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4 Konsonantenkoordination mit Liquiden

4.3 Die zeitliche intergestische Koordinierung

4.3.2 Ergebnisse

sich bei <C1uC2> die weiteste Koordinierung, gefolgt von <

C1eC2> und am engsten bei Clustern.

In der deskriptiven Statistik ist eine leichte Tendenz zu längeren intermediären Abständen im BP als im EP vorhanden (χ2[1] = 5.9, p < 0.05). Die größeren Abstände im BP bedeuten, dass die entsprechenden Konstriktionen weiter voneinander entfernt liegen als im EP und folglich die Koordination der Plateaus im BP weiter ist als im EP. Im Letzteren liegen die Gesten näher aneinander und die Koordination ist dementsprechend enger als im BP. Die Artikulationsart von C2 übte ebenso einen starken Einfluss auf die Abstandsdauer aus (χ2[1] = 190.8, p < 0.001): /ɾ/-Laute zeigten insgesamt deutlich längere Abstände als Laterale und somit wurden /ɾ/-Token weiter auseinander koordiniert als /l/-Token. Die starken Interaktionen zwischen Stimulustyp * Sprechervarietät: χ2[2] = 41.7, p < 0.001, Stimulustyp * C2: χ2[2] = 12.5, p < 0.01 und C2 * Sprechervarietät χ2[1] = 15.7, p < 0.001 kamen zustande, da sich die Dauer von <C1er> (p < 0.01) und

<C1ur> (p < 0.05) zwischen den Varietäten unterschied, jedoch nicht die Dauer der lateralen Gegenstücke (<C1el> und <C1ul>).

Außerdem hatte die C2 einen signifikanten Einfluss auf alle Stimulustypen im BP (alle p < 0.001), im EP jedoch nur bei Clustern (p < 0.001) und <C1eC2> (p < 0.01).

C1 und Betonung übten keinen signifikanten Einfluss auf die Dauer der intermediären Abstände aus. Es gab allerdings bei beiden Varietäten eine signifikante Interaktion zwischen Stimulustyp und C1. Tukey Post-Hoc-Tests zeigten, dass sich in beiden Varietäten <C1eC2> und <C1uC2> nach dem bilabialen C1

unterscheiden, wobei der Abstand bei <C1eC2> deutlich länger ist als bei <C1uC2>. Die Unterschiede nach dem velaren C1 waren nicht signifikant. Die durchgeführte Analyse mit dem Mixed Model zeigt einen leichten Effekt der Sprechervarietät (χ2[1] = 3.9, p < 0.05) auf die Dauer des C1-Plateaus, indem sie in den BP-Daten länger ist als in den EP-BP-Daten. Stimulustyp und Artikulationsart hatten keinen signifikanten Einfluss auf die Plateaudauer und es gab keine signifikanten Interaktionen.

Die pro Sprechvarietät durchgeführten Analysen zeigen einen hochsignifikanten Effekt des Artikulationsorts in beiden Varietäten (χ2[1] = 34.0, p < 0.001 in den BP- und χ2[1] = 45.6, p

< 0.001 in den EP-Daten), der an der längeren Dauer bei bilabialen als bei velaren C1 ersichtlich ist. In den BP-Daten gibt es außerdem eine signifikante Interaktion zwischen Stimulustyp und Artikulationsort (χ2[2] = 23.4, p < 0.001), die bedeutet, dass der Artikulationsort nicht den gleichen Einfluss auf die verschiedenen Stimulustypen hatte. Tukey Post-Hoc-Tests zeigten, dass die Dauer des C1-Plateaus signifikant länger bei bilabialen als bei velaren Clustern war (p < 0.001), jedoch nicht bei den CVC-Sequenzen. Die Betonung hatte keinen signifikanten Einfluss auf die Plateau-Dauer in beiden Varietäten und wird aufgrund ihres insgesamt marginalen Einflusses sowie aus Platzgründen hier nicht aufgeführt.

Anders als bei der Dauer des C1-Pateaus zeigte die Artikulationsart einen hochsignifikanten Einfluss auf die Dauer des C2-Plateaus (χ2[1] = 490.8, p < 0.001), das deutlich länger bei Lateralen als bei Taps war. Die Plateaudauer wurde ebenso vom Stimulustyp beeinflusst (χ2[2] = 78.9, p < 0.001): Insgesamt zeigen <C1eC2> längere C2-Plateaus als die anderen Stimulustypen. Die Interaktion zwischen den Faktoren war allerdings nicht signifikant. Die fehlende Interaktion bedeutet, dass beide Faktoren unabhängig voneinander signifikant waren und sich nicht gegenseitig beeinflussten. D.h., die Stufen des Faktors Artikulationsart unterschieden sich zwar signifikant voneinander, zeigten aber die gleiche Tendenz bei den verschiedenen Stimulustypen. Diese unterschieden sich wiederum untereinander, zeigten jedoch die gleichen Tendenzen für die Stufen der Artikulationsart.

Die Sprechervarietät hatte keinen signifikanten Einfluss auf die Plateaudauer, eine signifikante Interaktion zwischen Sprechervarietät und Artikulationsart (χ2[1] = 16.0, p < 0.001) kam zustande, weil <C1eC2> mit Lateral deutlich länger waren als die anderen Stimulustypen im EP (<C1eC2> vs. Cluster: p < 0.001

und <C1eC2> vs. <C1eC2p < 0.001), jedoch nicht im BP.

Hingegen wiesen Taps längere C2-Plateaus bei <C1eC2> als bei

<C1uC2> und als bei Clustern (beide p < 0.001) im BP auf, aber nicht im EP. Die Dauer des C2-Plateaus war in beiden Varietäten signifikant länger bei betonten als bei unbetonten Token (χ2[1] = 7.1, p < 0.001 im BP- und χ2[1] = 24.8, p < 0.001 im EP).

Außerdem hatte der Artikulationsort einen leichten Einfluss auf die Plateaudauer (χ2[1] = 12.0, p < 0.001), der durch die tendenziell längere Plateaudauer bei bilabialen im Vergleich zu velaren Token und bei betonten im Vergleich zu unbetonten Token zum Ausdruck kam.

So kann man zusammenfassend festhalten, dass die Dauer des C1 -Plateaus länger in den BP- als in den EP-Daten ist und in beiden Varietäten deutlich länger nach bilabialen als nach velaren C1. Die weiteren Faktoren hatten keinen eindeutigen Effekt auf die Plateau-Dauer. Die Dauer der C2-Plateaus variierte mit der Artikulationsart und dem Stimulustyp: Sie ist länger bei Lateralen als bei Taps und bei <C1eC2> als bei Sequenzen mit hinterem Vokal (<C1uC2>) oder Clustern. Es wurde ein schwacher Effekt der Betonung und des C1-Artikulationsorts bei EP-Token festgestellt, bei dem bilabiale C1 längere C2-Plateaus auslöste. Der Einfluss der Sprechervarietät war marginal.

Die Länge der intermediären Abstands und die Koordinierung beider Plateaus fiel unterschiedlich bei Clustern vs. <C1eC2> vs.

<C1uC2> in beiden Varietäten aus. Beide Varietäten tendierten zu einer vergleichsweise weiteren Koordinierung beider Plateaus bei

<C1uC2> und einer engeren bei Konsonantenclustern, BP-Token wurden allerdings insgesamt weiter koordiniert als EP-Token und Plosiv-r-Token weiter als Plosiv-l-Token. Der Artikulationsort von C1 und die Betonung hatten keinen signifikanten Einfluss auf die Koordinierung beider Plateaus.

In Abbildung 6 werden die Synchronisierungsmittelwerte über fünf EP-Sprecher und vier BP-Sprecher mit den entsprechenden Standardabweichungen veranschaulicht, aus denen die Überlappung abgeleitet wurde. Die Plosiv-r-Token befinden sich

parallel zu den vorherigen Abbildungen in der oberen Hälfte und die Plosiv-l-Token in der unteren Hälfte der Abbildung. Die BP- wurden links und die EP- Token rechts dargestellt.

Abbildung 6: Übersicht der Synchronisierung der Gesten nach Liquid-Gruppen und Varietäten getrennt (Mittelwerte über fünf EP- und vier BP-Sprecher mit Standardabweichungen) 37.

Synchronisierung meint, zu welchem Zeitpunkt in C1 der Beginn von C2 bei Clustern und CVC-Sequenzen erfolgt und anschließend den Bezug zur Überlappung herstellt. Beginnt C2

während des C1-Plateaus, findet man Überlappung der Gesten (Ausgangspunkt, baseline). Beginnt C2 vor Beginn des C1-Plateaus, erfolgt vergleichsweise mehr Überlappung als im Ausgangspunkt.

Falls C2 nach Ende des C1-Plateaus beginnt, findet keine

37 Auch hier wurden Konsonantencluster vereinheitlicht und parallel zu den anderen Stimulustypen mit drei Elementen dargestellt. Dafür wurden sie mit einer Null zwischen den Konsonanten verzeichnet, die für einen leeren Vokal(-platz) steht.

Überlappung statt und die Synchronisierung der Gesten wird als weit eingeordnet.

Aus den Gesamtergebnissen wird ersichtlich, dass die Konsonantengesten nach Stimulustyp (3-stufig: C1C2 vs. <C1eC2>

vs. <C1uC2>) anders synchronisiert werden und somit übte der Stimulustyp einen hochsignifikanten Einfluss auf die Verteilung aus (χ2[2] = 150.6, p < 0.001): Die höchsten positiven Werten ergaben sich bei den Konsonantenclustern (C1C2). Positive Werte stehen für Überlappung der Gesten und infolgedessen zeigen Cluster mehr Überlappung der Gesten als die anderen Stimulustypen. Bei den negativen Werten, die keiner Überlappung der Gesten entsprechen, lagen die Werte der Cluster nahe an Null, was einem geringeren Abstand zwischen beiden Gesten entspricht als bei CVC-Sequenzen. Insgesamt haben Cluster also eine vergleichsweise engere Koordinierung als die anderen Token. Die Sequenzen zeigen insgesamt das umgekehrte Bild: größere negative Werte als Cluster, die für einen größeren intergestischen Abstand stehen sowie kleine positive Werte, die eine geringere Überlappung bedeuten. Somit begann C2 später in C1 und es überlappte nicht oder zu einem kleineren Anteil.

Die Sprechervarietät hatte einen signifikanten Einfluss auf die Synchronisierung der Token (χ2[1] = 8.7, p < 0.01) mit größeren negativen Werten im BP und größeren positiven Werten im EP.

Dies erklärt die Daten allerdings nur teilweise aufgrund der weiteren Effekte und Interaktionen: Die hochsignifikante Interaktion zwischen Sprechervarietät und Stimulustyp (χ2[2] = 27.8, p < 0.01), kam zustande weil, sich <C1eC2> (p < 0.001) und

< C1uC2> (p < 0.01) zwischen den Varietäten unterscheiden, jedoch nicht die Cluster. Insgesamt waren die Token mit Tap weiter koordiniert (χ2[1] = 143.0, p < 0.01) als die mit Lateral: Die Überlappungsmittelwerte der Plosiv-r-Token zeigten größere negative oder kleinere positive Werte als Plosiv-l-Token und die Gesten wiesen dementsprechend entweder keine oder eine geringere Überlappung auf. Im Vergleich dazu zeigten

Plosiv-l-Token größere positive Werte (mehr Überlappung) und kleinere negative Werte (kürzerer Abstand zwischen den Konsonanten).

Die fehlende Interaktion zwischen Sprechervarietät und Artikulationsart wird in der deskriptiven Statistik daraus ersichtlich, dass die gleichen Tendenzen bei den verschiedenen Artikulationsarten und Sprechervarietäten zum Ausdruck kamen:

Plosiv-r-Token überlappten weniger als Plosiv–l-Token, sowohl im BP als auch im EP. Die von BP-Sprechern produzierten Token überlappten weniger als die von EP-Sprechern, dies war sowohl für /ɾ/- als auch für Plosiv-l-Token der Fall.

Der Artikulationsort hatte keinen signifikanten Effekt bei der Synchronisierung der Konsonanten, es tritt allerdings eine signifikante Interaktion zwischen Stimulustyp und Artikulationsort in den BP-, aber nicht in den EP-Daten auf. Für die BP-Token zeigten Post-Hoc-Tests einen signifikanten Einfluss des Artikulationsortes bei <C1eC2> (p < 0.001) und <C1uC2> (p <

0.01), jedoch nicht bei Clustern. Die negativen Werte waren größer und somit die Überlappung geringer bei <C1eC2> nach bilabialem und bei <C1uC2> nach velarem Konsonanten.

Die Betonung382[1] = 7.2, p < 0.01 in den BP- und χ2[2] = 4.9, p < 0.05 in den EP-Daten) hatte ebenfalls einen signifikanten Einfluss auf die Überlappung. Im Vergleich zu den betonten Token zeigen unbetonte kleinere negative (-10) oder größere positive Überlappungsmittelwerte (+8, siehe Anhang A). Daher war die Koordinierung der Gesten enger in der unbetonten als in der betonten Kondition.

Zusammenfassend gesagt zeigte dieses Messverfahren, dass Cluster vs. <C1eC2> vs. <C1uC2> jeweils eine unterschiedliche Koordinierung aufweisen: Die Konsonanten hatten eine engere Synchronisierung bei Clustern und eine weitere bei <C1uC2>. Die

38 Dieser Faktor ist um der Übersichtlichkeit willen nicht auf der letzten Abbildung zu sehen, siehe Cunha, submitted für die vollständige Analyse.

Sequenz <C1uC2> zeigte intermediäre Werte. Sie wurde von Sprechervarietät, C2-Artikulationsart und Betonung signifikant beeinflusst, wobei die Interaktion zwischen Stimulustyp und Artikulationsort im BP ebenso eine Rolle spielte. Insgesamt ergab sich bei den BP-Token eine vergleichsweise geringere Überlappung der Gesten und daher eine weitere Synchronisierung als bei den EP-Token, ebenso wie bei Plosiv-r-Token im Vergleich zu Plosiv-l-Token. So könnten die Stimulustypen in ein Kontinuum eingeordnet werden, in dem die betonte Sequenz

<C1ur> im BP die weiteste und die unbetonten Plosiv-Liquid-Cluster im EP die engste Koordinierung aufweisen. Bei den unbetonten Token ergab sich insgesamt eine engere Koordinierung als bei den betonten. Im BP war die Überlappung außerdem von der Interaktion zwischen Stimulustyp und Artikulationsort geprägt, wobei <C1eC2> weniger Überlappung nach bilabialem und <C1uC2> nach velarem C1-Artikulationsort aufwiesen.

4.4 Räumliche intragestische Koordination