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Die Entwicklung integrierter Kompetenzstufenmodelle im Fach Deutsch

interdisziplinärer Kooperation

4 Die Entwicklung integrierter Kompetenzstufenmodelle .1 Bildungspolitische Hintergründe der Entwicklung integrierter

4.2 Die Entwicklung integrierter Kompetenzstufenmodelle im Fach Deutsch

Das IQB hat von der Amtschefskommission „Qualitätssicherung in Schulen“ im Jahr 2013 den Auftrag erhalten, im Fach Deutsch für der Sekundarstufe I inte-grierte Kompetenzstufenmodelle (iKSM) zu entwickeln. Diese Modelle sollten sich zunächst auf diejenigen Kompetenzbereiche beschränken, die im Länder-vergleich sprachlicher Kompetenzen im Jahr 2015 Gegenstand der Testung sind.

Hierbei handelt es sich um die drei Bereiche Lesen, Zuhören und Orthografie. Bis zum Jahr 2014 lagen für das Fach Deutsch nur Kompetenzstufenmodelle für die Population der Schülerinnen und Schüler vor, die einen Mittleren Schulabschluss (MSA) anstreben, nicht jedoch für diejenigen Schülerinnen und Schüler, die ei-nen Hauptschulabschluss (HSA) anstreben. Ziel der Entwicklung integrierter Modelle war es somit, die Kompetenzen aller Schülerinnen und Schüler in den Bildungsgängen, die zum HSA bzw. MSA führen, in einem gemeinsamen Modell abzubilden. Von dieser Definition wurden lediglich diejenigen Schülerinnen und Schüler ausgeschlossen, die sonderpädagogischen Förderbedarf aufweisen und

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zieldifferenten Unterricht erhalten, somit also weder den Mittleren noch den Hauptschulabschluss anstreben. Die Stufenbeschreibungen der iKSM sollten dazu geeignet sein, die erreichten Kompetenzstände in beiden Schülerpopulationen (HSA und MSA) anschaulich und zutreffend darzulegen.

Für das Fach Deutsch erfolgte die Entwicklung der iKSM in einem engen Kooperationsprozess zwischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des IQB der Projektgruppe Deutsch in der Sekundarstufe I sowie Mitarbeiterinnen und Mitar-beitern des Mercator-Instituts für Sprachförderung und Deutsch als Zweitsprache der Universität zu Köln.2

Die Entwicklungsarbeit an den integrierten Kompetenzstufenmodellen er-streckte sich über das gesamte Jahr 2014. Wichtiges Vorbild für den Entwick-lungsprozess und die Gestaltung der iKSM waren die entsprechenden integrierten Kompetenzstufenmodelle für das Fach Mathematik in der Sekundarstufe I. Wäh-rend eines gemeinsamen Auftakttreffens der Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des IQB sowie des Mercator-Instituts im Februar 2014 wurden die Rahmenbe-dingungen der Modellentwicklung besprochen, der Projektauftrag konkretisiert und die Arbeitsteilung zwischen den Kooperationspartnern abgestimmt. Nachfol-gend wurden vom IQB die für die Modellentwicklung notwendigen, empirischen Grundlagen erstellt. Diese umfassten beispielsweise die angepassten Itembooklets (vgl. Abschnitt 3.2) für die drei Kompetenzbereiche Lesen, Zuhören und Orthogra-fie. Datengrundlage der empirischen Analysen und damit der integrierten Kom-petenzstufenmodelle war die Normierungsstudie des IQB aus dem Jahr 2008 im Fach Deutsch (Sekundarstufe I). In dieser Erhebung bearbeitete eine bundesweit repräsentative Stichprobe von Schülerinnen und Schülern der 8., 9. und 10. Jahr-gangsstufe an allen Schularten des allgemeinbildenden Schulsystems im Bereich Lesen insgesamt 30 Aufgaben mit 329 Items3. Die Testung basierte auf einem De-sign, in dem jede Schülerin bzw. jeder Schüler nur einen Teil der gesamten Aufga-benmenge bearbeitete (Multi-Matrix-Design). Die dem Kompetenzstufenmodell

2 Da jeder Einzelne zum erfolgreichen Abschluss des Projektes beigetragen hat, sollen alle Beteiligten an dieser Stelle Erwähnung finden. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des IQB an der Humboldt-Universität zu Berlin: Katrin Böhme (Bildungswissenschaften), Thomas Canz (Linguistik), Susanne Hunger (Rehabilitationswissenschaften), Stefan Schipolowski (Bildungswissenschaften) und Petra Stanat (Bildungswissenschaften). Mit-arbeiterinnen und Mitarbeiter des Mercator-Instituts für Sprachförderung und Deutsch als Zweitsprache der Universität zu Köln (alle aus dem Bereich der Sprachdidaktik):

Michael Becker-Mrotzek, Necle Bulut, Jörg Jost, Michaela Mörs und Miriam Possmayer.

3 Unter einer Aufgabe wird hier eine Einheit aus Stimulus (z. B. ein Text) und mehreren darauf bezogenen Fragen bzw. Aufgabenstellungen (Items) verstanden.

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zugrunde liegende Metrik hat in der Population der Neuntklässlerinnen und Neuntklässler in Deutschland, die mindestens den Hauptschulabschluss (HSA) anstreben, einen Mittelwert von 500 Punkten und eine Standardabweichung von 100 Punkten.

Im Frühjahr und Sommer 2014 wurden in enger Abstimmung verschiedene Entwurfsfassungen der iKSM entwickelt. Diese wurden mit den empirischen Ver-teilungen der Schülerinnen und Schüler auf die jeweils vorgeschlagenen Kom-petenzstufen verglichen und auf mehreren Arbeitstreffen der Projektbeteiligten detailliert besprochen und überarbeitet. Konkret erfolgte die Arbeit an den iKSM in einem engen Abstimmungsprozess mit wechselnden inhaltlichen Schwerpunk-ten. So wechselten Phasen mit fachdidaktischem Arbeitsschwerpunkt, in denen die Bestimmung und Beschreibung möglicher Grenzwerte im Vordergrund stand mit primär datenanalytischen Phasen ab, in denen auf Basis empirischer Daten die für die vorgeschlagenen Grenzwerte resultierenden Verteilungen von Schülerin-nen und Schülern der Zielpopulation ermittelt wurden. In erstgenannten Phasen waren primär die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Mercator-Instituts für Sprachförderung und Deutsch als Zweitsprache der Universität zu Köln aktiv, in Phasen mit datenanalytischem Schwerpunkt lag der Arbeitsmittelpunkt bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des IQB. Die Arbeitsergebnisse wurden regel-mäßig ausgetauscht, von dem jeweils anderen Kooperationspartner kommentiert und bei Telefonkonferenzen besprochen. An der Beschreibung der Stufen und der Einbettung des iKSM in einen erläuternden Rahmentext wirkten Mitarbeite-rinnen und Mitarbeiter beider Institutionen mit. Der entsprechende Text wurde auf einem ganztägigen Arbeitstreffen mit Vertretern beider Institutionen im Sep-tember 2014 in Köln finalisiert. Während der intensiven Abstimmungsprozesse zeigte sich wiederholt, dass zwar die Fachsprache der Beteiligten mitunter Ver-ständigungsschwierigkeiten zur Folge hatte, inhaltlich jedoch kaum Differenzen bestanden und in allen Arbeitsphasen stets sehr schnell befriedigende Lösungen gefunden werden konnten.

Im September 2014 wurden die integrierten Kompetenzstufenmodelle in den Bereichen Lesen, Zuhören und Orthografie dann auf der 73. Sitzung der Amts-chefskommission vorgestellt. Die Fachreferenten in den Ländern erhielten im Nachgang der Sitzung bis Anfang Dezember die Gelegenheit, die Modelle zu kommentieren und Änderungsvorschläge zu unterbreiten. Die am IQB einge-henden Rückmeldungen wurden in Abstimmung mit den deutschdidaktischen Kooperationspartnern eingehend geprüft und – soweit möglich – in die Modelle eingearbeitet. Diese Überarbeitung wurde detailliert dokumentiert und den Län-dervertretern rückgekoppelt. Als Ergebnis dieses kooperativen Entwicklungs-prozesses stehen seit Ende 2014 für drei Kompetenzbereiche des Faches Deutsch

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integrierte Kompetenzstufenmodelle für die Sekundarstufe I zur Verfügung und sind auf den Webseiten des IQB unter https://www.iqb.hu-berlin.de/bista/ksm abrufbar (IQB 2014). Die integrierten Kompetenzstufenmodelle werden auch die Grundlage der Berichtlegung für den IQB-Ländervergleich im Jahr 2015 bilden.

Die finalen iKSM umfassen sechs Stufen, wobei das unterste Niveau in Rela-tion zum Kompetenzstufenmodell für den Mittleren Schulabschluss in die Stufen Ia und Ib unterteilt wurde (vgl. Tab. 2). Die unterste Stufe (Stufe Ia) ist nach unten und die oberste Stufe (Stufe V) ist nach oben offen. Die in Tabelle 2 dar-gestellten Stufengrenzen des Modells für den Kompetenzbereich Lesen wurden in Übereinstimmung mit den Bildungsstandards der KMK abschlussbezogen definiert. Dabei sind die Mindeststandards, Regelstandards, Regelstandards plus und Optimalstandards für den HSA und MSA jeweils um eine Kompetenzstufe gegeneinander versetzt. So bildet z. B. die Kompetenzstufe II den Regelstandard für den HSA und gleichzeitig den Mindeststandard für den MSA ab.

Tab. 2: Stufengrenzen des integrierten Kompetenzstufenmodells im Kompetenzbereich Lesen4 Stufe Punktebereich auf der

Bildungsstandards-Metrik

Interpretation für den

HSA Interpretation für den

MSA

Stufe V ab 660 Punkten Optimalstandard MSA

Stufe IV 580 bis 659 Punkte Optimalstandard HSA Regelstandard plus MSA Stufe III 500 bis 579 Punkte Regelstandard plus HSA Regelstandard MSA Stufe II 420 bis 499 Punkte Regelstandard HSA Mindeststandard MSA Stufe Ib 350 bis 419 Punkte Mindeststandard HSA

Stufe Ia bis 349 Punkte

4.3 Das Kompetenzstufenmodell zu den Bildungsstandards im