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5.2 Erkrankte Igel

5.2.2 Endoparasitosen beim Igel

Bei allen Wildtieren kommt ein Befall mit Endoparasiten vor (BOCH und SUPPERER 2006). Ein gesundes Tier setzt dem Parasiten Abwehrmechanismen entgegen, um Schadwirkungen einzudämmen und sein Überleben zu sichern. Manifeste Parasit- osen treten dann in Erscheinung, wenn es zu Belastungssituationen mit ungenügen-den Biotop- und Futterverhältnissen oder zu Erkrankungen des Wirtes kommt (ISENBÜGEL und FRANK 1985).

5.2.2.1 Lungenwürmer (Crenosoma striatum)

Crenosoma striatum (Abbildung 12) ist ein igelspezifischer Parasit, der sich in der Lunge ansiedelt. Nach SAUPE und SCHICHT–TINBERGEN (2008) gilt er als der häufigste Endoparasit des Igels. Ebenso beschreiben sowohl CARLSON (1980), ISENBÜGEL und FRANK (1985), HEINZE (2005), LAMBERT (2005) als auch BECK und PANTCHEV (2006) den Lungenwurm als den häufigsten und wichtigsten Endoparasiten des Igels.

Abbildung 12: Larve von Crenosoma striatum (Lambert 2005 )

Klinisch macht sich ein Lungenwurmbefall durch respiratorische Symptome, z.B.

Husten, Dyspnoe, Stenose und rasselnde Geräusche und Gewichtsabnahme be- merkbar. In fortgeschrittenen Fällen kommt es zu purulentem Nasenausfluss, Lethar- gie bis hin zum Exitus (ISENBÜGEL und FRANK 1985, LAMBERT 2005, BECK und PANTCHEV 2006, ZALTENBACH-HANSSLER 2006, SAUPE und SCHICHT-TINBERGEN 2008). Die Infektion mit dem Lungenwurm verläuft oftmals tödlich.

Grund dafür sind gravierende Auswirkungen im Atmungstrakt und bakterielle Sekundärinfektionen (LAMBERT 2005, BECK 2007).

5.2.2.2 Lungenhaarwürmer (Capillaria aerophila)

Capillaria aerophila (Abbildung 13) gehört zu der Klasse der Nematoden. Nach SCHÜTZE (1983) gehört Capillaria aerophila zu den relevanten Lungenhaarwürmern des Igels, die sich in der Lunge des Igels manifestieren. Durch perorale Aufnahme von infektionsfähigen Eiern kommt es zur Infektion des Igels. Regenwürmer können als Vektoren fungieren. Die Präpatenz beträgt drei bis vier Wochen (HEINZE 2005, LAMBERT 2005, BECK und PANTCHEV 2006, BECK 2007, ZALTENBACH-HANSSLER 2006, SAUPE und SCHICHT-TINBERGEN 2008).

Abbildung 13: Ei von Capillaria aerophila (Lambert 2005)

Typische klinische Symptome bei stärkerer Infektion sind rasselnde Atmung, Husten, Niesen, schlechtes Allgemeinbefinden und Gewichtsabnahme (HEINZE 2005, LAMBERT 2005, BECK und PANTCHEV 2006, ZALTENBACH-HANSSLER 2006, SAUPE und SCHICHT-TINBERGEN 2008). Eine Mischinfektion mit Crenosoma striatum tritt häufig auf (LAMBERT 2005, BECK 2007, SAUPE und SCHICHT-TINBERGEN 2008).

5.2.2.3 Darmhaarwürmer (Capillaria erinacei bzw. ovoreticulata)

Haarwürmer parasitieren nicht nur im Respirationstrakt des Igels, sondern auch im Darm. Die beiden bekannten Capillaria-Spezies sind C. erinacei (Abbildung 14) und

C. ovoreticulata (LAMBERT 2005, BECK und PANTCHEV 2006, SAUPE und SCHICHT-TINBERGEN 2008).

Abbildung 14: Eier von Capillaria erinacei im Wurmabschnitt (Lambert 2005)

Abhängig von der Befallsintensität treten Infektionen oft subklinisch auf. Klinische Anzeichen einer Infektion sind mangelnde Gewichtszunahme, breiiger Kot, Appetit- losigkeit bis hin zu Futterverweigerung und Abmagerung, Enteritiden und Anämie, sowie Todesfälle (LAMBERT 2005, BECK 2007, SAUPE und SCHICHT-TINBERGEN 2008).

5.2.2.4 Darmsaugwürmer (Brachylaemus erinacei)

Der Darmsaugwurm Brachylaemus erinacei (Abbildung 15) gehört zu der Klasse der Trematoden und parasitiert hauptsächlich im Dünndarm des Igels, bei hochgradigem Befall auch in den Gallengängen (LAMBERT 2005).

Abbildung 15: Eier von Brachylaemus erinacei (Lambert 2005)

Eine Infektion mit Brachylaemus erinacei kann abhängig von der Befallsintensität auch kurzfristig zum Tod des betroffenen Igels führen (BECK und PANTCHEV 2006).

Als häufige klinische Symptome treten Appetitlosigkeit, Gewichtsabnahme, Unruhe bis hin zu hämorrhagischen Enteritiden und Anämie auf (LAMBERT 2005, BECK und PANTCHEV 2006).

5.2.2.5 Bandwürmer (Hymenolepis erinacei )

Der zu der Klasse der Cestoden gehörende Igelbandwurm tritt beim Igel nicht so häufig auf (BECK und PANTCHEV 2006, SAUPE und SCHICHT-TINBERGEN 2008). Regional werden Unterschiede der Befallshäufigkeit berichtet (LAMBERT 2005, NEUMEIER 2008 c, SEEWALD 2008) Hymenolepis erinacei (Abbildung 16) parasitiert im Dünndarm des Igels und wird ca. 250-360 mm lang und 1,5-3 mm breit.

Abbildung 16: Proglottiden von Hymenolepis erinacei im Igelkot (Lambert 2005)

Bei einem Bandwurmbefall kann es gelegentlich zu Durchfall kommen. Weitere Symptome sind stetige Gewichtsverluste trotz guter Nahrungsaufnahme (LAMBERT 2005, BECK und PANTCHEV 2006, ZALTENBACH-HANSSLER 2006, SAUPE und SCHICHT-TINBERGEN 2008).

5.2.2.6 Kokzidien (Isospora spp.)

Ein Befall mit Kokzidien kommt beim Igel nicht selten vor. Beim Igel werden drei Isospora-Arten und zwei Eimeria–Arten dieser mikroskopisch kleinen, etwa 1-300 µm großen einzelligen Eukaryoten der Klasse Protozoae beschrieben

(SCHICHT-TINBERGEN 1995, HEINZE 2005, LAMBERT 2005). Die für den Igel bedeutsamste Art ist Isospora rastegaievae (ISENBÜGEL und FRANK 1985, LAMBERT 2005, HEINZE 2005, BECK und PANTCHEV 2006, BECK 2007, SAUPE und SCHICHT-TINBERGEN 2008). Die Oozysten von I. rastegaievae (Abbildung 17) sind 16-21 x 15-20 µm groß.

Abbildung 17: Oozysten von Isospora rastegaievae (Lambert 2005)

Infektionen mit Kokzidien verlaufen beim Igel oft subklinisch, es wird gelegentlich dünnbreiiger Kot abgesetzt (LAMBERT 2005, BECK und PANTCHEV 2006, SAUPE und SCHICHT-TINBERGEN 2008). Bei einer manifesten Infektion mit Isospora rastegaievae dagegen kommt es schnell zu profundem Durchfall. Plötzliches Darm- bluten wird ebenfalls beobachtet, Lähmungen der Hintergliedmaßen kommen vor (ZALTENBACH-HANSSLER 2006). Aufgrund der Durchfälle vermindert sich das Ge- wicht des Igels, es kann zu Exsikkose, schlechtem Allgemeinbefinden bis hin zum Exitus letalis kommen (LAMBERT 2005, SAUPE und SCHICHT-TINBERGEN 2008).

Bereits Säuglinge können an Kokzidiose erkranken (ZALTENBACH-HANSSLER 2006).

5.2.2.7 Kratzer (Acanthocephala)

Kratzer werden beim Braunbrustigel selten beobachtet (ZALTENBACH-HANSSLER 2006). In Österreich wird von Nephridiorhynchus major beim Weißbrustigel Erinaceus concolor berichtet (HEINZE 2005, LAMBERT 2005). Die 40 bis 280 mm langen Acanthocephala (Abbildung 18) parasitieren überwiegend in der Darm- schleimhaut. Auch bei Igelbabys mit einem Körpergewicht von etwa 120 g wurden in der Bauchhöhle schon massenhaft Kratzerstadien gefunden (LAMBERT 2005).

Abbildung 18: Acanthocephala (Lambert 2005)

Bei einem starken Befall mit Kratzern kommt es zu Durchfällen, Abmagerung, bei Darmperforation zu Peritonitis mit Todesfolge (HEINZE 2005, ZALTENBACH-HANSSLER 2006).

5.2.2.8 Kryptosporidien (Cryptosporidiae)

Kryptosporidien Cryptosporidiae spp. (Abbildung 19) sind Einzeller der Klasse Protozoae, die beim Braunbrustigel erst in jüngerer Zeit diagnostiziert wurden (PANTCHEV und MÖLLER 2007, KUHNERT, Y. et al. 2008).

Abbildung 19: Oozysten von Cryptosporidium spp. im gefärbten Kotausstrich (Kuhnert 2008)

Wie bei anderen Endoparasiten ist ein geringer Befall offenbar ohne klinische Be- deutung. Nach jüngeren Erkenntnissen führt eine manifeste Kryptosporidiose zu Nahrungsverweigerung, Durchfällen mit Gewichtsabnahme, allgemeiner Schwäche und möglicherweise zum Tode (ZALTENBACH-HANSSLER 2006, PANTCHEV und MÖLLER 2007, KUHNERT et al. 2008).