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2.6 Diagnose

2.6.1 Direkter Erregernachweis

Die Anzucht des Erregers wird noch immer als Goldstandard bewertet (THACKER 2004), obwohl sie seit jeher als ein schwieriges, langwieriges und auch teures Verfahren gilt (GOODWIN et al. 1968; L'ECUYER u. BOULANGER 1970; SIBILA et al. 2009). Die Anzucht ist nur auf speziellen Nährmedien möglich, wobei das vorrangig genutzte Medium für die Kultivierung von M. hyopneumoniae das Friis- Medium ist (FRIIS 1975; FRIIS 1979; FRIIS et al. 1991). Die Primärkultur erfolgt dabei in der Regel in einem flüssigen Nährmedium (WHITTLESTONE 1979;

ARMSTRONG 1994). Das Wachstum ist im Vergleich zu anderen Mykoplasmen sehr langsam und daher kann die endgültige Identifizierung durchaus vier bis acht Wochen in Anspruch nehmen (FRIIS 1975). Meist kann man aber schon nach 4 bis 15 Tagen eine leichte Trübung und einen pH-bedingten Farbumschlag des Mediums feststellen (KOBISCH u. FRIIS 1996). Auf festem Nährboden wachsen Kolonien von ca. 0,5 mm Durchmesser ohne die typische Spiegeleiform, die bei den meisten anderen Mykoplasmen auftritt (RAZIN u. FREUNDT 1984). Leider ist die Anzucht und Isolierung des Erregers nicht immer erfolgreich und daher ist die Rate der falsch-negativen Ergebnisse, selbst bei experimentell infizierten Schweinen, sehr hoch (GOODWIN et al. 1968; L'ECUYER u. BOULANGER 1970). Gründe für den Misserfolg sind neben der Labilität des Erregers seine anspruchsvollen Wachstumsbedingungen, vor allem aber das Vorkommen von M. hyorhinis in mehr als der Hälfte der mit M. hyopneumoniae infizierten Schweine. M. hyorhinis passt sich weitaus schneller an das künstliche Nährmedium an und führt in den meisten Fällen zu einer Überwucherung von M. hyopneumoniae (L'ECUYER 1969;

L'ECUYER u. BOULANGER 1970). Durch den Zusatz von Cycloserin und Antiserum gegen M. hyorhinis kann eventuell Abhilfe geschaffen werden (GOIS et al. 1975;

ARMSTRONG 1994). SØRENSEN et al. (1997) empfehlen die kulturelle Anzucht des Erregers vor allem im chronischen Stadium der Enzootischen Pneumonie, da hier die Bakteriologie in ihrer Sensitivität anderen Nachweismethoden signifikant überlegen ist. Als Probe für die Anzucht kommt sauber entnommenes Lungenmaterial von

1 cm3 großes Gewebestück im Grenzbereich vom veränderten zum gesunden Lungengewebe zu entnehmen und bei makroskopisch unveränderten Lungen die ventralen Bereiche der vorderen Lungenlappen zu beproben (ARMSTRONG 1994).

Bronchioalveoläre Lavage-Flüssigkeit eignet sich ebenfalls zur Anzucht (OTAGIRI et al. 2005; MAROIS et al. 2007), wobei einige Autoren auch von Schwierigkeiten berichten (MATTSSON et al. 1995; BAUMEISTER et al. 1998). Nasentupfer dagegen führen nur selten zum Erfolg (SØRENSEN et al. 1997).

Immunfluoreszenz-Test (IFT)

Um M. hyopneumoniae im Lungengewebe mittels fluoreszierender Antikörper sichtbar zu machen, ist die Herstellung von Lungengefrierschnitten von möglichst frisch verendeten oder geschlachteten Tieren nötig, was die Anwendung in der Praxis sichtlich erschwert (PFÜTZNER u. BLAHA 1995; THACKER 2004). Der IFT eignet sich vor allem in der akuten Phase der Infektion. Ist die Erkrankung chronisch, sinkt die Sensitivität, was wahrscheinlich mit der Abnahme des Erregers, wie auch mit der Zunahme von lokalen Antikörpern zu tun haben wird (FEENSTRA et al.

1994). Im akuten Geschehen ergeben sich keine signifikanten Unterschiede in der Sensitivität zu anderen bewährten Methoden (SØRENSEN et al. 1997), Kreuzreaktionen sind aber möglich (KOBISCH u. FRIIS 1996). Probenmaterial sollte aus dem Lobus medius entnommen werden oder aus dem Übergangsbereich von gesundem zu erkrankten Gewebe (MAES et al. 1996). Eine Erregermenge von 104 - 105 Mykoplasmen pro g Gewebe gilt als unerlässliche Menge für ein positives Ergebnis (WHITTLESTONE 1990).

Immunperoxidase-Test (IPT)

Der Immunperoxidase-Test ist im Grunde genommen eine Weiterentwicklung des Immunfluoreszenz-Tests. Er ist praktikabler, da das zu untersuchende Gewebe vorher in Formalin fixiert und später in Paraffinwachs eingebettet wird, was die Probe auch für spätere Untersuchungen haltbar macht. Des Weiteren reicht für die folgende Untersuchung ein Lichtmikroskop im Gegensatz zu dem eher teuren Fluoreszenz-Mikroskop für den IFT. Hinzu kommt die Tatsache, dass bei der Herstellung der

Gefrierschnitte für den IFT eine Zerstörung der Mikrostrukturen unumgänglich ist, was eine weitere Untersuchung der histopathologischen Läsionen unmöglich macht, genauso wie das eventuelle Auftreten von unspezifischer Hintergrundfluoreszenz.

Bei der schonenden Probenvorbereitung für den IPT ist gleichzeitig auch die histologische Beurteilung des Gewebes möglich (LINNOILA u. PETRUSZ 1984;

CHEIKH SAAD et al. 2003). Vergleicht man die Ergebnisse der beiden Methoden, so zeigt der IPT eine höhere Sensitivität als der IFT (DOSTER u. LIN 1988). Um eine möglichst hohe Spezifität zu erreichen, werden heutzutage in der Regel monoklonale Antikörper verwendet (THACKER 2004).

Polymerase-Kettenreaktion (PCR)

Die Polymerase-Kettenreaktion ist ein Verfahren zur Vervielfachung von DNS. Kurz zusammengefasst besteht sie aus sich immer wiederholenden Zyklen, die jeweils drei Schritte umfassen. Der erste Schritt, die Denaturierung, führt zur Trennung der DNS-Doppelstränge. Im zweiten Schritt, der Hybridisierung, lagern sich die entsprechenden Primer mit dem komplementären DNS-Abschnitt zusammen. Im letzten Schritt, der Verlängerung, vervollständigt die Polymerase die DNS-Abschnitte wieder zu Doppelsträngen. So wird unter idealen Bedingungen mit jedem Zyklus die Anzahl der DNS-Moleküle verdoppelt. Das Amplifikat kann im Anschluss zum Beispiel mittels Gelelektrophorese nachgewiesen werden (MULLIS et al. 1986).

In der M.-hyopneumoniae-Diagnostik wurde 1991 die erste PCR von HARASAWA et al. entwickelt. Die Spezifität des Tests wurde durch die DNS von M. flocculare, M.

hyorhinis, M. hyosynoviae und Schweinemuskelzellen bestätigt. Mittlerweile ist die Entwicklung verschiedenster PCRs weit fortgeschritten. Es wird unterschieden zwischen der Einzel- oder one-step PCR (ARTIUSHIN et al. 1993; SØRENSEN et al.

1994; STEMKE et al. 1994; MATTSSON et al. 1995; BLANCHARD et al. 1996;

STEMKE 1997; BAUMEISTER et al. 1998; CARON et al. 2000) und der Multiplex-PCR, die mehr als nur einen Erreger nachweisen kann. So gibt es die Möglichkeit verschiedene Mykoplasmen in einer Probe gleichzeitig nachzuweisen (CARON et al.

2000; STAKENBORG et al. 2006) oder auch gleichzeitig auf sämtliche PRDC-assoziierte Erreger, wie M. hyorhinis, M. hyopneumoniae, Influenza A Virus, Porcines

Cytomegalievirus (PCMV), Porcines Circovirus 2 (PCV2), Porcines Respiratorisches Coronavirus (PRCV) und Porcines Respiratorisches und Reproduktives Syndromvirus (PRRSV) zu untersuchen (HARDER u. HUEBERT 2004). Des Weiteren wurden eine Reihe von nested PCRs entwickelt (STEMKE 1997; STÄRK et al. 1998a; CALSAMIGLIA et al. 1999; VERDIN et al. 2000; KURTH et al. 2002;

FABLET et al. 2010). Durch den sukzessiven Einsatz von zwei Primerpaaren in der nested PCR konnte die analytische Sensitivität enorm verbessert werden. Wenn in der Einzel-PCR schon Mengen von 400-1000 Organismen ausreichten (STEMKE et al. 1994; VERDIN et al. 2000), reicht mittlerweile in einer nested PCR ein einziger Organismus aus, um ein positives Ergebnis zu erhalten (VERDIN et al. 2000;

KURTH et al. 2002). Genau diese hohe Sensitivität kann aber auch leicht zu falsch-positiven Ergebnissen führen. So muss schon bei der Probenentnahme sehr sorgfältig gearbeitet werden, um eine Kontamination zu vermeiden (STÄRK et al.

1998a; ADAMS et al. 2005), da M. hyopneumoniae bereits in der Luft eines belegten Stalls nachweisbar ist (KURTH et al. 2002). Auch im Labor muss sehr sauber gearbeitet werden. So stellten CAI und Mitarbeiter (2007) bei Laborarbeiten regelmäßig Kreuzkontaminationen über die Nutzung eines mechanischen Gewebehomogenisierers fest. Daher wird empfohlen bei adäquatem Probenmaterial die one-step PCR vorzuziehen, wohingegen bei Schweinen, die in eine M.-hyopneumoniae-freie Herde verbracht werden sollen, vorher die Erregerfreiheit mittels nested PCR bestätigt werden sollte (KURTH et al. 2002; CAI et al. 2007). In den letzten zehn Jahren kamen einige real-time PCRs als weitere wertvolle Möglichkeiten in der Mykoplasmen-Diagnostik hinzu (DUBOSSON et al. 2004;

STRAIT et al. 2008; MAROIS et al. 2010). Durch den Zusatz eines Fluoreszenzfarbstoffes, der bei der Amplifikation aktiviert wird, ist es möglich die Ansammlung der DNS sichtbar zu machen (HIGUCHI et al. 1992; HIGUCHI et al.

1993). Real-time PCRs werden häufig auch als quantitative PCRs bezeichnet, da sie dazu verwendet werden können, die Anfangskonzentration an DNS in einer Probe zu bestimmen (VALASEK u. REPA 2005). Diese Eigenschaft könnte bei der sinnvollen Untersuchung von Nasentupfern helfen, die in der Praxis sehr häufig als Probenmaterial für den Nachweis von M. hyopneumoniae verwendet werden

(FABLET et al. 2010). Über die Nutzung von Nasentupfern gibt es kontroverse Ansichten (KURTH et al. 2002; SIBILA et al. 2004; OTAGIRI et al. 2005; FABLET et al. 2010). MAROIS et al. (2010) untersuchten verschiedene Probenmaterialien von experimentell infizierten Schweinen mit einer real-time PCR auf ihre Erregerkonzertrationen. Sie fanden die höchsten Erregerkonzentrationen in den Lungenläsionen (108-1010 Genomäquivalente/ml) und den Trachealtupfern (1010 Genomäquivalente/ml). In den Tonsillartupferproben fanden sie 108 und in den Nasentupferproben nur noch 107 Genomäquivalente/ml. Lungengewebe als Probenmaterial wird auch von SØRENSEN et al. (1997) empfohlen, aber von KURTH et al. (2002) abgelehnt. BAUMEISTER et al. (1998) begründet diese Abweichungen mit eventuellen Kontaminationen durch Blut, die inhibierend auf die Amplifikation wirken könnten. BAL-Flüssigkeit wird als mögliches Probenmaterial angegeben (BAUMEISTER et al. 1998; KURTH et al. 2002), wobei die Sensitivität in der frühen Infektionsphase als gut bewertet wird, aber im chronischen Verlauf nachlassen kann (MOORKAMP et al. 2008). Mit der Bronchialtupfermethode (Tracheobronchialabstrichprobe) ergibt sich eine weitere Möglichkeit an nicht narkotisierten Tieren Proben zu entnehmen (FABLET et al. 2010; PAUSENBERGER et al. 2012). Post mortem hat sich die tracheale oder auch tracheobronchiale Waschung mit Pufferlösung als effektiv bewährt (KURTH et al. 2002; MAROIS et al.

2007). Zusammengefasst scheint sich die Nachweiswahrscheinlichkeit mit der Ursprungstiefe des Probenmaterials aus dem Respirationstrakt zu erhöhen (KURTH et al. 2002; MAROIS et al. 2007; FABLET et al. 2010).

In den letzten Jahren wurde den genetischen Variationen der verschiedenen M.-hyopneumoniae-Stämme immer mehr Aufmerksamkeit geschenkt (VICCA et al.

2003; MADSEN et al. 2007; STRAIT et al. 2008). STRAIT et al. (2008) untersuchten die Spezifität der entwickelten PCRs auf das Erkennen verschiedener M.-hyopneumoniae-Isolate. Fünf PCRs, basierend auf den 16S rRNA Genen und den mhp 165 und mhp 183 Genen (SØRENSEN et al. 1994; STEMKE et al. 1994;

CALSAMIGLIA et al. 1999; STAKENBORG et al. 2006; STRAIT et al. 2008) waren in der Lage alle Isolate zu erkennen (Tabelle 2). Fünf weitere PCRs erkannten nicht

immer alle Isolate (STÄRK et al. 1998a; VERDIN et al. 2000a; KURTH et al. 2002;

DUBOSSON et al. 2004) (siehe Tabelle 3).

Zusammengefasst kann man aber sagen, dass sich mit der Entwicklung der PCR-Verfahren die Präzision der M.-hyopneumoniae-Diagnostik deutlich gesteigert hat (ARTIUSHIN et al. 1993). Man ist nun in der Lage schnell verlässliche Ergebnisse zu erhalten und das, bedingt durch die unterschiedlichen Beprobungsmöglichkeiten, auch schon vom lebenden Tier (BAUMEISTER et al. 1998). Die Spezifität und Sensitivität liegen je nach Autor und PCR-Verfahren zwischen 90 und 100 % und sind damit den meisten anderen diagnostischen Testsystemen (IFT, IPT, ELISA) weit überlegen (SØRENSEN et al. 1997; KURTH et al. 2002; STRAIT et al. 2008). Durch die Möglichkeit, bereits sehr kleine Mengen des Erregers nachzuweisen, kann man schon in der Anfangsphase der Infektion oder bei subklinischen Erkrankungen die richtigen therapeutischen Entscheidungen treffen (BAUMEISTER et al. 1998). Zu bedenken ist aber, dass eine PCR nicht zwischen lebenden und toten Erregern unterscheiden kann (NATHUES et al. 2012c).

Tabelle 2: PCR Methoden zum Nachweis aller von STRAIT (2008) getesteten M.-hyopneumoniae-Isolate

Quelle Zielsequenz Art der PCR

CALSAMIGLIA et al., 1999 16S rRNA nested PCR SØRENSEN et al., 1994 mhp 165 one step PCR

STEMKE et al., 1994 16S rRNA one step PCR

STAKENBORG et al., 2006 16S rRNA Multiplex PCR STRAIT et al., 2008 mhp 165

mhp 183 Multiplex real-time PCR

Tabelle 3: PCR-Methoden, mit denen nicht alle von STRAIT (2008) getesteten M.-hyopneumoniae-Isolate nachgewiesen werden konnten

Quelle Zielsequenz Art der PCR

DUBOSSON et al., 2004 ABC Transporter real-time PCR repeated element (REP) real-time PCR VERDIN et al., 2000 repeated element (REP) nested PCR STÄRK et al., 1998 repeated element (REP) nested PCR KURTH et al., 2002 mhp 023

mhp 024 nested PCR

In-situ-Hybridisierung

Bei der In-situ-Hybridisierung handelt es sich um ein Verfahren, welches die Position der nachgewiesenen DNS im Gewebe sichtbar macht und damit vor allem beim Verständnis der Pathogenese ein hilfreiches Instrument darstellen kann. So ist es KWON und CHAE (1999) gelungen, mit einer nichtradioaktiven Digoxigenin-markierten DNS-Sonde in formalinfixierten Paraffinschnitten aus der Lunge natürlich infizierter Schweine, M.-hyopneumoniae-DNS nachzuweisen. Wenig später war dies auch mit einer Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung möglich, die über die 16S rDNA zwischen den verschiedenen Schweinemykoplasmen unterscheiden konnte (BOYE et al. 2001).