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Funktionale Artengruppen: Waldartentypen

Im Dokument Landnutzungswandel und Biodiversität (Seite 171-174)

6.1 Standortfaktoren und Flora des Göttinger Waldes 1784 -2002

6.1.3 Funktionale Artengruppen: Waldartentypen

Die Liste der typischen Waldgefäßpflanzen des deutschen Hügel- und Berglandes nach Schmidt et al. (2003), die der Auswertung der floristischen Daten nach Waldartentypen zugrunde liegt, ist als Bewertungshilfe für die potentiell in Wäldern wachsenden Gefäßpflanzen angelegt worden. Um sinnvolle Aussagen zu der tatsächlich vorhandenen Artenzusammensetzung einzelner Waldbestände treffen zu können, müssen Standortfaktoren, Bewirtschaftungsformen und Eingriffsstärke sowie die Bestandesentwicklung einbezogen werden. Auf Bestandesebene bzw. hier der Ebene der Teilflächen stehen diese Informationen in der Regel zur Verfügung und können auch verortet werden. Auf einer höheren Skalenebene, auf der die vorhandenen Daten einen Querschnitt durch ein eher heterogenes Untersuchungsgebiet bilden, können derart präzise Aussagen nicht abgeleitet werden. Eine Auswer-tung auf Landschaftsebene kann jedoch Hinweise auf Entwicklungstendenzen geben und in Verbin-dung mit umfassenden Informationen zur Veränderung bzw. Kontinuität der Landschaftselemente und ihrer Struktur und Verteilung interpretiert werden (vgl. Kap. 3.4.3). Wie bei der Darstellung der Soziologischen Hauptgruppen ergeben die Anteile der einzelnen Waldartentypen an der Gesamt-pflanzenzahl in ihrer Summe (siehe Datentabelle) nicht 100%, da es sich um über alle Teilflächen gemittelte Werte handelt und die Angaben je Teilfläche eine relativ hohe Streubreite aufweisen.

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Abbildung 29: Über alle Teilflächen gemittelte Anteile der Waldartentypen (nach Schmidt et al. 2003) an der jeweiligen Gesamtpflanzenzahl je Zeitschnitt

Wie der Abbildung 29 zu entnehmen, zeigen die Typen der Krautschicht K 1.1 und K 1.2 auffällige Veränderungen (Eine Beschreibung der einzelnen Typen ist der Abbildung 7, S. 64 zu entnehmen).

Der Anteil der vorwiegend im geschlossenen Wald vorkommenden Arten (K 1.1) an der Gesamt-pflanzenzahl nimmt im Verlauf der Zeitschnitte I bis IV ab und zwischen Zeitschnitt IV und V stark zu. Der Anteil der vorwiegend an Waldrändern und auf Waldverlichtungen vorkommenden Arten

ZS I ZS II ZS III ZS IV ZS V S2.2 auch im Wald, Schwerpunkt

Offenland 6,67 0,00 1,93 1,89 1,69 im Wald wie im Offenland 5,46 14,01 7,10 4,53 5,38 S1.2 vorw. an Waldrändern 4,16 9,09 10,60 1,42 1,29 S1.1 vorw. im geschl. Wald 4,29 4,87 7,70 2,20 2,24 K2.2 auch im Wald, Schwerpunkt

Offenland 14,25 17,82 18,03 17,43 22,37 K2.1 im Wald wie im Offenland 18,63 26,12 18,46 23,78 27,57 K1.2 vorw. an Waldrändern 25,15 20,66 10,70 6,03 4,46 K1.1 vorw. im geschl. Wald 26,27 24,89 24,04 18,20 37,79 B Arten der Baumschicht 10,65 10,72 12,03 7,04 14,27

0%

10%

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30%

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Waldartentypen:

Anteile an der jeweiligen Gesamtpflanzenzahl

Seite | 162 (K 1.2) nimmt dagegen deutlich ab. Diese Befunde decken sich mit der Entwicklung des Wald-Offenland-Verhältnisses und der abnehmenden Habitatqualität der Saum- und Waldrandbereiche (Kap. 5.2.3). Unter der Annahme, dass bei der großen Anzahl der floristischen Aufnahmen durch verschiedene Bearbeiter das Untersuchungsgebiet in allen Zeitschnitten in etwa gleichmäßig abge-deckt worden ist, ist es denkbar, dass sich sowohl die Zunahme des Waldanteils als auch die ungüns-tigere Ausprägung der Waldränder durch Waldflächenarrondierung und steile vertikale Schichtung (Kap. 5.2.3) tatsächlich in der veränderten Anteilen von Arten, die an Wald- bzw. Offenlandstandor-te angepasst sind, widerspiegelt. Dieser Zusammenhang wird keinesfalls als einziger Erklärungsan-satz verstanden, da die Befunde ebenso auf Veränderungen der eingangs genannten Faktoren des Standorts und der Bewirtschaftung basieren können. Prinzipiell ist jedoch eine Verbindung der Er-gebnisse mit den Veränderungen der Landnutzungstypen und ihrer Verteilung und Anordnung denkbar und schlüssig. Zudem verschafft auch die festgestellte Entwicklung der Landnutzungsfor-men und –intensitäten (Kap. 4.1.1, 4.1.2) in Land- und Forstwirtschaft den Ergebnissen Plausibilität.

Die Erhöhung des Anteils schattentoleranter Arten durch die Einführung der Hochwaldwirtschaft wurde bereits im Zuge der Auswertung der Zeigerwerte und der Soziologischen Artengruppen aus-führlich beschrieben. Die Auswertung der Florenlisten nach Waldartentypen als weiterer/anderer Ausdruck der Artenzusammensetzung gibt den zusätzlichen Hinweis, dass die Arten, die entspre-chend ihres soziologischen und ökologischen Verhaltens von den Änderungen der Bewirtschaf-tungsformen begünstigt wurden, dem Waldartentyp K 1.1 zuzuordnen sind. Der Anteil der Arten des Waldartentyps K 1.2 verringerte sich dagegen erheblich. Nach Schmidt et al. (2003) gehören dieser Gruppe Arten der Waldaußen- und Waldinnensäume an, ebenso wie Arten, deren Ausbrei-tung nach Windwurf bzw. Kahlschlag oder durch Wegebau gefördert werden. Nahezu alle unter K 1.2 zusammengefassten Sippen kämen regelmäßig auch im geschlossenen Wald vor, sie seien jedoch oft mit höheren Mengenanteilen und mit besserer Vitalität in Randbereichen und auf Verlichtungen anzutreffen und könnten in einzelnen Großregionen auch in der Gruppe K2 auftreten.

Für eine Abnahme der Arten der Waldränder und Waldverlichtungen im Göttinger Wald spricht in diesem Zusammenhang nicht nur die genannte Veränderung der Waldbewirtschaftungsform an sich, sondern insbesondere die Veränderung von Aufbau und Struktur der Waldränder. Wie in Kap. 5.2.3 erörtert, wandelten sich die Waldrandbereiche im Laufe des Untersuchungszeitraumes von multi-funktional genutzten Übergangszonen zwischen Wald- und Offenland zu Bestandesrändern mit überwiegend steiler vertikaler Schichtung, an die sich nahezu übergangslos landwirtschaftlich genutz-te Flächen anschließen. Auf Landschaftsebene kann diese Entwicklung mit einer Verringerung des Habitatangebotes für besagte Arten gleichgesetzt werden. Auf Bestandesebene können noch weitere

Seite | 163 Faktoren die Beziehungen im Artengefüge verändern. Schmidt et al (2003) stellten in einer Auswer-tung von Waldartentypen fest, die auf Daten aus Untersuchungsflächen in der Dübener Heide ba-sierte (Amarell 2000, zit. in Schmidt et al.), dass durch erhöhten Stickstoffeintrag in die (Kiefern-) Bestände die Deckungsgrade und Stetigkeiten einiger nitrophiler Arten einen erheblichen Anstieg verzeichneten und andere (eher lichtliebende) Arten der Bodenvegetation durch ebendiese Arten ausgedunkelt wurden. In einem weiteren Anwendungsbeispiel von Schmidt et al. (2003) auf die Da-ten von Heinken (1995, zit. in Schmidt et al.) konnte mit Hilfe der Auswertung nach WaldarDa-tentypen ein Zusammenhang zwischen der Entwicklung von Birken-Eichenwäldern und Sand-Kiefernwäldern zu Drahtschmielen-Buchenwäldern und einem abnehmenden Anteil der Arten der Gruppen K2 und K 1.2 in der Krautschicht der Waldbestände aufgezeigt werden. Solche bestandes- und landnutzungsspezifischen Wirkweisen können in einer Auswertung auf Landschaftsebene nicht im Detail nachvollzogen werden, der Zusammenhang zwischen den Effekten von langfristig wirk-samen Bewirtschaftungsaspekten sowie Veränderungen von Landschaftsstrukturparametern auf das Konkurrenzgleichgewicht der Artengruppen konnte jedoch anhand der parallel verlaufenden Ent-wicklungen der unabhängig voneinander aufgenommenen Lebensraumstruktur und des Arteninven-tars deutlich hergestellt werden.

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