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Erhöhung der Studienerfolgsquote

Im Dokument Profil und Passung (Seite 181-185)

Die frühere Debatte scheint sich, so der Eindruck von Martin Spiewak, auf die Auswahl der intel-lektuell Besten verengt zu haben. Die Hochschulen wollen diejenigen mit den besten Noten ha-ben nicht zuletzt auch in der Hoffnung, dass diese ihr Studium erfolgreich absolvieren. Er zieht den Vergleich zu den US-amerikanischen Hochschulen, die zwar ebenfalls die Besten wollen, damit je-doch zudem den Anspruch verbinden, künftige Führungskräfte („leaders“) auswählen zu wollen, diejenigen, die etwas zur Gemeinschaft der Studierenden beitragen. Damit seien Kriterien ange-sprochen, die in Deutschland noch nicht so sehr bei der Auswahl berücksichtigt würden.

Prof. Dr. Joachim Treusch betont, dass intellektuelle Leistung für die Jacobs Universität Bre-men zwar eine notwendige, aber keine hinreichende Voraussetzung sei. An der Jacobs Universi-tät habe jeder Studierende einen so genannten Advisor aus dem Professorenkreis; durchschnitt-lich betreue also jede Professorin und jeder Professor zehn Advisees, die sie oder er mindestens zweimal im Semester treffe, auch wenn dabei keine Agenda abzuarbeiten sei. Die Implementie-rung dieser studienbegleitenden Maßnahme sei ein schwieriger Prozess gewesen, deren Vorteile auch nicht von allen Professoren sofort eingesehen worden seien.

Nach Auffassung von Prof. Dr. Marion Schick wird das Thema Studierendendauswahl in Deutschland sehr stark unter dem Aspekt der Selektion behandelt und weniger unter dem Aspekt der Gewinnung von Studierenden wie dieses Thema etwa in den USA verstanden wird. In dieser Hinsicht seien die deutschen Hochschulen sehr stark geprägt durch die „Knute“ des hiesigen Ka-pazitätsrechts. Eine Hochschule, der es gelänge, die Studienabbrecherquote zu senken, brauche für etwa drei bis vier Jahre einen finanziellen Zuschuss, weil in die Kapazitätswerte ein Schwund-wert eingerechnet sei. Eine Hochschule müsse sich also im Klaren darüber sein, dass sie für diese Mehrstudierenden etwa vier Jahre lang eine Zwischenfinanzierung benötige. Sie gibt zu Beden-ken, dass die deutschen Hochschulen in einigen wenigen Jahren vor der Aufgabe stehen, massiv um Studierende zu werben. Wenn das deutsche Hochschulsystem in der heutigen Kapazitätsbrei-te über das Jahr 2015 hinaus erhalKapazitätsbrei-ten werden solle, dann müssKapazitätsbrei-ten die Hochschulen gezielt Studie-rende aus allen Ländern dafür gewinnen, in Deutschland zu studieren. Die derzeitige Diskussion – wie die geringen Kapazitäten mit den besten Köpfen besetzt werden könnten –, sei sogar schon in

den südlichen Bundesländern Baden-Württemberg und Bayern überholt, obwohl diese mit dem längsten Plateau an hohen Studierendenzahlen bis in die 2020er Jahr hinein rechneten.

Prof. Dr. Klaus Erich Pollmann hält auch bei einem Rückgang der Studienberechtigtenzahl, der aufgrund der demographischen Entwicklung zu erwarten ist, Verfahren der Studierendenaus-wahl grundsätzlich für sinnvoll; vor allem in den Bereichen, in denen die Hochschulen besonde-re Schwerpunkte setzten und Anforderungen formulierten, würden die Hochschulen auch dann nicht darauf verzichten.

Prof. Dr. Marion Schick weist darauf hin, dass sich die bayerischen Fachhochschulen im Hoch-schulpakt verpflichtet haben, die Zahl von derzeit ca. 19.000 Studienanfängerinnen und Studien-anfängern in den nächsten drei Jahren um über 7.000 Studienanfänger zu steigern. Diese zusätz-lichen Studienanfängerinnen und Studienanfänger seien zunächst einmal zu generieren, da diese nicht automatisch eine bayerische Fachhochschule für ihre Ausbildung wählen würden. Hier seien die bereits angesprochenen Effekte zu nennen: eine viel geringere Bindung der Studieninteres-sierten an eine Bewerbung und häufigere Alternativwege. An der Hochschule München gebe es zurzeit etwa 3.000 Studienanfängerplätze, auf die im Wintersemester 22.000 Bewerbungen ein-gegangen seien und diese Bewerbungen würden künftig keinesfalls auf eine ZVS-Nachfolgein-stitution umgeleitet. Unter Marketingaspekten erscheine es ihr nicht nachvollziehbar, wie man die Nachfolgeinstitution einer deutschen Behörde zu einer Serviceagentur umwidmen wolle und als Hochschule froh sei, die Bewerberinnen und Bewerber dorthin „abgeben“ zu können. Die Fachhochschulen in der Breite in Deutschland würden dies kritisch sehen, weil sie mit ihren loka-len Auswahlverfahren gute Erfahrungen machten. Eine ZVS-Nachfolgeeinrichtung auf der einen Seite und Auswahlgespräche mit Studienbewerberinnen und Studienbewerbern auf der ande-ren Seite passten ihrer Meinung nach nicht zusammen. Prof. Dr. Klaus Erich Pollmann plädiert da-für, erst einmal das Serviceangebot der ZVS-Nachfolgeeinrichtung abzuwarten. Wenn dieses die Hochschulen in den rein bürokratischen Prozessen ähnlich entlasten könne wie dies bei der Aus-länderzulassung durch Assist der Fall gewesen sei, dann wäre dies für die Hochschulen eine sinn-volle Unterstützung. Er teilt die Einschätzung von Frau Schick, dass die Erfassung aller Bildungs-reserven in den nächsten Jahren viel stärker in den Vordergrund rücken wird.

Prof. Dr. Marion Schickvertritt nachdrücklich die These, dass die Studienerfolgsquote deut-lich verbessern werden kann, wenn die Hochschulen in studienbegleitende Maßnahmen inves-tieren könnten und würden. Ein monokausaler Ansatz, nach dem eine bessere Studierendenaus-wahl die Hochschulen der Pflicht enthebe, mehr für ihre Studierenden zu tun, ist ihrer Ansicht nach unhaltbar. Hierzu sei auch weitere Forschung erforderlich. Die Auswahl von Studierenden sei un-mittelbar mit einer wechselseitigen Verpflichtung von Studierenden und Hochschule verbunden.

Das Thema „Studierendenauswahl“ und das Thema „Hochschulangebot“ seien zwei Seiten ein und derselben Medaille und nicht zu reduzieren auf die Auswahl derjenigen Bewerberinnen und Be-werber, die möglichst keinerlei Sollbruchstellen mehr aufwiesen. Die Hochschulen seien genau-so gefordert, sich geeignete Maßnahmen einfallen zu lassen. So habe man an der Fachhochschu-le München bei der Untersuchung der Abbrecherquote in einem Masterstudiengang festgestellt, dass für viele Studierende die Doppelbelastung Berufstätigkeit – 80 Prozent dieser Masterstudie-renden seien berufstätig – und Familie für den Studienabbruch ausschlaggebend gewesen war.

Als Konsequenz daraus sei das Startwochenende gemeinsam mit den Partnern und Kindern der Studierenden durchgeführt und genau diese potentielle Problematik thematisiert worden.

Da Universitäten bislang kaum in der Lage sind, kennzahlenbasiert beispielsweise Studienver-laufsaspekte zu beschreiben, hält Prof. Dr. Heinz Schüpbach wissenschaftliche Begleitforschung als Steuerungsinstrument auf Hochschulebene für unverzichtbar. So sei es sehr kompliziert

her-auszufinden, was empirisch gesehen, ein Studienabbrecher ist. Hierzu wurde an der Universität Freiburg mit Unterstützung der Landesstiftung Baden-Württemberg und des Stifterverbandes ein Kennzahlensystem insbesondere in Bezug auf Studienverlaufsanalysen eingeführt. Es gehe dar-um, nachvollziehen zu können, welche Maßnahmen zu welchem Ergebnis führten.

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