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Die Fragestellungen der Studie zu kumulativen psychischen und physiologischen Effekten des fliegenden Personals auf der Kurzstrecke beziehen sich nicht ausschließlich auf mögliche kumulativ wirksame Effekte und deren Bedeutung für die Müdigkeit sowie Arbeitsbelastung der Cockpitbesatzungsmitglieder, sondern berücksichtigen auch akute Effekte von Belastungs- und Ermüdungserscheinungen während Flugdiensten.

Neben den kumulativen sowie akuten Belastungs- und Müdigkeitseffekten sollen auch Hinweise für deren Auswirkung auf die Leistungsfähigkeit der Piloten gefunden werden. Damit verbunden ist die empirische Bewährung der aus den theoretisch fundierten Modellen abgeleiteten Zusammenhänge zur Ermüdung, Belastung und Leistungsfähigkeit von Cockpitbesatzungsmitgliedern. Die Einbeziehung theoretisch begründeter und empirisch relevanter Mediator- und Moderatoreffekte5 (z.B. Alter; Chronotyp; der Rang eines Piloten; ‚Pilot flying’ (PF) versus ‚Pilot non flying’ (PNF)) lässt eine verbesserte Varianzaufklärung der psychologischen Indikatoren erwarten.

Zudem werden aus den Paper-Pencil-Fragebögen, die von den Piloten zusätzlich bearbeitet wurden, die Aspekte und soziodemographischen Daten herausgegriffen, die für die Untersuchung von Interesse sind und sich aus den Erkenntnissen der Flugpsychologie und -medizin auf die Wahrnehmung und Beurteilung „mediatorisch“ auswirken. Dabei werden folgende Parameter berücksichtigt:

- Flugrelevante Daten wie Gesamtflugstunden, Blockstunden, Leganzahl und Flugdienstdauer (Allgemeiner Fragebogen; Flight Log)

- Länge der Betriebszugehörigkeit - Familienstatus

- Gesundheitsverhalten (Bewegung, Ernährung) (FEG) - Augenblickliches Wohlbefinden (FEG)

5 Moderatoreffekt: Ein Moderatoreffekt besteht, wenn die Beziehung zwischen zwei Variablen von der Ausprägung einer moderierenden Variable (Moderatorvariable) abhängt. Dementsprechend klärt die Moderatorvariable, unter welchen Bedingungen ein bestimmter Effekt zustande kommt.

Mediatoreffekt: Eine Mediation liegt vor, wenn eine starke Korrelation zwischen einem Prädiktor (abhängige Variable) und einem Kriterium (unabhängige Variable) durch eine mediierende

- Lebenszufriedenheit (FEG)

- psychische und physische Gesundheit (SF-12-Fragebogen von Bullinger &

Kirchberger, 1998)

- Arbeitszufriedenheit (Allgemeiner Fragebogen).

Der Stand der wissenschaftlichen Literatur zeigt, dass die Belastung/Beanspruchung als auch Ermüdungserscheinungen durch eine Arbeitstätigkeit und deren Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit sowohl über kurze als auch längere Zeitintervalle zu betrachten sind. Deshalb werden Unterschiedshypothesen zu den Veränderungen von müdigkeitsbezogenen Prozessen und der Belastung/Beanspruchung durch die fliegerische Tätigkeit und der Leistungsfähigkeit als auch der Erholung und der Befindlichkeit sowohl im intraindividuellen als auch im interindividuellen Vergleich auf 3 Ebenen formuliert:

1) Auf der spezifischen Ebene, die Veränderungen im Schlaf-Wach-Verhalten, der Tages- und Morgenmüdigkeit die Dienstart (Flugdienst versus Offtag versus Layover) selbst und durch unregelmäßige und/oder lange Arbeitszeiten während des Flugdienstes aufzeigt.

2) Auf der Makroebene, die kumulative Effekte auf die abhängigen Variablen über den gesamten Messzeitraum von 56 Tagen betrachtet.

3) Auf der Mikroebene (=In-Flight), die akute Effekte auf die abhängigen Variablen innerhalb von Flugdiensttagen und von Flugabschnitten (Legs) berücksichtigt. Zudem werden Veränderungen in der Leistung der PVT, der Gesamtbelastung und Müdigkeit durch die Flugdienstzeit betrachtet (time-on-task Effekt).

Darüber hinaus wird über Zusammenhangshypothesen die Bedeutung von psychologischen und soziodemograhischen Merkmalen für die psychologischen Stressreaktionen beurteilt.

5.1 Hypothesen zu den Auswirkungen arbeitsbezogener Belastungsfaktoren der Cockpitbesatzung auf der Kurzstrecke

5.1.1 Hypothesen für die spezifische Ebene

Untersucht wird die Wirkung von Flugeinsätzen und der Flugdienstdauer versus freier Tage (Offtage) auf das Schlaf-Wach-Verhalten (globale Schlafparameter), auf die Morgen- und Tagesmüdigkeit, auf die schlafassoziierten Parameter sowie auf die Leistungsfähigkeit. Die Hypothesen werden aus den Erkenntnissen von Schlafdeprivationsstudien sowie aus den Aussagen verschiedener empirischer Studien über die Auswirkungen von Schichtarbeit abgeleitet.

• Das Schlaf-Wach-Verhalten (Einschlafzeit; Aufwachzeit; Gesamtschlafdauer;

Zeit im Bett) verändert sich durch die Dienstart (Flugdienst versus Offtag versus Layover).

- Die Schlafdauer verkürzt sich an Flugdiensttagen (insbesondere an einem Layover).

- Die Piloten schlafen nach Flugdiensttagen eher ein (insbesondere an einem Layover).

- Die Piloten erwachen an Flugdiensttagen früher (insbesondere an einem Layover).

- Die Piloten verbringen an Flugdiensttagen weniger Zeit im Bett (insbesondere an einem Layover).

• Das Schlaf-Wach-Verhalten (Einschlafzeit; Aufwachzeit; Gesamtschlafdauer;

Zeit im Bett) verändert sich durch den Dienstort (Flugdienst zu Hause versus Flugdienst mit overnight).

- Die Schlafdauer verkürzt sich an Flugdiensttagen mit overnight.

- Die Piloten schlafen nach Flugdiensttagen mit overnight eher ein.

- Die Piloten erwachen an Flugdiensttagen mit overnight früher.

- Die Piloten verbringen an Flugdiensttagen mit overnight weniger Zeit im Bett.

• Die schlafassoziierten Parameter (Schlafqualität; Schlafbedürfnis; Erholung) verändern sich durch die Flugdienstart (Flugdienst versus Offtag):

- Das Schlafbedürfnis nimmt nach Flugdiensttagen zu.

- Die Erholung nimmt nach Flugdiensttagen ab und die Schlafqualität nimmt durch wachsenden Schlafdruck zu.

- Die Morgen- und Tagesmüdigkeit ist, im Gegensatz zu Offtagen, nach Flugdiensttagen erhöht.

5.1.2 Hypothesen für die Makroebene

Um zu Aussagen über den Verlauf der Ermüdung, Belastung/Beanspruchung und Leistung zu kommen, wird im intraindividuellen Vergleich überprüft, ob sich die Messwerte über einen bestimmten Messzeitraum verändern und sich von verschiedenen Messzeitpunkten unterscheiden.

Hierfür werden folgende gerichtete Hypothesen aufgestellt:

• Die Leistung in der PVT verschlechtert sich über den Zeitraum von 56 Tagen.

• Die Müdigkeit nimmt über den Zeitraum von 56 Tagen zu.

• Die Gesamtbelastung nimmt über den Zeitraum von 56 Tagen zu.

• Die schlafassoziierten Parameter verändern sich über den Zeitraum von 56 Tagen:

- Die Erholung und die Schlafqualität nehmen ab.

- Das Schlafbedürfnis nimmt zu.

5.1.3 Hypothesen für die Mikroebene

Für den Vergleich der Messergebnisse der Ermüdung, Belastung/Beanspruchung, der Befindlichkeit (Stimmung), der Erholung und der Leistungsfähigkeit durch den Einfluss der fliegerischen Tätigkeit werden Hypothesen aufgestellt, die einen gerichteten Unterschied zwischen der Flugdienstdauer und der Leganzahl annehmen. Dabei liegen hier die Annahmen zur Belastung und Beanspruchung nicht im klassischen Belastungs-Beanspruchungs-Konzept, sondern in den theoretischen Erkenntnissen aus der mental workload-Forschung begründet (Manzey, 1998; Pfendler & Grandt, 2000; Staveland & Hart, 1988). Die Ermüdung wird hier unter dem arbeitspsychologischen Aspekt der psychischen Ermüdung

gesehen (Kleinbeck & Rutenfranz, 1987). Die Annahmen zum time-on-task Effekt beziehen sich sowohl auf nach dem Flugdienst als auch während des Flugdienstes.

Die Hypothesen beziehen sich auf akute Leistungsveränderungen in der PVT:

• Die abendliche Leistung in der PVT nimmt mit der Länge der Flugdienstdauer und in Abhängigkeit von der Aufwachzeit ab.

• Die morgendliche Leistung in der PVT wird durch die Dienstart und dem time- since-sleep Effekt beeinflusst.

Die folgenden Hypothesen beziehen sich auf akute Veränderungen in der Ermüdung, Gesamtbelastung, mentalen Beanspruchung, Erholung und Stimmung während und kurz nach Flugeinsätzen (=In-Flight):

• Die Ermüdung nimmt in Abhängigkeit von der Anzahl der Flugabschnitte (Legs) zu und die Erholung ab.

• Die workload nimmt in Abhängigkeit von der Anzahl der Flugabschnitte (Legs) zu.

• Die Ermüdung nimmt in Abhängigkeit von der Flugdienstlänge zu.

• Die workload nimmt in Abhängigkeit von der Flugdienstlänge zu.

• Die Stimmung nimmt im Vergleich zum Dienstbeginn nach Dienstende ab.

• Die NASA-TLX Subskalen unterscheiden sich zwischen Dienstbeginn und Dienstende.

5.2 Zusammenhangshypothesen moderierender und mediierender Variablen In einer weiteren Fragestellung wird der Zusammenhang zwischen müdigkeits- und schläfrigkeitsbezogenen Prozessen untersucht, der in der Literatur zu kontroversen Diskussionen geführt hat, da einerseits von unterschiedlichen psychologischen Zuständen (Weeß, 1998) und andererseits von hohen Zusammenhängen ausgegangen wird (Samel & Wegmann, 1997a, 1997b).

Zudem zeigen Persönlichkeitsmerkmale wie der Chronotyp moderierenden Einfluss auf das Schlaf-Wach-Verhalten (Griefahn, 2001). Auch Mediatorvariablen wird eine auf diese Zusammenhänge einflussnehmende Wirkung zugeordnet.

In der vorliegenden Arbeit werden folgende einseitig gerichtete Zusammenhangshypothesen aufgestellt, die die Bedeutung von psychologischen und soziodemograhischen Merkmalen für die psychologischen Stressreaktionen aus der kognitiven Stresstheorie hervorheben:

- Zusammenhänge zwischen den globalen Schlafparametern, schlafassoziierten Parametern sowie der PVT und dem Chronotyp eines Probanden.

Morgentypen gehen früher Schlafen als Abendtypen.

Morgentypen sind morgens leistungsaktiver als Abendtypen.

- Zusammenhänge zwischen dem Alter und den Leistungsparametern der PVT.

- Zusammenhänge zwischen den globalen Schlafparametern ‚Aufwachzeit’

und ‚Gesamtschlafdauer’ und den schlafassoziierten Parametern, der Morgenmüdigkeit sowie der Leistungsparameter in der PVT.

- Zusammenhänge zwischen der subjektiven Müdigkeit und Schläfrigkeit - Zusammenhänge zwischen dem psychophysiologischen Aktimetrie und der

subjektiven Einschätzung der globalen Schlafparameter.