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5.) Erlebnisse und Glückssuche

Addieren Sie all ihre kleinen Glücksmomente, und Sie werden erkennen, dass wir dem Glück nicht nachzujagen brauchen, weil es rings um uns wartet.

(Sergio Bambaren in „Ein Strand für meine Träume“)

In diesem Abschnitt der Arbeit soll auf die unmittelbare Form der Glückssuche eingegangen werden, nämlich die Suche nach dem Glück in den Erlebnissen. Hierzu werden Ansätze von zwei verschiedenen Autoren präsentiert. Zum einen der Ansatz und die Beschreibung der Gesellschaft unter dem Fokus der Erlebnissuche von Gerhard Schulze. Zum anderen werden die Thesen des Werks Flow von Mihaly Csikszentmihalyi diskutiert. Beide Ansätze beschäftigen sich mit Aktivitäten, die den Menschen glücklich machen sollen. Während Schulze seine Ausführungen in eher allgemeiner Form darstellt, versucht Csikszentmihalyi die Aktivitäten und den damit verbundenen Aufwand genau zu beschreiben. Er versucht zu erklären, was in einer Aktivität enthalten sein muss, um glückliche Emotionen daraus ziehen zu können.

5.1) Entwicklung zur Erlebnisgesellschaft

Die Entstehung der Erlebnisgesellschaft nach Schulze hat die Überwindung der physiologischen Bedürfnisse nach Maslow zur Vorraussetzung. Maslow entwickelte ein Modell, das die Bedürfnisse der Menschen darstellen sollte. Immer dann, wenn ein Bedürfnis des Menschen ausreichend gestillt ist, tritt anstelle dessen ein neues Bedürfnis, welches es zu stillen gilt. Die menschlichen Bedürfnisse sind demnach hierarchisch geordnet. Das Grundbedürfnis oder physiologische Bedürfnis ist das Bedürfnis der Stillung des Hungers und des Durstes und steht an erster Stelle in der Bedürfnispyramide. Danach folgt das Bedürfnis nach Sicherheit, und nach allem, was in ihr liegt. Mit Sicherheit kann das kriegsfreie Leben gemeint sein, darin ist aber auch die Sicherheit der Kontinuität des Lebens enthalten, die Sicherheit des stetigen Einkommens usw. Die dritte Stufe der Bedürfnisbefriedigung sieht Maslow in der Stillung der Liebes- und Zugehörigkeitsbedürfnisse. In dieser Stufe gilt, wie in jeder anderen auch, dass sich der Mensch nach ganz bestimmten Bedürfnissen sehnt und er diese befriedigen will. Alle anderen Bedürfnisse erscheinen ihm wertlos. So wie in der ersten Stufe das tägliche Brot als das höchste Gut gegolten hat und gesellschaftliche Zugehörigkeit

nahezu unwichtig erschien, ist in dieser Stufe Gesellschaft das Wichtigste und Zurückweisung und Isolierung das Schlimmste, das einem widerfahren kann. Die vierte Bedürfnisstufe ist das Bedürfnis nach Achtung. In dieser Stufe ist der Wunsch nach Stärke, Leistung und besonderer Kompetenz ausgeprägt. Damit ist auch das Streben nach Macht, Ehre und Ruhm, Status und Prestige verbunden. Die fünfte und höchste Bedürfnisstufe ist die Selbstverwirklichung.

Damit meint Maslow, dass der Mensch in seinem Leben das tun kann, worin er ein Talent hat, worin er seine Fähigkeiten besitzt, diese umsetzt und sich damit selbst verwirklicht (vgl.

Maslow 1978. S. 74ff.).

In vormodernen Gesellschaften war das Erreichen der höchsten Stufe, nämlich der Selbstverwirklichung, für die breite Masse etwas, worüber man sich keine Gedanken machte.

Man kam gar nicht auf den Gedanken, sich selbst zu verwirklichen, da diese Möglichkeit gar nicht gegeben war. Ähnlich wie man heute nicht darüber nachdenkt, ob man eine Reise zum Mars oder lieber zum Mond antreten soll, war es auch in der Vormoderne so, dass die Menschen nicht die Möglichkeiten hatten, sich selbst zu verwirklichen, und dass sich damit Gedanken und Entscheidungen, die die Lebensplanung betrafen, nicht stellten. Diese Möglichkeiten und Angebote gab es nicht, daher „belasteten“ sie die Menschen auch nicht.

Sie wussten, was sie an ihren Tagen zu tun hatten, wann sie welche Arbeit verrichten mussten, um genug zu essen zu haben und überleben zu können. Der Unterschied zur Modernen liegt genau darin, dass die Menschen sich nicht darüber Gedanken machen müssen, sondern dass sie andere Ziele vor Augen geführt bekommen und wählen können. „Die Problemperspektive des Lebens verlagert sich von der instrumentellen auf die normative Ebene; an der Stelle der technischen Frage ‚Wie erreiche ich X‘ tritt die philosophische Frage

‚Was will ich eigentlich?‘“ (Schulze 2005: S. 33).

5.2) Motive hinter der Erlebniserwartung

Die Erwartungen, die hinter einer Aktivität stehen, sind entscheidend dafür, ob man sich anschließend glücklich fühlt oder nicht. Es besteht ein großer Unterschied im Empfinden, wie man eine Handlung durchführt. Man kann eine Handlung tätigen, weil sie getätigt werden muss, weil sie etwa einen bestimmten Zweck verfolgt oder weil sie von der Umgebung so erwartet wird. Man kann aber auch eine Handlung setzten, um in sich selbst ein Gefühlsbedürfnis zu befriedigen. Der Hinweis auf die innere Motivation einer Handlung gegenüber einem äußeren Zwang findet sich bei beiden Ansätzen und wird im Folgenden präsentiert.

5.2.1) Innenorientierung und Außenorientierung in der Erlebnisgesellschaft

In der Frage „Was will ich eigentlich?“ steckt das, was Schulze als Innen- bzw. als Außenorientierung bezeichnet. Unter Innenorientierung versteht Schulze, „dass sich ein Mensch vornimmt, Prozesse auszulösen, die sich in ihm selbst vollziehen. In einem weiteren zu präzisierenden Sinn lässt sich sagen: Innenorientierung ist Erlebnisorientierung. Das Projekt des schönen Lebens ist das Projekt, etwas zu erleben“ (ebd. 2005: S. 38). Die Außenorientierung bezieht sich auf die Umwelt, die Tatsächlichkeit, die Wirklichkeit. „Bei einer außenorientierten Lebensauffassung gilt beispielsweise das Ziel, Kinder zu haben, dann als erreicht, wenn die Kinder existieren, bei einer innenorientierten Lebensauffassung erst dann, wenn sie die Eltern glücklich machen“ (ebd. 2005. S. 35).

In der vormodernen Gesellschaft war das außenorientierte Handeln das Verhalten, das für den Grossteil der Bevölkerung galt. Es war notwendig, dass man für seinen Lebensunterhalt arbeiten gehen musste, egal ob einen die Arbeit befriedigte oder nicht. Es geboten die Tradition und der Anstand, dass man sich um seine altersschwachen Eltern kümmerte, und es war notwendig, dass man Kinder in die Welt setzte, die einen später selbst pflegen sollten. Ob man sich dabei wohl fühlte, mit seiner Situation zufrieden oder gar glücklich war, war nur von peripherem Interesse. Ganz anders ist die Situation in der Moderne. In der Moderne muss man auch arbeiten gehen, aber wenn man damit nicht zufrieden ist, kann man den Beruf oder Arbeitsplatz wechseln. Die alten kranken Eltern muss man nicht pflegen, sondern es besteht die Möglichkeit, dass eine dafür vorgesehene Institution die Pflegeaufgabe übernimmt.

Kinder kann man zum Glück noch nicht abschieben, wenn sie einem nicht mehr passen, man hat aber sehr wohl die Möglichkeit, den Zeitpunkt der Niederkunft der Kinder auszuwählen, bzw. ist es heute nicht mehr für das eigene Absichern im Alter notwendig, Kinder in die Welt zu setzen. Die Frage, die sich der moderne Mensch stellt, ist eben nicht mehr nach der Umwelt oder Umgebung orientiert, sondern nach dem Inneren, nach dem, was man selbst will. Es ist ein großer Unterschied, ob man sein Leben nach äußeren Umständen und Vorgaben zu leben und auszurichten hat, oder ob man nach den eigenen Vorstellungen, nach den eigenen Wünschen plant und lebt. Was sind demnach die Wünsche und Vorstellungen des Menschen, nach welchem Maßstab greift der Mensch, wenn er nach den eignen Bedürfnissen handeln kann, was sind diese Bedürfnisse und wie, oder wodurch, werden sie ausgelöst und erweckt? Schulze versucht in seinem Werk herauszuarbeiten, dass der Wunsch nach etwas Schönem, nach dem schönen Erlebnis, nach dem Guten, nach Zufriedenheit und letztendlich die Suche nach dem Glück in der Erlebnisorientierung liegt. Mit dem Begriff des Schönen

meint Schulze positiv bewertete Erlebnisse (vgl. ebd. 2005: S. 39). Die Definition, was als schön und damit als erstrebenswert gilt, ist bewusst relativ weit gefasst. Was jemand als schön oder nicht schön empfindet, ist nicht nur kulturell bestimmt und gewachsen. So ist anzunehmen, dass jeder Mensch die eigene Hochzeit, besondere Feste wie Weihnachten und Geburtstage oder besondere Zeiten wie Urlaube als außergewöhnlich schön bezeichnen wird.

Und doch kann ein einsames Weihnachten, ein Geburtstagsfest, zu dem alle Verwandten kommen, oder der Familienurlaub, in welchem man eine ganze Woche mit der Familie

„auskommen“ muss, genauso gut als nicht schön, anstrengend und als Zeit des „Leidens“

empfunden werden. Das, was jemand als schön bezeichnet, was jemanden glücklich macht, ist von ihm selbst abhängig, also eine innenorientierte Komponente. Je nachdem, mit welcher Einstellung und welchen Assoziationen eine Person eine bestimmte Situation in Verbindung bringt, wird diese als schön oder eben weniger schön wahrgenommen. Daher kann alles, jede Tätigkeit, jedes Erlebnis, als schön, aber auch belastend empfunden werden. „Das Schöne kommt nicht von außen auf das Subjekt zu, sondern wird vom Subjekt in Gegenstände und Situationen hineingelegt“ (ebd. 2005: S. 39).

Was also als schön gilt, ist nicht anhand von bestimmten Erlebnissen oder Objekten definierbar, sondern hat mit den Zuschreibungen und Erwartungen, also der Innenorientierung zu tun, welche wir in bestimmte Dinge oder Situationen hineinlegen. Ebenso ist es nicht vorherzusagen, was in Zukunft als schön bezeichnet werden wird. Was hingegen festgehalten und nachweisbar ist, liegt in dem Faktum, dass die Gesellschaft der Moderne die bisher einzige ist, welche die Frage nach der individuellen Schönheit oder dem Streben nach schönen Dingen für die breite Masse der Bevölkerung zugänglich gemacht hat. Wie schon erörtert wurde, war in vormodernen Gesellschaften die Beschäftigung mit dem Schönen einigen wenigen vorbehalten. In der modernen Gesellschaft dagegen stellt sich die Frage nach dem schönen Erlebnis für jeden Einzelnen.

5.2.2) Intrinsische und extrinsische Motivation im Flow

Csikszentmihalyi beginnt seine Untersuchung ebenso wie Schulze mit der Frage des Antriebs und der Motivation, weshalb Menschen bestimmte Tätigkeiten verrichten. Er skizziert dabei ebenso die Theorien, die auf der Bedürfnispyramide nach Maslow aufbauen, und die hedonistisch geleiteten Handlungen. Die Befriedigung der Bedürfnisse ist nicht möglich, da der Mensch immer neue Bedürfnisse entwickelt, welche befriedigt werden müssen. Es ist immer eine Differenz zwischen dem Bedürfnis und der Befriedigung, wie schon bei Kant

gezeigt wurde. Die Motivation, auf welche Art und Weise etwas getan wird, ist durch kulturelle Normen und Werte gesteuert. Das Instrument, welches das Verhalten in bestimmte Bahnen lenkt und steuert, sind die Sanktionen. Es gibt positive und negative Sanktionen, welche konformes und nonkonformes Verhalten erzeugen und durch welche der Mensch in einem gewissen Grad berechenbar, steuerbar und handhabbar wird. Csikszentmihalyi versucht die Bedürfnisbefriedigung bei Extremsportlern im Speziellen und beim Spielen im ganz Allgemeinen zu ergründen. Dabei konzentriert er sich zunächst auf die Motivation, welche hinter dem Spielen oder dem Sport steht. Er macht einen deutlichen Unterschied zwischen der Motivation von gesellschaftlich erwartetem Verhalten, also arbeiten gehen und Geld verdienen, und der Motivation, welche die Menschen zu Spielen und sportlichen Extremen beflügelt und motiviert. Bei Zweiterem ist die Motivation von innen geleitet – Csikszentmihalyi spricht auch von intrinsisch geleitet –, bei Ersterem ist sie extrinsisch, also von außen, geleitet. Mit intrinsisch geleitet meint Csikszentmihalyi, dass das Verhalten ganz allein des Individuums selbst wegen durchgeführt wird, mit extrinsisch ist das Verhalten aufgrund der äußeren Umstände, also dessen, was erwartet wird, gemeint. Er versucht in weiterer Folge zu zeigen, dass Sportler oder Spieler wegen der Freude am Sport oder Spiel bestimmte Dinge tun.

Csikszentmihalyis Ansatz beschäftigt sich dabei nicht mit der Umgebung und den äußeren Einflüssen der Gesellschaft auf das Individuum, sondern mit den inneren Einflüssen, dem Bewusstsein. Dahinter steht unter anderem auch der Gedanke, dass die Umgebung, die Natur nicht dazu gemacht ist oder nicht die Aufgabe hat, den Menschen glücklich werden zu lassen.

Die Jahreszeiten, das Auf- und Untergehen der Sonne, die Natur und ihre Evolution folgen naturwissenschaftlichen Gesetzen. Darin ist nicht das Programm enthalten, den Menschen glücklich zu machen. Das Schauspiel der aufgehenden Sonne aus dem Meer wird erst zu einem glücklichen Gefühl führen, wenn das Individuum den Vorgang mit einer bestimmten Sichtweise betrachtet. Csikszentmihalyi will damit zeigen, dass die Umwelt, die uns umgibt, anderen Einflüssen unterliegt und dass der Wille des Menschen, glücklich zu werden, in ihm selbst liegt. Es ist vom Menschen abhängig, wie er Erfahrungen des täglichen Lebens verarbeitet und ob er sich glücklich oder weniger glücklich fühlt. „Wie wir uns fühlen, die Freude, die wir dem Leben abgewinnen, hängt letztendlich davon ab, wie der Verstand die tagtäglichen Erfahrungen filtert und deutet“ (Csikszentmihalyi 1992: S. 23). Damit meint Csikszentmihalyi, dass man den Verstand einsetzen muss, um sich der Differenz von den täglichen gesellschaftlichen Erfahrungen und dem, wie man damit umgeht, also dem individuellen Bewusstsein, klar zu werden. Das Zitat zeigt außerdem eine Differenz zwischen

den gesellschaftlich vorgegeben und in der Sozialisierung gelernten Zielen und Wünschen einer bestimmten Kultur und dem Bewusstsein.

Eines dieser gesellschaftlichen Ziele versucht Csikszentmihalyi bewusst zu machen. Er diskutiert den Umstand, dass in der westlichen Gesellschaft alles auf die Zukunft ausgerichtet ist. Es geht darum, für spätere Zeiten vorzusorgen, damit es einem dann in der Pension gut geht; es geht darum, eine gute Ausbildung zu haben, damit man dann einen gut bezahlten Job bekommen kann usw. Er sieht ein großes Problem darin, „wenn man sich so sehr auf das Ziel, das man erreichen möchte, versteift, dass einem die Gegenwart keine Freude mehr bereitet“

(ebd. 1992: S. 24). Zu diesen Überlegungen gibt es auch eine kleine Anekdote, die hier kurz erzählt werden soll. „Die Schüler bedrängten den Meister immer wieder, er solle ihnen erklären, wie er es trotz seiner Verpflichtungen anstelle, stets ausgeglichen in seinem Verhalten und harmonisch in seiner Ausstrahlung zu erscheinen. Immer wieder sagte er nur:

‚Es ist ganz einfach, findet es nur heraus!‘ Aber es gelang ihnen nicht. Eines Tages lächelte er gutmütig und sagte: ‚Wenn ich stehe, dann stehe ich. Wenn ich gehe, dann gehe ich. Wenn ich sitze, dann sitze ich. Wenn ich trinke, dann trinke ich. Wenn ich esse, dann esse ich. Wenn ich spreche, dann spreche ich.‘ Die Schüler schauten ganz überrascht und fühlten sich nicht ernst genommen: ‚Das alles tun wir doch auch!‘ ‚Das tut ihr eben nicht!‘, sagte der Meister, ,Denn wenn ihr sitzt, dann steht ihr schon. Wenn ihr steht, dann lauft ihr schon. Wenn ihr lauft, dann seit ihr schon am Ziel‘“ (Lasko 2005: S. 150). In dieser Anekdote soll zum einen verdeutlicht werden, dass wir in unserer Gesellschaft, ob bewusst oder unbewusst, dazu geneigt oder getrieben sind, die Dinge, die wir gerade machen, nicht mehr wahrzunehmen und uns stattdessen schon auf das zu konzentrieren, was vor uns liegt. Zum anderen weist die Anekdote darauf hin, dass es nicht darum geht, einem Ziel – im Fall dieser Arbeit das Glück und die Zufriedenheit – hinterherzujagen, sondern dass im Moment des Erlebens, im Prozess eines Geschehens, das Glück, oder im Falle der Anekdote die Eigenschaft der Ausgeglichenheit liegt.

Vor diesem kurzen Gedankengang Csikszentmihalyis war vom Bewusstsein und der Sozialisierung die Rede. Diesen Unterschied gilt es nun näher zu beleuchten.

Mit der Sozialisierung ist das Lernen bestimmter Verhaltensweisen in einer Kultur gemeint, welches die einzelnen Mitglieder dieser Kultur für die Ziele und Verhaltensweisen in einem bestimmten kulturellen Raum vorhersehbar, berechenbar und gefügig macht. Eine Sozialisation ist dann besonders erfolgreich, wenn die Mitglieder einer Gesellschaft diese erlernten Ziele als die eigenen übernehmen und sich damit identifizieren. „Der Prozess der Sozialisierung ist die Verinnerlichung von Verhaltensmustern. Erst indem der Einzelne die

außer ihm bestehenden Vorschriften der Gesellschaft in sich hineinnimmt und zu einem Bestimmungsgrund seines Verhaltens macht, wird er mit der Gesellschaft vermittelt ...“

(Dahrendorf 1977: S. 57). In den gesellschaftlichen Vorschriften, welche in der Sozialisation liegen, sind bestimmte Erwartungen an eine Person in einer bestimmten Situation gebunden.

„Der Charakter von gesellschaftlich erwartbarem Verhalten beruht darauf, dass die Gesellschaft Sanktionen zur Verfügung hat, mit deren Hilfe sie die Vorschriften zu erzwingen vermag“ (ebd. 1977: S. 36). Csikszentmihalyi weist darauf hin, dass die gesellschaftlichen Ziele eng an die biologischen Bedürfnisse und die Befriedigung dieser Bedürfnisse an die genetische Konditionierung gekettet sind (vgl. Csikszentmihalyi 1992: S. 33). Alle menschlichen Triebe, wie das Bedürfnis nach Sicherheit, das Stillen von Hunger und Durst, sexuelle Bedürfnisse usw., werden durch Marketingexperten und Politiker analysiert und zu dem Zweck der sozialen und kulturellen Beständigkeit verwendet. Das Verwenden oder Ausnutzen der menschlichen Triebe soll nicht als negative Unterjochung des Einzelnen durch die Gesellschaft aufgefasst werden, sondern es soll nur darauf hingewiesen werden, dass der Mensch dadurch den Weg zu seinem eigenen Bewusstsein verliert oder zumindest verschleiert.

Mit der genetischen Konditionierung meint Csikszentmihalyi, „dass das Streben nach Lust eine genetische Reflexreaktion zur Erhaltung der Art ist und nicht zu unserem persönlichen Vorteil geschaffen wurde“ (ebd. 1992: S. 34). Die Lust am Essen, die Lust am Trinken und die Lust am Ausleben der sexuellen Triebe ist dem Menschen nicht aufgrund der Lust gegeben, sondern sie ist zum Überleben, zur Reproduktion und Arterhaltung nützlich und notwendig.

Die Befriedigung der Bedürfnisse und die genetische Konditionierung sind es, die den Menschen für die Sozialisation gefügig machen und die Ziele einer gesellschaftlichen Ordnung durch Belohnung oder Bestrafung entscheidend beeinflussen. Für Csikszentmihalyi geht es darum, dass die gesellschaftlich gesteuerten Mitglieder einer Gesellschaft sich ihrer selbst bewusst werden und aus dem vorgegebenen Schema von Belohnung und wie sie in einer bestimmten Gesellschaft definiert ist auszubrechen. Auch hier gilt es festzuhalten, dass nicht der gesellschaftliche Aufbau, das Lernen der Kultur sowie der kulturellen Techniken und Fertigkeiten negativ dargestellt werden sollen. Es geht darum, sich den Zwängen und Mechanismen der Gesellschaft, aber auch den eigenen Trieben und Bedürfnissen bewusst zu werden. Schritt für Schritt soll man sich der eigenen Belohnungen klar werden. „Die Lösung besteht darin, allmählich von den gesellschaftlichen Vorteilen unabhängig zu werden und zu lernen, wie man sie durch Belohnungen ersetzt, die man selbst in der Hand hat“ (ebd. 1992: S.

36). Es geht also darum, das eigene Bewusstsein zu schulen und die Erfahrungen, die wir im Laufe des Lebens machen, durch unser Bewusstsein wahrzunehmen und mit den eigenen Maßstäben zu betrachten und zu beurteilen und nicht aufgrund gesellschaftlicher Urteile oder Belohnungen. Die eigene Wahrnehmung, also die Kontrolle des Bewusstseins, lässt dann manche Dinge in einem ganz anderen Licht erscheinen und macht es möglich, dass Erfahrungen als schön und angenehm aufgefasst werden und dass dadurch ein Gefühl des Glücks entsteht. „Wenn dich äußere Dinge quälen, so sind nicht diese es, die dich stören, sondern dein eigenes Urteil über sie. Und es steht in deiner eigenen Macht, dieses Urteil auszulöschen“ (ebd. 1992: S. 37).

5.3) Wahrnehmung von Glück und Unglück

Die Wahrnehmung ist ein entscheidendes Element, ob sich in verschiedenen Situationen und Aktivitäten ein Glücksgefühl einstellt oder nicht. Auch diese Überlegung findet sich in beiden Ansätzen, jedoch in differenzierter Form wieder. Schulze legt sein Augenmerk auf die Erlebnisverarbeitung und Reflexion, Csikszentmihalyi stellt die Symbiose der inneren und äußeren Umstände in den Mittelpunkt seiner Ausführungen

5.3.1) Die individuelle Erlebnisverarbeitung und Erlebnisreflexion

In den bisherigen Ausführungen ist schon durchgeklungen, dass es von jedem Einzelnen selbst abhängt, ob man etwas als ein positives Erlebnis wahrnimmt oder ob einen eine bestimmte Situation als gewöhnlich oder gar negativ und belastend erscheint. Dies bedeutet, dass zwei Menschen, die mit der selben Situation zur selben Zeit konfrontiert sind, diese

In den bisherigen Ausführungen ist schon durchgeklungen, dass es von jedem Einzelnen selbst abhängt, ob man etwas als ein positives Erlebnis wahrnimmt oder ob einen eine bestimmte Situation als gewöhnlich oder gar negativ und belastend erscheint. Dies bedeutet, dass zwei Menschen, die mit der selben Situation zur selben Zeit konfrontiert sind, diese