoA zur Verfügung. Unter diesen Bedingungen werden auf Grund des niedrigen Glucosespiegels in den Zellen vermehrt freie Fettsäuren aus dem

Speicherfett gespalten und in den Mitochondrien der Leberzellen der β-Oxidation unterzogen.

Das Produkt dieser Oxidation, das Acetyl-CoA, wird in Ketokörper, genauer gesagt in Acetacetat, 3-Hydroxybutyrat und Aceton, umgewandelt. Die Bildung dieser Produkte findet ebenfalls in den Mitochondrien der Hepatozyten statt. Anschließend werden sie über das Blut zu peripheren Geweben befördert. Sie sind normale Brennstoffe der Zellatmung und daher als Energiequelle bedeutsam. Acetacetat wird von der Nierenrinde und dem Herzmuskel sogar gegenüber Glucose bevorzugt. Im Hungerzustand oder bei Diabetes passt sich sogar das Gehirn, dessen bevorzugte Energiequelle Glucose ist, an die Verwertung von Acetacetat an (Berg et al., 2013, S.660ff).

9.2.2 Speicherstoff

Triglyceride stellen hochkonzentrierte Speicher für Stoffwechselenergie dar, da sie in reduzierter und vor allem wasserfreier Form vorliegen. Dies ist vermutlich auch der Grund, warum Fett als wichtigstes Energiereservoir gegenüber dem Glykogen, der Speicherform der Glucose, evolutionär bevorzugt wurde. Zur Veranschaulichung soll ein Beispiel dienen. Ein 70 kg schwerer Mann besitzt Energiereserven von 420 000 kJ in Form von Triglyceriden, 100 000 kJ als Protein, 2500 kJ in Form von Glykogen und 170 kJ als Glucose. Die Fettreserven machen etwa 11 kg seines Körpergewichtes aus. Würde die darin enthaltene Energie in Form von Glykogen gespeichert werden, wäre sein Gesamtkörpergewicht um 64 kg höher (Berg et al., 2013, S.647).

Triglyceride werden in Fettzellen, die ganze Gewebe bilden, gelagert. Fettgewebe kommt nahezu überall im Körper vor und macht 10-20 % des Körpergewichtes aus. Es dient

73 einerseits als Baufett mit der Aufgabe, die Organlage zu erhalten und stellt darüber hinaus Polstermaterial, beispielsweise im Bereich der Wangen und der Augenhöhlen, dar. Baufett wird erst unter extremen Hungerbedingungen oder in terminalen Krebsstadien abgebaut. Dem steht das sogenannte Speicherfett gegenüber. Es dient als Energiereserve und als thermischer Isolator (Spornitz, 2010). Bei verminderter Nahrungszufuhr oder einem erhöhten

Energiebedarf können die als Triglyceride gespeicherten Fettsäuren wieder frei gesetzt und durch das Blut zu dem Ort des Bedarfs transportiert werden. Insulin, das sich bei einem hohen Blutzuckerspiegel vermehrt im Blut befindet, hemmt den Abbau, Adrenalin fördert ihn

(Silbernagl und Despopoulos, 1988).

Des Weiteren unterscheidet man weißes und braunes Fettgewebe. Ersteres umfasst sowohl das Bau- als auch das Speicherfett. In den Fettzellen ist das Fett meist als einziger großer Fetttropfen im Zytoplasma lokalisiert, wodurch der Zellkern an den Rand der Zelle gedrückt wird. In den Zellen des braunen Fettgewebes ist das Fett in vielen kleinen Fetttropfen verteilt.

Durch die so vergrößerte Oberfläche ist es leicht abbaubar. Seine Hauptaufgabe ist die zitterfreie Wärmebildung. Vor allem Neugeborene weisen es auf (Spornitz, 2010).

9.2.3 Zellmembranen

Eine weitere wichtige Bedeutung nehmen Lipide bei der Membranbildung ein. Die Grundstruktur von biologischen Membranen wird größtenteils aus Phospholipiden,

Glykolipiden und Cholesterol (Cholesterin) gebildet. Triglyceride befinden sich keine in den Zellmembranen. Die Lipidzusammensetzung variiert zwischen den unterschiedlichen

Geweben, aber sogar auch zwischen unterschiedlichen Zellen. Plasmamembranen der Nervenzellen sind beispielsweise reich an Glykolipiden, während sie in der Membran von Leberzellen kaum vorkommen (Biesalski und Grimm, 2007, S.106).

Viele Prozesse, die an den Membranen ablaufen, wie etwa Transportvorgänge oder

Signaltransduktionen, sind von der Fluidität der Membranlipide abhängig. Dabei spielt die Zusammensetzung der Fettsäuren eine wichtige Rolle. Die Übergangstemperatur von starren Membranen in den flüssigen Zustand hängt sowohl von der Länge als auch von dem

Sättigungsgrad der eingebauten Fettsäuren ab. Lange Kohlenwasserstoffketten können stärkere Wechselwirkungen eingehen und begünstigen so, wie gesättigte Ketten, den starren Zustand. Ungesättigte Ketten mit einer cis-Doppelbindung und dem daraus resultierenden Knick in der Kohlenwasserstoffkette sorgen für Fluidität (Berg et al., 2013, S.365). Die Membranfluidität wird auch durch das Steroid Cholesterin beeinflusst.

74 9.2.4 Signalmolekül

Phosphoglyceride fungieren nicht nur als Membranlipide, sondern es kann durch ihren Abbau auch die Bildung einer Reihe wichtiger Signalmoleküle erfolgen. Die Spaltung von

Phosphatidylcholin, -ethanolamin oder -serin durch Phospholipase A2 liefert beispielsweise Arachidonsäure, welche für die Eicosanoidbiosynthese benötigt wird (Löffler, 1999).

9.3 Fettsäuresynthese

Beim Menschen werden Fettsäuren durch einen Enzymkomplex, die Fettsäure-Synthase, gebildet. Unsere Ernährung deckt jedoch den physiologischen Bedarf an Fetten, weshalb eine de novo-Synthese von Fettsäuren bei erwachsenen Menschen allgemein nicht notwendig ist.

Unter bestimmten physiologischen Bedingungen ist die Fettsäuresynthese, die in der Leber und in dem Fettgewebe stattfindet, jedoch notwendig. Als Beispiel lässt sich hier die

Embryonalentwicklung und die Laktation nennen. Das Hauptprodukt der Fettsäuresynthase-Reaktion ist die 16-C-Fettsäure Palmitinsäure (Berg et al., 2013, S.664). Sie dient als Vorstufe einer Vielzahl weiterer Fettsäuren, welche durch Kettenverlängerungsreaktionen oder

Embryonalentwicklung und die Laktation nennen. Das Hauptprodukt der Fettsäuresynthase-Reaktion ist die 16-C-Fettsäure Palmitinsäure (Berg et al., 2013, S.664). Sie dient als Vorstufe einer Vielzahl weiterer Fettsäuren, welche durch Kettenverlängerungsreaktionen oder