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Emulsionspolymerisation von Arylacetylenen

3. Ergebnisse und Diskussion

3.4 Emulsionspolymerisation von Arylacetylenen

Herstellung und Eigenschaften von substituierten Polyacetylenen haben mittlerweile beträchtliches Interesse gewonnen60. Ihre molekulare Struktur und physikalischen Eigenschaften, welche z.B. Lumineszenz und Flüssigkristallininität umfassen, werden beeinflusst durch die Rigidität des Polyacetylenrückgrats, welches durch Seitenkettensubstituenten modifizierbar ist61. Polyacetylene und substituierte Polyacetylene können durch Insertions- oder durch Metathesepolymerisation hergestellt werden.62,60 Dabei verbietet die Wasserempfindlichkeit gebräuchlicher titan- (Insertion) und wolframbasierter (Metathese) Katalysatoren deren Gebrauch in wässrigen Systemen.

Insertionspolymerisationen von substituierten Acetylenen in zweiphasigen wässrigen Systemen wurden hauptsächlich mit Rhodium-Katalysatoren durchgeführt mit eher mäßigen Katalysatorproduktivitäten von typischerweise 103 TON.63,64 Polymerisationen von Alkylacetylenen mit chiralen Substituenten in wässrigen, Dimethylformamid und SDS enthaltenden Tensidlösungen unter Verwendung eines hydrophoben Rhodium-Katalysators ergaben Dispersionen von helikalen, optisch aktiven Polymeren.64 Methathese-Copolymerisationen von 1,6-Heptadiinen mit Ru-Alkylidenen, welche an spezifische Blockcopolymere gebunden waren, ergaben wässrige Dispersionen von

Polymeren bei Produktivitäten von 100 TON.65 Von kationischen Pd-Komplexen ist bekannt, dass sie Olefine und Kohlenmonoxid mittels eines Insertionsmechanismus copolymerisieren66, was auch in wässrigen Systemen möglich ist 67. Die gleichen Pd-Komplexe polymerisieren substituierte Acetylene in nicht-wässrigen Systemen. 68

Acetylen und Phenylacetylen lassen sich mit einem in-situ-Katalysatorsystem aus Pd(OAc)2 und (tBu)2P(CH2)3P(tBu)2 mittels wässriger Emulsionspolymerisation polymerisieren. Dabei werden bei Polyphenylacetylen hohe TONs erzielt. In diesem Kapitel sollte untersucht werden, ob dieses in-situ-Katalysatorsystem auch in der Lage ist, funktionalisierte Phenylacetylene und Arylacetylene zu polymerisieren (Abb. 93). Die Einführung funktioneller Gruppen könnte die Synthese von auf der Oberfläche funktionalisierten Partikeln ermöglichen, um die Partikel später beispielsweise mit Proteinen auszurüsten oder eine tensidfreie Polymerisation zu ermöglichen. Da sich in frühreren Untersuchungen ein Phosphor:Palladium-Verhältnis von 6:1 als am aktivsten herausgestellt hatte, wurde dieses für alle hier durchgeführten Polymerisationen beibehalten. Die allgemeine Vorgehensweise bei den Polymerisationen war, das Monomer und den Katalysator-Precursor in der organischen Phase zu vermischen, dieses Gemisch in eine SDS-Lösung zu emulgieren und den Katalysator anschließend durch Zugabe eines Tropfens Methansulfonsäure in die Wasserphase zu aktivieren. Dabei war aus früheren Untersuchungen69 bekannt, dass die Aktivierung in geringem Maße auch durch das Wasser selbst erfolgen konnte, was sich durch eine leichte Gelbfärbung der Emulsion während der Emulgierung zeigte, die bei einer Monomeremulgierung ohne zugesetzten Katalysator-Precursor ausblieb.

R R

Pd(OAc)2

(tBu)2P(CH2)3P(tBu)2 Toluol / H2O / SDS

Emulgierung per Ultraschall RT, 24h

Abb. 93: Schema einer Kettenpolymerisation eines Arylacetylens

Um zunächst zu untersuchen, mit welchen funktionellen Gruppen der Katalysator kompatibel sein würde, wurden Polymerisationen von jeweils 10

mmol Phenylacetylen mit 2 µmol des Palladiumkatalysators in 10 ml Methanol durchgeführt, wobei eine mit jeweils 1 g etwa stöchiometrische Menge der Verbindungen A-E (Abb. 94) zugegeben wurde. Es wurde erwartet, dass bei einer Beeinflussung des Katalysatorsystems keine oder nur eine langsame Polymerisation stattfinden würde. Da es sich in Methanol um eine Fällungspolymerisation handelt, konnte die Polymerisationsgeschwindigkeit anhand des während der Reaktionszeit ausgefallenen Polymers abgeschätzt und untereinander verglichen werden. Mit reinem Phenylacetylen ohne Zusatz verlief die Polymerisation unter diesen Bedingungen innerhalb von 5 Minuten quantitativ.

NH2 CHO COOH OH SO3H

A B C D E

Abb. 94: Verbindungen, die zur Kompatibilitätsuntersuchung des Katalysators für funktionelle Gruppen zu Polymerisationen von Phenylacetylen zugesetzt wurden.

Es zeigte sich, dass Anilin (Abb. 94 A) das Katalysatorsystem nicht störte. Da die Polymerisationen jedoch im Sauren ablaufen, fiel die Verbindung als Aniliniumsalz aus, wodurch dieses Ergebnis nicht unbedingt repräsentativ ist.

Bei der Polymerisation von aminsubstituierten Phenylacetylenen wäre dies ebenfalls zu erwarten. Bei der Zugabe von Benzaldehyd (Abb. 94 B) verlief die Polymerisation etwa mit der halben Geschwindigkeit verglichen mit der Polymerisation von reinem Phenylacetylen und mit ca. 90% nicht ganz vollständig. Beim Zusatz von 1 g Benzoesäure (Abb. 94 C) war nur eine sehr langsame und mit 30% sehr unvollständige Polymerisation innerhalb Stunden zu beobachten. Es wurde vermutet, dass die Carbonsäuregruppe an den Katalysator koordiniert und diesen deaktiviert. Eine Polymerisation unter den gleichen Bedingungen, jedoch mit nur 50 mg Benzoesäure im Reaktionsmedium verlief zwar immer noch merklich langsamer, jedoch weitgehend vollständig. Beim Zusatz von Phenol (Abb. 94 D) und Benzolsulfonsäure (Abb. 94 E) waren keinerlei Beeinträchtigungen der Reaktionsgeschwindigkeit und des Umsatzes zu beobachten.

Um nun die tatsächliche Fähigkeit des Katalysatorsystems zur Polymerisation von Arylacetylenen zu untersuchen, wurden die Arylacetylene in Abb. 95 in Bezug auf wässrige Emulsionspolymerisation untersucht. Dabei waren das reine Phenylacetylen 104 (Abb. 95) sowie die Verbindungen 105, 106 und 107 (Abb. 95) kommerziell erhältlich, die übrigen Verbindungen wurden synthetisiert. Obwohl die Anwesenheit von Benzoesäure die Polymerisationsgeschwindigkeit verlangsamte, sollte anhand des Beispiels mit Verbindung 3 (Abb. 95) überprüft werden, ob eine Polymerisation eventuell in kleineren Konzentrationen dieses Monomers oder bei einer höheren Katalysatorkonzentration möglich sein würde, da Carbonsäuren aufgrund ihrer Fähigkeit zur Esterbildung eine interessante funktionelle Gruppe darstellen.

Während die Benzoesäure nur eine verlangsamende Wirkung auf die Polymerisationsgeschwindigkeit hatte, gelang eine Polymerisation von Verbindung 3 (Abb. 95) weder in Methanol noch in wässriger Emulsion. Auch bei hohen Katalysator/Monomerverhältnissen von 100:1 wurde nur eine geringe Trübung der methanolischen Lösung beobachtet, es konnten jedoch keine signifikanten Mengen Polymer isoliert werden. Offensichlich deaktivierte eine Carbonsäure in Stellung den Katalysator sehr effektiv. Auch mit der para-bromsubstituierten Verbindung 18 war eine Polymerisation weder in Methanol noch in wässriger Emulsion möglich. Dies ist ebenfalls möglicherweise auf eine Koordination an den Katalysator zurückzuführen. In früheren Versuchen wurde bereits eine starke Verlangsamung der Reaktionsgeschwindigkeit bei Anwesenheit von organischen Halogenverbindungen beobachtet.

Abb. 95: Mehrkernige Arylacetylene zur wässrigen Emulsionspolymerisation

Da einige der Verbindungen in.Abb. 95 bei Raumtemperatur fest sind, wurde entweder bei 60° polymerisiert oder die Verbindungen wurden in einer kleinen Menge Toluol gelöst und bei Raumtemperatur emulgiert und polymerisiert.

Dabei führte das zuvorige Auflösen des Monomers in Toluol zu wesentlich kleineren Partikeln als die Emulgierung der entsprechenden Monomerschmelze. So wurden bei den Polymerisationen 271-274 (Tabelle 34) mit 20-35 nm sehr kleine Partikel erhalten. Dies ist vermutlich auf die geringere Viskosität dieser Lösungen zurückzuführen. Das eingesetzte Toluol verdunstete dabei nach der Polymerisation durch offenes Rühren der Dispersion an Luft.

Die trotz gleicher Methode mit 129 nm großen Partikel bei 268 sind vermutlich auf einen Eintrag von Gasblasen in die Dispersion während der Emulgierung zurückzuführen. Um bei den Polymerisationen bei 60°C eine Vergleichbarkeit mit der Polymerisation von Phenylacetylen zu gewährleisten, wurde letzteres in 263 ebenfalls bei 60°C in Emulsion polymerisiert. Dabei wurden ähnlich wie bei früheren Polymerisationen69 bei Raumtemperatur runde Partikel mit einer Größe von 131 nm erhalten. Auch bei einem Monomer:Katalysatorverhältnis von 1:22500 gelang eine Polymerisation praktisch quantitativ.

Da die kommerziell erhältlichen Monomere 105, 106 und 107 nur in kleinen Mengen zur Verfügung standen, wurden sie nur in einem Ansatz von je 0.25g eingesetzt. Als Vergleich zum Phenylacetylen diente Polymerisation 262, welche unter gleichen Bedingungen durchgeführt wurde. Ein Gesamtvolumen von nur 2.5 ml ermöglichte hier zwar mit früheren Polymerisationen von Phenylacetylen vergleichbare Polymergehalte von ca. 10% in den Dispersionen, führte jedoch zu etwas anderen Emulgierungsbedingungen.

Dabei wurde in allen Fällen ein gelber Latex mit einem quantitativen Umsatz des Monomers erhalten. Die Partikelgrößen lagen bei den Monomeren 105 und 107 (264 und 277) mit 117 und 77 nm im für Miniemulsionspolymerisation typischen Bereich, bei Monomer 106 (265) koagulierte das Polymer jedoch.

Dies ist jedoch vermutlich auf das mit 2.5 ml extrem kleine Gesamtvolumen zurückzuführen, für das die verwendete Ultraschallsonotrode nicht ausgelegt war. Die bimodale Verteilung bei der Polymerisation von unsubstituiertem Phenylacetylen ist dagegen vermutlich auf die hohe eingesetzte Katalysatormenge von 2 µmol zurückzuführen, wodurch die Polymerisation

bereits in gewissem Maße während der Emulgierung einsetzte und diese behinderte.

Tabelle 34: Wässrige Emulsionspolymerisation von Arylacetylenen aus Abb. 95 Nr. Monomer P:Pd=6:1, 1 % SDS, 2 min Ultraschall, 1h Polymerisation bei 25°C, 1 Tropfen Methansulfonsäure 1) Vor Emulgierung Monomer in gleichem (2) dreifachem) Gewicht Toluol gelöst, 3) DLS, volumengemittelt 4) bestimmt durch Fällung in MeOH

Eine Emulsionspolymerisation des Ethinylpyrens 5 war ebenfalls möglich, es wurden stabile violette Polymerdispersionen mit runden Partikeln (Abb. 96) erhalten. Der Umsatz konnte jedoch nicht bestimmt werden, da die ausgefällten Polymere unlöslich waren und nicht sichergestellt werden konnte, ob Monomeranteile darin eingeschlossen waren. Eine Polymerisation von Monomer 4 (272) führte bei der Emulsionspolymerisation zur Koagulation. Eine Polymerisation dieses Monomers in Methanol führte zwar zu einem Feststoff, jedoch verlief die Polymerisation nur unvollständig. Es wurde vermutet, dass eine größere Menge Monomer im Polymer eingeschlossen war.

Abb. 96: Dispersion 275 (Tabelle 34), links: Polymerstruktur, Mitte: TEM-Aufnahme, rechts:

DLS-Größenverteilung.

Die Dispersionen der mehrkernigen Aromaten Poly-19, Poly-6 und Poly-5 wiesen Absorptionsbanden im sichtbaren Bereich des Spektrums auf (Abb. 97).

Dabei besaß Poly-19 (271) mit 496 nm die längstwellige Absorption.

Abb. 97: Absorptionsspektren der Latices 261, 268, 271, 273 und 274 (Küvetten von links nach rechts) (Tabelle 34)

Zusammenfassend kann die Aussage getroffen werden, dass mit dem verwendeten in-situ-Katalysatorsystem eine Polymerisation in Anwesenheit von Alkoholen und Sulfonsäuren problemlos funktionierte, bei Aldehyden und Aminen aber langsam bzw. aufgrund der Salzbildung im sauren Medium eingeschränkt. Carbonsäuren hingegen stören die Polymerisation.

Arylacetylene ließen sich mit Ausnahme der carbonsäure- bzw. halogenhaltigen Monomere alle mittels wässriger Emulsionspolymerisation polymerisieren, jedoch wurde eine wesentlich geringere Aktivität des Katalysators festgestellt.

Dies wurde besonders bei der Polymerisation des besonders sterisch anspruchsvollen Arylacetylens 4 beobachtet.