• Keine Ergebnisse gefunden

4. ERGEBNISSE

5.6 Forschungsausblick

Zukünftige Studien sollten zum einen helfen, die Validität der in dieser Arbeit gewonnen Antworten auf die eingangs aufgeworfenen Fragestellungen weiter zu erhöhen. Hierzu wäre es zum einen wichtig, die Behandlungsanliegen von Patienten zu erfassen, bevor diese durch den Kontakt mit dem therapeutischen Setting beeinflusst werden können. Zusätzlich sollten die Behandlungsanliegen erfasst werden, nachdem die Patienten über das Behandlungsangebot informiert wurden, ohne dass aber mit dem Behandler in einem Dialog gemeinsame Therapieziele erarbeitet wurden. Letztlich wären die Ziele der Patienten dann zu erheben, wenn sie in der Therapie selbst das konkrete therapeutische Vorgehen erlebt haben und sich damit ein eigenes Bild darüber machen konnten, für welche Ziele das therapeutische Angebot geeignet ist. Diese wiederholte Erfassung der Therapieziele sollte dabei auch in nicht verhaltenstherapeutisch orientierten Kliniken erfolgen. Auf diesem Weg könnte empirisch abgeschätzt werden, inwieweit die hier erhobenen Therapieziele zum einen durch die von den Patienten subjektiv wahrgenommenen Möglichkeiten und zum anderen durch die ggf. für eine bestimmte therapeutische Orientierung typischen Interventionen der Behandler beeinflusst werden. In Bezug auf die Kategorisierung erscheint der Einsatz einer Modifikation des BIT-T hilfreich, welche direkt auf das spezielle Setting einer psychosomatischen Rehabilitationsklinik ausgerichtet ist. Hierbei wäre zu empfehlen, auf der Ebene der gröbsten Abstraktion eine eigene Kategorie für Rehabilitationsziele im engeren Sinne einzurichten. Dieser wären neben den inhaltlichen Kategorien der Restkategorie des aktuellen BIT-T auch Ziele zuzuordnen, die sich auf Probleme bei der Arbeit, bzw. auch auf eine defizitäre interpersonale Abgrenzung auf der Arbeit beziehen. Mit einer solchen Kategorie

sollten v.a. Prävalenz und Erreichbarkeit von rehabilitationsspezifischen Zielen weiter untersucht und mit anderen Zielkategorien verglichen werden. Bei der weiteren Analyse auf diesem Wege erhobener und kategorisierter Zielvorstellungen sollten zunächst Erklärungen und Kausalmodelle für die wesentlichen Ergebnisse dieser Studie entwickelt werden, auf deren Grundlage dann wiederum gerichtete Hypothesen formuliert und getestet werden können. Dieses Vorgehen erscheint v.a. in Bezug auf die Fragestellungen 5 und 6 relevant, wenn valide Aussagen zu einzelnen Zielen gemacht werden sollen, da dort teilweise relativ kleine Gruppen von Patienten mit verschiedenen Zielen untersucht wurden.

In Bezug auf die mittelfristige weitere Forschung im Bereich Therapieziele wäre zum einen die grundsätzliche Frage danach, was die Behandlungsziele von Patienten und Therapeuten determiniert, empirisch zu beantworten. Hier sollte v.a. der Zusammenhang von Lebenszielen bzw. motivationalen Schemata (sensu Grawe et al. 1994, S. 749ff) und Therapiezielen untersucht werden, da diese bei den Patienten bestimmen, welche Tatsachen (sensu Kanfer et al. 1996) zu belastenden Problemen (sensu Kanfer et al. ebd.) werden, die dann wieder Ausgangspunkt für das Erwägen von Veränderungen sind (vgl. Grawe 1998). Darüber hinaus gibt es auch Hinweise darauf, dass die grundlegenden Motive des Therapeuten bestimmen, welche Ziele dieser mit dem Patienten in der Therapie zu erreichen sucht (Meyer 1998). Auf der Basis eines grundsätzliches Verstehens, wie Therapieziele zustande kommen, können dann Methoden entwickelt werden, die Patienten davor bewahren, unnötig lange Ziele zu verfolgen, die schwer erreicht werden können, bzw. deren Erreichen nicht mit übergeordneten Erfolgsmaßen zusammenhängt. Diese Methoden sollten zu standardisierten Behandlungsmodulen zusammengefasst werden, mit denen man Patienten zu Beginn der Behandlung eine Hilfestellung beim Erarbeiten möglichst hilfreicher Therapieziele gibt. Zukünftige Studien müssten dann empirisch klären, ob solche Programme sich positiv auf die Zielauswahl, -formulierung, -verfolgung und –erreichung auswirken.

Ein weiteres wichtiges Gebiet für die zukünftige Forschung im Bereich Therapieziele ist in der Aufgabe zu sehen, für jedes häufiger verfolgte Therapieziel spezifische standardisierte Behandlungsprogramme zu entwickeln und auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen. Solche Programme werden sich zu großen Teilen mit den zur Zeit dominierenden störungsspezifischen Manualen überschneiden, dennoch ließen sich in dieser Studie konkrete Zielstellungen ermitteln, für die - von entsprechenden

Selbsthilfebüchern abgesehen - noch kein ausreichend empirisch evaluiertes Behandlungsmanual vorliegt. In diesem Sinne ließen sich beispielsweise Selbstvertrauens- und Selbstwerttrainings nennen, deren Relevanz auch bei Patienten, bei denen kein vollständiges Depressionsbewältigungs- oder Selbstsicherheitstraining indiziert ist, überprüft werden sollte. Ähnliches gilt für Programme, die Patienten in dem Erarbeiten von Zukunftsperspektiven, der Bewältigung von Problemen auf der Arbeit oder im Verwirklichen eigener Pläne und Wünsche schulen.

Die Evaluation solcher Programm würde auch helfen, die für die zukünftige Therapiezielforschung zentrale Frage zu klären, mit welchen Maßnahmen welche Therapieziele möglichst gut erreicht werden können. In diesem Zusammenhang sollten dabei v.a. für die Ziele Interventionsprogramme entwickelt und evaluiert werden, die sich in der vorliegenden Arbeit als besonders häufig und besonders relevant für den Therapieerfolg erwiesen haben, die aber gleichzeitig nur in einem vergleichsweise geringen Ausmaß erreicht wurden. So wäre beispielsweise zu fordern, dass speziell für Ziele, die sich auf körperliche Schmerzen beziehen, untersucht wird, warum diese im Rahmen einer stationären psychosomatischen Rehabilitation relativ schlecht erreicht werden. Auf der Grundlage dieser Analysen müssen dann vorhandene Interventionsmethoden optimiert, durch neue ergänzt bzw.

durch neue abgelöst werden etc. Die negative Korrelation von Zielerreichung und Häufigkeit des betreffenden Ziels belegt eindrücklich die Relevanz solcher Bemühungen. Neben den konkreten zielbezogenen Interventionsmaßnahmen sollte dabei aufgrund der Relevanz für die Versorgungsstruktur auch untersucht werden, inwieweit sich verhaltenstherapeutische von tiefenpsychologisch orientierten Behandlungen bzw. unterschiedliche Settings darin unterscheiden, bei welchen Zielen sie die Zielerreichung am stärksten fördern.

Nur mit empirisch belegten Antworten auf diese zentralen Fragen lassen sich die Voraussetzungen schaffen für eine weitere Verbesserung der Validität einer zielbezogenen Indikationsstellung und Behandlung, und damit für einen weiteren Schritt in Richtung einer maximale Nutzung der in den Therapiezielen der Patienten liegenden motivationalen Ressourcen.