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4 ERGEBNISSE

4.1 Geschlechts- und Altersverteilung

Die Auswertung der Geschlechts- und Altersverteilung der Gruppen

„Ohrakupunktur“, „Placeboakupunktur“, „Midazolam“ und „Nichtintervention“ ergab folgende in Tabelle 4-1, 4-2, 4-3 und 4-4 dargestellte Ergebnisse.

Gruppe A: „Ohrakupunkturgruppe”

Männer Frauen Gesamt

Alter der Kontrollgruppe; Angaben in Jahren als Mittelwert (MW) ± Standardabweichung (SD)

Gruppe B: „Placeboakupunkturgruppe“

Alter der Kontrollgruppe; Angaben in Jahren als Mittelwert (MW) ± Standardabweichung (SD)

Gruppe C: „Midazolamgruppe “

Alter der Kontrollgruppe; Angaben in Jahren als Mittelwert (MW) ± Standardabweichung (SD)

Gruppe D: „Nichtinterventionsgruppe “

Alter der Kontrollgruppe; Angaben in Jahren als Mittelwert (MW) ± Standardabweichung (SD)

4.2 Ergebnisse der Angsterfassung

Zu Untersuchungsbeginn (MP 1) unterschieden sich die Gruppen (Tabelle 4-5 und Tabelle 4-6) nicht signifikant voneinander. Erst kurz vor der Behandlung (MP 2) (STAI X1, VAS und Sedierungsgrad) bzw. nach der Behandlung (MP 3) (Sedierungsgrad) ergaben sich signifikante Gruppenunterschiede.

Ohrakupunktur Placebo-

Ergebnisse der Zustandsangst (STAI X2) und der Herzfrequenz (HF) zum MP1;

Angaben als Mittelwerte ± Standardabweichungen

Ergebnisse der subjektiven Angsterfassung zum MP 1, MP 2 und MP 3; Angaben als Mittelwerte ± Standardabweichungen;* Differenz MP 2 - MP 1 der Interventionsgruppen signifikant zur Differenz MP 2 - MP 1 der Nichtinterventionsgruppe, 2-seitiger Post hoc Dunnett t Test;

** Differenz MP 3 - MP 1 der Interventionsgruppe signifikant zur Differenz MP 3 - MP 1 der Nichtinterventionsgruppe, 2-seitiger Post hoc Dunnett t Test

Die Methode der Messzeitwiederholung im allgemeinen linearen Modell ergab folgende Ergebnisse: STAI X1 (Wilks` Lambda, 0,666; P < 0,001) (Grafik 4-1); VAS (Wilks` Lambda, 0,772; P= 0,012) (Grafik 4-2) und Sedierungsgrad (Wilks´ Lambda, 0,542; P < 0,001) (Grafik 4-3).

MP 1 MP 2 MP 3

Zeitintervall

40,00 45,00 50,00 55,00

STAI X1

keine Intervention Ohrakupunktur Placeboakupunktur Midazolam

Grafik 4-1

Veränderungen in STAI X1 (Spielberger Stait-Trait Angstinventar X1, Wertebereich 20-80)

Für die HF konnten im Vergleich zur Nichtinterventionsgruppe lediglich Angst reduzierende Tendenzen in den Interventionsgruppen gefunden werden (Wilks’-Lambda, 0,631; F, 1,045, P = 0,414) (Grafik 4-4).

Die univariate Varianzanalyse ergab bei der Betrachtung der mittleren Differenz zum MP 2 zwischen den Angstlevel (MP2 – MP1) einen signifikanten Gruppenunterschied (STAI X1, P = 0,000; 95% Konfidenzintervall [CI] -9,30 – -4,07;

VAS, P = 0,040; 95% Konfidenzintervall [CI] -1,71 – -0,75).

Im Post hoc Dunnett t-Test für den STAI X1 wurde dieses Ergebnis zwischen der Ohrakupunktur- und Nichtinterventionsgruppe (P = 0,012; 95 % Konfidenzintervall [CI] -18,93--1,97) und der Midazolam- und Nichtinterventionsgruppe (P < 0,001;

95 % Konfidenzintervall [CI] -26,35--9,39) erzielt (Diagramm 4-1).

Darstellung der STAI-Testergebnisse für die augenblickliche Angst (Spielberger Stait-Trait Angstinventar, X1 Form für Angst als Zustand, Wertebereich 20-80) zum MP 1, MP 2 und MP 3; Medianwerte sind als horizontale Balken, interquartiler Abstand als Box, Spannweite als Linien und Extremwerte als Kreise dargestellt; Dormicum = Midazolam

Im Post hoc Dunnett t-Test für die VAS konnte ein signifikanter Unterschied lediglich zwischen der Midazolamgruppe und Nichtinterventionsgruppe (P = 0,011; 95 % Konfidenzintervall [CI] -3,91--0,43) gefunden werden (Diagramm 4-2). Die mittleren Differenzen zum MP 3 zwischen den Angstlevel (MP3 – MP1) wiesen keinen signifikanten Gruppenunterschied auf.

No treatment Auricular AP Placebo AP Midazolam 0,00

2,00 4,00 6,00 8,00

10,00 VAS MP 1

VAS MP 2 VAS MP 3

Diagramm 4-2

Darstellung der Ergebnisse für die visuelle Analogskala zum MP 1, MP 2 und MP 3;

Medianwerte sind als horizontale Balken, interquartiler Abstand als Box, Spannweite als Linien und Extremwerte als Kreise dargestellt; No treatment = keine Intervention,

Auricular AP = Ohr AP

Bei der Ergebnisauswertung des Sedierungsgrades konnten für die mittlere Differenz sowohl zum MP 2 (P < 0,001, 95 % Konfidenzintervall [CI] -0,42-0,82) als auch zum MP 3 (P = 0,013, 95 % Konfidenzintervall [CI] -0,05-0,29) signifikante Gruppenunterschiede gefunden werden. Der Post hoc Dunnett t-Test zeigte allerdings, dass zum MP 2 alle Interventionsgruppen zu diesem Ergebnis gleich beitrugen. Zum MP 3 konnte eine signifikante Gruppendifferenz zwischen der Midazolam- und Nichtinterventionsgruppe ausgemacht werden.

No treatment Auricular AP Placebo AP Midazolam 0,00

1,00 2,00 3,00

4,00 SG MP 1

SG MP 2 SG MP 3

Diagramm 4-3

Darstellung der Werte des Sedierungsgrades (Wertebereich 1-5); Medianwerte sind als horizontale Balken, interquartiler Abstand als Box, Spannweite als Linien und Extremwerte als Kreise dargestellt; No treatment = Nichtintervention,

Auricular AP = Ohr AP

Bei der Beurteilung des Patientenverhaltens durch den zahnärztlichen Behandler konnten ebenfalls signifikante Gruppenunterschiede ermittelt werden. Der Post hoc Dunnett t-Test ergab, dass dieses signifikante Ergebnis durch die Differenz zwischen der Ohrakupunktur- und Nichtinterventionsgruppe (P = 0,032; 95 % Konfidenzintervall [CI] 0,06-1,51) und der Midazolam- und Nichtinterventionsgruppe (P = 0,049; 95 % Konfidenzintervall [CI] 0,00-1,46) entstanden ist (Tabelle 4-7).

Tabelle 4-7

Ergebnisse der Beurteilung des Patientenverhaltens durch den Zahnarzt zum MP 3

(Arbeitsbedingung sehr schlecht (1), schlecht (2), befriedigend (3), gut (4), sehr gut (5)); Angaben als Mittelwerte ± Standardabweichungen; *signifikant im Vergleich zur Nichtinterventionsgruppe,

2-seitiger Post hoc Dunnett t Test

In allen Interventionsgruppen sanken die Herzfrequenzwerte, während sie in der Nichtinterventionsgruppe anstiegen (Grafik 4-4). Signifikante Differenzen ergaben sich hier nur zu bestimmten nicht aufgeführten Zeitpunkten.

Es konnten während der Zeit der Sauerstoffsättigungsmessung weder für die Interventionsgruppen noch für die Nichtinterventionsgruppe signifikante Unterschiede in den Messergebnissen gefunden werden. Die Sauerstoffsättigung blieb für alle Patienten während der Untersuchung konstant über 95%.

In der Midazolamgruppe gab es keine einzige unerwünschte Arzneimittelwirkung (UAW), z. B. eine paradoxe Wirkung, eine tiefe Sedierung oder eine Hypnose mit Dämpfung des Atemzentrums. Bei der Überwachung der Vitalfunktionen zeigte sich

Ohrakupunktur Placebo-

weder ein kritischer Herzfrequenzabfall, noch ein relevanter Abfall der peripheren Sauerstoffsättigung.

Nur wenige Patienten (N= 7) beschrieben nach der Midazolamapplikation ein wenige Minuten andauerndes unangenehmes Nasenbrennen. In den anderen Gruppen traten während der gesamten Untersuchung keine weiteren unerwünschten Wirkungen auf.

5 Diskussion

Ziel dieser Studie war es, die klinische Wirksamkeit der Ohrakupunktur auf das Angstverhalten der Patienten vor einer Zahnextraktion zu überprüfen. Um ein hohes Maß an Objektivität und Reproduzierbarkeit zu erreichen, wurde ein randomisiertes, kontrolliertes und einfachblindes Studiendesign gewählt.

Es handelte sich hierbei um eine Vergleichsstudie, in der die Ohrakupunktur direkt mit dem anxiolytisch wirksamen Midazolam, mit der Placeboakupunktur und einer Nichtintervention verglichen wurde.

Es konnte festgestellt werden, dass Ohrakupunktur und intranasales Midazolam gleich gut anxiolytisch wirksam sind vor einem Zahneingriff, und beide Verfahren signifikant wirksamer sind im Vergleich zu einer Placeboakupunktur, wenn die Nichtinterventionsgruppe als Bezugsgröße aller Interventionen gilt. Die Angst reduzierende Wirkung trat dabei innerhalb der ersten 30 Minuten nach der Akupunkturnadelung bzw. nach Midazolamapplikation ein. Im Unterschied zur pharmakologischen Intervention setzte bei der Ohrakupunktur die Sedierung zwar früher ein, dehnte sich aber insgesamt über einen kürzeren Zeitraum aus.

Die Ergebnisse zeigten allerdings, dass auch die Placeboakupunktur einen Angst reduzierenden Effekt ausübte, was sowohl auf einen Placeboeffekt selbst als auch auf das nicht vollständig inerte Placebosystem zurückgeführt werden kann, da es mit der stumpfen Nadel und dem Applikationskissen auch zu Berührungsreizen am Ohr kommt. In einer Studie, bei der dasselbe Placebosystem verwendet worden ist zur Behandlung von Entzugssymptomen im Zusammenhang mit Alkoholentzug, kam es ebenfalls zu sedierenden Effekten im Placeboaarm (Karst et al., 2002).

In Akupunkturstudien ist gezeigt worden, dass die Patientenerwartung sowohl den

eigentlichen Behandlungseffekt (Kalauokalani et al., 2001) als auch neuronale Grundmechanismen (Pariente et al., 2005) modulieren kann. Diese Veränderungen durch Erwartung beeinflussen möglicherweise schon die Ausgangswerte. Neben der die Ausgangswerte und das Ergebnis beeinflussenden Erwartungshaltung des Patienten wurde auch die Einflussnahme des Behandlers auf den Patienten in einer Studie von Galer et al. (1997) untersucht. Dabei konnte festgestellt werden, dass Ärzte bei der Behandlung von chronischen Schmerzpatienten offensichtlich ihre Erwartungen den Patienten weitergeben können, was auch Einfluss auf das Behandlungsergebnis ausüben kann. Dieser mögliche Bias-Effekt sollte in vorliegender Studie verhindert werden, indem zwar die Studienplanung und Studiendurchführung gründlich vorbereitet wurde und der Behandler in die Details der hier durchgeführten Ohrakupunktur bzw. Pharmakotherapie eingeführt wurde, so dass eine große Sicherheit in der Anwendung dieser spezifischen Verfahren bestand, aber explizit kein theoretisches Hintergrundwissen oder konkrete Überzeugungen zur Akupunktur oder Pharmakotherapie der Angst durch den Behandler vor und während der Durchführung der Studie erarbeitet wurden.

Gespräche mit den Patienten wurden während des gesamten Untersuchungszeitraums auf das Nötigste reduziert, um auch so unbewusste Beeinflussungen so gering wie möglich zu halten. Grundsätzlich wurden die Ausgangswerte und die Follow-up-Bestimmungen durch einen vom Behandler unabhängigen Untersucher erhoben. Der Untersuchungsraum war dabei so gestaltet, dass dieser Untersucher die physiologischen Parameter zwar mühelos ablesen und notieren konnte, der Blick auf die Patienten aber durch Stellwände verwehrt war. Die Austeilung der entsprechenden Fragebögen durch den Untersucher erfolgte vor (MP 1) oder nach (MP 2) Beendigung der Intervention, so dass gesichert war, dass die Trennung zwischen Behandler und Untersucher

erhalten blieb. An der Studienmethodik kann kritisiert werden, dass keine Doppel-Dummy-Technik zum Einsatz gekommen ist, d.h. die parallele Anwendung des jeweils alternativen Verfahrens im jeweilig anderen Studienarm (Placebo-Nasenspray in den Akupunkturgruppen und Placeboakupunktur in der Midazolamgruppe). Bei Vorrang für einen Direktvergleich eines bewährten anxiolytischen Verfahrens (Midazolam) mit der Akupunktur und den zu erwartenden unspezifischen Effekten einer Placeboakupunktur und der Gefahr der Demaskierung des Placebo-Nasensprays, das nicht zu Nasenbrennen führt, wurde auf eine Doppel-Dummy-Vorgehensweise verzichtet. Darüber hinaus hätten synergistische Placeboeffekte Aussagen über das Ausmaß der Angst reduzierenden Effekte in der jeweiligen Verumgruppe erschwert.

Die Studienmethodik kann auch darin kritisch beurteilt werden, dass in das untersuchte Patientenkollektiv nicht ausschließlich nur unter allgemeiner Dentalophobie (ICD-10 F40.2) leidende Patienten (s.Kapitel 2.1.2) eingeschlossen wurden, sondern in geeigneten Zeiträumen konsekutiv alle Patienten der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, die sich einer Zahnextraktion unterziehen mussten und die die Einschlusskriterien erfüllten bzw. nicht wegen Zutreffens der Ausschlusskriterien von der Teilnahme an der Studie ausgeschlossen werden mussten. Die erhöhten Ausgangswerte für den STAI X1 zeigten allerdings, dass die Zahnextraktion für die untersuchten Patienten eine Situation darstellte, die durch eine gesteigerte Intensität von Anspannung, Besorgtheit, Nervosität und innerer Unruhe gekennzeichnet war, was auf eine in der Bevölkerung weit verbreiteten und grundlegenden Zahnbehandlungsangst (s.Kapitel 2.2) zurückgeführt werden kann.

Ähnlich stark erhöhte STAI X1- Augangswerte waren auch von Hollenhorst et al.

(2001) als Ausdruck klaustrophobischer Ängste vor und während MRT-Untersuchungen gefunden worden.

Die relativ kleine Patientenzahl und die fehlende Schmerzbeurteilung sind weitere limitierende Faktoren der Studie. Auftretende Schmerzen hätten die Bewertung der Angst beeinflussen und damit das Gesamtergebnis verfälschen können. Allerdings ist nach der Zahnextraktion, eine Phase, in der Schmerz hätte auftreten können, in allen Gruppen die Angst auf nahezu das gleiche Niveau gesunken, was gegen eine solche Beeinflussung spricht. Darüber hinaus wurde die Zahnextraktion bei allen Patienten unter Lokalanästhesie durchgeführt.

Auch war es leider aus organisatorischen Gründen nicht möglich einen einzigen Zahnarzt die Zahnextraktion durchführen und das Patientenverhalten beurteilen zu lassen. Trotz des gleichen Durchführungsschemas für die Zahnextraktion waren deshalb sicherlich nicht alle Behandlungen identisch. Allerdings konnte davon ausgegangen werden, dass bei der hohen Frequenz an Patienten, die einer Zahnextraktion zugeführt wurden, alle behandelnden Zahnärzte eine auf ihrer Erfahrung basierende, vergleichende Einschätzung der Patienten-Compliance abgeben konnten.

In Kapitel 3.6 wurde bereits über die Ohrakupunktur als eine für verschiedene Symptome und Syndrome adjuvante Behandlungsoption in der Zahnheilkunde berichtet. Verschiedene Übersichtsarbeiten betonen die unterstützende Rolle von Akupunktur bei konventionellen Behandlungverfahren von Zahn- und Gesichtsschmerzen, Würgereiz und temporomandibulärer Dysfunktion (Ernst &

Pittler, 1999; Rosted, 2000; Vachiramon et al., 2004), nicht aber zur Kontrolle von Zahnbehandlungsangst.

Die hier vorgelegte Studie zur Untersuchung der Wirksamkeit von Ohrakupunktur bei Zahnbehandlungsangst ist die erste kontrollierte Untersuchung, die die Ohrakupunktur direkt mit Midazolam, Placeboakupunktur und einer Nichtintervention vergleicht. Demnach ist die Ohrakupunktur ein geeignetes und einfaches Verfahren,

um Zahnbehandlungsangst zu reduzieren. Es ließen sich Übereinstimmungen hinsichtlich ihrer anxiolytischen Wirkung mit den Ergebnissen aus vorangegangen Arbeiten über den Einfluss von Ohrakupunktur auf die präoperative Angst (Wang et al., 2001; Wang et al., 2004) und die Angst bei ambulanten Krankentransporten (Kober et al., 2003) feststellen. Im Gegensatz zu diesen Arbeiten, in denen Akupunktur bzw. Akupressur an für die Indikation „Angstreduktion“ als ungeeignet geltenden Punkten als Kontrollbehandlung zur Anwendung kam, wurde in vorliegender Arbeit erstmalig ein Direktvergleich durchgeführt mit einem Verfahren – intranasales Midazolam – , dass in verschiedenen klinischen Situationen nachweisbar Angst reduzierend wirksam ist (Hollenhorst et al., 2001; Al-Rakaf H et al., 2001).

Die US-amerikanische National Acupuncture Detoxification Association (NADA) empfiehlt den Einsatz von Ohrakupunktur bereits seit Jahren als festen Bestandteil des Therapiekonzepts von Drogen-, Alkohol- oder Nikotinabhängigkeit (Smith &

Khan, 1988). Passend hierzu zeigte sich in einer Placebo kontrollierten Untersuchung zur Wirksamkeit von Ohrakupunktur bei Entzugssymptomen im Alkoholentzug eine Überlegenheit der Ohrakupunktur gegenüber der Kontrollbehandlung (Karst et al., 2002).

Resümiert man die Vielzahl von wissenschaftlichen Studien und Arbeiten, so kann festgestellt werden, dass die Ohrakupunktur als sedierende und angstlösende Therapieform eingesetzt werden kann.

Zwar gibt es für den neurophysiologischen Wirkmechanismus der Ohrakupunktur noch keine exakten wissenschaftlichen Erkenntnisse, man diskutiert aber einen somatotopischen Zusammenhang zwischen Akupunkturpunkten am Ohr und den Repräsentationszonen im somatosensorischen Kortex, die bestimmten Körperarealen zugeordnet werden können. Darüber hinaus sind unspezifische

Effekte vorstellbar durch Stimulation der das Ohr versorgenden Hirn- und Spinalnerven, etwa Äste des N. vagus. Die These spezifischer Somatotopien wird durch Erkenntnisse aus der Körperakupunktur unterstützt, in der solche neuronalen Verknüpfungen mittels funktioneller Kernspintomographie nachgewiesen werden konnten (Kaptchuk, 2002). Park et al. (2005) beschrieben die spezifische Wirkung von Akupunktur am Akupunkturpunkt Herz 7 im Unterschied zu Akupunktur am Punkt Magen 36, wodurch Angstverhalten von Ratten reduziert werden konnte, welche in einem Zeitraum von drei bis 14 Tagen nach der Geburt stundenweise von ihren Müttern getrennt waren. Immunhistochemische Untersuchungen in der basolateralen Amygdala zeigten, dass die Anzahl Neuropeptid Y beinhaltender Zellen, die bei den separierten ängstlichen Tieren erniedrigt war, nur nach Akupunktur an Herz 7 signifikant anstieg verbunden mit dem reduzierten Angstverhalten.

Wie bereits in Kapitel 2.2 beschrieben, wird von einem Grossteil der Bevölkerung die Zahnbehandlung unter Lokalanästhesie als bedrohliche Situation wahrgenommen.

Ausgelöst wird dieses Angstverhalten hauptsächlich durch die Assoziation mit eventuell auftretenden Schmerzen. Die dabei entstehende Erwartungsangst führt oft zur Meidung zahnärztlicher Behandlungen und kann verheerende Folgen auf die Zahn- bzw. auch allgemeine Gesundheit haben. Einfache anxiolytische Therapieverfahren können sowohl für den Patienten als auch für den Zahnarzt eine Verbesserung der Behandlungsqualität bewirken. Mit ihrer anxiolytischen Wirkung stellt die Ohrakupunktur eine weitere nicht-pharmakologische Alternative zu den bereits bekannten Therapiemöglichkeiten dar.

Weitere Studien über die anxiolytische Wirksamkeit der Ohrakupunktur mit größeren Patientenkollektiven wären sinnvoll, dennoch kann sie auch schon jetzt in der Zahn- heilkunde als unterstützende Maßnahme zur Angstreduktion empfohlen werden.