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5.2 Diskussion der Ergebnisse

5.2.3 Gesamtleistungsausgaben

5.2.3 Gesamtleistungsausgaben

Die Gesamtkosten im Evaluationszeitraum für die absolute und relative Perspektive waren für einen Einjahreszeitraum für die Angeschriebenen niedriger als für die Kontrollgruppe (siehe Tabelle 37). Dabei glichen die Kosten der Interventionsgruppe in der absoluten Perspektive jedoch denen der Kontrollgruppe, während die Ablehner die niedrigsten Gesamtkosten hatten.

Gesamtleistungsausgaben Angeschriebene Kontrolle Absolute Perspektive

Median Gesamt 3.927 4.314

Intervention 4.384

Ablehner 3.789

Mittelwert Gesamt 7.142 7.837

Intervention 7.939

Mittelwert Gesamt 10.731 14.308

Intervention 12.191

Ablehner 9.965

Tabelle 37 – Gesamtkosten in einem Jahr, absolut und relativ

Das überraschend gute Ergebnis der Ablehner und schlechte Abschneiden der Interventionsgruppe erschien nicht plausibel. Da die einzigen Einwirkungen auf die Angeschriebenen der Selektionseffekt und das Gesundheitsprogramm waren, könnte sich dieses Ergebnis durch eine kombinierte Wirkung eines „negativen“ Selektionseffekt und eines „positiven“ Programmeffekts erklären lassen. Während sich die besonders teuren und vermutlich auch kränkeren Patienten in der Interventionsgruppe sammelten,

lehnten die relativ Kosten-günstigeren, sich gesünder fühlenden Patienten das Gesundheitsprogramm ab. Der nur auf die besonders teure Gruppe der Teilnehmer wirkende Programmeffekt führte dann dazu, dass bei unveränderten Kosten der Nicht-Teilnehmer die Gesamtkosten der Angeschriebenen sanken.

Diese Schlussfolgerung hatte eine wichtige Einschränkungen. Da keine der Differenzen statistisch signifikant war, könnte es sich auch um zufällige Abweichungen handeln. In Abschnitt 5.2.8 Quantifizierung des Programmerfolgs wurde der Programmerfolg mittels einer speziellen Berechnungsmethode quantifiziert.

Im Gegensatz zur absoluten Perspektive zeigte sich der Unterschied in den Gesamtkosten für die relative Perspektive signifikant (siehe ebenfalls Tabelle 37). Die Kontrollgruppe war deutlich und signifikant teurer als die Angeschriebenen: 22,1 % im Median und 33,3 % im Mittel. Noch deutlich größer war der ebenfalls signifikante Unterschied zur Gruppe der Ablehner. In diesem Vergleich war die Kontrollgruppe 28,7

% im Median und 43,6 % im Mittel teurer. Am geringsten ausgeprägt und auch nicht signifikant ist der Kostenunterschied der Kontrollgruppe zur Interventionsgruppe. Es zeigte sich also ein ähnliches Bild wie in der absoluten Perspektive: Der Unterschied zwischen Ablehnern und Kontrollgruppe war am größten, der zwischen Interventionsgruppe und Kontrollgruppe am geringsten. Der Programmeffekt auf die Kosten wurde hier durch den signifikanten Unterschied zwischen Kontrollgruppe und Angeschriebenen nachgewiesen. Das anscheinend schlechte Abschneiden der Interventionsgruppe ist möglicherweise auf einen negativen Selektionseffekt zurückzuführen.

Der Vergleich zur Studie von Kielblock bietet sich am ehesten in der relativen Perspektive an, da dabei die Berechnungsmethode am ähnlichsten war, wenngleich in vorliegender Arbeit eine Verzerrung vermieden werden konnte (siehe Abschnitt „5.1.1 Stärken und Limitierungen“). Im Vergleich zu den entsprechenden Gruppen aus vorliegender Studie lagen die Gesamtkosten bei Kielblock et al. in der Kontrollgruppe pro Patient und Jahr im Mittel um 21,9 % höher bei 17.446 Euro im Median um 12,5 % günstiger bei 5.303 Euro. Die Gesamtkosten lagen im Mittel um 13,3 % niedriger bei

10.563 Euro, im Median 30,6 % günstiger bei 3.799 Euro pro Patient und Jahr in der Interventionsgruppe. Die Grundtendenz blieb erhalten: so ist die Kontrollgruppe sowohl im Mittel als auch im Median günstiger, wobei sich der Unterschied stärker im Mittelwert als im Median zeigt. Möglicherweise ergaben sich diese großen Differenzen aus den unterschiedlichen Berechnungsmethoden.

Kielblock et al. ermittelten eine ausgeprägtere Kostenreduktion bei den männlichen Teilnehmern im Vergleich zu den Teilnehmerinnen. Dies konnte in der relativen Perspektive nachvollzogen werden. Der Unterschied in den Gesamtkosten zwischen Angeschriebenen und Kontrollgruppe war bei den Männern mit 31,0 % im Mittel und mit 23,7 % im Median statistisch signifikant und größer als der nicht-signifikante Unterschied der Frauen mit im Mittel 19,4 % und im Median 19,8 %. Die Kostenreduktion ist mit rund 20 % bei den Frauen allerdings immer noch hoch (siehe Abschnitt „10.4 Bisherige Untersuchungsergebnisse durch Kielblock et al.“ und Tabelle M im Anhang).

In der Verlaufsbeobachtung ergab sich folgende nicht intuitiv verständliche Kostenverteilung bei den Angeschriebenen: Die mittleren Kosten aus dem ersten Jahr mit 22,7 Euro/Tag und aus dem zweiten Jahr mit 24,6 Euro/Tag sind jeweils niedriger als die mittleren Kosten über den Gesamtzeitraum von 2 Jahren (siehe Tabelle 38).

Gesamtkosten pro Lebendtag Kontrolle Angeschriebene

Gesamtzeitraum 39,2 29,4

Erstes Jahr 37,3 28,3

Zweites Jahr 35,5 20,9

Tabelle 38 – Gesamtkosten (Euro/Tag) in Gesamtzeitraum und Unterzeiträumen

Die Situation beruhte nicht auf einem Fehler und ist nur scheinbar paradox. Um die prinzipielle Möglichkeit einer solchen Verteilung zu veranschaulichen, ist in Tabelle 39 ein fiktives Zahlenbeispiel aufgeführt. Betrachtet man den Parameter „Kosten / LT“ findet sich für jeden einzelnen der drei Patienten ein intra-individueller Durchschnittswert für den Gesamtzeitraum, der zwischen den Werten für das erste und zweite Jahr liegt (siehe letzte Spalte). Zum Beispiel belaufen sich die intra-individuellen, mittleren Kosten für Patient 1 über den Gesamtzeitraum auf 13,6 Euro/Tag. Dieser Wert liegt – wie man

es intuitiv erwarten würde – zwischen den Werten für das erste Jahr mit 13,7 Euro/Tag und 6,7 Euro/Tag für das zweite Jahr.

Erstes Jahr Zweites Jahr Gesamtzeitraum

Patient Lebenstage Kosten (€)

Kosten/LT

(€/Tag) Lebenstage Kosten (€)

Kosten/LT

(€/Tag) Lebenstage Kosten (€)

Tabelle 39 – Zahlenbeispiel zur Veranschaulichung paradoxer Mittelwerte

Bei der Summierung der intra-individuellen Durchschnittswerte über den Gesamtzeitraum für alle drei Patienten, zeigt sich ein interessantes Ergebnis (siehe letzte Zeile der Tabelle 39): Der inter-individueller Durchschnitt der intra-individuellen Mittelwerte des Gesamtzeitraums liegt mit 14,5 Euro/Tag über den inter-individuellen Mittelwerten der Unterzeiträume, die bei 12,8 Euro/Tag für das erste Jahr und 9,6 Euro/Tag für das zweite Jahr liegen. Dies ist deshalb möglich, da der Ergebnisparameter den Quotient aus zwei verschiedenen Parametern darstellt.