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Entwicklungsorientierte Drogenpolitik Die Anzahl der injizierenden Drogenabhängigen wird

Im Dokument Drogen- und Suchtbericht Mai 2009 (Seite 147-150)

3 Europäische und internationale Drogenpolitik

3.6 Internationale Entwicklungszusammenarbeit .1 Entwicklungen in Afghanistan

3.6.3 Entwicklungsorientierte Drogenpolitik Die Anzahl der injizierenden Drogenabhängigen wird

weltweit auf rund 13 Mio. Menschen geschätzt, davon leben ca. 78 % in Entwicklungs- und Transformationslän-dern. Dies ist vor allem vor dem Hintergrund der besorg-niserregenden epidemiologischen Entwicklungen der HIV-Übertragung in Osteuropa, Zentralasien und Süd-ostasien zu betrachten, die mehrheitlich durch intra-venösen Drogenkonsum und Prostitution verursacht wird. Die Bundesregierung fördert suchtpräventive und andere Maßnahmen in der Ukraine, in Indien, Vietnam, Nepal, Pakistan und Afghanistan.

Der Anbau illegaler Drogenpflanzen wie Koka und Schlafmohn resultiert aus einer Vielzahl von Ent-wicklungsproblemen: Armut, gewaltsame Konflikte, schwache staatliche Institutionen, mangelnde soziale und wirtschaftliche Infrastruktur sowie langfristige feh-lende Alternativen zur Sicherung des Lebensunterhaltes sind wesentliche Ursachen dafür, dass kleinbäuerliche Familien außerhalb geltender Gesetze handeln, sich in illegale Strukturen integrieren und dementsprechend starkem Druck, Gewalt und Abhängigkeiten ausgesetzt sind. Dies ist in Ländern wie Afghanistan und Kolum-bien besonders deutlich erkennbar, wo 2008 87 % bzw.

55 % des weltweiten Anbaus von Schlafmohn bzw. Koka stattfanden. Aber auch die übrigen größeren Anbau-regionen dieser Welt (z. B. Peru, Bolivien, Myanmar, Laos) lassen das Ursachen-Folgen-Geflecht zwischen Marginalisierung, Armut, Konflikt und Drogenanbau deutlich werden.

Dabei stellt die ökonomische Dimension von Drogen-anbau und besonders auch Handel in den betroffenen Ländern ein erhebliches Hindernis für die Umsetzung von nachhaltigen Entwicklungsmaßnahmen dar. Die Drogenökonomie durchdringt Politik, Wirtschaft und Gesellschaft und schwächt den Staat. In vielen Produk-tionsländern spielt sie bei der Entstehung und Aufrecht-erhaltung von Gewaltkonflikten eine wesentliche Rolle.

Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit setzt sich deshalb gemeinsam mit den Partnerländern und internationalen Organisationen konsequent für die Durchsetzung von Maßnahmen einer

entwicklungsori-entierten Drogenpolitik ein. Ziel ist es, die Drogenpro-duzenten bei der Verwirklichung alternativer sozialer und ökonomischer Lebensperspektiven zu unterstützen, damit diese langfristig ihre ökonomische Abhängigkeit vom Drogenanbau reduzieren können. Maßnahmen werden erst nach einer sorgfältigen Akteursanalyse ergriffen, um bestehende Konflikte nicht noch weiter zu schüren oder gar neue Konflikte zu schaffen. Zudem werden – vielfach im Zusammenspiel mit der Prävention von HIV-Übertragungen – Maßnahmen zur Bekämpfung des Drogenmissbrauchs in betroffenen Partnerländern unterstützt.

Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammen-arbeit und Entwicklung (BMZ) fördert hierzu seit Anfang der 80er Jahre Projekte der zwischenstaat lichen Zusam-menarbeit mit Partnerländern in Asien und Latein-amerika sowie mit internationalen Institutionen wie der UNODC. Das BMZ wird beraten durch das Sektorvor-haben „Entwicklungsorientierte Drogenpolitik – EOD“, das von der GTZ durchgeführt wird.

Bei der entwicklungsorientierten Drogenpolitik ver-folgt die Bundesregierung den Ansatz der so genannten Alternativen Entwicklung. Für die Drogenanbaugebiete in Ländern wie Kolumbien, Peru, Afghanistan oder auch Laos ist dieser Entwicklungsansatz sehr eng mit Instru-menten der ländlichen Entwicklung, Konfliktminderung und der Förderung partizipativer und rechtsstaatlicher Strukturen verknüpft. Armutsminderung, Ernährungs-sicherung, lokale und regionale Wirtschaftsförderung sowie der Aufbau von dezentralen Entscheidungsstruk-turen und die Stärkung friedensfördernder Akteure stehen dabei im Mittelpunkt. Alternative Entwicklung zielt auf die wirtschaftliche, politische und soziale Ent-wicklung der betroffenen Regionen. Zu den Maßnah-men gehören die Förderung der Landwirtschaft, der Verkehrsinfrastruktur, die Stärkung von Bauernorgani-sationen, die Verrechtlichung von Landbesitz, die Ver-besserung staatlicher Dienste in Bereich Gesundheit und Bildung und die Integration dieser entwicklungs-fördernden Maßnahmen in die nationalen Antidrogen-politiken.

Dabei ist Deutschland in einer Reihe von Ländern aktiv:

Afghanistan: Eingedenk der dortigen multikausalen r

Drogenproblematik gewinnt entwicklungsorien-tierte Drogenkontrolle weiter an Bedeutung. Dies berücksichtigen die von der Bundesregierung geför-derten Programme und Projekte als Querschnitts-thema. So trägt Deutschland z. B. mit den von der GTZ durchgeführten Projekten im Norden und Nordosten des Landes (2002–2009: rund 56 Mio. Euro vom BMZ und BMVg) zur nachhaltigen Entwicklung bei. Die Mittel fließen in Bereiche wie ländliche Entwicklung, Wirtschaftsförderung, Ernährungssicherung, ent-wicklungsorientierte Not- und Übergangshilfe und Regionalentwicklung. Die Vorhaben leisten zudem einen Beitrag zur Schaffung zivilgesellschaftlicher Strukturen auf der Dorf- und Gemeindeebene, stär-ken die administrativen und politischen Strukturen auf Provinzebene und fördern Einkommen schaf-fende Maßnahmen.

Bolivien: Die Zusammenarbeit findet im Rahmen r

des neuen nationalen bolivianischen Entwicklungs-planes statt. Sie ist primär auf Armutsbekämpfung, Förderung von partizipativen Strukturen, nachhal-tige landwirtschaftliche Entwicklung und ausgewo-gene Ressourcennutzung ausgerichtet. 2008 konnte wieder ein wichtiger Beitrag dazu geleistet wer-den, Menschen aus marginalisierten und struktur-schwachen Regionen Alternativen zu einer Abwan-derung in Kokaanbauregionen aufzuzeigen.

Peru: 2009 wird eine zweite Phase des Projektes r

„Alternative Entwicklung in Tocache-Uchiza“ starten (10 Mio. Euro). Der Erfolg der ersten Phase dieses Projektes basierte auf einem komplementären Ansatz von Formalisierung der Bodenbesitzverhält-nisse (Landtitel), nachfrageorientierter Einführung technischer und organisatorischer Standards für den Aufbau von Familienbetrieben und einer Nicht-Konditionierung dieser Leistungen (losgelöst von Eradikationsmaßnahmen). Dieser Ansatz wird nun auf weitere Kokaanbauregionen übertragen.

Kolumbien: Es werden Maßnahmen gefördert, die r

mittelbar zur entwicklungsorientierten Drogenkon-trolle beitragen. Dazu gehört das „Forstentwick-lungsprogramm Rio Magdalena“, welches von der Kfw Entwicklungsbank durchgeführt wird. Mit einem Finanzrahmen von 8,1 Mio. Euro befindet es sich mittlerweile in der zweiten Phase und unterstützt unter ökologischen Gesichtspunkten die nachhal-tige Kleinindustrie im Holzsektor als Alternative zum Kokaanbau. Das Projekt wurde weiterhin um eine Komponente zur nachhaltigen Produktion und Wei-terverarbeitung von Kaffee ergänzt (13,8 Mio. Euro).

Im Rahmen des Programms „Friedensentwicklung durch Stärkung der Zusammenarbeit von Staat und Zivilgesellschaft“ der GTZ beteiligt sich Deutschland mit insgesamt 20 Mio. Euro an der Umsetzung regi-onaler Friedens- und Entwicklungsprogramme und unterstützt insbesondere die regionale und kommu-nale Ebene (staatliche und nichtstaatliche Akteure) bei der Stärkung vorhandener Friedensinitiativen, was die Förderung legaler Einkommensmöglich-keiten umschließt.

Eine nachhaltige Drogenkontrolle kann nur durch gemeinsame und koordinierte Anstrengungen aller rele-vanten Akteure wie Regierungen, internationale Orga-nisationen, NGOs, traditionelle Entscheidungsträger wie auch der kleinbäuerlichen Erzeuger gelingen. Die Bunderregierung unterstützt deshalb – über Projekte der bilateralen Zusammenarbeit hinaus – die UNODC finanziell im Rahmen der Suchtprävention und -behand-lung. Das BMG stellt der UNODC jährlich 600.000 Euro zur Verfügung, die nicht zweckgebunden sind.

Zusätzlich unterstützt das BMZ gemeinsam mit UNODC alternative Entwicklungsmöglichkeiten in Partnerlän-der. 2008 wurden Auszahlungen für laufende Projekte im Umfang von rund 500.000 Euro vorgenommen.

2008 beschlossen die EU-Mitgliedsstaaten einen neuen EU-Drogenaktionsplan (2009–2012), worin Deutsch-land den Ansatz der Alternativen Entwicklung mit den für die Bundesregierung wichtigen Prinzipien und Maß-nahmen verankern konnte.

Das von der Bundesregierung und der EU finanzierte, von der UNFood and Agriculture Organization ko -ordinierte und von der GTZ durchgeführte Vorhaben zur Weiterentwicklung des Konzeptes der Alternativen Entwicklung konnte 2008 erfolgreich abgeschlossen werden. Die Ergebnisse und die daraus resultierenden Empfehlungen für einen regionalen entwicklungsorien-tierten Drogenkontrollansatz wurden auf europäischer und internationaler Ebene den relevanten entwick-lungspolitischen Akteuren (UN, Weltbank) vorgestellt und debattiert.

Europa: South Caucasus Anti-Drug Programme (SCAD) Georgien, Armenien und Aserbeidschan sollen im Rahmen der „Europäischen Nachbarschaftspolitik“ der EU u. a. die Standards der Drogenhilfe im Justizvollzug und damit ein-hergehend das System der gesundheitlichen Versorgung Gefangener sowie die Unterstützung Bediensteter vermittelt werden. Ziel ist, dass die nationalen Systeme der gesund-heitlichen Versorgung zukünftig effektiver und auf den Grundlagen der in der EU entwickelten ethischen Prinzipien sowie der Erfahrungen und Erkenntnissen gestaltet werden können. Das EU-Nachbarschaftsprogramm „European Neigh-bourhood Policy“ besteht seit sieben Jahren und wird von dem UN-Entwicklungsprogramm mit Sitz in Tiflis (Georgien) umgesetzt. Für das Modul „Drogenhilfe“ ist die Fachhoch-schule Frankfurt/Main (Leitung Prof. Dr. Heino Stöver) verant-wortlich. Zunächst wurden Bestandsaufnahmen der Drogen-hilfesituation in den drei Ländern durchgeführt. Im Anschluss wurden Delegationen mit fünf Fachleuten aus jedem Land nach Deutschland eingeladen, um mit erfahrenen Prakti-kern und Praktikerinnen Entwicklungsnotwendigkeiten des Drogenhilfesystems sowohl im Vollzug als auch in Freiheit zu besprechen.

r www.scad.ge

3.6.4 Beschluss des Deutschen Bundestages

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