• Keine Ergebnisse gefunden

2. Literaturübersicht

2.2 Enrofloxacin

Bei dem Chemotherapeutikum Enrofloxacin handelt es sich um ein bakterizid wir-kendes Chinoloncarbonsäurederivat zur ausschließlichen Anwendung in der Veteri-närmedizin. Es wurde erstmals im Jahre 1983 auf Grundlage der Nalidixinsäure syn-thetisiert und ist das erste Fluorchinolon, das bei Tieren eingesetzt wurde (SCHEER 1987a).

Aufgrund der Resistenzproblematik kam die Weltgesundheitsorganisation (WHO) dazu, Fluorchinolone zu den „highest priority critically important antimicrobials for

Literaturübersicht

einzusetzen, um die Entwicklung antimikrobieller Resistenzen möglichst gering zu halten (WHO 2011).

Abb. 2: Strukturformel von Enrofloxacin (links) und Ciprofloxacin (rechts)

Enrofloxacin zeichnet sich durch eine gute Verträglichkeit und ein breites Wirkungs-spektrum aus. Es wirkt sowohl gegen gramnegative als auch grampositive Bakterien sowie Mykoplasmen. Eine Wirksamkeit gegenüber Anearobiern ist dagegen nur schwach ausgeprägt (SCHEER 1987a).

Chemisch gesehen handelt es sich um 1-Cyclopropyl-7-(-4-ethyl-1-piperazinyl)-6-fluor-1,4-dihydro-4-oxo-3-chinolincarbonsäure, wie in Abb. 2 dargestellt. Makrosko-pisch stellt es sich als kristallines, schwach gelbes Pulver dar. Bei einem pH-Wert von 7,0 ist es schlecht wasserlöslich, lässt sich aber aufgrund seiner amphoteren Eigenschaften bei einem sauren oder basischen pH-Wert besser in Lösung bringen.

Dank der hohen Stabilität des Enrofloxacins sind solche Lösungen lange haltbar (ALTREUTHER 1987).

Enrofloxacin zeigt sowohl nach intramuskulärer, subkutaner als auch oraler Applika-tion eine schnelle und gute ResorpApplika-tion. Maximale SerumkonzentraApplika-tionen bei ver-schiedenen Säugerspezies (u.a. Rind, Schwein, Hund und Katze) werden nach einer Applikation von 2,5 mg/kg KG Enrofloxacin innerhalb von 0,5 bis 2 Stunden erreicht und liegen im Mittel bei 1,0 µg Enrofloxacin/ml Serum. Die Enrofloxacinkonzentration im Serum unterscheidet sich bei den verschiedenen Applikationsformen nur gering.

Außerdem weist Enrofloxacin ein hohes Verteilungsvolumen auf, wobei in Leber und Niere die höchsten Konzentrationen erreicht werden. Die Elimination verläuft

haupt-Literaturübersicht

sächlich renal, was in einer Anreicherung im Urin resultiert. Zum Teil werden Fluor-chinolone auch biliär über die Galle ausgeschieden (SCHEER 1987b).

Enrofloxacin wird in der Leber über eine N-Dealkylierung u.a. in sein Hauptstoff-wechselprodukt Ciprofloxacin umgewandelt (s. Abb. 2). Ciprofloxacin gehört, wie das Enrofloxacin, zu den Chinoloncarbonsäurederivaten und zeigt das gleiche Wirkungs-spektrum. Es wird in der Humanmedizin u.a. bei Infektionen der Harnwege einge-setzt (ELIOPOULOS et al. 1984; WINGENDER et al. 1984; TYCZKOWSKA et al.

1989; FLAMMER et al. 1991).

Fluorchinolone wirken konzentrationsabhängig und verfügen über einen sogenann-ten postantibiotischen Effekt (PAE). Dies bedeutet, dass auch nach dem Absinken des notwendigen Wirkstoffspiegels im Blut unter die minimale Hemmstoffkonzentra-tion (MHK) hinaus das Wachstum grampositiver und gramnegativer Bakterien noch unterdrückt werden kann, obwohl eine weitere Applikation des Antibiotikums aus-bleibt (BUNDTZEN et al. 1981; INGERMAN et al. 1986; CRAIG 1993, 1995). Der MHK-Wert ist definiert als die niedrigste Antibiotikakonzentration, bei der ein mikro-bielles Wachstum nach Übernacht-Inkubation gerade noch verhindert wird (AN-DREWS 2001).

2.2.1 Einsatz von Enrofloxacin beim Schwein

Enrofloxacin wird beim Schwein zur Behandlung bakterieller Infektionen des Verdau-ungs- und Respirationstraktes eingesetzt. Aktuell zugelassen ist es bspw. zur Thera-pie der Colidiarrhoe der Absatzferkel und Mastschweine oder zur Bekämpfung von Bronchopneumonien. Es darf auch zur Behandlung des Mastitis-Metritits-Agalaktie-Syndroms (MMA-Syndrom) der Sauen angewendet werden (VETIDATA 2017). Eine Besonderheit beim Schwein ist die im Vergleich zu anderen Säugern hohe Verfüg-barkeit in der Nasenschleimhaut, der Lunge und in lymphatischen Organen

Literaturübersicht

(SCHEER 1987b). E.-coli-Isolate mit MHK-Werten unterhalb des epidemiologischen Cut-offs (ECOFF) von 0,125 µg/ml Enrofloxacin werden als sensibel eingestuft und zur Wildtyppopulation gezählt. Isolate mit einer MHK oberhalb des ECOFF werden laut EUCAST als resistent bezeichnet und gehören nicht mehr zur Wildtyppopulation (EUCAST 2017b, c). Der ECOFF von 0,125 µg/ml für E. coli gegen Enrofloxacin wird für diese Studie übernommen. Im Allgemeinen wird der ECOFF auf die Verteilung der MHK-Werte einer sensiblen Wildtyppopulation bezogen, denen eine erworbene Resistenz gegen das betreffende Antibiotikum fehlt. Der ECOFF wird für jede Spe-zies und Substanz festgelegt. Dieser wird wesentlich durch die höchsten erreichten MHK-Werte einer Wildtyppopulation bedingt, denen erworbene phänotypische Resis-tenzmechanismen gegen das untersuchte Antibiotikum fehlen. Epidemiologische Cut-offs können herangezogen werden, um Antibiotikaresistenzen detektieren zu können und dienen gleichzeitig der Überwachung einer Resistenzentwicklung (EUCAST 2016).

Zusätzlich kann eine weitere Einteilung entsprechend des klinischen Breakpoints (kBp) getroffen werden. Dieser wird genutzt, um die Therapie einer bakteriellen Infek-tion anleiten zu können. Der kBp wird anhand pharmakokinetischer und pharmako-dynamischer Studien sowie der MHK-Wertverteilung der untersuchten Bakterien-population eingestuft. Anhand der Daten kann dann eine Kategorisierung der Mikro-organismen in sensibel, intermediär oder resistent erfolgen (EUCAST 2017a). Der kBp liegt für E. coli gegen Enrofloxacin laut einer Studie von BAPTISTA u. DUARTE CORREIA (2009) bei 4 µg/ml Enrofloxacin und wird für die vorliegende Arbeit ver-wendet. Alle Isolate mit einem MHK-Wert oberhalb des kBp gelten als klinisch re-sistent (EUCAST 2017a).

AWAD-MASALMEH (1987) untersuchte die In-vitro- und In-vivo-Wirkung von floxacin gegen E.-coli-Infektionen von Saug- und Absatzferkeln. Er zeigte, dass Enro-floxacin nach einer Infektion mit enteropathogenen E.-coli-Stämmen eine ausrei-chend antimikrobielle Wirkung aufwies und durch die Behandlung sowohl absolute Ferkelverluste als auch gravierende Gewichtsabnahmen verhindert werden konnten.

Aufgrund seiner Studie hat sich bei einer intramuskulären Applikation eine Behand-lung mit einer Dosierung von 2,5 mg Enrofloxacin/kg KG an drei aufeinanderfolgen-den Tagen bewährt.

Literaturübersicht

Insgesamt wird eine Richtdosis von 2,5 mg/kg KG einmal täglich parenteral oder oral für die verschiedenen Anwendungsgebiete empfohlen. Die Dauer der Behandlung variiert zwischen ein bis fünf Tagen und richtet sich nach der jeweiligen Indikation (BAUDITZ 1987). Aktuell stehen in Deutschland beim Schwein keine Präparate zur oralen Behandlung über das Futter oder das Tränkwasser zur Verfügung. Für Ferkel ist allerdings ein Enrofloxacinpräparat (Baytril 0,5 % Lösung) zur direkten oralen Anwendung zugelassen (VETIDATA 2017).

2.3 Wirkungsmechanismus der Fluorchinolone