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ENTWICKLUNG DER AUSLÄNDISCHEN WOHNBEVÖLKERUNG

3.3. DEMOGRAFISCHE AUSGANGSLAGE DER SCHWEIZ

3.3.2. ENTWICKLUNG DER AUSLÄNDISCHEN WOHNBEVÖLKERUNG

Für die Bevölkerungsentwicklung in den letzten Jahren und sehr wahrscheinlich auch in der Periode bis 2030 ist die Einwanderung aus dem Ausland in die Schweiz entscheidend.

Unter anderem durch die Einführung der Personenfreizügigkeit hat sich die Art der Zu-wanderung in die Schweiz in den letzten Jahren stark geändert: Zum einen gewannen Her-kunftsländer aus der europäischen Union an Bedeutung: Wuchs die Zahl der Ausländer aus EU/EFTA-Staaten zwischen 1995 und 2002 um 1% gegenüber 9% bei allen Ausländern, wa-ren es im Zeitraum 2002 bis 2008 21% Wachstum bei den Ausländern der EU/EFTA-Staaten gegenüber 11% bei allen Ausländern.2 Zum anderen wanderten anders als früher vermehrt

2 Quelle: BFS 2009c, eigene Berechnungen.

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INFRAS | 22. Dezember 2009 | DEMOGRAFISCHER WANDEL UND REGIONALENTWICKLUNG | GRUNDLAGEN

gut qualifizierte Arbeitskräfte ein. Viele der befragten Experten vermuten, dass dies auch die regionale Verteilung der Zuwanderung beeinflusst hat. Wir untersuchen hier deshalb die Entwicklung der ausländischen Wohnbevölkerung in den einzelnen Kantonen vor und nach der Einführung der Personenfreizügigkeit im Jahr 2002.

Wir betrachten die Veränderung der Zahl der ausländischen Wohnbevölkerung. Diese entspricht nicht der Zuwanderung aus dem Ausland, da die ausländische Wohnbevölkerung auch zwischen den Kantonen wandert und durch Geburten wächst. Durch Wegzug ins Aus-land, Einbürgerungen und Todesfälle vermindert sich ferner die ausländische Wohnbevölke-rung in jeder Periode, so dass die tatsächliche ZuwandeWohnbevölke-rung höher ausfällt. Als erste Nähe-rung können die gut verfügbaren Daten dennoch ein Bild vermitteln, wie sich die internati-onale Migration auf die Bevölkerungsentwicklung in den Kantonen auswirkt. Dies auch dar-um, weil wir annehmen, dass sich Todesfälle und Geburten und mindestens teilweise die Einbürgerungen und interkantonalen Wanderungen von Ausländern proportional nicht gross zwischen den Kantonen unterscheiden sollten.

Die Entwicklung der ausländischen Wohnbevölkerung in den Kantonen vermittelt ein über-raschendes Bild (Tabelle 2).

ENTWICKLUNG DER AUSLÄNDISCHEN WOHNBEVÖLKERUNG

UNTERSCHIEDE VOR UND NACH DER EINFÜHRUNG DER PERSONENFREIZÜGIGKEIT 2002 Kanton Absolute

Tabelle 2 Quelle: BFS, eigene Berechnungen. Orange eingefärbt sind Kantone, welche sich in einer Periode 5 Prozent-punkte oder mehr unterhalb des Schweizer Mittelwerts entwickelt haben, grün eingefärbt sind Kantone, welche sich in einer Periode 5 Prozentpunkte oder mehr oberhalb des Schweizer Mittels entwickelt haben.

Die stärkste absolute Entwicklung der ausländischen Wohnbevölkerung ist wie zu erwarten in den bevölkerungsreichen, wirtschaftsstarken Kantonen (Zürich, Waadt, Aargau, Genf, St.

Gallen, Bern) zu verzeichnen.

Das prozentuale Wachstum der ausländischen Wohnbevölkerung verlief jedoch beson-ders in eher peripheren Kantonen überdurchschnittlich. Zwischen 2002 und 2008

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neten hier das Wallis und Freiburg die höchsten Werte vor Zug, Schwyz und Waadt. Auch in Unterwalden (Ob- und Nidwalden), Graubünden sowie im Aargau und in Zürich entwickelte sich die ausländische Wohnbevölkerung überdurchschnittlich. Andere Wirtschaftszentren wie die beiden Basel, Genf und Bern dagegen verzeichneten nach der Einführung der Perso-nenfreizügigkeit 2002 einen unterdurchschnittlichen Anstieg der ausländischen Wohnbe-völkerung.

Zwischen 1995 und 2002, also vor Einführung der Personenfreizügigkeit, verlief die Entwicklung nur leicht nuanciert. In den beiden Tourismuskantonen Graubünden und Wallis entwickelte sich die ausländische Wohnbevölkerung damals noch unterdurchschnittlich, während Kantone mit grösseren Zentren wie Bern, Luzern, Basel-Landschaft und St. Gallen damals ein überdurchschnittliches Wachstum verzeichneten.

Betrachtet man die Veränderung der Entwicklung zwischen den beiden Perioden (in Prozentpunkten), stellt man fest, dass sich nach der Einführung der Personenfreizügigkeit das Wachstum der ausländischen Wohnbevölkerung v.a. in den Kantonen Wallis, Uri3, Grau-bünden und Thurgau überdurchschnittlich beschleunigt hat, während in Kantonen mit grös-seren Zentren wie Zürich, Bern, Luzern, den beiden Basel, Aargau und Genf die Beschleuni-gung unterdurchschnittlich verlief oder sogar eine Verlangsamung des Wachstums festzu-stellen war.

Wie oben angeführt, lässt sich von diesen Zahlen nicht direkt auf die Zuwanderung aus dem Ausland schliessen. Dennoch überrascht das Bild, dass sich die ausländische Wohnbe-völkerung wohl nicht in absoluten, aber in relativen Zahlen in Kantonen abseits der grossen Zentren zwischen 1995 und 2008 tendenziell dynamischer entwickelt hat, und dass sich nach der Einführung der Personenfreizügigkeit diese Tendenz sogar eher noch verstärkt hat.

Es ist möglich, dass die interkantonalen Wanderungen und die Einbürgerungen zwi-schen den Kantonen nicht ausgeglichen verlaufen und das Bild verfälzwi-schen. Es kann auch sein, dass die Wirkung der Einführung der Personenfreizügigkeit erst mit einiger Verzöge-rung eintritt und deshalb regional nicht klar sichtbar wird. Dagegen spricht allerdings, dass sich bei der Verteilung der ausländischen Wohnbevölkerung auf unterschiedliche Nationen in der ganzen Schweiz zwischen den beiden Perioden eine klare Veränderung zeigt.

Schliesslich ist auch nicht ausgeschlossen, dass sich die Zuwanderung so stark auf die Zent-ren konzentriert, dass die Konzentration auf kantonaler Ebene nicht sichtbar wird.

3 Die Zahlen des Kantons Uri beruhen auf relativ kleinen Fallzahlen und sind deshalb nur eingeschränkt interpretierbar.

Wir vermuten jedoch, dass durch die Einführung der Personenfreizügigkeit die Zuwan-derung auch in Regionen abseits grosser Zentren stark verstärkt wurde, besonders in Tou-rismuskantonen wie Graubünden und Wallis. Gerade beim Tourismus können auch konjunk-turelle Unterschiede zwischen den beiden Perioden den Effekt der Einführung der Personen-freizügigkeit überlagern.

Aus den hier diskutierten Datengrundlagen lässt sich auf jeden Fall nicht der Schluss ziehen, dass in Bergkantonen keine Zuwanderung erfolge. Sie findet zwar auf einem tiefe-ren Niveau statt als in den Zenttiefe-ren, hat aber anscheinend eine überdurchschnittlich zu-nehmende Tendenz.