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5 Latex-Herstellungsverfahren

5.1 Emulsionspolymerisation

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Abbildung 5-1: schematische Darstellung der Emulsionspolymerisation; M: Monomertropfen; S: mit Monomer gefüllte Mizelle (Seifenmizelle); L: Latexpartikel; : Monomermolekül; o−−−− : Tensidmolekül [35]

Meist ist keine Aufarbeitung nötig, da das Produkt als Latex die gewünschte Form aufweist.

Man muss jedoch berücksichtigen, dass der Latex durch den Emulgator sowie Initiator- und Monomerreste verunreinigt vorliegt.

Ein weiteres Merkmal ist, dass eine Vielzahl von Monomerarten, sowie binäre und ternäre Monomermischungen polymerisiert werden können.

5.1.1 Qualitative Beschreibung nach Harkins

Die Grundlagen der Emulsionspolymerisation sollen anhand der von Fikentscher[30] und Harkins[36] entwickelten Theorien betrachtet werden. Harkins hat die Emulsionspolymerisation für eine anschauliche, qualitative Betrachtung in drei Phasen aufgeteilt:

- Teilchenbildungsphase - Teilchenwachstumsphase - Monomerverarmungsphase

Während der Teilchenbildungsphase besteht das System aus Wasser und Mizellen, die durch Zusatz einer Emulgatormenge oberhalb der cmc gebildet wurden. Des Weiteren befinden sich durch den Emulgator stabilisierte Monomertropfen sowie durch den Zerfall des Initiators entstandene, wasserlösliche Radikale in der Mischung.

Monomer diffundiert nun aus den Monomertropfen in den hydrophoben Teil der Mizellen und wird dort solubilisiert. Ein Radikal trifft auf die Mizelle und initiiert die Polymerisation des solubilisierten Monomers, woraufhin der Latex entsteht. Die Polymerisation der Monomertropfen ist zu vernachlässigen, da es aufgrund der größeren Oberfläche der Latexteilchen wahrscheinlicher ist, dass ein Oligomerradikal auf eine Mizelle trifft als auf

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einen Monomertropfen. Auf diese Weise entstehen viele kleine Latexpartikel. In diese diffundiert weiteres Monomer, um verbrauchtes Monomer zu ersetzen. Da der Durchmesser eines Latexteilchens um ein vielfaches kleiner ist, als der eines Monomertropfens, und die Anzahl der Latexteilchen stetig steigt, sinkt der mittlere Durchmesser der emulgierten Teilchen. Dadurch vergrößert sich die Oberfläche an der immer mehr Emulgatormoleküle aus Mizellen adsorbiert werden, bis die Emulgatorkonzentration unter die cmc fällt. Ab diesem Zeitpunkt entstehen keine weiteren Latexteilchen mehr.

Die Polymerisation in der wässerigen Phase ist nur bei wasserlöslichen Monomeren von Bedeutung und wird hier nicht berücksichtigt.

In der Teilchenwachstumsphase diffundiert weiteres Monomer in die Mizellen. Durch das Quellgleichgewicht mit den Monomertropfen bleibt die Konzentration des Monomers in den Mizellen in diesem Abschnitt weitgehend gleich. Es wird genauso viel Monomer in die Latexpartikeln nachgeliefert, wie dort durch Polymerisation verbraucht wird. Dadurch hat man eine nahezu gleich bleibende Reaktionsgeschwindigkeit. Durch das Teilchenwachstum wird ein großer Teil des im Wasser gelösten Emulgators adsorbiert, wodurch die Oberflächenspannung ansteigt.

Die Monomerverarmungsphase tritt ein, wenn nur noch Restmonomer in den Mizellen polymerisiert wird. Die Monomertröpfchen sind zu diesem Zeitpunkt aufgebraucht. Die Reaktionsgeschwindigkeit gehorcht nun einem Zeitgesetz 1. Ordnung bezogen auf die Monomerkonzentration. Die Reaktion klingt ab.

Abbildung 5-2: Darstellung der Kinetik

Bei einigen Monomeren kann man den so genannten Trommsdorff- oder Geleffekt[37, 38]

beobachten. Es handelt sich hierbei um einen autokatalytischen Anstieg der Reaktionsgeschwindigkeit. Ursache hierfür ist ein Viskositätsanstieg in den Latexteilchen während des Reaktionsverlaufs, wodurch die Radikalkettenabbruchsreaktion durch Diffusion aus dem Teilchen eingeschränkt wird. Daraufhin tritt der so genannte Glaseffekt ein, durch den die Reaktionsgeschwindigkeit stark abfällt, was durch Hemmung der Monomerdiffusion in die Latexteilchen hervorgerufen wird.

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In jeder der drei Phasen dominieren unterschiedliche Effekte die Kinetik der Emulsionspolymerisation, wodurch die mechanistische Analyse des Gesamtprozesses kompliziert wird.

Besonders kritisch ist in der 1. Phase die Anzahl der gebildeten Latexteilchen. Durch die so genannte Saat-Polymerisation versucht man diesen Unsicherheitsfaktor zu umgehen. Man gibt hier eine definierte Anzahl Saat-Latexteilchen ins System und startet die Polymerisation in der 2. oder 3. Phase.

5.1.2 Theorie nach Smith und Ewart

Diese Theorie stellt eine Quantifizierung der Betrachtung nach Harkins dar. Sie bezieht sich hauptsächlich auf Prozesse, die während der 2. und 3. Phase der Emulsionspolymerisation stattfinden. Sie beruht auf Beobachtungen die bei der Emulsionspolymerisation von Styrol gemacht wurden[39].

Die Bruttoreaktionsgeschwindigkeit innerhalb eines Latexteilchens vbr,L ist abhängig von der Initiatorkonzentration [I*] sowie von der Monomerkonzentration [M]L innerhalb der Mizelle.

Gleichung 5-1 vbr,L =kP[I*][M]L

kP: Geschwindigkeitskonstante der Polymerisation

Bei der Emulsionspolymerisation dringt etwa alle 10 Sekunden ein Radikal in ein Latexteilchen ein. Da diese sehr klein sind wird die wachsende Kette durch Eintritt eines zweiten Radikals durch Rekombination sofort abgebrochen. Dadurch entsteht ein periodischer Wechsel zwischen Zeiten in denen die Polymerisation voranschreitet und unterbrochen wird.

Dadurch sind zeitlich gemittelt nur 50% der Latexteilchen polymerisationsaktiv.

Gleichung 5-2 brL kP M L

v [ ]

, = 2

In einem definierten Volumen der Emulsion (Beispielsweise 1 mL), muss mit der Anzahl der Latexteilchen N in diesem Volumen multipliziert werden und in eine molare Einheit durch Division mit der Avogadro-Konstante NL umgerechnet werden.

Gleichung 5-3

L E P E

br N

M N

v k [ ]

, = 2

[M]E: Monomerkonzentration pro mL Latexteilchen

Die Polymerisationsgeschwindigkeit wird demnach von der Teilchenanzahl und der Monomerkonzentration bestimmt. Da die Teilchenzahl während der 2. und 3. Phase der Emulsionspolymerisation unverändert bleibt, ist die Reaktionsgeschwindigkeit nur von der Monomerkonzentration abhängig. In der 2. Phase bleibt die Monomerkonzentration innerhalb

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der Latexteilchen konstant, da stetig Monomer aus größeren Tropfen nachdiffundieren kann.

Somit bleibt die Bruttoreaktionsgeschwindigkeit unverändert (0. Ordnung).

Sind die Monomertropfen aufgebraucht, kommt die Nachdiffusion zum Stillstand und das System reagiert nach einem Zeitgesetz 1. Ordnung ab.

Der Polymerisationsgrad in einem Latexteilchen ergibt sich aus dem Verhältnis der Wachstumsgeschwindigkeit in den Latexteilchen vP,L=kP[M]L und der Eintrittsgeschwindigkeit ρ der Radikale.

Gleichung 5-4

ρ

L P n

M P k [ ]

=

Dringen sämtliche Primärradikale in Latexteilchen ein, dann gilt ρ=vR/E/N, wobei vR/E die Bildungsgeschwindigkeit der Primärradikale in einem mL Emulsion ist. Daraus folgt:

Gleichung 5-5 E

L E R

P

n M

N v

N

P k [ ]

/

=

Demnach ist der Polymerisationsgrad mit der Startgeschwindigkeit verknüpft. Die Zahl der Polymerteilchen ist ebenso von Bedeutung, da sie von der Zahl der eindringenden Primärradikale und der Emulgatorkonzentration abhängig ist.

Gleichung 5-6 N k 0.4

(

α[E]

)

0.6

µ ρ



= 

k: Konstante

µ: Wachstumsgeschwindigkeit des Latexteilchens

α: Oberfläche in cm2 die von einem Gramm Emulgator bedeckt wird [E]: Emulgatorkonzentration in mol/cm3

Daraus folgt nach Smith-Ewart:

Gleichung 5-7 N [I]0.4[E]0.6

Demnach kann man die Teilchenanzahl durch Erhöhung der Emulgator- und Initiatorkonzentration anheben. Laut Gleichung 5-1 und Gleichung 5-3 lässt sich so die Polymerisationsgeschwindigkeit vbr,E steigern. Nach Gleichung 5-7 kann man den dadurch verursachten Abfall des Polymerisationsgrades durch Erhöhung der Emulgatorkonzentration kompensieren.

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