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Die Epigenetik beschäftigt sich mit der strukturellen Anpassung chromosomaler Bereiche zur Erfassung, Signalisierung und Konservierung veränderter Aktivitäten (Bird, 2007). Es werden Faktoren betrachtet, die die Genexpression beeinflussen ohne dabei die Sequenz zu verändern (Aguilera et al., 2010). Epigenetische Mechanismen sind für die normale Entwicklung und Differenzierung von Geweben notwendig. Sie können jedoch auch zu malignen Entartungen von Zellen führen (Fraga et al., 2005a;

Sharma et al., 2010). Zu den epigenetischen Mechanismen gehören neben der DNA-Methylierung, Histonvariationen und -modifikationen, Nukleosom-Umstrukturierung auch nicht-kodierende RNAs wie z.B. miRNAs (You and Jones, 2012).

15 2.2.1 Chromatinorganisation

Die DNA ist im Zellkern mit speziellen Proteinen, den Histonen, als Chromatin verpackt. 147 Basenpaare der DNA sind um ein Histonoktamer, bestehend aus jeweils zwei der Histonproteine H2A, H2B, H3 und H4, gewickelt und bilden damit ein Nukleosom. Das Linker Histon H1 bewirkt eine Stabilisierung der DNA in ihrer Position um die Histone sowie eine starke Aufspiralisierung und damit eine kompaktere Struktur des Chromatins (Cutter and Hayes, 2015).

Die Organisation des Chromatins ist unerlässlich zur Verpackung der DNA im Zellkern und zur Gewährleistung einer regionalen Erreichbarkeit des Chromatins. Nach der Replikation ist eine korrekte Wiederanordnung der Nukleosomen nötig und zur DNA-Reparatur eine komplette Zugänglichkeit aller Basenpaare (Clapier and Cairns, 2009).

Die kompakte Organisation des Chromatins verhindert die Bindung von DNA-bindenden Proteinen und verbirgt regulatorische DNA-Sequenzen. Durch epigenetische Mechanismen kann die Chromatinstruktur regional, im Wesentlichen in ihrer Kompaktheit und Erreichbarkeit, beeinflusst werden (Sharma et al., 2010). Durch die veränderliche Zugänglichkeit der DNA für die Transkriptionsmaschinerie kann die Genexpression geregelt werden (Clapier and Cairns, 2009).

Eine bessere Erreichbarkeit des Chromatins wird z.B. durch posttranslationale Histonmodifikationen und das Lösen der DNA von den Histonoktameren ermöglicht, diese können dann ihre Position zur DNA verändern (Längst and Manelyte, 2015). Zu den Histonmodifikationen gehören beispielsweise Acetylierung, Phosphorylierung, Methylierung, Ubiquitinylierung und die Sumolyierung (Bannister and Kouzarides, 2011).

2.2.2 Histonacetylierung und -deacetylierung

Die posttranslationale Modifikation der Histonacetylierung findet an den ε-Aminogruppen der Lysinreste im N-terminalen Bereich statt. Dieser Vorgang ist reversibel, Histonacetyltransferasen (HATs) bewirken eine Acetylierung und die Deacetylierung erfolgt durch Histondeacetylasen (HDACs) (Seto and Yoshida, 2014).

Durch die Acetylierung können Nukleosomen-Anordnung und Faltung des Chromatins beeinflusst werden. Die positiv geladenen, basischen Seitenketten der Aminosäuren

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der Histone ziehen die negativ geladene DNA an. Die Acetylierung der Lysinreste reduziert die positive Ladung und führt so zu einer lockereren Konfiguration des Chromatins und ermöglicht so eine vermehrte Genexpression (Shahbazian and Grunstein, 2007). Außerdem fungieren die acetylierten Histone als Bindungsstellen für Aktivatoren der Transkription (Haberland et al., 2009). Eine schematische Darstellung ist in Abbildung 2.1 dargestellt.

Abbildung 2.1 Histonacetylierung und -deacetylierung

Die Acetylierung der Lysinreste erfolgt durch Histonacetyltransferasen (HATs) und resultiert in einer offenen Chromatinstruktur. Dadurch ist eine vermehrte Transkription möglich. Histondeacetylasen (HDACs) reduzieren die Acetylierung der Histone und somit die Transkription (Verändert nach Rodd et al., 2012)

2.2.3 Histonacetylierung im Tumor

Die Histonacetylierung hat große Bedeutung bei der Chromatinorganisation und Genexpression und wird in gesunden Zellen durch eine ausgewogene Aktivität von HATs und HDACs reguliert. Die Balance von Acetylierung und Deacetylierung ist in verschiedenen Krankheiten häufig verändert (Parbin et al., 2014). So ist beispielsweise in diversen Tumorarten eine Hypoacetylierung von Lysin 16 des Histons H4

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festzustellen (Fraga et al., 2005b). Eine Überexpression von HDACs, welche in einigen Tumorentitäten festzustellen ist, geht häufig mit einer schlechten Prognose für die Patienten einher (Esteller, 2007; Schrump, 2009). Im Mammakarzinom korreliert die erhöhte HDAC-Expression mit einer signifikanten Reduktion der Estrogen- und Progesteronrezeptorexpression (Sulaiman et al., 2016). Die HDAC-Überexpression führt zu einer verminderten Acetylierung in bestimmten Bereichen und damit durch eine kompaktere Chromatinstruktur zu einer reduzierten Transkription verschiedener Gene und miRNAs. So kann auch die Expression von Tumorsuppressorgenen vermindert sein (Perri et al., 2017).

Abgesehen von der erhöhten Expression können HDACs beispielsweise bei Leukämien durch onkogene Fusionsproteine zu spezifischen Promotern geleitet werden und so die Expression beeinflussen (Wang et al., 1998). Die bisher 18 bekannten HDACs werden in vier Klassen eingeteilt (Seto and Yoshida, 2014). Sie werden in verschiedenen Geweben unterschiedlich stark exprimiert und unterscheiden sich in ihrer Lokalisation innerhalb der Zellen. Einige sind mehr im Nukleus vorhanden, andere vorwiegend im Zytoplasma (Hull et al., 2016). Die HDACs sind unterschiedlich an diversen biologischen Prozessen beteiligt, unter anderem an der Signaltransduktion, der Zellmotilität, der Deacetylierung verschiedender Substrate und der DNA-Reparatur (Hull et al., 2016). HDACs scheinen für das Überleben und das Wachstum von Tumorzellen nötig zu sein und bieten somit einen Weg in der Tumortherapie (Falkenberg and Johnstone, 2014).

2.2.4 Histondeacetylase-Inhibitoren

Der Knockdown von HDACs in verschiedenen Tumorentitäten wirkt sich tumorsuppressiv aus, so ist unter anderem die Proliferationsrate reduziert und die Apoptoserate steigt an (Schrump, 2009). Die Hemmung der HDACs kann durch Histondeacetylase-Inhibitoren (HDAC-Inhibitoren) erfolgen. Der Einsatz führt in Tumorzellen zu einer erhöhten Apoptoserate, einer Hemmung der Angiogenese und beeinflusst das Zellwachstum sowie die Differenzierung (Hull et al., 2016). HDAC-Inhibitoren wirken unter anderem durch die Hyperacetylierung von Histonen und führen durch eine gelockerte Chromatinstruktur zu einer transkriptionellen Aktivierung.

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Allerdings können sie auch andere Proteine beeinflussen wie strukturelle Proteine und DNA-bindende Transkriptionsfaktoren. Die tumorsuppressive Wirkung kann also auf verschiedene Weise verlaufen. Weiterhin kann auch die Expression von nicht-kodierenden RNAs durch HDAC-Hemmer beeinflusst werden (Eckschlager et al., 2017).

HDAC-Inhibitoren variieren in ihrer Spezifität für ihr Ziel, ihrer Pharmakokinetik und ihrer Aktivität. Die meisten HDAC-Inhibitoren sind nicht sehr selektiv und hemmen diverse HDACs. Somit ist nicht immer zu sagen, ob die Effekte auf der Hemmung nur einer bestimmten HDAC resultiert, auf der Kombination mehrerer HDACs oder anderer Proteine (Falkenberg and Johnstone, 2014). In klinischen Studien zeigten sich bei Anwendung am Patienten Nebenwirkungen, die jedoch nicht schwerwiegend waren (Garmpis et al., 2017). Trotzdem zeigen HDAC-Inhibitoren viel Potential für die Therapie von Tumoren und werden in der Therapie von Neoplasien eingesetzt.

Vorinostat, Romidepsin sowie Belinostat sind zur Therapie von T-Zell-Lymphomen und Panobinostat für das Multiple Myelom zugelassen (Eckschlager et al., 2017). In vorklinischen Studien zeigte beispielsweise der HDAC-Inhibitor Vorinostat eine positive Wirkung gegen Mammatumore und der HDAC-Inhibitor Entinostat befindet sich in klinischen Studien für die Therapie des Mammakarzinoms (Eckschlager et al., 2017; Min et al., 2015).