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Felduntersuchung auf Clenbuterol, Nandrolon und Testosteron

IV. DISKUSSION

4. Felduntersuchung auf Clenbuterol, Nandrolon und Testosteron

Die Entnahme von Schweifhaaren vieler Tiere zu einem bestimmten Zeitpunkt ist in praxi mit einem überschaubaren personellen und zeitlichen Aufwand einfach durchführbar. Die angewandte Methode des Herausziehens der Haare mit der Wurzel wurde von allen Tieren erstaunlich gut toleriert. Die Aufbewahrung der Proben erwies sich als sehr unkompliziert und wenig raumfordernd.

Der positive Nachweis von Clenbuterol konnte bei 23 % der Körungshengste geführt werden.

Die gefundenen Konzentrationen lagen im Bereich der im Versuch nach therapeutischer Dosis ermittelten Werte. Lediglich ein Hengst war in beiden aufeinander folgenden Segmenten in höheren Konzentrationen positiv, was zwar nicht unbedingt für einen Einsatz von Clenbuterol als Dopingsubstanz spricht, jedoch verdächtig für ein schon in diesem frühen Alter bestehendes Lungenproblem ist.

Der Nachweis des beim Hengst endogen produzierten Nandrolon ist in der Interpretation sehr viel komplexer als der Nachweis der rein exogen zugeführten Substanz Clenbuterol. Die bei den Körungshengsten gemessenen Nandrolonkonzentrationen im Schweifhaar liegen zum Teil über den Maximalwerten der 2jährigen Vergleichshengste. Einige liegen sogar erkennbar über den bei den 4 bis 29jährigen Vergleichshengsten gemessenen Werten (17 Körungshengste liegen in einem oder beiden Segmenten über 3 pg/mg). Da die im Versuch nach Nandrolonapplikation bei Wallachen gemessenen Konzentrationen ebenfalls in dieser Größenordnung liegen, kann eine exogene Zufuhr von Nandrolon bei diesen Körungshengsten nicht ausgeschlossen werden. Auch wenn nur eine relativ geringe Anzahl an zweijährigen Vergleichshengsten untersucht wurde (n=44), zeigt sich ein statistisch

signifikanter und auch bei Betrachtung der Werte deutlicher Unterschied der Verteilung der Nandrolonkonzentrationen zwischen den 2-jährigen Körungs- und Vergleichshengsten.

Die Ursache dafür, dass eine Vielzahl der Körungshengste (26 Körungshengste mit 3 -6 pg/mg) Schweifhaar-Nandrolonkonzentrationen zeigte, die im oberen Bereich der 4- bis 29jährigen Vergleichshengste und auch darüber lagen, könnte in einer frühen Geschlechtsreife dieser Tiere erklärt werden. Dies könnte möglicherweise durch intensive Fütterung gerade als Vorbereitung zur Körung hervorgerufen worden sein. Eine maximale Fütterung hatte in Untersuchungen an Kaninchen eine vorzeitige Geschlechtsreife zur Folge (FODOR et. al. 2001). Die Vergleichshengste werden nach Angaben des Niedersächsischen Landesgestütes Celle nicht derart intensiv auf die Vorstellung zur Körung vorbereitet und gefüttert. Die Konzentrationen der Hengste, die noch über allen bei den Vergleichshengsten gemessenen Werten liegen, implizieren jedoch den Verdacht, dass eine exogene Anwendung von Nandrolon durchgeführt wurde.

Ein Hinweis auf den Einsatz von Steroiden könnte die bei einigen Pferden (n=5) gemessene kleine Hodengröße sein, was bei Anwendung von Nandrolon als Nebenwirkung beobachtet werden kann (KOSKINEN et. al. 1997a). Bei einer extrem frühen Geschlechtsreife eines Tieres sollte man von einer starken Ausprägung der Hoden ausgehen können. Wenn man anhand der gemessenen Nandrolonkonzentrationen im Schweifhaar der Körungshengste bislang auch nicht definitiv den Nachweis von Doping führen kann, so kann man doch auf jeden Fall bei dem einen Hengst, bei dem nicht endogen vorkommendes Testosteron-Propionat nachgewiesen werden konnte, von einem Dopingvergehen ausgehen.

Die untersuchte Anzahl an 2jährigen nachweislich unbehandelten Hengsten ist mit 44 Tieren zwar beträchtlich, aber zu gering, um einen justitiablen Grenzwert für Nandrolon im Schweifhaar 2,5jähriger Hengste festzulegen. Bislang ist es daher nicht gerechtfertigt von einem bewiesenen Dopingfall sprechen, wenn ein Junghengst eine über den ermittelten Werten liegende Schweifhaar-Nandrolonkonzentration zeigt, jedoch kann ein Verdacht ausgesprochen werden, der dann durch gezielte Untersuchung des Urins dieses einen Hengstes auf Nandrolon und dessen Metaboliten bestätigt oder verworfen werden kann.

Wenn auch die Entnahme von Urinproben bei allen Hengsten nicht praktikabel wäre, so

dürfte die Gewinnung von einzelnen zu kontrollierenden Hengsten auch in praxi durchführbar sein.

Für eine Grenzwertfestlegung für Nandrolon im Schweifhaar bei Junghengsten sollten in Zukunft noch mehrere hundert Hengste im Alter von 2,5 Jahren, die nachgewiesen nicht mit Dopingmitteln behandelt wurden, untersucht werden. Ebenso für eine Festlegung der Grenzwerte beim geschlechtsreifen Hengst. Für den Ausspruch des Verdachtes des Dopings, der dann durch die Analyse von Urinproben bestätigt oder verworfen wird, sind jedoch die bisher ermittelten Maximalwerte inklusive einer Toleranz von 3 pg Nandrolon/mg Haar beim 2jährigen und 5 pg Nandrolon / mg Haar beim Althengst ausreichend.

5. Schweif- und Mähnenhaar als Untersuchungsmedium

Die Untersuchung von Schweif- und Mähnenhaar beim Pferd wird auch in Zukunft nicht die Urin- und Blutanalyse ersetzen, da nicht alle Substanzen auch in messbaren Konzentrationen im Haar eingelagert werden. Sie ist jedoch hervorragend zur Ergänzung dieser herkömmlichen Untersuchungsmedien geeignet. Vor allem, aber nicht nur für stark melaningebundene Substanzen bietet die Haaranalytik neben dem sehr langen Zeitfenster der Nachweismöglichkeit auch eine Möglichkeit, den Applikationszeitraum annähernd zu bestimmen. Dies kann weder die Blut- noch die Urinanalytik leisten. Dort können nur die Substanzkonzentrationen zum Zeitpunkt der Probenentnahme bestimmt werden. Für eine Art von Verlaufsuntersuchung wären auch entsprechend viele Probenentnahmen notwendig. Bei der Haaranalytik jedoch ist eine einmalige Probenentnahme ausreichend, um eine Verlaufsuntersuchung über z. B. ein zurückliegendes Jahr zu führen.

Das Schweifhaar hat gegenüber dem Mähnenhaar als Untersuchungsmedium den Vorteil, dass es sehr viel länger ist und damit ein wesentlich größeres Zeitfenster des Nachweises bietet. Außerdem könnte man, um einen Medikamenteneinsatz zu verschleiern, die Mähnenhaare des Pferdes sehr kurz halten. Ein Kürzen des Schweifes auf minimale Längen wird aber mit größter Wahrscheinlichkeit von keinem Pferdebesitzer erfolgen, da dies nicht

dem angestrebten Exterieur des modernen Warmblutpferdes entspricht und auch in Zukunft eher nicht entsprechen wird.

Ein weiterer Vorteil der Untersuchung von Haarproben in der Dopinganalytik besteht in der sehr einfachen und für das Tier nicht invasiven Form der Probenentnahme. Es können zu einem bestimmten Termin, z. B. einer Hengstkörung, Proben von sehr vielen Tieren in sehr kurzer Zeit entnommen werden. Dies ist zwar auch bei der Entnahme von Blutproben möglich, doch dabei handelt es sich um eine invasive Form der Probenentnahme, die weitere Probleme, z. B. Entstehung von Thrombophlebitiden, zur Folge haben kann und im Allgemeinen – im Gegensatz zur Entnahme von Haarproben - von einem Tierarzt vorzunehmen ist. Die Entnahme von Urinproben ist dagegen zwar ebenso wie die Entnahme von Haarproben nicht invasiv, jedoch gelingt es bei vielen Pferden selbst unter erheblichem zeitlichen Aufwand nicht, Urinproben zu entnehmen. Die Entnahme von „Serien-Urinproben“

bei z. B. allen Pferden einer Auktion oder Sportveranstaltung ist aus faktischen Gründen nicht möglich. Außer der leichten Probenentnahme ist auch die Probenaufbewahrung sehr unkompliziert, da die entnommenen Haare über lange Zeiträume bei Zimmertemperatur ohne vorherige Behandlung gelagert werden können. Dies könnte z. B. dazu genutzt werden, so genannte Rückstellproben bei Auktionen, Körungen, Sportveranstaltungen und auch beim Pferdekauf zu entnehmen und diese dann nur im Falle von späteren Unstimmigkeiten untersuchen zu lassen.

Ein Nachteil der Haaranalytik besteht darin, dass nur solche Substanzen nachgewiesen werden können, die auch in ausreichenden Konzentrationen ins Pferdehaar eingelagert werden, wie z. B. Clenbuterol, Diazepam, Morphin oder diverse Antibiotika (DUNNETT 2002; POPOT et. al. 2000; SCHLUPP et. al. 2003; WHITTEM et. al. 1998). Die hier vorgelegte Studie zeigt auch die Grenzenwertigkeit der Haaranalytik für bestimmte Substanzen auf. Nandrolon kann nur unter erheblichem analytischem Aufwand durch extrem sensitive Nachweismethoden im Haar nachgewiesen werden und auch dieser Nachweis gelang nach 11 Monaten nicht mehr bei allen 4 Versuchspferden. Ein weiterer Nachteil liegt in eben diesem hohen analytischen Aufwand. Es ist nicht möglich, alle zu untersuchenden Substanzen in einem Analysengang in einer Art „Screening-Untersuchung“ nachzuweisen. Es ist vielmehr für verschiedene Substanzen eine eigene Probenvorbereitung und –Messung

erforderlich. Dadurch steigert sich der Analysenaufwand erheblich und erhöht die Kosten für die Untersuchung verschiedener Substanzen. Auch das Segmentieren und anschließende Zerkleinern der Schweifhaare ist mit einem hohen personellen Einsatz verbunden.

Über die Anwendbarkeit der Ergebnisse der Nachweisbarkeit von Nandrolon und Clenbuterol beim Pferd stellt das Pferdeschweifhaar ein Modell für die Haaranalytik im Humanbereich dar. Als einziges unter den Haussäugetieren wächst auch das Pferdelanghaar wie das menschliche Haar nicht saisonal, sondern kontinuierlich mit anagener-, katagener und telogener Phase. Zwar können aufgrund der auch in dieser Untersuchung deutlich gewordenen sehr unterschiedlichen Metabolisierung verschiedener Substanzen von Mensch und Pferd durch Untersuchungen am Pferd keine Aussagen über erwartete Einlagerungen ins Menschenhaar getroffen werden, doch könnten nach erfolgter Bindung an oder in das Haar die Ergebnisse bezüglich einer Diffusion durch das Haar und einer möglichen Auswaschung vom Pferd auf den Menschen übertragen werden.