• Keine Ergebnisse gefunden

Atopische Erkrankungen und eosinophile Granulozyten

1 Einleitung

1.2 Atopische Erkrankungen und eosinophile Granulozyten

Die Atopie beschreibt die charakteristische Immunreaktion eines Menschen auf Antigene beziehungsweise Allergene. Durch CD4 positive TH2-Differenzierung und die Bildung von allergenspezifischem IgE kommt es zu einer allergischen Reaktion[40]. Generell weisen Menschen mit einer Atopie eine erhöhte Konzentration von Gesamt-IgE-Antikörpern im Blut auf[41]. Zu den Erkrankungen des atopischen Formenkreises zählen unter anderem die Rhinoconjunctivitis allergica, das Asthma bronchiale allergicum und die atopische Dermatitis (AD)[40, 42, 43]. Als Auslöser einer atopischen Reaktion sind viele verschiedene Allergene bekannt. Sowohl tierische als auch pflanzliche Produkte, Medikamente und Chemikalien können ursächlich sein[40]. In Industrienationen sind etwa 10-30% der Menschen betroffen[40].

Die Ätiologie der Atopie ist weitestgehend unbekannt. Verschiedene Studien konnten einen hohen Anteil einer genetischen Prädisposition nachweisen[44, 45]. Beispielsweise konnten spezifische Gene auf den Chromosomen 5q und 17 identifiziert werden, die eine entscheidende Rolle beim Asthma bronchiale des Kindes spielen[46]. Auf diesen Genen liegen unter anderem die Gencluster für IL-4 und IL-13, die wiederum für das IgE isotype switching mitverantwortlich sind. Weitere genetische Komplexe sind ADAM33, eine Metallprotease, die am Remodelling der Atemwege beteiligt ist, und DPP10, ein Protein, das die Aktivität von Cytokinen und Chemokinen reguliert[40, 45].

Neben der genetischen Prädisposition sind viele weitere Einflussfaktoren wie Rauchen, Luftverschmutzung, Übergewicht, Stress und Infektionen bekannt[47, 48]. Für die Rhinoconjunctivitis allergica beispielsweise konnten bei Kindern in den letzten 25 Jahren unter anderem das Leben in einer Industrienation mit erhöhtem Straßenverkehr, der Verzehr von Fast

1 In dieser Arbeit wird aus Gründen der Lesbarkeit im Folgenden das generische Maskulinum verwendet. Diese Formulierungen umfassen stets weibliche und männliche Personen gleichermaßen. Abweichungen von dieser Regel werden durch explizite Formen im Text deutlich gemacht.

6

Food, das männliche Geschlecht sowie prä- und postnatale Ereignisse als Risikofaktoren ausgemacht werden[49]. Außerdem beeinflusst eine verringerte oder auch verstärkte Exposition mit Mikroorganismen das Auftreten einer Atopie[47, 50].

Pathophysiologisch zeigt sich eine Mastzellaktivierung durch Bindung von IgE. Diese führt über die Aktivierung mehrerer intrazellulärer Signalwege zur Freisetzung von Zytokinen, Lipidmediatoren und Histamin, was wiederum die inflammatorische Reaktion bewirkt[40].

Außerdem spielen humane Eosinophile eine wichtige Rolle in der Pathogenese von allergisch entzündlichen Erkrankungen inklusive der atopischen Dermatitis[2, 51, 52]. Typischerweise findet sich bei den Patienten eine deutlich erhöhte Anzahl von zirkulierenden und gewebsständigen Eosinophilen[53, 54]. Es wird angenommen, dass Eosinophile im Entzündungsprozess durch die Freisetzung von reaktiven Sauerstoffradikalen und toxischen Granula eine Rolle bei der Gewebsschädigung spielen[55]. Eosinophile sezernieren proinflammatorische Zytokine, Chemokine und Proteine wie das eosinophile kationische Protein (RNASE3), das bekanntermaßen mit dem Krankheitsgrad von Patienten mit AD korreliert[28]. Des Weiteren gibt es Hinweise auf eine fehlerhafte Regulation der T-Zellaktivität bei atopischen Erkrankungen wie der AD, die dazu führt, dass die T-Zellen den Anstieg der IgE Antikörper nicht bremsen können[40].

Die wirksamste Therapie einer atopischen Erkrankung ist das vollständige Fernhalten vom jeweiligen Allergen. Da dies kaum möglich ist, wurden verschiedene medikamentöse Therapien entwickelt.

Antihistaminika entfalten ihre Wirkung über eine Blockade der Histamin-Rezeptoren, von denen vier verschiedene bekannt sind[56]. Das Gewebshormon Histamin ist dafür bekannt, über Mastzellaktivierung und die Freisetzung von Interleukinen an akuten Abwehrreaktionen des Körpers beteiligt zu sein[56]. Bei atopischen Erkrankungen kommen hauptsächlich H1- und H2- Antihistaminika zum Einsatz. Sie vermindern Symptome wie Hautrötung, Juckreiz und Rhinitis. Gängige Präparate sind zum Beispiel Cetirizin und Loratadin.

Kortikosteroide besitzen eine immunsuppressive sowie entzündungshemmende und antiallergische Wirkung. Sie kommen bei der topischen und systemischen Therapie zum Einsatz. Verfügbare synthetische Kortikoide sind zum Beispiel Prednison und Prednisolon.

Immunsuppressiva wie Cyclosporin A oder Methotrexat werden zum Beispiel bei schweren Krankheitsverläufen der atopischen Dermatitis verabreicht[57].

Dupilumab (Dupixent®) ist ein Medikament zur gezielten Therapie moderater, bis schwerer atopischer Dermatitis bei Erwachsenen. Seit 2018 ist der Einsatz bei Kindern ab 12 Jahren als Zusatztherapie bei Asthma bronchiale zugelassen. Weitere klinische Studien laufen aktuell[58].

7

Dupilumab ist ein humaner monoclonaler IgG4 Antikörper, der sich gegen die Alphauntereinheit des Typ 2 IL-4 Rezeptors richtet. Dadurch wird der Signalweg von IL-4 und IL-13 blockiert, der maßgeblich an der Pathogenese atopischer Erkrankungen beteiligt ist[58–

60]. Die Freisetzung proinflammatorischer Cytokine und Chemokine wird verhindert. Der Anstieg von IgE bleibt aus, da das Istotype switching nicht stattfindet.

Zur gezielten Therapie des eosinophilen Asthma bronchiale allergikum ist Mepolizumab (Nucala®) in Deutschland als ergänzende Therapie bei Erwachsenen zugelassen. In den USA wird es bereits ab einem Alter von 6 Jahren angewendet. Es handelt sich um einen humanen monoklonalen Antikörper, der zirkulierendes IL-5 bindet und somit die Bindung an der Alpha Untereinheit des IL-5 Rezeptors auf eosinophilen Granulozyten verhindert[61]. Dadurch findet keine Aktivierung der Eosinophilen statt, die eine inflammatorische Reaktion im Gewebe nach sich ziehen würde. Studien wiesen nach, dass unter der Therapie mit Mepolizumab die Dosis der eingesetzten Kortikosteroide reduziert werden kann und das Risiko von Exazerbationen insbesondere mit Hospitalisierung sinkt[61, 62].

1.2.1 Atopische Dermatitis

Da in der vorliegenden Promotionsarbeit beispielhaft für die Erkrankungen des atopischen Formenkreises Patienten mit atopischer Dermatitis untersucht wurden, erfolgt an dieser Stelle eine Charakterisierung der Erkrankung.

Die atopische Dermatitis ist eine weit verbreitete, chronisch entzündliche Erkrankung der Haut.

Weltweit sind etwa 20% der Kinder und 3% der Erwachsenen betroffen[63, 64]. Sie tritt in den meisten Fällen bereits im frühen Kindesalter auf[65]. Häufig ist die AD der erste Schritt im sogenannten atopic march, bei dem die Patienten im Verlauf ihres Lebens weitere atopische Erkrankungen wie Lebensmittelallergien, Asthma bronchiale allergikum und allergische Rhinitis entwickeln[66]. Die Erkrankung hat einen hohen Einfluss auf die Lebensqualität[67]

und ist außerdem mit verschiedenen neuropsychiatrischen Erkrankungen assoziiert[65, 68]. Als exogene Triggerfaktoren sind zum Beispiel Umweltallergene wie Hausstaubmilbenkot und virale sowie bakterielle Erkrankungen bekannt.

Die Pathophysiologie der atopischen Dermatitis ist vielfältig. Es gibt eine starke genetische Prädisposition. Zum Beispiel konnten Mutationen des Gens für Filaggrin, einem epidermalen Protein, das für die normale Funktion der Haut zuständig ist, bei Patienten mit AD häufig nachgewiesen werden[69]. Weitere Genmutationen im Bereich der Proteine für eine intakte Haut, wie das HRNR oder SPINK5, und für eine gesunde Immunantwort, wie IL-4, IL-13 oder IL-31, wurden entdeckt[69].

8

Bei der atopischen Dermatitis läuft typischerweise eine komplexe Kaskade an entzündlichen Reaktionsvorgängen ab[70]. Durch eine gestörte Barrierefunktion der Haut werden Entzündungszellen aktiviert, die eine Reihe von Zytokinen und Chemokinen freisetzen.

Dadurch wird ein Kreislauf angeregt, in dem zunehmend T-Zellen aktiviert werden und das Entzündungsgeschehen aufrechterhalten[66, 68]. Außerdem spielen dendritische Zellen, Mastzellen, basophile- und eosinophile Granulozyten eine wichtige Rolle[69]. Bei der AD wandern eosinophile Granulozyten im Verlauf in das Gewebe ein und führen durch Freisetzen ihrer zytotoxischen Proteine zur Intensivierung des inflammatorischen Prozesses[22]. Es ist bekannt, dass bei Patienten mit AD die Überlebenszeit der Eosinophilen signifikant höher ist als bei gesunden Personen[38]. Die Besiedelung der Haut mit Mikroorganismen wie Staphylococcus aureus und Candida albicans trägt ebenfalls maßgeblich zum Krankheitsgeschehen bei[70].

Die Diagnose der atopischen Dermatitis ist hauptsächlich eine klinische Diagnose[71]. Es liegen Diagnosekriterien nach Hanifin und Rajka aus dem Jahr 1980 vor, die in Haupt- und Nebenkriterien unterteilt werden[66]. Zu den Hauptkriterien gehört neben dem typischen Pruritus und dem chronisch-rezidivierenden Verlauf die charakteristische Lokalisation und Morphologie der Hautläsionen (bei Kindern vorwiegend im Gesicht und an den Streckseiten der Extremitäten, bei Erwachsenen eher an den Beugeseiten der Extremitäten) sowie eine genetische Disposition. Bei den Nebenkriterien findet man z.B. erhöhte Gesamt-IgE Antikörper, die Dennie-Morgan-Falte und das Herthoge-Zeichen. Diese Kriterien werden im klinischen Alltag genutzt und in verschiedenen Ländern unterschiedlich interpretiert und modifiziert[71].

Zur Therapie der atopischen Dermatitis gehören in erster Linie eine gute und konsequente Hautpflege sowie der Einsatz topischer Kortikosteroide[66]. Calcineurininhibitoren wie Tacrolimus oder der Phosphodiesterase-4-Inhibitor Crisaborole werden alternativ bei mildem bis mittelschwerem Krankheitsgeschehen angewendet. Bei schwerem Verlauf der atopischen Dermatitis werden systemische Immunsuppressiva wie Cyclosporin A oder Methotrexat verabreicht. Außerdem steht mit Dupilumab ein humaner Antikörper für die Therapie zur Verfügung, wenn die topische Therapie nicht ausreicht oder nicht umsetzbar ist. Des Weiteren wird bei stark ausgeprägter atopischer Dermatitis die Phototherapie angewendet[66]. Das Ziel der Therapie ist die Remission. Eine Heilung ist aktuell nicht möglich.

9