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2.2 Qualitativer und quantitativer Nachweis von probiotischen Mikroorganismen

2.2.2 Durchflusszytometrie

2.2.2.3 Farbstoffe

Im biotechnologischen Einsatz hilft die direkte Analyse mit Fluoreszenzfarbstoffen wichtige physiologische Informationen auf Einzelzellebene zu generieren, mit einer - beachtet man auch die Geschwindigkeit und Automatisierungsmöglichkeit - in anderen Methoden unerreichten Effizienz. So lassen sich durch den Einsatz von Nukleinsäurefarbstoffen Artefakte ausschließen, grundlegende Zellfunktionen wie Reproduktionsvermögen, Metabolismus und Membranintegrität lassen Schlüsse auf den physiologischen Status und die Vitalität von Zellen zu. Sortierfunktionen können Zellfraktionen auf Objektträger, in Petrischalen oder Multiwellplatten ausbringen, um die beobachtete Vitalität mit Wachstum zu korrelieren (NEBE-VON-CARON et al. 2000).

Voraussetzung für eine optimale Zellanalyse ist neben der Probenvorbereitung die Auswahl geeigneter Farbstoffe und deren Kombination. Neben den technischen Gegebenheiten wie z.B. der Laserspezifikation (Anzahl, Wellenlänge, Leistung) ist bei der Farbstoffwahl der experimentelle Ansatz ausschlaggebend. Es ist möglich, durch spezielle Fluorochrome fixierte oder unfixierte Proben zu untersuchen, Oberflächen- oder intrazelluläre Färbungen vorzunehmen, DNA/RNA, spezifische Stoffwechselprodukte, physiologische Parameter oder - nach Kopplung an Antikörper - Antigene sichtbar zu machen.

So erlaubten Gensonden durch den Einsatz von 16S rRNA Markierungen in Kombination mit speziellen Fluoreszenzfarbstoffen und der Durchflusszytometrie die genaue Differenzierung und Identifizierung von verschiedenen Bakterien, auch wenn diese serologisch Kreuzreaktionen zeigten oder in Mischkulturen eingebracht waren (AMANN et al. 1990, FUCHS et al. 1998, FERNÁNDEZ-LAGO et al. 2000). Bei der Untersuchung von Schmutzwasserproben auf Bakterien mittels des DNA-spezifischen Farbstoffes Hoechst 33342 konnten ähnliche Ergebnisse bei der in situ Identifikation von rRNA-markierten Proben und der Mikroskopie erzielt werden (WALLNER et al. 1995).

Über die fluoreszenzoptische Messung der intrazellulären ß-Galaktosidase-Aktivität als spezifisches Stoffwechselprodukt konnten verschiedene Gruppen Wildstämme und Mutanten von Bakterien auf Einzelzellebene differenzieren und sehen in dieser Methode eine Möglichkeit, Aussagen über Proteinexpression, Promoterfunktion und Zellzyklusregulation zu treffen (NOLAN et al. 1988, EITZMAN et al. 1989, CHUNG et al. 1995).

Mit Hilfe von monoklonalen und polyklonalen Antikörpern im Durchflusszytometer konnten nicht nur alle Pneumokokken-Serotypen aus Vakzinen, sondern auch über 90 % aller klinischen Isolate identifizieren werden (YU et al. 2005).

Eine andere wichtige Anwendung für Farbstoffe ist die Lebend/Totdiskriminierung.

Vitalfarbstoffe, die für nicht-fixierte Proben geeigneter sind, gelangen entweder durch Diffusion, aktiven oder trägervermittelten Transport in die Zelle. Meist handelt es sich bei den Farbstoffen um kleine, fettlösliche Moleküle mit positiver oder neutraler Ladung. Tote und apoptotische Zellen lassen die Färbelösung aus dem wässrigen Medium ins Zellinnere, wo positiv geladene Farbstoffe an die negativ geladenen Zellkomponenten wie Nukleinsäure oder Glukosaminoglykane binden. In lebenden Zellen wirkt der elektrische Gradient dem Einwandern und Binden der Farbstoffe entgegen (SCHIEMANN u. BUSCH 2007).

Die Farbstoffe differieren in ihren Spektralcharakteristika und ihrer Fähigkeit, Zellen zu penetrieren. Sie sind basenpaarunspezifisch und zeigen eine vielfache Emissionsverstärkung nach Bindung an Nukleinsäure. In Kombination ermöglichen sie durch die Konkurrenz um DNA-Bindungsstellen eine gezielte Kenntlichmachung toter und vitaler Zellen.

Zur schnellen Vitalitätsbestimmung von Bacillus subsp., Salmonella subsp., E. coli subsp., S. aureus und Aeromonas subsp. im Durchflusszytometer setzten DIAPER et al. (1992) die drei Vitalfarbstoffe DiOC6(3), FDA und Rh123 ein. Zur prozentualen Bestimmung der vitalen Bakterien eignete sich Rh123 am besten, wobei die Untersuchenden stammabhängig eine unterschiedliche Eignung der Farbstoffe beschreiben.

Der Durchflusszytometrie-Farbstoff Tinopal CBS-X wurde von einigen Gruppen als sehr geeignet zur Färbung von sowohl vegetativen als auch sporulierten Gram-positiven Bakterien beschrieben (DAVEY u. KELL 1996, 1997, DAVEY et al. 1999), allerdings wurde auch das Problem der Verklumpung von Bakterienzellen und dadurch falsch niedrige Gehalte angesprochen.

Propidiumjodid (PJ) wurde als DNA/RNA-Farbstoff beschrieben, der zur Vitalitätsbestimmung, DNA-Quantifizierung und zu Zellzyklusstudien verwendet wird (ÁLVAREZ-BARRIENTOS et al. 2000).

Durchflusszytometrie, Luminometrie und konventionelle Plattenzählmethode wurden von VIRTA et al. (1998) eingesetzt, um komplementvermitteltes Töten des angeborenen Immunsystems von Bakterienzellen zu messen. Für die Durchflusszytometrie wurde LIVE/DEAD BacLight bacterial viability kit (molecular probes, Leiden, Niederlande) eingesetzt, dass die Farbstoffe SYTO®9 und Propidiumjodid enthielt. Die drei Messmethoden ergaben die gleiche Absterberate, woraus die Autoren schlossen, dass die bakteriolytische Aktivität des Serumkomplements schnell und konventionell mittels Durchflusszytometer bestimmt werden kann und prinzipiell jeder Vitalitätsfarbstoff zur Bakterienfärbung und durchflusszytometrischen Analyse genutzt werden kann.

SAARELA et al. (2004) konnten stammspezifische Unterschiede für die Überlebensfähigkeit von Laktobazillen und Bifidobakterien in Fermentern herausarbeiten, indem sie nach Anfärbung mit SYTO®9 und PJ die Vitalität der Zellen unter einem Epifluoreszenzmikroskop beurteilten.

In einer Studie zum Nachweis von Bakterien aus Wasser testeten LEBARON et al. (1998) verschiedene Fluoreszenzfarbstoffe, wobei sich SYTO®9 für Süßwasseruntersuchungen besser als z.B. SYTO®13 und SYTO®11 eignete und tote sowie lebende Bakterien anfärbte, während SYBR-II für Salzwasser geeigneter war.

Auch SAKAMOTO et al. (2005) setzten SYBR Green II und TO-PRO®-3 zur Färbung von Bakterien aus Kulturen und Umweltproben ein.

Bei durchflusszytometrischen Studien mit SYTO®13 gefärbten E. coli zeigten sich abhängig von der Topologie Unterschiede in der Fluoreszenz. GUINDULAIN und VIVES-REGO (2002) folgerten, dass Fluoreszenz nicht nur durch den Nukleinsäuregehalt bestimmt werden kann.

Drei nukleinsäurebindende Fluoreszenzfarbstoffe - PJ, TO-PRO®-1, SYTOX green - wurden von MORTIMER et al. (2000) auf ihre Fähigkeit hin untersucht, nach Antibiotikaeinsatz zwischenE. coli-Zellen mit intakter oder beschädigter Membran zu unterscheiden, was alle Farbstoffe vermochten. Allerdings zeigten die antibiotikabehandelten Zellen im Durchflusszytometer nicht in gleichem Maße einen Vitalitätsverlust, wie er auf Platte zu verzeichnen war. Die Autoren sahen darin ein fundamentales Problem, wenn die Antibiotikasensibilitätstestung nur aufgrund von Koloniewachstum erfolgte.

BUNTHOF et al. (2001a) untersuchten Milchsäurebakterien durch den Einsatz von Carboxy-fluoreszein Diacetat (cFDA) als Lebendfarbstoff, TOTO-1 und PJ als Totfarbstoff sowie SYTO®9 als Fluoreszenzfarbstoff für lebende und tote Bakterien. Bei Kombination von SYTO®9 und PJ verdrängte PJ wegen seiner höheren Affinität zu DNA SYTO®9 aus Zellen mit beschädigter Membran, so dass SYTO®9 lebende und PJ tote Zellen anfärbte. Im Ver-gleich lieferte TOTO-1 ein klareres Ergebnis als PJ. Die Autoren sahen Fluorochromfärbung im FACS als Chance, die Vitalität von Starterkulturen, deren Überleben nach Herstellung und Lagerung, aber auch die Empfindlichkeit von Bakterien gegenüber Antibiotika zu testen.