• Keine Ergebnisse gefunden

Frauenvernetzung: Das Hamburger Damencomité (1848-1851)

Im Dokument Vernetzt! (Seite 149-170)

2. Kontaktnetze von Frauen in den deutschen Staaten (1830 ‒ 1850)

2.2. Partizipation von Frauen an den Umwälzungen von 1848/49

2.2.3. Frauenvernetzung: Das Hamburger Damencomité (1848-1851)

Mit dem Ausbruch des schleswig-holsteinischen Krieges im April 1848 unterstützten Frauen die von den Männern getragenen militärischen und politischen Aktionen für die Aufnahme des Herzogtums Schleswig in den Deutschen Bund. Sie verfassten Petitionen und Aufrufe für die Kriegsgefangenen und für preußische Truppen, die sich im Namen des gesamten Deutschen Bundes an den Gefechten gegen dänische Truppen beteiligten. Schließlich schlossen Frauen sich in Vereinigungen zusammen.645 Zeitgenössisch wurden diese Initiativen aber als unpolitisch wahrgenommen, da sie als ein Zeichen des gereiften Nationalbewusstseins angesehen wurden.646 Die Unterstützung der Frauen für die kämpfenden Männer vermittelte die Vorstellung der deutschen Nation als einer Familie, deren Angehörige im Krieg gegen Dänemark kämpften.647 Mit ihren Vereinigungen und Aufrufen entsprachen Frauen also den nationalliberalen Erwartungen, die zur Formulierung von geschlechterspezifischen Aufgaben in Kriegszeiten geführt hatten. Da die Aufgabe der Frauen nach den Zeitgenossen im Anspornen und Unterstützen der Männer bestand, war das Engagement der Frauen in Hilfsvereinigungen nicht nur toleriert, sondern wurde vielmehr gefordert. In erster Linie beteiligten sich Frauen aus dem Bürgertum an den Unternehmungen der Frauenvereinigungen. Diese Frauen hatten an einer Vereinskultur Anteil, die sich schon

645 Um Baumwolle einzukaufen, Vorbereitungsarbeiten durchzuführen und Geld zu sammeln, schlossen Frauen sich 1848/49 in Vereinigungen zusammen. Wie Eva Kuby in ihrem Beitrag zu den politischen Vereinen in Württemberg bemerkt hat, hielten diesen weiblichen Gemeinschaften anders als die Männervereine keine regelmäßigen Sitzungen ab und waren „ein lockerer Verbund“, der nach Kuby zur Bekanntmachung der weiblichen politischen Ziele diente. Die Zusammenkünfte der Frauen fanden meistens abends unter der Woche oder vor beziehungsweise nach der Sonntagsmesse im Rathaus, in der Schule oder im Saal der Bürgergesellschaft statt. Auch die Häuser von einigen Vereinigungsmitgliedern sollen den Zusammenkünften der Frauen Raum geboten haben. Die Ziele der Frauenvereine sind allerdings im zeitgenössischen politischen Zusammenhang zu betrachten, da sie vor allem den Männerunternehmungen praktische Unterstützung gaben.

Kuby, Eva, Politische Frauenvereine und ihre Aktivitäten 1848 bis 1850, in: Lipp, Carola (Hrsg.), Schimpfende Weiber, S. 248-269.

646 Ibidem.

647 Kuby, Eva, Politische Frauenvereine; Stöhr, Irene, Organisierte Mütterlichkeit. Zur Politik der deutschen Frauenbewegung um 1900, in: Hausen, Karin (Hrsg.), Frauen suchen ihre Geschichte, S. 221-249.

150 im Vormärz verbreitet hatte.648 Hier werden ausschließlich Vernetzungsstrategien der Frauen für die erfolgreiche Durchführung ihrer Initiativen am Beispiel des Damencomités für Schleswig Holstein betrachtet.649

Die Proteste in Schleswig-Holstein gegen die Territorial- und Verfassungspolitik des dänischen Königs und der darauffolgende schleswig-holsteinische Krieg hatten im März 1848 große Aufmerksamkeit in der Presse und in nationalliberalen Kreisen erweckt. Bereits im Sommer 1848 hatten einige Frauen Geldsammlungen für die erste gesamtdeutsche Flotte organisiert,650 die die Frankfurter Nationalversammlung am 14. Juni 1848 ans Leben gerufen hatte. Die Unterzeichnung des Waffenstillstandes zwischen Preußen und Dänemark am 26.

August 1848 löste politische Unruhen aus: das Frankfurter Parlament lehnte die Entscheidung des preußischen Monarchen Friedrich Wilhelm IV ab, und in Frankfurt fanden Demonstrationen statt. Nach den Befürwortern der deutschen Nationalbewegung stellte der Waffenstillstand die nationalen Bestrebungen Deutschlands in Frage.

Der schleswig-holsteinische Krieg verdeutlichte 1848/49 zeitgenössische Einigungsansprüche der deutschen Staaten.651 Nationalliberale forderten erst im Vorparlament und später in der Nationalversammlung die Aufnahme des Herzogtums Schleswig in den Deutschen Bund, während dänische Nationalliberale die Eingliederung Schleswigs in den neuen Verfassungsstaat Dänemark befürworteten. In der nationalliberalen Publizistik des Deutschen

648 Vgl. Kap. 2.1.

649 In dem umfangreichen Archivbestand sind zahlreiche Dokumente erhalten, die nur teilweise geordnet sind.

Aufrufe, Quittungen, Sendungs- und Spendenauflistungen, Briefwechsel zwischen den Vereinsmitgliedern, Dank-, Gesuch- und Bittschreiben würden eine ausführlichere Rekonstruktion der Vereinsarbeit ermöglichen, die den thamtischen Rahmen dieser Arbeit überspringen würde. Durch diese Dokumente wäre es möglich, den zeitgenössischen Umgang mit wohltätigen und staatlichen Institutionen zu rekonstruieren, da das Komitee beispielsweise rege Kontakte mit hamburgischen, Schleswiger und holsteinischen Ämtern hatte. Dabei wäre es wünschenswert, die Rhetorik der Briefe und deren geschlechterspezifische Prägung zu untersuchen, um Spannungsverhältnisse und Strategien der Konfliktlösung zu erläutern. Schließlich könnte man auch den transterritorialen Austausch aufzeigen, da man für Spenden und Personengesuche Brücken mit anderen Städten sowohl in den deutschen Staaten als auch in Dänemark schlug. Darüber hinaus deuten Sendungslisten auf zeitgenössische materielle Bedürfnisse des Militärs und der Flüchtlinge hin. Schließlich könnten eventuelle persönliche bzw. familiäre politische und wirtschaftliche Interessen einzelner Vereinsmitglieder aufgezeigt werden. Vgl. SUBHH, NLCFW 22,2: Arbeit für die Lazarethenkommission; SUBHH, NL Comité für Schleswig-Holstein. Vgl. dazu Frontoni, Giulia, Das Damencomité an das Herrencomité. Frauen, Männer und Vereine um 1848 in Hamburg, in: Conrad, Anne/ Blume, Johanna E./ Moos, Jennifer J. (Hgg.), Frauen – Männer – Queer. Ansätze und Perspektiven aus der historischen Genderforschung, St. Ingbert 2015, S. 191-206.

650 Die Flottendebatte war um 1848 durchaus populär, da die Diskussion Ansprüche auf nationale Einigung in den deutschen Staaten zur Geltung brachte. Die Gründung einer deutschen Flotte löste große Begeisterung in der Bevölkerung aus. Man diskutierte lebhaft in der Presse darüber und organisierte Spenden sowie Bürgerversammlungen. Vgl. Zur deutschen Flotte als mächtigem Nationalsymbol vgl. Moltmann, Günter, Die deutsche Flotte von 1848/49 im historisch-politischen Kontext, in: Rahn, Werner (Hrsg.), Deutsche Marine im Wandel. Vom Symbol nationaler Einheit zum Instrument nationaler Sicherheit, Oldenburg 2005, S.63-80;

Hubatsch, Walther, Die erste deutsche Flotte 1848-1851, Herford 1981.

651 Für eine Rekonstruktion der Debatte vgl. Geisthövel, Alexa, Eigentümlichkeit und Macht.

151 Bundes verarbeitete man dänische Feindbilder. 652 Dabei popularisierten Zeitungsartikel und Pamphlete nationale Werte. Bilder wie „Treue für die gute Sache“, „Selbstopferung für das Vaterland“ und preußische Truppen als Träger der nationalen Hoffnungen prägten den Alltag dieser Generation.

Der Krieg gegen Dänemark prägte das Alltagsleben der Frauen in den norddeutschen Staaten.

Sogar in der Kirche hörten Frauen Predigten über die Ereignisse in den Herzogtümern, wie ein Brief von Hermine Wurm zeigt. Am 23. April hatte Hermine Wurm an der Ostermesse von Rautenberg teilgenommen und berichtete ihrem Ehemann Christian Friedrich Wurm, dass der erweckte Pastor „im Kirchengebet sagte (…) ‚vielleicht fließt diesen Augenblick schon Blut‘ wobei die Augustenburger und Glücksburger Herzogin etc. sehr weinte. Es heißt nämlich es ginge endlich los…“.653 Wie aus dem Zitat deutlich wird, boten Messen einen Rahmen, in dem Frauen die mit dem Krieg verbundenen Emotionen ausdrücken konnten. Die Anwesenheit der weinenden Herzogin trug dazu bei, in der Öffentlichkeit die Überzeugung zu verfestigen, dass ein Krieg gegen Dänemark legitim war. Die militärischen und politischen Spannungen hatten den Lebensstil der Frauen aus den bürgerlichen und adligen Oberschichten verändert, da sie ihre Wohnorte und Grundsitze in den Herzogtümern Schleswig und Holstein verlassen hatten, um nach Hamburg zu flüchten. Darüber hinaus hatte der Krieg eine solildarische Welle in Hamburg und in den deutschen Staaten ausgelöst, die zu Spenden und zur Vereinengründung geführt hatte.

Das Damencomité war zwar eine frauenspezifische Vereinigung. Anders als bis jetzt in der Forschung angenommen, war das Damencomité aber kein selbstständiger Frauenverein. Es war auch kein ausschließlich demokratisch orientierter Verein.654 Die beteiligten Frauen strebten aus einem frauenspezifischen Standpunkt bestimmte politische Ziele an, die ihrer konstitutionellen Gesinnung entsprachen: ein geeinigter deutscher Nationalstaat, dessen Regierungsform eine konstitutionelle Monarchie werden sollte.655 Das Damencomité wurde im Sommer 1850 ins Leben gerufen656 und war Bestandteil des umfassenderen Comité für

652 Am Beispiel der im schleswig-holsteinischen Krieg beteiligten Soldaten wurde aufgezeigt, inwiefern nationale Kriege schon im 19. Jahrhundert generationsspezifisch und identitätsstiftend wirken konnten. Vgl.

Göttsch, Silke, Grenzziehungen – Grenzerfahrungen. Das Beispiel Schleswig-Holstein und Dänemark 1800-1860, in: Hengartner, Thomas/ Moser, Johannes (Hgg.), Grenzen und Differenzen. Zur Macht sozialer und kultureller Grenzziehungen, Leipzig 2006, S. 383-394.

653 SUBHH, NLCFW 48, 38-61, Brief von Hermine Wurm an Christian Friedrich Wurm, Nr. 14, Hamburg, 23.4.

1848.

654 Zu demokratischen Vereinen vgl. Hauch, Gabriella, Frauenräume in der Männer-Revolution, S. 853-864.

655 Obwohl die Publizistik sie als „Radikale“ skizzierte, vertraten die Sammler 1850 laut Alexa Geisthövel konstitutionelle liberale Auffassungen. Die persönlichen Verbindungen der Frauen dieses Komitee sind auch im Kontext der Konstitutionellen zu verorten. Vgl. Geisthövel, Alexa, Eigentümlichkeit und Macht, S. 142-145.

656 Angesichts der für diese Arbeit betrachteten Quellen lässt sich hier nur darauf schließen, dass das Damenkomitee Anfang September 1850 aktiv war.

152 Schleswig-Holstein, das angesehene Persönlichkeiten Hamburgs wie Adolph Godeffroy, Franz Ferdinand Eiffe und Christian Petersen während des schleswig-holsteinischen Krieges gründeten.657 Diese stammten aus politisch und wirtschaftlich einflussreichen kaufmännischen Familien Hamburgs, die sich bereits auch an der Finanzierung der Flotte beteiligt hatten658 und Spenden für Lazarette659 und Waisenhäuser in Hamburg, Altona und in den Herzogtümern Schleswig und Holstein organisiert hatten.660 Im Comité für Schleswig-Holstein waren auch Kaufleute und Bildungsbürger wie August-Friedrich Woldsen,661 die aus dem Herzogtum Schleswig stammten und in Hamburg lebten. Vermutlich agierte das Comité für Schleswig-Holstein als eine Dachorganisation, die die Zusammenarbeit von Vereinen und einzelnen Spendern mit sanitären und militärischen Einrichtungen koordinierte.662 Das Damencomité für Schleswig Holstein scheint also eher eine frauenspezifische Abteilung vom Comité gewesen zu sein, die infolge der Partizipation der Frauen auf Initiative von Godeffroy und Petersen gegründet wurde.

Eine Liste der im Damencomité beteiligten Frauen ist nicht vorhanden, da es eine lockere Frauenvereinigung war, die nicht über Statuten oder Mitgliedschaft verfügte. Nur aus den Aufrufen, den Korrespondenzen und den Registern des Damencomités ist es möglich, Namen und Tätigkeiten der engagierten Frauen zu rekonstruieren, an deren Spitze Hermine Wurm in Hamburg und Mathilde Arnemann in Altona standen. Vor allem sammelten und verteilten die engagierten Frauen Wäsche und Verbandszeug an Lazarette und Freiwillige. Einige Männer,

657 NL Comité für Schleswig-Holstein, I: Aus der Comité Arbeit in der Region. Das Komitee war auch unter den Namen „Centralverein für Schleswig-Holstein in Hamburg“ bekannt. Die zahlreichen Sammlungen für Schleswig-Holstein, die von angesehenen Persönlichkeiten in Hamburg und in den Herzogtümern Schleswig und Holstein organisiert wurden, hat Alexa Geisthövel rekonstruiert. Darüber hinaus hat sie die Vernetzung der engagierten Männer mit den süddeutschen Staaten aufgezeigt. Nach Geisthövel waren das Sammeln für Schleswig-Holstein sowie das Engagement in Unterstützungskomitees Bestandteil des Lebensstils von bürgerlichen Aktivisten. Die Arbeit des Komitees für Schleswig-Holstein wurde allerdings von Geisthövel nicht in die Betrachtung mit einbezogen. Vgl. Geisthövel, Alexa, Eigentümlichkeit und Macht, S. 118-145.

658 Infolge der von der dänischen Marine durchgeführten Seeblockade hatten Reedereien wohlhabender Familien im Auftrag der Hamburger Admiralität ihre Handelsschiffe bewaffnet und der vor kurzem gegründeten Bundesflotte zur Verfügung gestellt. Diese Unternehmung wurde durch Spenden finanziert. Vgl. Hubatsch, Walther, Die erste deutsche Flotte, S. 18.

659 SUBHH, NL Comité für Schleswig-Holstein, II.14: Korrespondenz mit den Lazareth-Commissionen.

660 SUBHH, NL Comité für Schleswig-Holstein, III.1: Quittungen.

661 August-Friedrich Woldsen (1792-1868) war Cousin von Theodor Storm und als Kaufmann und Reeder in Hamburg tätig. Er und Theodor Storm waren mit dem Ehepaar Heinrich und Ida Schleiden befreundet. 1859 errichtete er mit seiner unverheirateten Cousine Anna Catharina Asmussen mit Hilfe des erworbenen umfassenden Vermögens das Asmussen-Woldsen’sche Vermächtnis in Husum. Dadurch schufen sie einen Witwenstift und eine Schule. Dazu vgl. Röhr, Hanswerner, Asmussen-Woldsen’sche Vermächtnis. Wohltäter der Stadt Anna Catharina Asmussen und August Friedrich Woldsen, in: «Berichte und Geschichte aus Husum und Umgebung», [URL:http://www.husum-berichte.de/AsmusWoldsen1.pdf] (letzter Zugriff am 25.1.2013);

Goldammer, Peter (Hrsg.), Storm-Briefwechsel, Bd. 14: Theodor Storm-Heinrich Schleiden. Briefwechsel, Berlin 1995.

662 Die Korrespondenz des Comités für Schleswig-Holstein weist auf die koordinierende Rolle hin. Das Komitee erkundete die Bedürfnisse der Lazarette und der Truppen. Bitten und Anforderungen wurden dann mit gezielten Spenden nachgegangen oder an andere Vereine weitergeleitet.

153 wie Christian Friedrich Wurm, unterstützten die Aktivitäten des Damencomités, indem sie die Tätigkeiten im Komitee von kranken weiblichen Familienmitgliedern übernahmen663 oder um Spenden für die Frauen warben.

Die Männer und Frauen des konstitutionell orientierten bürgerlichen Kreises um das Damencomité hatten die Kriegsvorbereitungen und die Rekrutierung von freiwilligen Truppen in Hamburg gemeinsam erlebt. Mit großer Hoffnung hatten sie auf die preußischen Truppen gewartet, die nach Entschluss der Bundesversammlung am 12. April 1848 zur Unterstützung der provisorischen Regierung in Schleswig eigensetzt werden sollten. Fast alltäglich war Hermine Wurm mit ihren Schwestern Ida Schleiden, Malwine und Adelheid Speckter zum Bahnhof gegangen, um den Zug preußischer Truppen zu sehen. Gleichzeitig hatten sich Freunde und Verwandte beim Ehepaar Schleiden versammelt, um von dessen Balkon das preußische Militär begrüßen zu können.664

Die Spenden für Schleswig-Holstein zeigen die geschlechterübergreifende Kohäsion dieser kaufmännischen und bildungsbürgerlichen Gruppe, die in den Herzogtümern auch wirtschaftliche Interessen hatte. Schon seit Frühling 1848 beteiligten sich Frauen an den Initiativen vom Comité für Schleswig-Holstein, indem sie Geld spendeten.665 Die Gaben der Frauen entsprachen der konstitutionellen Gesinnung und den sozialen Erwartungen, die mit ihrer bürgerlichen Herkunft verknüpft waren. Konstitutionell gesinnte Hamburger fragten oft bei Freunden und Verwandten sowie bei wohlhabenden Frauen nach einer Gabe für das Vaterland, wie aus Quittungen, Spendenbögen und Briefwechseln festzustellen ist. Die einmaligen Spenden setzten aber kein weiteres Engagement im Comité für Schleswig-Holstein voraus, da bürgerliche Frauen mit ihren Geldgaben zur Genüge ihre „Treue für die gute Sache“ bewiesen. Beispielsweise begründete Hermine Wurm ihre Geldüberweisung an Christian Petersen wie folgend: „Der liebe Gott wird doch der deutschen Sache nicht abhold werden! Ich will heute noch 15 √ an Petersen schicken, da sie so sehr um Geld bitten.“666 Schon eine Woche vorher hatte Hermine Wurm Petersen eine große Geldspende (10CMk)

663 Nach dem Tod Hermine Wurms übernahm ihr Ehemann Christian auf Bitte von Adelheid Speckter die Aufgabe seiner Ehefrau im Komitee. Vgl. StAHH, NL Speckter, 622-1/478 F: Adelheid Stammbuch, Brief von Christian Friedrich Wurm an Adelheid Speckter, 26.2.1852.

664 In ihren Briefen an ihren Ehemann Christian Wurm erzählte Hermine Wurm von ihren alltäglichen Besuchen bei Ida und Heinrich Schleiden sowie von den gemeinsamen Ausflügen. Auch die Briefe von Adelheid Speckter an ihren Schwager Christian Wurm schilderten die warme Begrüßung, die die preußischen Truppen erhielten.

Während Hermine Wurm den Kriegsverlauf besorgt beobachtete, war die jüngere Adelheid eine enthusiastische Unterstützerin der militärischen Auseinandersetzung. SUBHH, NLCFW 48, 36-61, Brief von Hermine Wurm und Adelheid Speckter an Christian Friederich Wurm Nr. 8, Hamburg 9.4.1848.

665 SUBHH, NL Comité für Schleswig-Holstein, III. 1: Quittungen. Einige Geldspender fügten ihren Spenden Billetten hinzu. Durch diese Billetts ist teilweise Identität der schenkenden Person zu rekonstruieren.

666 SUBHH, NLCFW 48, 38-61, Brief von Hermine Wurm an Christian Friedrich Wurm, Nr. 9, Hamburg 11.4.1848.

154 gegeben667 und hatte die Gründung des Komitees als „sehr patriotisch“ empfunden.668 Mit ihrem Schwager Heinrich Schleiden beteiligte sie sich daran anschließend an den Spenden des Komitees. Verwandtschaft und Freundschaft mit den männlichen Aktivisten vereinfachten also die Frauenpartizipation an den Sammlungen.

Erst die verwandtschaftlichen und freundschaftlichen Beziehungen der Frauen mit aktiven Mitgliedern des Comités für Schleswig-Holstein schienen langsam zur intensiven weiblichen Einbeziehung in die Komiteeaktivitäten zu führen, wie es aus den überlieferten Quellen wie Quittungen und Spendenbögen deutlich wird.669 Ehefrauen und Schwestern von Komiteemitgliedern beteiligten sich an den gemeinnützigen Unternehmungen, indem sie anstelle der männlichen Verwandten für das Komitee einkauften oder Bestellungen abholten.

Ein Grund dafür mag in der Vertrautheit dieser Frauen mit dem Verlauf der Komiteearbeit liegen. Weibliche Familienmitglieder der Komiteeaktivisten und -unterstützer besuchten die Versammlungen und beteiligten sich an den Diskussionen im geselligen Rahmen, so dass sie über Schwierigkeiten, Bedürfnisse und Ergebnisse des Komitees informiert waren.

Die enge Verknüpfung zwischen Frauenbeteiligung und Verwandtschaft belegen auch die Spendenbögen. In September 1850 rief das Comité für Schleswig-Holstein eine Aktion für das Entrichten von wöchentlichen Beiträgen aus.670 Zu der vom Comité veranstalteten Versammlung erschienen ca. 300 Persönlichkeiten des hamburgischen Wirtschafts- und Bildungsbürgertums, die einen Bogen für die Spenden am Ende des Treffens abholten.671 Zu den Anwesenden zählten auch Frauen, von denen sich ca. 20 für einen Spendenbogen meldeten.672 Diese Frauen waren miteinander oder mit Komiteemitgliedern verwandt. Auf der Veranstaltung sollten die männlichen Komiteemitglieder die Frauen aufgefordert haben, sich für das Komitee stärker zu engagieren, wie ein Brief von Hermine Wurm zeigt.

667 SUBHH, NLCFW 48, 38-61, Brief von Hermine Wurm an Christian Friedrich Wurm, Nr. 1, Hamburg 27.3.1848.

668 SUBHH, NLCFW 48, 38-61, Brief von Hermine Wurm an Christian Friedrich Wurm, Nr. 2, Hamburg 28.3.1848.

669 SUBHH, NLCFW 22,2: Arbeit für die Lazarethenkommission, Quittierte Rechnungen. Zu den häufigsten Namen der Frauen zählen Kathinka Hasche, Ida Schleiden sowie Hermine Wurm. Die Rechnungen waren zum großen Teil an das Comité zur Verpflegung der verwundeten Schleswig Holsteiner oder an die oben genannten Frauen überschrieben.

670 Für eine genauere Datierung der Arbeitsentwicklung des Komitees wäre eine eingehende Untersuchung des Bestandes wünschenswert. Vgl. NL Comité Holstein, II.5, 200: Aufruf des Comités für Schleswig-Holstein zu Hamburg zur regelmäßigen wöchentlichen Beitragszahlung. 9.1850.

671 SUBHH, NL Comité für Schleswig-Holstein, II.5, 390a-e: Liste der Unterzeichner für die wöchentlichen Beiträge. Von den ca. 300 Spendenbogen sind 167 Exemplare erhalten. Untersuchungen in Familiennachlässen würden eventuell weitere Spendenbogen ans Licht bringen.

672 Ibidem.

155

Nachdem Sie uns Frauen früher einmal aufgefordert hatten, in unseren Kreisen so viel wie thunlich, Unterschriften zur Wochensammlung zu sammeln, erklärten Sie uns doch in unserer letzten Sitzung, daß diese Sammlungen officiell beschaffen würden, u. wir nicht weiter damit zu thun hätten. Darum geachtet sind nun aber doch Bögen nebst einer Aufforderung, Unterschriften zu verschaffen, an uns Komitémitglieder vertheilt, u. wissen wir nun nicht recht, was damit anzufangen.673

Mit dem Unterschreiben des Bogens hatten sich Spender und Spenderinnen verpflichtet, in ihren familiären und freundschaftlichen Kreisen für die Geldsammlung des Comités weitere Unterstützer zu gewinnen. Männer nahmen also das Engagement der Frauen in der Spendensammlung als wichtigen Beitrag zur nationalen Sache wahr. Diese Wahrnehmung der Frauenbeteiligung hatte auch Auswirkungen auf der praktischen Ebene. Die Einbindung der Frauen in der Spendensammlung war mit der bürgerlichen Herkunft sowie mit ihrer familiären Position verbunden. Diese Frauen verfügten über zahlreiche Verbindungen zu wohlhabenden Kreisen, in denen man zukünftig weitere Spenden sammeln konnte.

Die Spendenbögen verdeutlichen die Strategien der Spendensammlungen der Frauen, durch die man ein Profil der kontaktierten Spender herstellen kann. Neben Name bzw. Unterschrift des Unterstützers musste die Inhaberin des Bogens auch Adresse, Geldsumme, Dauer der finanziellen Unterstützung sowie die Häufigkeit der Gabe der gewonnen Unterstützer angeben. Die Bögen zeigen, dass Frauen in erster Linie bei Verwandten um Spenden baten.

Einige Frauen aus wohlhabenden kaufmännischen Familien sammelten recht große Summen, indem sie bei ihren Brüdern, Schwägern, Onkeln und Vätern großzügige wöchentliche Geldbeiträge anhäuften. Vor allem sammelten die Frauen aber kleinere Beiträge bei vielen Spendern, so dass sie durchschnittlich für die Dauer des Krieges eine mittelgroße Summe aufhoben.674 Dabei fanden sie vollständige Haushalte, die sich mit einer wöchentlichen Spende an der Sammlung beteiligten. Wohlhabende Hamburger bezogen in den Sammlungen ihre Dienerschaft mit ein. Köchinnen, Haushälterinnen und Kammermädchen scheinen auch mit recht kleinen Beiträgen zu den Sammlungen beigetragen zu haben.675

673 Vgl. SUBHH, NL Comité für Schleswig-Holstein, II.15, 1416: Brief von Hermine Wurm an Stockfleth, Hamburg 28.9.1850

674 Dies zeigt sich am Beispiel von Johanna Jänisch, die 65 Unterschreiber sammelte. Die Hälfte davon waren Frauen. Auch ihre Schwester Amanda Jänisch sammelte kleine Geldbeiträge. Dabei lässt sich fragen, inwiefern die Kontakte sowie die Erfahrungen ihrer älteren Schwester Wilhelmine als Sammlerin für den Verein Amalie

674 Dies zeigt sich am Beispiel von Johanna Jänisch, die 65 Unterschreiber sammelte. Die Hälfte davon waren Frauen. Auch ihre Schwester Amanda Jänisch sammelte kleine Geldbeiträge. Dabei lässt sich fragen, inwiefern die Kontakte sowie die Erfahrungen ihrer älteren Schwester Wilhelmine als Sammlerin für den Verein Amalie

Im Dokument Vernetzt! (Seite 149-170)