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1.1 Der eosinophile Granulozyt

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INLEITUNG

1.1 Der eosinophile Granulozyt

Seinen Namen verdankt der eosinophile Granulozyt (auch der Eosinophile genannt) der Anfärbbarkeit der basischen Granula mit dem sauren Farbstoff Eosin, erstmals entdeckt von Paul Ehrlich1879[1].

1.1.1 Lebenszyklus und Morphologie

Eosinophile Granulozyten gehören zur Gruppe der polymorphkernigen Leukozyten, deren Entstehung aus einer CD34+ pluripotenten hämatopoetischen Stammzelle größtenteils im Knochenmark, aber auch in Milz, Thymus und Lymphknoten abläuft[2]. Während der etwa viertägigen Eosinophilopoese bildet sich zunächst eine pluripotente myeloische Stammzelle, aus der sowohl eosinophile als auch basophile Granulozyten entstehen können. Es folgt die Differenzierung zum Promyelozyt, Myelozyt, Metamyelozyt bis abschließend zum terminal differenzierten Eosinophilen[3]. Transkriptionsfaktoren wie X-box binding protein 1 (XBP1) [4], Ras homolog gene family member H (RhoH) und Oligodendrocyte transcription factor (OLIG2) regulieren die Differenzierung der Zelle. Deren Expression wird von verschiedenen Zytokinen wie Interleukin-5 (IL-5), granulocyte-macrophage colony-stimulating factor (GM-CSF) und Interleukin-3 (IL-3) beeinflusst[5]. Bereits während dieser Entwicklung beginnt die Biogenese der Granulaproteine unter dem Einfluss des Transkriptionsfaktors XBP1 und dem Cysteine protease inhibitor cystatin F (Leukocystatin)[4, 6]. Um die Zelle vor der Toxizität der eigenen Granulaproteine zu schützen, liegen diese bis zur Degranulation in einer kristallisierten, inaktiven Form vor[6, 7]. Eine Störung in der Granulabiogenese führt zum Verlust der Zellviabilität und verhindert eine Ausdifferenzierung des Eosinophilen[6].

Nach Abschluss der Eosinophilopoese findet, wiederum unter Einfluss von Zytokinen, vor allem durch IL-5, die Migration der Zellen ins Blut statt, wo die Eosinophilen einen Anteil von etwa 2% bis über 10% der Gesamtleukozyten darstellen. Sie verweilen dort nur wenige Stunden. Eine wesentlich höhere Konzentration von eosinophilen Granulozyten findet sich im Gewebe, wo sie eine Überlebenszeit von bis zu mehreren Wochen aufzeigen[8].

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Neben den mit Eosin anfärbbaren Granula, ist sein zweifach gelappter Zellkern typisch für den eosinophilen Granulozyten. Er hat mit 12-15 µm eine ähnliche Größe wie der neutrophile Granulozyt[9].

Die Granula weisen eine einzigartige Morphologie auf und sind spezifisch für eosinophile Granulozyten. Am prominentesten zeigen sich die spezifischen (früher: sekundären) Granula, die den Hauptanteil der Granula in ausdifferenzierten Eosinophilen ausmachen. Sie sind stark azidophil und weisen einen elektronendichten Kern mit umgebender, aufgelockerter Matrix auf.

Diese Granula enthalten zytotoxische Proteine, über die die Effektorfunktionen der Eosinophilen vermittelt werden. Man unterscheidet zwischen dem major basic protein (MBP) des kristalloiden Kerns und den, in der Matrix vorkommenden eosinophil cationic proteins (ECP), eosinophil-derived neurotoxins (EDN) und eosinophil peroxidases (EPO). Des Weiteren finden sich Zytokine, Rezeptoren, Chemokine, Wachstumsfaktoren und Enzyme in den spezifischen Granula[10]. In Abhängigkeit von verschiedenen Stimuli werden diese Produkte freigesetzt und entfalten ihre Wirkung.

Die unreifen, spezifischen (früher: primären) Granula finden sich hauptsächlich in den Promyelozyten und sind gleichmäßig elektronendicht. Sie sind als Quelle des lysophospholipasebindenden Charcot-Leyden-Kristall-Proteins bekannt und enthalten außerdem Vorläufer des MBPs und weitere Proteine. Aus diesen unreifen Granula entstehen die spezifischen Granula[10].

Die Eosinophil Sombrero Vesicles (EoSVs) (früher: kleinen Granula) sind vesikutubuläre Strukturen, die von den spezifischen Granula abgeleitet werden. Sie enthalten aktive Arylsulfatase B, saure Phosphatase sowie Katalase und spielen eine entscheidende Rolle bei der eosinophilen Sekretion. Sie kommen vornehmlich in gewebeständigen Eosinophilen vor[10].

Ferner gibt es noch Lipidkörperchen, die als membrangebundene Strukturen verschiedene Zytokine und Chemokine speichern.

Im Vergleich mit anderen Leukozyten weisen Eosinophile die höchste Dichte auf, sodass sie durch Dichtegradientenzentrifugation von anderen Leukozyten getrennt werden können.

Außerdem unterscheidet sich die Dichte der einzelnen Eosinophilen durch ihren Aktivierungsgrad. Ruhende Eosinophile sind normodens und Aktive hypodens[11].

1.1.2 Chemotaxis

Da der eosinophile Granulozyt seine Effektorfunktion hauptsächlich im Gewebe ausübt, muss er zunächst aus der Blutzirkulation auswandern. Diesen Vorgang nennt man Chemotaxis. Man

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unterteilt sie in vier Schritte: Während der Margination nähert sich die Zelle, nach Kontakt zu Mediatoren aus dem Gewebe wie z.B. IL-3 oder IL-5, an die Gefäßwand an. Es folgt die Interaktion des selectin-glycoprotein Liganden (PSGL)-1 der Eosinophilen mit dem P-Selektin der Endothelzelle, was zum sogenannten Rolling führt. Für die anschließende feste Bindung an das Endothel, die Adhäsion, sind das very late antigen (VLA)-4 und das Integrin αM-β2 (CD11b/CD18) auf Seiten des Eosinophilen und das aktivierte vascular adhesion molecule (VCAM)-1 und das intercellular adhesion molecule (ICAM)-1 auf Seiten der Endothelzelle verantwortlich[12–14]. Als nächstes folgt die Transmigration, bei der der Eosinophile das Gefäßendothel mit Hilfe von Metallproteasen durchwandert. Nun können die Eosinophilen über die Bindung an Matrixproteine entlang eines Chemokingradienten in das Entzündungsgebiet wandern und dort ihre Wirkung zeigen[1, 15]. Die chemischen Verbindungen, die die Chemotaxis möglich machen, werden Chemokine genannt. Dazu gehören unter anderem der platelet activating factor (PAF), das Leukotrien (LT)D4, C5a und RANTES (Regulated And Normal T cell Expressed and Secreted) sowie spezifisch für den eosinophilen Granulozyten das Eotaxin[15, 16].

1.1.3 Effektorfunktionen

Der eosinophile Granulozyt übernimmt die wichtige Aufgabe der Wirtsabwehr gegen Pathogene und spielt eine große Rolle bei entzündlich-allergischen Erkrankungen. Dies geschieht über verschiedene, durch die zytotoxischen Proteine vermittelte Mechanismen.

Das MBP übernimmt die Hauptaufgabe in der Abwehr von Parasiten wie Protozoen und Würmern und wirkt außerdem zytotoxisch auf Tumorzellen und andere Körperzellen[17]. Bei Mastzellen und basophilen Granulozyten fördert es die Histaminfreisetzung sowie bei Neutrophilen die Freisetzung von Superoxiden und lysosomalen Enzymen[18, 19].

ECP und EDN weisen durch ihre Ribonukleaseaktivität neurotoxische und antivirale sowie parasitotoxische Eigenschaften auf[20, 21]. ECP hat ein großes gewebeschädigendes Potential und gilt als Marker der Krankheitsaktivität der atopischen Dermatitis[22]. EDN hemmt außerdem die T-Zellaktivität[23].

EPO führt in Kombination mit Wasserstoffperoxid und Pseudohalogeniden, Halogeniden oder Stickoxiden zur Zellzerstörung, indem es die Bildung von reaktiven Sauerstoffspezies, Stickstoffverbindungen und peroxinitratähnlichen Oxidantien induziert. Es kommt zu oxidativem Stress, was zunächst zu Gewebeschädigung und dann zu Nekrose bzw. Apoptose führt[15]. Einen ähnlichen Effekt hat der sogenannte respiratory burst, durch den Eosinophile nach Aktivierung der Zellen durch Zytokine, Chemokine und Anaphylatoxine über die

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membranständige NADPH-Oxidase molekularen Sauerstoff zu Superoxidanionen reduzieren[24]. EPO inaktiviert außerdem Leukotriene und hemmt die Chemotaxis von Neutrophilen, was potentiell antiinflammatorisch wirkt[2, 25, 26].

Eosinophile sind außerdem in der Lage eine Vielzahl von Zytokinen und Chemokinen sowie Lipidmediatoren[26] und Wachstumsfaktoren wie vascular endothelial growth factor (VEGF)[27] zu bilden.

Eine gesteigerte Freisetzung all dieser Effektorsubstanzen spielt eine Rolle bei Erkrankungen, die mit einer Eosinophilie einhergehen, wie zum Beispiel die atopische Dermatitis[28]. Diese Stimulierung der Zellen zur gesteigerten Degranulation wird über Interleukine wie IL-3, IL-5 sowie über GM-CSF, tumor necrosis factor (TNF)-α und den Komplementfaktor C5a vermittelt[16, 29, 30].

1.1.4 Apoptose

Die Apoptose beschreibt den sogenannten programmierten Zelltod. Dies ist ein wichtiger biologischer Prozess, der nach einem bestimmten Muster abläuft und durch verschiedene Signale ausgelöst wird. Es gibt den extrinsischen Weg über rezeptorvermittelte Apoptose, z.B.

durch Kortison[31]. Daneben gibt es den zellspezifischen Weg. Bei Eosinophilen z.B. über die Ligation des spezifischen Oberflächenmoleküls CD69[32] und des Fas-Liganden CD95[33].

Die Anfälligkeit der Zelle für diese Form der Apoptose wird unter anderem durch INF-gamma und TNF-alpha mittels der Hochregulierung der CD95 Expression auf den Eosinophilen gesteigert[34]. Außerdem kann die Apoptose auf dem intrinsischen Weg über DNA-Schädigung, freie Radikale, Infektionen und andere Signale eingeleitet werden[35].

In der Initiationsphase erhält die Zelle das Signal zur Apoptose. In der Effektorphase wird dann der intrazelluläre Signalweg, der zum Zelltod führt, aktiviert. Hierbei handelt es sich um einen komplexen Mechanismus, der über verschiedene Kaskaden gesteuert wird. Bei eosinophilen Granulozyten z.B. über die Caspasen-Kaskade[36]. Es kommt zu Zellschrumpfung, Kernkondensation, Bildung von Apoptosekörperchen, DNA-Fragmentierung und dem Verlust der Nukleoli[15]. In der letzten Phase werden die apoptotischen Zellen von Makrophagen erkannt und phagozytiert[37].

Neben den Auslösern der Apoptose gibt es eine Reihe von apoptoseinhibierenden Stoffen. Für Eosinophile ist dies z.B. für IL-3, IL-5 und GM-CSF gut bekannt[38]. Des Weiteren konnte in den vergangenen Jahren eine long non-coding RNA (lncRNA) identifiziert werden, die die Transkription des Apoptosefaktors Bim (Bcl2l11) verhindert. Diese RNA wurde myeloid RNA regulator of BIM-induced death, kurz Morrbid genannt[39]. In ausdifferenzierten eosinophilen

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Granulozyten liegt Morrbid in hoher Konzentration vor, die durch Anwesenheit apoptoseinhibierender Stoffe sogar weiter gesteigert und die Überlebensdauer der Zellen dadurch verlängert werden kann[6]. Dies spielt bei Erkrankungen mit einer Eosinophilie eine große Rolle, da hier bereits in der Vergangenheit gezeigt werden konnte, dass die Apoptose von Eosinophilen atopischer Probanden1 deutlich inhibiert ist im Vergleich zu nicht atopischen Probanden[38].