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Gewalterfahrung

Im Dokument Partnergewalt gegen Frauen (Seite 116-122)

4 Methodisches Vorgehen

4.6 Datenaufbereitung und Operationalisierung der Variablen .1 Definition der Studienpopulation

4.6.5 Gewalterfahrung

In die nachfolgende Analyse soll zum einen die erlittene Partnergewalt mittels Variablen, die den je-weiligen Schweregrad von psychischer, physischer als auch sexueller Gewalt wiedergeben, einfließen als auch multiple Gewalterfahrung anhand von „miterlebter Gewalt zwischen den eigenen Eltern“,

„Misshandlung“ bzw. dem „sexuellen Missbrauch in der eigenen Kindheit“ sowie „familiärer Gewalt ab dem 16. Lebensjahr“.

Schweregrad von Partnergewalt

Bei der Erfassung von interpersoneller Gewalt und insbesondere von Partnergewalt durch Fragebogen gestützte Untersuchungen sind methodologische Probleme grundsätzlich wegen der gesellschaftlichen Prägung des Gewaltverständnisses (siehe Kapitel 1 und Kapitel 2) und der Sensibilität des Problems gegeben. Ein konkretes Erfragen von verschiedenen spezifischen Gewalthandlungen vermag ein realis-tischeres Bild zeichnen – so die Erkenntnisse zu diesem Forschungsfeld (vgl. u.a. Godenzi 1993; Hage-mann-White 2001; Walby & Myhill 2001; Watts, Heise, et al. 2001) – als eine einzige generalisierende Frage nach Gewalterfahrungen. In der Regel wird in bevölkerungsbasierten Studien auf die von Straus entwickelten und von ihm und seinen Kollegen modifizierten Conflict Tactic Scales (CTS) zurückgegriffen (Straus 1979; Straus, Hamby, et al. 1996; Straus 1999), die etliche Handlungen umfassen. Dieses umstrittene Instrument diente zur Erfassung von Aggressionen und Gewalt in familiären Konflikten und berücksichtigt weder den Kontext der erfragten Gewalthandlungen noch das Bedrohungsgefühl oder die Gewaltfolgen (siehe Kapitel 1.3.1).

Auch in der deutschen Repräsentativstudie (vgl. Müller & Schröttle 2004) wurde an verschiedenen Stellen sowohl im mündlichen als auch schriftlichen Fragebogen (siehe Anhang G) einzelne konkrete Gewalthandlungen und Täterschaften zur Erfassung von psychischer, physischer als auch sexueller

107 Gewalt in umfassenden Itemlisten abgefragt, die im wesentlichen auf den CTS beruhen. Für die weitere Untersuchung wurden die Listen, wie nachfolgend beschrieben, zusammengefasst. Die jewei-ligen Schweregradkonstrukte basieren in eben dieser Reihenfolge auf:

1. mindestens einer erlittenen Handlung an psychischer, körperlicher bzw. sexueller Gewalt durch den (Ex)Partner,

2. der Häufigkeit der Handlung(en),

3. dem Bedrohungsgefühl in der Situation sowie 4. den Gesundheitsfolgen der Gewalthandlungen.

Die Operationalisierung der Konstrukte folgt damit den theoretischen Überlegungen und empirischen Belegen von Michael Johnson (1995; Johnson & Ferraro 2000) und Minna Piispa (2002) zur Differen-zierung von Partnergewalt.

Die Bedrohung mit Waffengewalt (f724, f822) und die Einschränkungen der alltäglichen Lebens-aktivitäten aufgrund der gewaltbedingten Verletzungen (f733, f831) gehen in dieses Konstrukt nicht ein, weil der Inhalt dieser beiden Variablen 1.) bei körperlicher Gewalt durch die Fragen der Itemliste zur Erfassung der Gewalterfahrung selbst abgebildet werden und 2.) sich nur auf die als am schlimms-ten oder belasschlimms-tendsschlimms-ten empfundenen Situationen beziehen, so dass sich für diese Fragen eine hohe Zahl an Missings ergibt. Wie die Konstrukte anhand der verfügbaren Einzelitems operationalisiert werden, wird im Folgenden ausführlich beschrieben (siehe auch Anhang B). Unberücksichtigt bleiben bei den drei Gewaltformen die Fragen des schriftlichen Bogens, da sich diese nur auf die aktuelle Partnerschaft beziehen und daher eine hohe Anzahl an Missings für diese Items vorliegt.

Psychische Gewalt durch den Partner

Psychische Gewalt wird im mündlichen Fragebogen mit einer Itemliste (f501, 9 Items, siehe Tabelle 4-25) verschiedener gewaltförmiger Verhaltensweisen – nicht nach Tätern differenziert – abgefragt. Da für jede einzelne Frau diese Gewaltformen ein anderes Gewicht haben oder sie stärker belasten kann, werden die verschiedenen Formen hier nicht nach einer hypothetischen Schwere bewertet. Unberück-sichtigt bleiben die Frage zur Benachteiligung aufgrund des weiblichen Geschlechts (f501_d) sowie die Fragen aus dem schriftlichen Fragebogen.

Variable Label „Ich habe schon erlebt, …“ berücks.

f501_a dass man mich schwer beleidigt, eingeschüchtert oder aggressiv angeschrieen hat. x f501_b dass man mich auf verletzende Art und Weise lächerlich gemacht, gehänselt, abgewertet oder

gedemütigt hat. x

f501_c dass man mich regelmäßig schikaniert oder unterdrückt hat. x

f501_d dass man mich benachteiligt oder schlecht behandelt hat, weil ich eine Frau bin, wegen meines Alters oder meiner Herkunft.

f501_e dass man mir Schlimmes angedroht hat oder mir Angst machte. x

f501_f dass man mich erpresst hat oder mich zu etwas zwingen wollte, was ich nicht wollte. x f501_g dass man mich verleumdet oder systematisch bei Anderen Schlechtes über mich verbreitet hat. x f501_h dass man mich ausgegrenzt hat oder versucht hat, mich aus einer Gruppe auszuschließen. x f501_j dass man mich psychisch so stark belastet hat, dass ich es als Psychoterror oder seelische

Grausamkeit empfunden habe. x

Tabelle 4-25: Operationalisierung der Variable psychische Partnergewalt Quelle: INFAS/IFF (2004), siehe Anhang G.

108 Als Filter für die neu zu bildende Variable „Schwere der psychischen Gewalt durch den Partner“ gilt mindestens eine erlebte psychische Gewalthandlung (f501) und mindestens einmal durch den Partner erlebt (f509). Zur Abbildung der Schwere fließen neben der Häufigkeit von psychischer Gewalt durch den Partner (f509: häufig, gelegentlich, selten, nur einmal, nie), die Häufigkeit eines ernsthaften Bedro-hungsgefühls in diesen Situationen (f514: häufig, gelegentlich, selten, nur einmal, nie) und die Anzahl der genannten Folgebeschwerden in die Variable ein. Je häufiger also die abgefragten psychischen Gewalthandlungen erlebt wurden, sich die Befragten bedroht fühlten und die Handlungen mit Folgebeschwerden verbunden waren, desto schwerer wurde die erlittene Gewalt bei der Bildung des Konstrukts „Schwere der psychischen Gewalt durch den Partner“ gewertet. Die verschiedenen Antwortmöglichkeiten werden je nach Kombination in sieben Schweregrade (1 – 7) eingeteilt, wobei ein niedriger Wert eine geringe Schwere bezeichnet. Die exakte Kodierung ist dem Anhang B zu entnehmen.

Körperliche Gewalt durch den Partner

Die Repräsentativstudie orientierte sich bei der Abfrage körperlicher Gewalthandlungen an den von Strauss entwickelten CTS (vgl. Straus 1979; Straus, Hamby, et al. 1996). Um der in Kapitel 1.3.1 schriebenen Diskussion um die Aussagekraft der auf den CTS basierenden Lebenszeitprävalenz zu be-gegnen, werden in Anlehnung an die Arbeiten von Johnson (1995; Johnson & Ferraro 2000; Johnson

& Leone 2005) und Piispa (2002) Schweregrade definiert. Diese Schweregrade berücksichtigen die erlit-tenen Handlungen, ihre Häufigkeit, das Bedrohungsgefühl sowie die Gesundheitsfolgen.

Die Bildung des Konstrukts „Schwere der körperlichen Gewalt durch den Partner“ gestaltete sich schwierig und kann wie jede andere Operationalisierung theoretisch hergeleiteter Konstrukte diskutiert werden. Keine Form der Objektivierung von Belastungen, d.h. der Zuordnung einer belastenden Le-benssituation zu einer Maßzahl, wird der jeweiligen individuellen Bedeutung des Ereignisses für die einzelnen Frauen gerecht werden können. Gleichwohl wird mit der Einbeziehung verschiedener Varia-blen versucht, zumindest der Komplexität von Partnergewalt in Ansätzen abzubilden. Letztlich spie-geln sich in der hier gewählten Form der derzeitige Wissenstand zum Forschungsfeld sowie die sub-jektive Zuordnung der Autorin wider, die eine sinnvolle wie angemessene Gruppierung zum Ziel hatte.

Bei der Überprüfung der Datenqualität im Hinblick auf die angegebene Häufigkeit an erlittener Gewalt mittels Kreuztabellierung zeigten sich Inkonsistenzen. Der Hauptgrund für diese Inkonsistenz liegt im Vorliegen von Report- und Recall-Bias (vgl. Kapitel 4.5.3). Insbesondere bei der Beantwortung der Frage f700, f701 (Itemliste: einmal vs. mehrmals) und f705 wird die subjektive Deutung der angebo-tenen Häufigkeitskategorien deutlich.

Es erfolgten mehrere Versuche einer theoriegeleiteten Operationalisierung des Schweregrades von kör-perlicher Gewalt. Gleichbleibend fungierte jeweils mindestens eine erlebte körperliche Gewalthandlung sowie mindestens einmal durch den Partner (f706) als Filter. Ausgangspunkt war die im mündlichen Fragebogen mit einer Itemliste abgefragten konkreten Gewalthandlungen (f701, 18 Items) (siehe Tabelle 4-26).

Die Häufigkeit von körperlicher Gewalt wurde sowohl in der gleichen Skalierung wie bei psychischer Gewalt (f700) als auch im Kontext mit den Gewalthandlungen (f701) sowie in vorgegebenen kon-kreten Antwortkategorien (f705: „nur einmal“, „2 – 3mal“, „4 – 10mal“, „10 – 20mal“, „20 – 40mal“,

„häufiger“) erfragt.

109

Variable Label „Jemand hat…“ Differenzierung

f701_a mich wütend weggeschubst

f701_b mir eine leichte Ohrfeige gegeben leichte

f701_k mir ernsthaft gedroht, mich körperlich anzugreifen oder zu verletzen Gewalthandlungen f701_l mir ernsthaft gedroht, mich umzubringen

f701_c mich gebissen oder gekratzt, so dass es mir weh tat oder ich Angst bekam f701_d meinen Arm umgedreht oder mich an den Haaren gezogen, so dass es mir weh tat f701_e mich schmerzhaft getreten, gestoßen oder hart angefasst

f701_f mich heftig weggeschleudert, so dass ich taumelte oder umgefallen bin mittlere

f701_g mich heftig geohrfeigt oder mit der flachen Hand geschlagen Gewalthandlungen f701_h etwas nach mir geworfen, das mich verletzen könnte

f701_j mich mit etwas geschlagen, das mich verletzen könnte

f701_m mit den Fäusten auf mich eingeschlagen, so dass es mir weh tat oder ich Angst bekam f701_s mich auf eine andere Art körperlich angegriffen, die mir Angst machte oder wehtat f701_n mich verprügelt oder zusammengeschlagen

f701_o mich gewürgt oder versucht, mich zu ersticken schwere

f701_p mich absichtlich verbrüht oder mit etwas Heißem gebrannt Gewalthandlungen f701_q mich mit einer Waffe, zum Beispiel einem Messer oder einer Pistole bedroht

f701_r mich mit einer Waffe, zum Beispiel einem Messer oder einer Pistole verletzt Tabelle 4-26: Operationalisierung der Variable körperliche Partnergewalt Quelle: INFAS/IFF (2004), siehe Anhang G.

Die mehrfachen Versuche – anhand der o.g. Variablen das Konstrukt „Schwere der körperlichen Ge-walt durch den Partner“ zu bilden – erschienen nach einer jeweils ersten deskriptiven Prüfung als nicht hinreichend plausibel, denn es zeigten sich zwei Häufigkeitspeaks für leichtere und für sehr schwere Formen von Partnergewalt. Ein weiterer Versuch, der zum letztlich verwendeten Konstrukt führte, orientiert sich an der von Schröttle und Ansorge (2008: 35) vorgeschlagenen Gewichtung der Gewalt-handlungen. Diese Gewichtung folgt der von Johnson und Leone (2005) sowie Piispa (2002) vorgeschlagenen theoretischen Begründung, nach der Gewalt, die sich ausschließlich in Drohungen manifestiert, als leichte Gewaltform, hingegen der Einsatz von Objekten und Waffen sowie Würgen, Ertränken und Zusammenschlagen als schwere Gewalt zu bewerten sei. Alle nicht in diese Kategorien fallenden Formen seien einer mittelschweren Gewalt zuzuordnen.

In die weitere Analyse fließt das Konstrukt „Schweregrad körperlicher Partnergewalt“ ein, die wie folgt operationalisiert wurde. Die in den Itemlisten abgefragten Gewalthandlungen wurden analog der vor-geschlagenen Kategorisierung im ersten Schritt in leichtere, mittlere oder schwerere Handlungen differenziert (siehe Tabelle 4-26). Berücksichtigt wurden die konkrete Häufigkeit von erlittener körper-licher Gewalt (f705), die Angst vor einer ernsthaften oder lebensgefährlichen Verletzung in diesen Situationen (f725) sowie das Vorliegen von gewaltbedingten Verletzungen (f711, 12 Items). Auch für diese Variable wurden je nach Kombination der verschiedenen Antwortmöglichkeiten sieben Schwere-grade (1 – 7) gebildet, wobei ein niedriger Wert eine geringe Schwere bezeichnet. Die exakte Kodie-rung ist dem Anhang B zu entnehmen.

Sexuelle Gewalt durch den Partner

Die Variable „Schwere der sexuellen Gewalt durch den Partner“ wurde in ähnlicher Weise wie die zur körperlichen Gewalt gebildet. Als Filter fungierte mindestens eine Nennung bei der Itemliste an kon-kreten sexuellen Gewalthandlungen (f803, 5 Items, siehe Tabelle 4-27) sowie mindestens einmal durch

110 den Partner (f808). Die erfragten Gewalthandlungen werden in 1.) vollzogene Vergewaltigung (f803_a) und 2.) sexuelle Nötigung (f803_b bis f803_e) differenziert (vgl. Schröttle & Ansorge 2008:30).

Variable Label

f803_a Jemand hat mich zum Geschlechtsverkehr gezwungen und ist gegen meinen Willen mit dem Penis oder etwas anderem in mich eingedrungen.

vollzogene Vergewaltigung f803_b Jemand hat gegen meinen Willen versucht, mit dem Penis oder etwas anderem in mich

einzudringen, es kam dann aber nicht dazu.

f803_c Jemand hat mich zu intimen Körperberührungen, Streicheln, Petting und ähnlichem gezwungen.

sexuelle Nötigung f803_d Ich wurde zu anderen sexuellen Handlungen oder Praktiken gezwungen, die ich nicht wollte.

f803_e Jemand hat mich gezwungen, pornographische Bilder oder Filme anzusehen und sie nachzuspielen, obwohl er/sie wusste, dass ich das nicht wollte.

Tabelle 4-27: Operationalisierung der Variable sexuelle Partnergewalt Quelle: INFAS/IFF (2004), siehe Anhang G.

Die Häufigkeit sexueller Gewalthandlungen wurde mit drei verschiedenen Fragen erfasst. Wie bei kör-perlicher Gewalt fließt in die Variable zum Schweregrad die konkrete Häufigkeitserfassung (f807: „nur einmal“, „2 – 3mal, „4 – 10mal“, „10 – 20mal“, „20 – 40mal“, „häufiger“) ein. Der Schweregrad wird auch anhand der Angst vor einer ernsthaften oder lebensgefährlichen Verletzung in diesen Situationen (f813) sowie der Anzahl der genannten Verletzungen (f812, 12 Items) gebildet. Für diese Variable wurden je nach Kombination der verschiedenen Antwortmöglichkeiten ebenfalls sieben Schweregrade (1 – 7) gebildet, wobei ein niedriger Wert eine geringe Schwere bezeichnet. Die exakte Kodierung ist dem Anhang B zu entnehmen.

Partnergewalt insgesamt

Da sich während der Korrelationsanalyse zeigte, dass zwischen den Schweregradkonstrukten der ein-zelnen Gewaltformen ein großer Zusammenhang besteht (siehe Kapitel 5.2.5 und Anhang D), wurde eine Indexvariable gebildet, die die einzelnen Schweregradwerte für psychische, physische und sexuelle Gewalt zusammenfassend addiert. Jede dieser Variablen fließt gleichwertig in diesen Index ein, so dass Werte zwischen 1 (bei nur einem Gewalttyp in leichter Form) bis 21 (bei allen Gewalttypen in schwerster Form) erreicht werden können. Der Wert 21 bezeichnet das Maximum und gibt somit die schwerste Ausprägung an Partnergewalt an.

Multiple Gewalterfahrung

Wie in Kapitel 2 und Kapitel 3 beschrieben, ist davon auszugehen, dass bei Vorliegen von multipler Gewalterfahrung sowohl in der Kindheit als auch im Erwachsenenleben weniger eigene Ressourcen bei den Betroffenen zu finden sind. Weiter ist anzunehmen, dass, wenn ein grundsätzliches Gewaltklima in den sozialen Bezügen der Frauen vorzufinden ist, es ihnen wegen der Alltäglichkeit von Gewalt und dem stetigen Überschreiten der eigenen Grenzen schwerer fällt, um Hilfe und Unterstützung zu suchen und dann auch anzunehmen. Daher soll ebenfalls untersucht werden, welchen Einfluss eine körperliche/psychische Misshandlung sowie sexueller Missbrauch in der Kindheit, familiäre Gewalt nach dem 16. Lebensjahr sowie das Miterleben von Gewalt zwischen den Eltern haben.

111 Miterleben von Gewalt zwischen den Eltern

Im schriftlichen Fragebogen wurde nach der Häufigkeit (häufig, gelegentlich, selten, nur einmal, nie) gefragt, mit der körperliche Auseinandersetzungen wie Ohrfeigen, Schlagen, Treten oder ähnliches zwischen den Eltern oder Pflegeeltern erlebt wurde (f68). Die dichotome Variable „Miterleben von Gewalt zwischen den Eltern“ wird aus den Antwortkategorien häufig oder gelegentlich gebildet.

Misshandlung in der Kindheit

Auch erlittene Misshandlungen im Kindesalter bis zum 16. Lebensjahr wurden im schriftlichen Fragebogen mit konkreten Handlungen jeweils fünfstufig skaliert abgefragt (f71). Die Itemliste bein-haltet sowohl Formen körperlicher Züchtigung als auch schwererer Gewalt sowie Formen psychischer Gewalt (siehe Tabelle 4-28).

Variable Label „Ich…

f71_1 wurde lächerlich gemacht und gedemütigt

f71_2 wurde so behandelt, dass es seelisch verletzend war psychische Gewalt f71_3 wurde niedergebrüllt

f71_4 wurde leicht geohrfeigt

f71_6 bekam einen strafenden Klaps auf den Po leichte Gewalthandlungen f71_7 bekam mit der Hand kräftig den Po versohlt

f71_11 wurde auf andere Weise körperlich bestraft

f71_5 bekam schallende Ohrfeigen mit sichtbaren Striemen

f71_8 wurde mit einem Gegenstand auf die Finger geschlagen schwerere Gewalthandlungen f71_9 wurde mit einem Gegenstand kräftig auf den Po geschlagen

f71_10 bekam heftige Prügel

Tabelle 4-28: Operationalisierung der Variable Misshandlung in der Kindheit Quelle: INFAS/IFF (2004), siehe Anhang G.

Das Datenniveau erlaubte zwar die Bildung eines transformierten Summenscores, jedoch zeigte die Überprüfung der Itemschwierigkeit, dass nur vier der elf Items den empfohlenen Wert von 0,3 (Kappelhoff 2007: 99; Field 2009: 678) überschritten. Daher wurde auf diese Form der Operationali-sierung verzichtet (vgl. Anhang A) und die Variable „Misshandlung in der Kindheit“ wie folgt gebildet:

Neben den konkreten Handlungen wird nach der Häufigkeit gefragt. Analog zu den Schweregradvaria-blen der Partnergewalt fließt an erster Stelle die Häufigkeit ein (mit den Ausprägungen nie, nur einmal/selten/gelegentlich bzw. häufig) (f70). Die mit der Itemliste erfassten Gewalthandlungen werden im ersten Schritt zusammengefasst in psychische Gewalt, leichte und schwerere körperliche Gewalt (siehe Tabelle 4-28). In der neuen Variable „Misshandlung in der Kindheit“ werden sie in sechs Kategorien gruppiert je nach Schweregrad von Züchtigung oder Misshandlung in Kombination mit psychischer Gewalt. Auch hier bezeichnet ein höherer Wert ein höheres Maß an erlittener Gewalt in der Kindheit. Die genaue Operationalisierung ist dem Anhang B zu entnehmen.

Sexueller Missbrauch als Kind

Auch wurden konkrete sexuelle Missbrauchshandlungen bis zum 16. Lebensjahr durch Erwachsene abgefragt (f72, 5 Items, siehe Tabelle 4-29) sowie zusätzlich eine offene Frage zur Anzahl der Hand-lungen gestellt (f73). Ebenso wie bei der Bildung der Variablen zum Schweregrad psychischer Partnergewalt werden die Items nicht nach einer vermeintlichen Schwere der Gewalthandlungen

112 gewichtet. Ein sexueller Missbrauch in der Kindheit liegt vor, wenn mindestens ein Item bejaht wurde.

Der Schweregrad der zu bildenden Variable wird anhand der genannten Häufigkeit formiert: „kein Missbrauch“, „einmaliger Missbrauch“, „zwei- bis zehnmaliger Missbrauch“ und „zehn- bis hundert-maliger Missbrauch“.

Variable Label

f72_1 sexuell berührt oder an intimen Körperstellen angefasst

f72_2 gedrängt oder gezwungen, die Person an intimen Körperstellen zu berühren f72_3 gedrängt oder gezwungen, sich selbst an intimen Körperstelen zu berühren f72_4 zum Geschlechtsverkehr oder ähnlichem gedrängt oder gezwungen f72_6 zu anderen sexuellen Handlungen gedrängt oder gezwungen

Tabelle 4-29: Operationalisierung der Variable sexueller Missbrauch in der Kindheit Quelle: INFAS/IFF (2004), siehe Anhang G.

Familiäre Gewalt nach dem 16. Lebensjahr

Um multiple Gewalterfahrung abzubilden, wurde eine Variable „Familiäre Gewalt nach dem 16.

Lebensjahr“ gebildet. Lag mindestens eine Nennung bei den Itemlisten zu den Tätern aus dem fami-liären Umfeld bei körperlicher und sexueller Gewalt vor (f706_150 bis f706_159, f808_150 bis f808_159) oder wurde die Frage nach Formen der psychischen Gewalt durch andere Familienmit-glieder oder Verwandte mit „häufig“ bejaht (f510), dann wird familiäre Gewalt angenommen. Diffe-renziert wurde zwischen den Ausprägungen „nur psychische Gewalt“, „nur körperliche Gewalt“, „nur sexuelle Gewalt“, „psychische und körperliche Gewalt“ und „sexuelle und körperliche und/oder psychische Gewalt“.

Im Dokument Partnergewalt gegen Frauen (Seite 116-122)