• Keine Ergebnisse gefunden

III Empirische Untersuchung

7 Fallstudie Damenmannschaft

Leistungssportliche Rahmenbedingungen

Die sportartspezifischen Anforderungen der hier untersuchten Damenmannschaft weisen eine intensive Doppelbelastung auf nationaler und internationaler Wettkampfebene auf.

Der Ligabetrieb der Vereinsmannschaften ist in zwei unabhängige Saisonphasen unterteilt.

Von Ende November bis Ende Januar findet die Hallensaison statt und steuert dabei in ihrem Verlauf direkt auf ihren Saisonhöhepunkt der deutschen Meisterschaft Anfang Feb-ruar zu. Von Mitte September bis Ende Oktober und von Mitte April bis Ende Juni findet die Freiluftsaison der Sportart statt. Die deutsche Meisterschaft schließt Anfang Juli un-mittelbar daran an. Die Vorbereitungsphasen auf die entsprechenden Saisonabschnitte lie-gen für die Hallensaison Anfang November und für die Freiluftsaison sowohl im August als auch im März und April. Saisonpausen gibt es über die Weihnachtsfeiertage und den Jahreswechsel sowie weitestgehend im Juli.

Ergänzend zum nationalen Wettkampfkalender wird auch auf europäischer Ebene eine Meisterschaft unter den jeweiligen Landesmeistern der vergangenen Saison ausgetragen.

In der Hallensaison finden diese kurzen Turniere für die Meister der Saison des Vorjahres generell im Anschluss an die abgeschlossenen nationalen Meisterschaften statt. Während der Freiluftsaison werden sie jedoch parallel zur laufenden Saison terminiert und fordern häufig Anpassungen des Spielplans der zwei dafür qualifizierten Vereinsmannschaften.

Parallel zu diesem bereits relativ vollen Saisonplan finden die Maßnahmen und Turniere der Nationalmannschaft statt. In der Regel werden die Jahreshöhepunkte wie Europameis-terschaften, Weltmeisterschaften und olympische Spiele im Anschluss an die nationale Meisterschaftsrunde in den Sommermonaten Juli und August ausgetragen. Im Jahr der em-pirischen Untersuchung musste jedoch aufgrund der relativ früh stattfindenden Weltmeis-terschaft die nationale MeisWeltmeis-terschaft bereits Anfang Mai ausgetragen sein. Der Spielplan der ersten und zweiten Bundesliga wurde entsprechend an diese Bedingungen angepasst, um der Nationalmannschaft optimale Vorbereitungsbedingungen zu gewährleisten. Für das Folgejahr musste der reguläre Saisonplan sogar aufgrund eines frühen olympischen Qualifikationsturniers für mehrere Wochen unterbrochen werden, bevor er fortgesetzt wer-den konnte. Neben diesen internationalen Großturnieren werwer-den für die Nationen auch in den Wintermonaten Turnierformen entsprechend ihrer Weltrangliste angesetzt.

Die Überschneidungen aus nationalen und internationalen Wettkampfterminen sowie den erforderlichen Vorbereitungsphasen der Nationalmannschaft sind in der folgenden Abbil-dung (Abb. 1) zusammen mit den Phasen der empirischen Untersuchungen dargestellt.

Abb. 1: Jahreskalender der Damen Nationalmannschaft (oben) und der Damen Bundesliga (unten).

BP (Beobachtungsphase), TI (Testinterviews), IA (Interviews Athleten), IT (Interviews Trai-ner/Tertiär), IW (int. Wettkampf), • (int. Jahreshöhepunkt), L (Lehrgang), D (Deutsche Meister-schaft, (nat. Jahreshöhepunkt), F und H (Saisons der Bundesliga), E (Europapokal)

Im Rahmen dieser sportartspezifischen Bedingungen trainiert eine Nationalspielerin bis zu zehn Einheiten pro Trainingswoche. Sehr häufig kommt es auch zu Überschneidungen des Vereinstrainings mit mehrtägigen zentralen Stützpunktterminen der Nationalmannschaft.

Im Verlauf der jeweiligen Vorbereitungsphasen werden außerdem weitere Spiel- und Trai-ningstermine geplant. Im Jahr können hierbei auf eine Nationalspielerin über sechzig Spiele zukommen; davon auf Vereinsebene bis zu 45 Spiele und auf Nationalmannschafts-ebene etwa 18 Spiele pro Saison.

Eine erfolgsversprechende Bewältigung dieser beschriebenen Belastung durch die Athle-tinnen wird in erster Linie durch die nationale Vereinslandschaft begünstigt. Die National-spielerinnen werden hierbei auf semiprofessionellem Niveau finanziell durch ihre Heimat-vereine und ergänzend durch die Sporthilfe unterstützt. Neben dieser finanziellen Unter-stützung leisten die Berufsnetzwerke der Vereinslandschaft sowohl für die Vereinbarkeit von Leistungssport und beruflicher Ausbildung als auch den Berufseinstieg im Anschluss an die leistungssportliche Karriere einen entscheidenden Beitrag. Die athletische und sport-artspezifische Entwicklung der Athletinnen wird zusätzlich durch die Konzentration von Trainerkompetenz und Spielerpotenzial auf nur wenige Städte und Vereine positiv beein-flusst. Die Gestaltung dieser leistungsfördernden Umgebungen wird zwischen dem Bun-destrainer, den jeweiligen Vereinstrainern, den Athletiktrainern und den Trainern der Olympiastützpunkte ständig abgesprochen und gegebenenfalls neu ausgerichtet. Auf diese Weise entstehen deutschlandweit professionelle Trainingsbedingungen für die Athletinnen der Nationalmannschaft, um sich auf ihre anstehenden Nominierungsphasen und Wett-kampfhöhepunkte angemessen vorbereiten zu können.

Die sportlichen Erfolge dieser Wettkampfhöhepunkte waren in der jüngeren Vergangen-heit sowohl erfreulich als auch enttäuschend. Bei den letzten olympischen Spielen ver-passte die Damen Nationalmannschaft das Viertelfinale und belegte schließlich den siebten Platz. Zwar wurde sie im folgenden Jahr Europameister, aber bereits bei der Weltmeister-schaft, kurz vor der empirischen Untersuchung dieser Arbeit, belegten sie mit Platz acht erneut einer der hinteren Plätze.

Beobachtungszusammenhang

Mehrere Monate nach einem internationalen Jahreshöhepunkt wurde die Beobachtungs-phase zu Beginn einer VorbereitungsBeobachtungs-phase auf das nächste internationale Turnier einge-plant. Die ersten beiden Lehrgänge dieses Zeitraums fanden am selben Ort statt und gingen mit Trainingsspielen gegen zwei unterschiedlichen Trainingspartner jeweils über drei Tage. „Gegen A. war der erste Lehrgang und gegen B. war damals der zweite“ (A_MM, 84). Aufgrund der neuen Ausgangssituation nach einem Jahreshöhepunkt wurden mit 22 Spielerinnen zu beiden Maßnahmen ein größerer Kader eingeladen (A_JM, 98). Am zwei-ten Lehrgang wurde die Kommunikation zwischen dem Bundestrainer und seinen Athle-tinnen mit Hilfe der indirekt teilnehmenden Beobachtung untersucht.

Die Rahmenbedingungen vor Ort waren in beiden Lehrgängen von den Örtlichkeiten einer Jugendherberge geprägt. „Da waren wir dann auch in der Jugendherberge. Aber wir hatten bessere Zimmer“ (A_MM, 84). Die schlichten Räumlichkeiten wurden in ihrer Wirkung auf die Mannschaft positiv eingeschätzt. „Natürlich ist eine Jugendherberge ein bisschen Teambuilding“ (A_JM, 98). Als Teil einer Vorbereitung auf ein anstehendes internationa-les Turnier war die Gestaltung des Lehrgangs maßgeblich an intensiven Trainingseinheiten und Trainingsspielen orientiert. „Das war eher so ein Arbeitslehrgang. Und da sind die Spiele ein Highlight, wenn man mal aus seinem Zimmer rauskommt“ (A_MM, 84). Auf dem Platz beschäftigte man sich mit vielseitigen Trainingsformen und guten Gegnern.

„Wir haben dieses Chaosspiel gemacht. Mit dem Bälle einwerfen“ (A_AL, 90). „Wir haben gegen B. gespielt. B. war nicht schlecht und wir haben uns die ganze Zeit gewundert, wa-rum wir nicht unser Spiel machen konnten. Das lag zum einen daran, dass B. gar nicht so schlecht war“ (A_GH, 70). Die Anforderungen verlangten großen spielerischen Einsatz der Mannschaft. „In dem Spiel haben wir unentschieden gespielt. Da haben wir erst am Ende so richtig aufgedreht“ (A_AL, 92). Passend dazu waren die Inhalte neben dem Platz auf eine taktische Entwicklung der Mannschaft ausgerichtet. „Wir hatten dieses Gespräch da unten in diesem Besprechungsraum. Es ging so ein bisschen um Taktik“ (A_AL, 94).

„Und dass wir so eine extrem lange Besprechung gemacht haben und da rumgeredet haben, über irgendetwas. Ich glaube es ging darum, dass wir immer Probleme haben unser eigenes Spiel zu machen. Ja. Das weiß ich noch“ (A_GH, 70).

Die Zusammenstellung der Mannschaft war zum gegebenen Zeitpunkt der Vorbereitung auf das anstehende Turnier noch unsicher und unübersichtlich. „Alle waren noch ein biss-chen unsicher, wo es hingeht, was wir mabiss-chen, was wir spielen“. „Es war halt ein bissbiss-chen komisch, weil man nicht so ein Team war. Wir waren ein bisschen zusammengewürfelt und jetzt spielt man kurz“ (A_JM, 100). Dieser Eindruck ergab sich außerdem aufgrund unterschiedlicher individueller Unklarheiten in der Zusammenarbeit mit dem Bundestrai-ner. „Ich war in X. gewesen. Wir haben vorher wenig geredet. Die Position war, glaube ich, auch unklar“ (A_JM, 98). „Bei Mf wusste ich eigentlich nicht wohin mit der. Hinten kann ich sie nicht spielen lassen, es reicht eigentlich nicht. Ich muss die nach vorne stellen.

Aber ich wusste noch nicht so ganz, wie wir den Prozess anpacken sollen“ (BT_MW, 76).

Der Bundestrainer verspürte bei sich selbst ein Unwohlsein. „Hohe Frustration. Immer noch völlige Frustration von diesem ganzen Prozess nach dem letzten Turnier. Immer noch suchend, was denn eigentlich das Richtige ist. Wo es langgeht. Unwohl fühlen, sich selbst gegenüber“ (BT_MW, 74). In dieser Phase der Unübersichtlichkeit haben sich Bundestrai-ner und Mannschaft zeitweise voneinander entfernt. „Die paar Monate nach dem Turnier.

Das war schon ganz schön distanziert. Ich war schon sehr distanziert zu denen. Auch be-wusst zum Teil. Auch bebe-wusst, weil ich halt sehen wollte, wie Leute funktionieren. Be-wusst, weil mir auch selbst noch nicht so ganz klar war, in welche Richtung es geht“

(BT_MW, 76).

Trotzdem war diese Zeit der Vorbereitung auf das anstehende Turnier auch Teil einer Auf-bruchsstimmung. „Ich hatte total Bock auf das Turnier“ (BT_MW, 76). Diese Stimmung zeigte sich vor allem in kleineren Veränderung der Mannschaftsführung durch das Trai-nerteam. „Es war für die Mannschaft letztendlich ein wichtiger Lehrgang, weil wir da sehr viel anders und neu gemacht hatten. Zum Beispiel, dass der Bundestrainer schon angefan-gen hatte sehr viel Zeit von Besprechunangefan-gen abzugeben“ (AT_001, 32). Die Zusammenar-beit zwischen Trainer und Mannschaft wurde in Teilen klarer und übersichtlicher. „Wir hatten in der Zeit recht viele Erfolgserlebnisse. Gerade mit dem Sieg gegen A. Sachen haben funktioniert. Das war auch eine Phase der sehr entspannten Kommunikation“

(AT_001, 32). Viele positive Entwicklungen waren zum Zeitpunkt des zweiten Lehrgangs bereits zu erkennen. „Da hat man schon gesehen wie es gehen könnte. Es war sehr viel Ansatz da, was Taktik angeht. Was aber auch Kommunikation, Absprachen und Aufstel-lungen angeht. Das war ja alles noch sehr neu und erst die zweite richtige Maßnahme, die wir zusammen nach dem Jahreshöhepunkt hatten“ (AT_001, 32).

Im Verlauf der Lehrgangstage konnten verschiedene Formen und Situationen der Kommu-nikation zwischen dem Bundestrainer und seinen Athletinnen beobachtet werden. Die fol-gende Auflistung setzt diese Kommunikation in den übergeordneten Zusammenhang der Lehrgangstage.

Erster Beobachtungstag

Trainingseinheit auf dem Platz Trainingsbeginn 09:00 Uhr

09:04 Uhr Mannschaftsbesprechung Erwärmung Athletik 09:11 Uhr

09:14 Uhr Kleingruppengespräche am Spielfeldrand 09:37 Uhr Einteilung für Spielform

Erwärmung spezifisch 09:41 Uhr kurze Einzelgespräche mit Aw und Ow Spielform 09:48 Uhr Mannschaftsbesprechung

09:50 Uhr Kleingruppengespräch 09:59 Uhr Kleingruppengespräch

10:01 Uhr Einzelgespräch mit Hw 10:09 Uhr Kleingruppengespräch 10:15 Uhr Kleingruppengespräch 10:24 Uhr Mannschaftsbesprechung Standardtraining 10:28 Uhr Kleingruppengespräch

10:35 Uhr Einzelgespräch mit Mw

Auslaufen 10:45 Uhr Kleingruppengespräch mit Assistenztrainern Trainingsende 11:00 Uhr

Mannschaftsbesprechung im Besprechungsraum Besprechungsbeginn 13:00 Uhr Mannschaftsbesprechung

Besprechungsende 13:22 Uhr

Trainingsspiel auf dem Platz Spielvorbereitung 14:00 Uhr

14:02 Uhr Kleingruppengespräch mit Assistenztrainern 14:28 Uhr Gespräch mit den Schiedsrichtern

14:32 Uhr Mannschaftsbesprechung

Spielbeginn 14:38 Uhr

14:45 Uhr Einzelgespräch mit Ow 2 min Viertelpause 14:55 Uhr Mannschaftsbesprechung

14:58 Uhr Einzelgespräch mit Mw 15:04 Uhr Einzelgespräch mit Aw 15:05 Uhr Einzelgespräch mit Gw 10 min Halbzeit 15:16 Uhr Mannschaftsbesprechung

15:28 Uhr Einzelgespräch mit Sw 2 min Viertelpause 15:41 Uhr Mannschaftsbesprechung

15:49 Uhr Einzelgespräch mit Lw 15:55 Uhr Einzelgespräch mit Rw Spielende 16:05 Uhr Mannschaftsbesprechung

16:07 Uhr Kleingruppengespräch 16:08 Uhr Einzelgespräch mit Jw Abend im Restaurant- und Barbereich

Abendessen 19:00 Uhr vereinzelte Kleingruppengespräche 19:30 Uhr Einzelgespräch mit Mw

Mannschaftsbesprechung im Besprechungsraum Besprechungsbeginn 21:00 Uhr Mannschaftsbesprechung

Besprechungsende 21:45 Uhr

Im Zimmer des Trainers

22:00 Uhr Einzelgespräch mit Ow

Zweiter Beobachtungstag

Im Besprechungsraum

09:00 Uhr Einzelgespräch Ow 09:15 Uhr Einzelgespräch Jw

Besprechungsbeginn 09:30 Uhr Mannschaftsbesprechung Besprechungsende 10:00 Uhr

Trainingsspiel auf dem Platz Spielvorbereitung 11:00 Uhr

11:11 Uhr Einzelgespräch mit Ow 11:28 Uhr Einzelgespräch mit Fw 11:30 Uhr Mannschaftsbesprechung

11:42 Uhr Kleingruppengespräch mit Ow und Jw 11:49 Uhr Kleingruppengespräch

2 min Viertelpause 11:52 Uhr Mannschaftsbesprechung 12:04 Uhr Einzelgespräch mit Sw 12:08 Uhr Einzelgespräch mit Mw 12:09 Uhr Einzelgespräch mit Aw 10 min Halbzeitpause 12:13 Uhr Einzelgespräch mit Fw

12:14 Uhr Mannschaftsbesprechung 12:22 Uhr Einzelgespräch mit Gw 12:25 Uhr Einzelgespräch mit Dw 12:30 Uhr Einzelgespräch mit Gw 12:37 Uhr Kleingruppengespräch 2 min Viertelpause 12:40 Uhr Mannschaftsbesprechung

12:42 Uhr Kleingruppengespräch 12:49 Uhr Einzelgespräch mit Lw 12:53 Uhr Einzelgespräch mit Kw Spielende 13:01 Uhr Mannschaftsbesprechung

Fallauswahl

Aus dem Ablauf der Lehrgangstage wurde eine Übersicht aller Einzelgespräche erstellt. Es ergibt sich die folgende Auflistung der Einzelgespräche zwischen dem Bundestrainer und

seinen Athletinnen für eine Fallauswahl. Für den Auswahlprozess wurde die Aufstellung um weitere Detailinformationen zu den Einzelgesprächen ergänzt. Zu diesen Informatio-nen zählen die Gesprächsdauer, das Alter und die Länderspielerfahrung der Athletin sowie die Bildqualität des Filmmaterials.

Zeitpunkt Ort Dauer Athletin Video

Erster Beobachtungstag

09:14 Uhr, Erwärmung Trainingsplatz 9´´ Aw, 25 (52 LS) ok

09:14 Uhr, Erwärmung Trainingsplatz 8´´ Ow, 27 (111 LS) ok

10:01 Uhr, Spielform Trainingsplatz 43´´ Hw, 23 (71 LS) teils

10:35 Uhr, Standardtraining Trainingsplatz 57´´ Mw, 23 (96 LS) ok

14:45 Uhr, nach Auswechslung Seitenlinie 53´´ Ow, 27 (111 LS) ok

14:58 Uhr, Spiel Spielerbank 37´´ Mw, 23 (96 LS) ok

15:04 Uhr, nach Auswechslung Spielerbank 26´´ Aw, 25 (52 LS) ok

15:05 Uhr, Spiel Spielerbank 29´´ Gw, 19 (24 LS) ok

15:28 Uhr, nach Auswechslung Spielerbank 50´´ Sw, 25 (51 LS) teils

15:49 Uhr, vor Einwechslung Seitenlinie 37´´ Lw, 20 (21 LS) teils

15:55 Uhr, nach Auswechslung Seitenlinie 47´´ Rw, 18 (4 LS) ok

16:08 Uhr, nach Spielende Seitenlinie 40´´ Jw, 28 (173 LS) nein

19:30 Uhr, nach Abendessen Restaurant 2´10´´ Mw, 23 (96 LS) nein

22:00 Uhr, nach Besprechung Hotelzimmer* ~ 20´ Ow, 27 (111 LS) nein

Zweiter Beobachtungstag

9:00 Uhr, nach Frühstück Besprechungsraum* 10´05´´ Ow, 27 (111 LS) teils 09:15 Uhr, vor Besprechung Besprechungsraum* 13´35´´ Jw, 28 (173 LS) ok

11:11 Uhr, Spielvorbereitung Trainingsplatz 30´´ Ow, 27 (111 LS) ok

11:28 Uhr, Spielvorbereitung Seitenlinie 40´´ Fw, 34 (127 LS) teils

12:04 Uhr, Spiel Spielerbank 30´´ Sw, 25 (51 LS) teils

12:08 Uhr, Spiel Spielerbank 17´´ Mw, 23 (96 LS) nein

12:09 Uhr, nach Auswechslung Seitenlinie 40´´ Aw, 25 (52 LS) ok

12:13 Uhr, vor Halbzeit Nähe Spielerbank 35´´ Fw, 34 (127 LS) teils

12:22 Uhr, nach Halbzeit Spielerbank 35´´ Gw, 19 (24 LS) ok

12:25 Uhr, nach Auswechslung Spielerbank 25´´ Dw, 22 (24 LS) teils

12:30 Uhr, nach Auswechslung Seitenlinie 25´´ Gw, 19 (24 LS) teils

12:49 Uhr, nach Auswechslung Seitenlinie 15´´ Lw, 20 (21 LS) ok

12:53 Uhr, Spiel Spielerbank 50´´ Kw, 29 (225 LS) ok

Tab. 2: Aufstellung der Einzelgespräche für die Damen Nationalmannschaft (* Einzelgespräch hinter verschlossener Tür)

Für die weitere Fallanalyse wurden zunächst die Einzelgespräche mit keinen oder nur schlechten Filmaufnahmen ausgeschlossen. Aus den verbleibenden Einzelgesprächen wur-den anschließend vier ausgewählt, die das Gesamtbild aller Einzelgespräche über die bei-den Beobachtungstage angemessen abbilbei-den können. Die Athletinnen der vier ausgewähl-ten Einzelgespräche sind Mw, Jw, Aw und Gw. Im weiteren Verlauf der Arbeit sind diese Athletinnen mit den Namen Martha Möller, Julia Mayer, Anna Lauter und Greta Hauser genannt. Als ihren Gesprächspartner nennen wir den Bundestrainer im Folgenden Mathias Walter. Die Argumentation der Fallauswahl erfolgt an dieser Stelle für jedes Gespräch einzeln.

Martha Möller, erster Beobachtungstag, 10:35 Uhr

Das Einzelgespräch mit Martha Möller wurde ausgewählt, weil es für den Verlauf der bei-den Beobachtungstage die Einzelgespräche repräsentiert, die auf dem Trainingsplatz wäh-rend einer Trainingseinheiten stattfinden. Die Auswahl repräsentiert außerdem eine Athle-tin, die mit relativ jungen Jahren bereits eine mittlere Länderspielerfahrung vorzuweisen hat und mit Mathias Walter einen regelmäßigen Kontakt im Verlauf des Beobachtungs-zeitraums hatte. Neben diesen repräsentativen Aspekten fokussiert die Auswahl auch die Offenheit bzw. Zugänglichkeit der Gesprächskonstellation aufgrund der Rahmenbedin-gungen für andere Athletinnen der Trainingsgruppe über den Gesprächsverlauf hinweg.

Julia Mayer, zweiter Beobachtungstag, 09:15 Uhr

Das Einzelgespräch am Morgen des zweiten Beobachtungstags wurde aufgrund seiner be-sonderen Stellung als geschlossenes Gespräch ausgewählt. Die Auswahl fokussiert dabei die Einbindung und Anbindung eines solchen Gesprächs in einen übergeordneten Tages-ablauf. Zudem repräsentiert Julia Mayer mit ihren 28 Jahren und fast 200 Länderspielen die Gruppe der erfahreneren Spielerinnen in der Nationalmannschaft. Neben diesen Aus-wahlkriterien wird auch die vergleichsweise längere Gesprächsdauer fokussiert.

Anna Lauter, zweiter Beobachtungstag, 12:09 Uhr

Die Auswahl dieses Einzelgesprächs repräsentiert den häufigen und vielseitigen Einsatz von Einzelgesprächen im direkten Verlauf der Trainingsspiele. Im Fokus der Auswahl steht in erster Linie der genaue Zeitpunkt des Gesprächsbeginns direkt nach der Auswechs-lung der Athletin. Ergänzend und über den Gesprächsverlauf hinaus, wird dabei das Zu-sammenspiel von Mannschafts- und Individualcoaching im Rahmen einer Dynamik und Offenheit des Gesprächs für weitere Gesprächspartner fokussiert.

Greta Hauser, zweiter Beobachtungstag, 12:22 Uhr

Mit der Auswahl des Einzelgesprächs zwischen Mathias Walter und Greta Hauser wird ein weiteres Gespräch im Verlauf eines Trainingsspiels repräsentiert. Allerdings fokussiert die Auswahl hierbei auf den Einsatz eines Einzelgesprächs unmittelbar im Anschluss an eine

Mannschaftsbesprechung. Greta Hauser war mit ihren jungen Jahren und geringer Länder-spielerfahrung im Verlauf der beiden Beobachtungstage darüber hinaus mehrfach Ge-sprächspartner des Bundestrainers während eines Trainingsspiels und repräsentiert zudem Gesprächsfolgen dieser Art.

7.1 Der Bundestrainer Mathias Walter

Das Interview mit dem Bundestrainer der Damen fand am Rande einer Maßnahme der Nationalmannschaft statt. Im Besprechungsraum des Mannschaftshotels wurden etwa 150 Minuten für das Interview eingeplant. In den tatsächlichen 121 Minuten des Interviews zeigte sich Mathias Walter immer offen und ehrlich. Seine Antworten waren zu Beginn äußerst detailliert und differenziert. Gegen Ende des Interviews wurden seine Antworten jedoch zunehmend selbstkritisch und flüchtiger. Dennoch weckten die Gesprächsvideos und die Fotogramme sein Interesse und man spürte eine intensive Auseinandersetzung mit den Materialien und den dazugehörigen Fragestellungen.

Zum Zeitpunkt der Befragung ist Mathias Walter 39 Jahre alt und lebt zusammen mit seiner Frau und seinen Kindern in der Nähe einer deutschen Großstadt. Seit sechs Jahren ist er bereits im Verband als Bundestrainer tätig. In dieser Zeit trainierte er zunächst drei Jahre die Junioren und übernahm anschließend den Damen A-Kader. Auch wenn er mit den Ju-nioren keinen internationalen Titel gewinnen konnte, so gewann er zeitnah nach seinem Amtsantritt bei der Damennationalmannschaft bereits seinen zweiten Titel. Bereits Jahre zuvor gewann er als Vereinstrainer den Europapokal.

Auch als aktiver Leistungssportler konnte Mathias Walter bereits internationale Erfahrung sammeln. Elf Jahre lang spielte er in der deutschen Nationalmannschaft und wurde dabei auch mit zwei internationalen Titeln belohnt. Er selbst sieht den Wert seiner Zeit bei der Nationalmannschaft „in Form von Erfahrungen, die man gemacht hat“ (BT_MW, 6). Al-lerdings betrachtet er seine Spielerkarriere in Teilen auch als „völlig verschenkt“

(BT_MW, 6). Er hat von seinem Talent gelebt, hat es aber nie geschafft dieses vorhandene Talent „wirklich in Qualität umzumünzen“ (BT_MW, 6). „Einfach weil die Sinnhaftigkeit gefehlt hat und man zu der damaligen Zeit auch nicht annähernd so an die Hand genommen wurde“ (BT_MW, 6). Auch wenn er nach seiner Einschätzung „einfach nicht gut genug“

war, hätte trotzdem „ein bisschen mehr rauskommen können“ (BT_MW, 6). Er blickt des-halb auch nicht „mit Ruhm bekleckert“ auf diese Zeit zurück, sondern schämt sich eher dafür (BT_MW, 6).

Nach eigener Aussage war seine parallel stattfindende Ausbildung und Berufswahl geprägt durch eine „völlige Orientierungslosigkeit, die über mehrere Jahre stattgefunden hat“

(BT_MW, 6). Eine geringe Führung seitens der Familie offenbarte dabei keine sichtbaren Rahmenbedingungen, an denen er sich zurechtgefunden hätte. Ohne diese familiäre Be-gleitung sieht er auch die Entwicklung seiner Persönlichkeit, seine Identitätsentwicklung bzw. das „Ankommen bei sich“ als verspätet an (BT_MW, 6). Seine berufliche Orientie-rung weist entsprechend Wechsel und Abbrüche auf, bevor er sich aus freien Stücken auf

den Beruf des Trainers konzentrieren konnte (BT_MW, 4). Der Trainerberuf war für ihn innerlich bereits früh reizvoll. „Ich hatte immer schon den Wunsch so etwas zu machen“

(BT_MW, 4). Und bereits mit 13 Jahren hatte er erste Erfahrungen darin gesammelt, Ju-gendmannschaften bei ihren Wettkämpfen zu begleiten. Allerdings war die Anerkennung des Trainerberufs von Beginn an ein Hindernis: „Da, wo ich herkomme, da macht man so etwas nicht. Das ist kein anerkannter Beruf. Und das ist ja nichts womit man dann eine Familie ernähren könnte“ (BT_MW, 4). Zum Ende seiner aktiven Karriere kam allerdings ein erstes Angebot für eine hauptamtliche Trainerstelle. Für ihn war klar, dass er eine Al-ternative zum Sport brauchte, die ihn „auf der emotionalen und leidenschaftlichen Ebene packt“ und er wagte deshalb damals „den Sprung ins kalte Wasser“ (BT_MW, 6).

Zunächst verfolgte er allerdings seine Trainerausbildung nicht weiter. Scheine, Abschlüsse und Nachweise haben für ihn keinen großen Stellenwert und er sah deshalb keine Notwen-digkeit für eine weiterführende Ausbildung an der Trainerakademie des DOSB (BT_MW, 4). Auf Drängen Dritter ließ er sich dann aber doch dazu überreden und übernahm im An-schluss an sein Studium die Junioren Nationalmannschaft. Rückblickend hat er diese

Zunächst verfolgte er allerdings seine Trainerausbildung nicht weiter. Scheine, Abschlüsse und Nachweise haben für ihn keinen großen Stellenwert und er sah deshalb keine Notwen-digkeit für eine weiterführende Ausbildung an der Trainerakademie des DOSB (BT_MW, 4). Auf Drängen Dritter ließ er sich dann aber doch dazu überreden und übernahm im An-schluss an sein Studium die Junioren Nationalmannschaft. Rückblickend hat er diese