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2 LITERATURÜBERSICHT

2.4 Die Follikelflüssigkeit

2.4.1 Zusammensetzung der Follikelflüssigkeit 2.4.1.1 Steroide:

Östradiol ist das dominierende Steroid der präovulatorischen Follikelflüssigkeit. Es wird im heranreifenden Follikel unter Einfluß von LH und FSH gebildet und nach MEINECKE et al. (1987) ist seine Konzentration proportional zum Follikeldurchmes-ser. LH stimuliert in den Thekazellen die Androgensynthese, die Androgene passie-ren die Basalmembran und gelangen in die Granulosazellen, wo sie unter FSH Einfluß zu Östrogenen aromatisiert werden. Östrogene wirken mitosestimulierend, wodurch sie in der Lage sind, die Granulosazellen und seine FSH–Rezeptoren zu vermehren, womit die weitere Synthese des FSH abhängigen Östrogens sicherge-stellt wird. Nur wenn das Mikromilieu des Follikels zu diesem kritischen Zeitpunkt durch Östrogene geprägt bleibt und nicht zunehmend androgenisiert wird, kann er dominant gegenüber den anderen Follikeln werden. Am Follikel induzieren die Östro-gene das Einsprossen von Blutgefäßen in die Theka interna, womit die negative, hy-pophysäre Feedback – Wirkung der Östrogene auf die FSH – Synthese teilweise wieder aufgehoben wird, da durch die erhöhte Blutzufuhr mehr FSH – Moleküle den Follikel erreichen und an die zuvor synthetisierten FSH – Rezeptoren binden können.

Im präovulatorischen, dominanten Follikel induzieren die Östrogene die Ausbildung von LH – Rezeptoren an den Granulosazellen. (MEINECKE 2000). Nach Untersu-chungen von COLLINS et al. (1997) variieren die Östrogenkonzentrationen in der

Follikelflüssigkeit während des Östrus zwischen 248 und 3102 ng/ml. In der Wachs-tumsphase des dominanten Follikels findet er Konzentrationen von 1083±489 ng/ml, mit einem Peak von 3102±510 ng/ml im präovulatorischen Follikel, einer Konzentrati-on vKonzentrati-on 2039±234 ng/ml im OvulatiKonzentrati-onsfollikel und einem signifikanten Abfall der KKonzentrati-on- Kon-zentration von 248±131 ng/ml im präovulatorisch luteinisierten Follikel. Auch OKOLSKI et al. (1994) berichten von einer hohen Variabilität gemessener Hormon-konzentrationen. Diesen Angaben stehen die Ergebnisse der Untersuchungen von RÖDIGER et al. (2000) entgegen, die 40 bis 50 mal geringere mittlere Östradiolkon-zentrationen in der Follikelflüssigkeit gemessen haben. Nach Untersuchungen von BOGH et al. (2000) liegen die mittleren Östradiolkonzentrationen in den Tagen zwi-schen 14 und 18 nach der Ovulation zwizwi-schen 125,6 und 261,2 ng /ml.

Das Progesteron hat seine Hauptfunktion in der Zyklussteuerung und in der Erhal-tung der Trächtigkeit (NETT et al. 1979). Im Diöstrus wirkt es hemmend auf die Puls-frequenz der GNRH – Sekretion. Es wird hauptsächlich in den Luteinzellen des Cor-pus luteum synthetisiert. Große Luteinzellen entstehen unter LH – Einfluß aus den Granulosazellen des ehemaligen Follikels, kleine Luteinzellen aus den Thekazellen der Follikel. Die mittlere Progesteronkonzentration während der Follikelwachstums-phase beträgt nach COLLINS et al. (1997) 13±2 ng/ml, im präovulatorischen Follikel 43±10 ng/ml, im Ovulationsfollikel 819±53 ng/ml und im präovulatorisch luteinisierten Follikel 6964±1262 ng/ml. Die Untersuchungen von RÖDIGER et al. (2000) decken sich mit diesen Ergebnissen.

Testosteron ist das bedeutendste Androgen und als Substrat für die Östrogensyn-these im Follikel wichtig (FAY u. DOUGLAS 1987). Vor der Ovulation kann ein deutli-cher Abfall der Östrogenkonzentration in der Follikelflüssigkeit beobachtet werden.

Dieser wird auf eine Reduzierung der Aromataseaktivität zurückgeführt. Durch feh-lenden Verbrauch der Androgene für die Östrogenproduktion und die erhöhte Andro-genproduktion der Thekazellen durch Beeinflussung des präovulatorisch ansteigen-den LH-Spiegels kommt es zur Anreicherung dieser Substanzen in der sigkeit. GUILBAULT et al (1993) können bei ihren Untersuchungen in der Follikelflüs-sigkeit dominanter Follikel eine negative Korrelation zwischen Inhibinen und dem Östradiol-Androgenverhältnis feststellen. Das sonst sehr weite Östradiol-Androgen-Verhältnis wird enger. In einigen subordinanten Follikeln kommt es zu einer

Umkehrung des Verhältnisses zu Gunsten der Androgene. Wenn die Testosteron-konzentration in der Follikelflüssigkeit höher ist als die ÖstradiolTestosteron-konzentration, befin-det sich der Follikel im Prozeß der Atresie.

2.4.1.2 Glykoproteine:

FSH und LH aus der Hypophyse sind in der Follikelflüssigkeit deutlich niedriger kon-zentriert als im Blutplasma (FAY u. DOUGLAS 1987) und sind wichtig für die Steu-erung der Östrogensynthese und der LuteinisiSteu-erung und damit zunehmenden Pro-gesteronsynthese im Follikel und späteren Corpus luteum. Die Glykoproteine Inhibin und Activin, die in den Granulosazellen antraler Follikel synthetisiert werden, sind in der Follikelflüssigkeit etwa tausendfach höher konzentriert als im peripheren Blut.

(BERGFELDT et al. 1991).

2.4.1.3 Arachidonsäurederivate:

Zur Gruppe der Arachidonsäurederivate gehören die Prostaglandine PGF und PGE2 und weiterhin Thromboxan B2 und Prostacyclin. Vor der Ovulation kommt es in der Follikelflüssigkeit zu einem deutlichen Anstieg, vor allem der PGF-Fraktion (SIROIS u. DORE 1997). Nach Untersuchungen von ARMSTRONG et al. (1974) führt eine Hemmung der Prostaglandin – Synthese zu einer Ovulationsverhinderung.

2.4.1.4 Lipoproteine:

Das für den Sexualzyklus wichtige Lipoprotein in der Follikelflüssigkeit ist das Cho-lesterol. Es dient als Ausgangssubstanz für die Steroidsynthese. Die Cholesterolkon-zentration korreliert nicht signifikant mit der Größenzunahme der Follikel und wird nur in einer Konzentration von 0,5±0,1 ng/ml in der Follikelflüssigkeit nachgewiesen (BELIN et al. 2000). HDL (high density lipoproteins) und VHDL (very high density li-poproteins) sind dagegen in größeren Mengen nachweisbar (LE GOFF, 1994).

2.4.1.5 Gerinnungsfaktoren:

In der Follikelflüssigkeit sind einige, jedoch nicht alle Gerinnungsfaktoren des Blutes nachweisbar. Prä ovulationem darf es nicht zur Gerinnung der Follikelflüssigkeit kommen, post ovulationem muß jedoch ein Thrombus gebildet werden, um die ent-standene Blutung zu stoppen, und das entent-standene Corpus hämorrhagicum in einen Gelbkörper umbauen zu können. HAAK konnte 1987 einen Anstieg der Thrombozy-tenzahl zur Ovulation gefolgt von einem postovulatorischen Abfall feststellen, was SIEME (1989) bestätigte und weiterhin feststellte, dass die Thromozytenkonzentrati-onskurve in der Tendenz einen ähnlichen Verlauf aufweist wie die Östradiolkurve.

Diese Erkenntnis lässt sich jedoch für eine praxisrelevante Prädiktion des Ovulati-onszeitpunktes nicht verwenden.

2.4.1.6 Biochemische Zusammensetzung:

Nach Untersuchungen von COLLINS et al. (1997) enthält die Follikelflüssigkeit im Prinzip die Substanzen des Blutes, unterscheidet sich aber in der Konzentration eini-ger biochemischer Parameter. Sämtliche Lipide sind in der Follikelflüssigkeit höher dosiert als im Blut, Harnstoff und Kreatinin sind ebenfalls höher konzentriert, hinge-gen liegt beipielsweise Bilirubin in niedrigerer Konzentration als im Blut vor. Auch Glukose sowie sämtliche Proteine liegen in der Follikelflüssigkeit in niedrigerer Kon-zentration vor. Die Elektrolyte und Spurenelemente wie Calcium, Chloride und anor-ganische Phosphate liegen in der Follikelflüssigkeit teilweise erhöht vor, während beispielsweise Magnesium und Natrium in niedrigerer Konzentration als im Blut vor-liegen.

2.4.2 Funktion der Follikelflüssigkeit

Durch den von COLLINS et al. (1997) nachgewiesenen Glukosemetabolismus in der Follikelflüssigkeit lässt sich schlussfolgern, dass eine wichtige Funktion der Follikel-flüssigkeit in der Ernährung der Zellen des Follikels und vor allem der Eizelle liegt.

HINRICHS et al. (1995) vermuten, dass die Follikelflüssigkeit Substanzen enthält, die die zu frühzeitige Reifung der Eizelle verhindern und sie nach der Ovulations-

induktion wiederum vorantreiben können (HINRICHS et al. 1990). Nach TOWNSON und GINTHER (1989) gelangt nur ein geringer Anteil der Follikelflüssigkeit mit der Eizelle in den Eileiter, der größere Anteil gelangt wahrscheinlich in die Bauchhöhle.

2.4.3 Gewinnung der Follikelflüssigkeit am lebenden Pferd

Das wohl aufwendigste Verfahren zur Gewinnung von Follikelflüssigkeit ist die Lapa-ratomie. VOGELSANG et al. (1986, 1988) eröffnen an 17 stehenden Shetlandpony-stuten die Bauchhöhle in der paralumbalen Flankengegend, um nach Durchtrennung der Gewebeschichten das ipsilateral liegende Ovar freizulegen, um die zu ihm gehö-renden Follikel punktieren zu können. Die laparoskopische Follikelpunktion ist nur beim Rind beschrieben, LAMBERT et al. (1983) wählen als Zugang für das Endo-skop die rechte Flanke, während REICHENBACH et al. (1994) eine transvaginale Endoskopie zur Follikelpunktion bevorzugen. Mit dieser weniger invasiven Methode ist es ihnen möglich, den Eingriff problemlos mehrmals durchzuführen. VOGELSANG et al. (1986, 1988) beschreiben erstmals die Möglichkeit einer transabdominalen, direkten Follikelpunktion, indem sie nach chirurgischer Vorbereitung die Bauchdecke mit einer 15 cm langen Nadel mit Mandrin durchstechen und das Ovar von rektal erst dann an die sich abdominal befindliche Nadel heranführen, um die Follikel zu punk-tieren. KAISER et al. (1998) modifizieren diese Methode dahingehend, dass sie das Ovar bereits bei Durchstechung der Bauchwand an entsprechender Stelle fixieren, um die Nadel direkt aus der Bauchwand in den Follikel zu stechen, um diesen zu punktieren und die Follikelflüssigkeit zu aspirieren. Sie beschreiben diese Methode als praxisrelevant und vollkommen komplikationsfrei. Eine weitere Möglichkeit der Gewinnung von Follikelflüssigkeit ist die von BRÜCK et al. (1992) beschriebene ultraschallgeleitete transvaginale Follikelpunktion, bei der ein Ultraschallgerät mit ei-nem 6 MHz Sektorschallkopf mit eiei-nem Führungsrohr für die 50 cm lange Punktions-kanüle verwendet wird. Das Führungsrohr mit Ultraschallkopf und Punktionsnadel wird im kranialen Scheidengewölbe platziert, und der Operateur drückt den rektal erfassten Eierstock gegen den in der Vagina befindlichen Schallkopf. Am Bildschirm ist die Nadel als Linie zu erkennen. Wenn diese Linie direkt vor dem zu punktieren-den Follikel liegt, wird die Nadel vorgeführt und der Follikel punktiert. Über einen an die Nadel angeschlossenen Schlauch wird mit einer 50 ml Spritze ein Vakuum

erzeugt und die Follikelflüssigkeit abgesaugt. BOGH et al. (2000) berichten, dass einige Tage nach der Punktion großer Follikel (> 30mm) im Ultraschallbild echogene Strukturen, wie Corpora lutea aussehend, aufgefunden werden.