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Erkrankungen des Harnapparates sind auch bei Hund und Katze keine Seltenheit (Balakrishnan und Drobatz 2013). Topographisch sind im Bereich der Erkrankungen des Harnapparates der obere - mit Niere, Nierenbecken und Ureter - und der untere Harntrakt - Harnblase und Urethra - zu differenzieren (Balakrishnan und Drobatz 2013).

Zu den Erkrankungen des oberen Harntraktes zählt in erster Linie die Niereninsuffizienz, welche in akut oder chronisch eingeteilt werden kann. Die akute Niereninsuffizienz, welche laut neuer angloamerikanischer Nomenklatur als AKI - acute kidney injury - benannt wird (Balakrishnan und Drobatz 2013), ist definiert als abrupte nachhaltige Minderung der Nierenfunktion und dem Verlust der Fähigkeit der Niere Abfallprodukte zu eliminieren, den Säure-Basen- und Elektrolythaushalt zu regulieren sowie Urin zu konzentrieren (Palevsky et al 2008, 2013; Balakrishnan und Drobatz 2013). Je nach dem, an welcher Stelle des Harnapparates die Ursache der Niereninsuffizienz angesiedelt ist, werden sowohl die AKI als auch die chronische Niereninsuffizienz in prärenal, renal und postrenal eingeteilt (Albright 2001; Rahman et al 2012; Balakrishnan und Drobatz 2013; Harcourt-Brown 2013). Eine prärenale

Azotämie hat als Ursache meist Dehydratation und / oder systemische Hypovolämie und führt so zu einer Minderung der Nierenperfusion, der glomerulären Filtrationrate und des renalen Blutflusses (Balakrishnan und Drobatz 2013; Harcourt-Brown 2013).

Postrenale Azotämien werden durch Obstruktionen der ableitenden Harnwege oder Leckagen ausgelöst (Balakrishnan und Drobatz 2013). Intrarenale Ursachen sind vielfältig und reichen von toxisch ausgelösten Schäden der Niere, wie z.B. durch Ethylenglycol, NSAIDs, Aminoglykosid Antibiotika sowie Trauben und Rosinen, über Infektionserkrankungen wie Leptospirose und andere bakterielle Pyelonephritiden und Glomerulonephritiden bis hin zu anderen Grundursachen wie beispielsweise kardiovaskulärer Schock, systemische Hypotension, Verbrennungen / Hitzschlag, Septikämie, Anaphylaxie und Trauma (Balakrishnan und Drobatz 2013). Chronische Nierenerkrankungen sind definiert als strukturelle oder funktionelle Veränderung einer oder beider Nieren über einen längeren Zeitraum, meist mehr als drei Monate (Polzin 2011). Während sich chronische Nierenerkrankungen mit Gewichtsverlust und vermindertem Appetit über mehr als drei Monate, struppigem und glanzlosem Fell sowie andauernder Polyurie / Polidipsie äußern (Polzin 2011), können AKI auch Anzeichen systemischer Erkrankungen aufweisen. Dazu zählen klinische Symptome wie Lethargie, Inappetenz, Vomitus, Diarrhoe und Halitose, welche auf das Vorhandensein urämischer Ulzerationen der Schleimhäute des MDT zurück zu führen sind (Balakrishnan und Drobatz 2013). Gelegentlich werden neurologische Störungen beobachtet, deren Ursache eine urämische Enzephalopathie sein könnte (Balakrishnan und Drobatz 2013).

Im Bereich des unteren Harntraktes treten häufig Harnabsatzstörungen auf, als Ursache sind bei der Katze die Differentialdiagnosen Kristallurie, Urolith, Neoplasie, Hämatom, bakterielle und idiopathische Zystitis zu nennen (Dorsch et al 2014). Diese Differentialdiagnosen sind grundsätzlich auch beim Hund anzutreffen. Auch dort treten Neoplasien der Harnblase und der Urethra unter dem Symptomkomplex einer Erkrankung der unteren Harnwege wie Hämaturie, Strangurie und Pollakisurie (Norris et al 1992). Diese Symptome sind auch bei Tieren mit Urolithiasis zu beobachten und daher als nicht spezifisch für eine Ursache der Erkrankung zu werten (Langston et al 2008). Allerdings können sich Nephrolithiasis und

Ureterolithiasis auch bei Hund und Katze symptomlos oder mit intermittierend auftretenden Schmerzen oder anderen Symptomen zeigen (Langston et al 2008).

Aufgrund der Entstehung von Obstruktionen kann sich auch eine postrenale AKI entwickeln (Langston et al 2008; Balakrishnan und Drobatz 2013).

Weiterhin sind bei Hund und Katze einige prädisponierende Erkrankungen zu beachten, deren Abklärung bei der Diagnose von Harnwegserkrankungen berücksichtigt werden sollten, um die Grundursache erfolgreich in die Therapie mit einbeziehen zu können. Zu den prädisponierenden Krankheiten für Harnwegsinfektionen gehören unter anderen Diabetes mellitus (Bailiff et al 2006;

Mayer-Roenne et al 2007), Adipositas (German 2006), Hyperthyreoidismus und chronische Nierenerkrankungen (Mayer-Roenne et al 2007).

In ihrer Studie zum Vorkommen von FLUTD innerhalb der deutschen Katzenpopulation wurden Daten folgender Untersuchungen erhoben: Vorbericht, klinische Untersuchung, Urinanalyse aus Katheterharn oder Zystozentese (welche sowohl die Untersuchung mittels Teststreifen, Urinsediment und Urinkultur beinhalteten), röntgenologische und / oder sonographische Untersuchung des Harnapparates (Dorsch et al 2014).

Zur Diagnose von Nierenerkrankungen sind laut Polzin (2011) Befunde verschiedener Untersuchungen notwendig, welche Nierenfunktionstests, eine Erhebung der Serum-Elektrolytkonzentrationen und des Säure-Basen-Status, Urinanalyse und bildgebende Untersuchungen der Nieren einschließen. Hinweisend auf das Vorliegen einer Nierenerkrankung kann auch die klinische Untersuchung und der Vorbericht bzw. die Krankengeschichte des Tieres sein (Polzin 2011). Weiterhin weist er auf Marker für Nierenerkrankungen hin, welche zwar nicht beweisend für die Erkrankung selbst sind, aber diagnostisch weiter verfolgt und entsprechend aufgearbeitet werden sollten. Diese Marker differenziert er in Blut-, Harn- und Bildgebungsmarker (Ettinger und Feldman 2009). Zu den Blutmarkern zählen:

erhöhte Blutharnstoff- und Kreatininkonzentrationen, Hyperphospatämie, Hyper- oder Hypokaliämie, metabolische Azidose, Hypalbuminämie. Die Harnmarker beinhalten folgende Befunde: eingeschränkte Konzentrationsfähigkeit der Niere, Proteinurie, Zylindervorkommen im Urin, renale Hämaturie, Glukosurie sowie Zystinurie. Als

Bildgebungsmarker führt Polzin im „Textbook of Veterinary Internal Medicine“

abnormale Größe, Form und Dichte der Nieren an, sowie eine abnorme Lokalisation, Anzahl oder Mineralisation der Organe. Um eine AKI zu diagnostizieren ist die Anamnese, die klinische Untersuchung und die Feststellung einer Azotämie unumgänglich (Balakrishnan und Drobatz 2013). Verschiebungen im Elektrolyt- und Säure-Basen-Haushalt sind bei akuten Nierenerkrankungen ebenfalls keine Seltenheit (Balakrishnan und Drobatz 2013). Um das „Staging“ der chronischen Nierenerkrankung durchführen zu können ist weiterhin die Bestimmung des Verhältnis von Protein zu Kreatinin im Urin (UPC) notwendig, sowie eine Messung des arteriellen Blutdrucks (Polzin 2011). Bei Erkrankungen des unteren Harnapparates wie auch bei Urolithiasispatienten können sowohl das biochemische Profil als auch der CBC unverändert sein können (Langston et al 2008).

Hinsichtlich der Bildgebung bei Harnwegs- und Nierenerkrankungen als weiterführende Diagnostika werden insbesondere Röntgen und Ultraschall sowie die Ausscheidungsurographie angeführt (Adin et al 2003; Kyles et al 2005a, 2005b;

Langston et al 2008; Balakrishnan und Drobatz 2013; Dorsch et al 2014; Widmer 2014). Gute Alternativen zu Sonographie und Röntgen sind auch CT und MRT, welche aber aus Kostengründen und Verfügbarkeit seltener zum Einsatz kommen (Langston et al 2008; Widmer 2014). Röntgen bietet den Vorteil, dass es als weit verbreitete Technik gut verfügbar ist, einen geringen Zeitaufwand in Anspruch nimmt und kosteneffizient eingesetzt werden kann (Widmer 2014). Die Anfertigung eines Röntgenbildes wird weiterhin als gute Übersichtsmethode beschrieben, bei der Veränderungen von Form und Größe, Röntgendichte und Lokalisation von Organen in der Bauchhöhle beurteilt werden können (Osborne 1995; Thrall 2012; Widmer 2014). Widmer (2014) bezeichnet das Röntgen als hervorragende Screeningmethode, die einer Ultraschalluntersuchung vorausgehen sollte, da mit der Interpretation des Röntgenbildes eine Verfeinerung der Differenzialdiagnosen einhergeht. Die Sonographie ermöglicht jedoch Aussagen über Gewebearchitektur und die Struktur der Harnorgane, welche durch das Röntgen nicht darzustellen sind (Cartee et al 1980; Nyland et al 1981; Konde 1985; Konde et al 1986; Widmer et al 2004). Eine endgültige Diagnosestellung per Sonographie allein ist jedoch schwierig,

da auch bei diesem Diagnostikum Einschränkungen vorliegen, sei es im Bereich der Nierenfunktion oder bei der Beurteilung des intrapelvinen Teils der Urethra (Karpenstein et al 2011). Die Sensitivität der Darstellung von Ureterolithen mittels Sonographie allein liegt in einer Studie von Kyles et al (2005a), bei etwa 77%, kann aber durch die Kombination dieses bildgebenden Verfahrens mit der Röntgentechnik auf 90% gesteigert werden (Kyles et al 2005a; Langston et al 2008).

Um eine Beteiligung der Nieren bei Harnwegserkrankungen diagnostisch abzuklären und so die Genese wie die Lokalisation zu bestimmen, erscheint es also sinnvoll nach der Anamnese und der klinischen Allgemeinuntersuchung sowohl eine Urinuntersuchung als auch eine Blutuntersuchung einschließlich einer Erhebung der Nierenparameter Harnstoff und Kreatinin sowie der Elektrolytwerte durchzuführen und eine Kombination der bildgebenden Verfahren Röntgen und Sonographie anzuschließen.

2.5 Diagnostik von Harnwegs- und Nierenerkrankungen beim Kaninchen