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Emissionsl¨ oschung ¨ uber thermisch besetzte Ligandenfeldzust¨ ande 34

3.4 Nicht-Radiative Prozesse

3.4.1 Emissionsl¨ oschung ¨ uber thermisch besetzte Ligandenfeldzust¨ ande 34

Das Lumineszenzverhalten von ¨Ubergangsmetallkomplexen wird bei ausreichend tie-fen Temperaturen durch den emittierenden Triplett bestimmt und kann mit Hilfe der individuellen Eigenschaften der Triplett-Unterzust¨ande beschrieben werden. Mit zuneh-mender Temperatur l¨asst sich bei einigen Verbindungen ein starker Anstieg der

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Abbildung 3.5: Schematische Darstellung des thermisch aktivierten L¨oschprozesses

¨uber einen Ligandenfeldzustand (3MC). Die Abszisse gibt den Abstand zwischen Me-tallzentrum und Ligand wieder. Die Energiebarriere ∆EQ wird bei ausreichend thermi-scher Energie ¨uberwunden und der Zustand 3MCgem¨aß der Boltzmann-Statistik be-setzt. Neben der strahlungslosen Desaktivierung des Ligandenfeldzustands3MCin den elektronischen Grundzustand sind auch Reaktionspfade ausgehend vom3MC-Zustand m¨oglich. [150–153]

radiativen Rate beobachten. Dies kann zur vollst¨andigen Unterdr¨uckung der Emission f¨uhren. Grund f¨ur dieses Ph¨anomen ist oftmals die thermische Besetzung von Ligan-denfeldzust¨anden (dd*- oder MC-Zust¨ande), die eine hohe nicht-strahlende Desakti-vierungsrate aufweisen. [42, 150–160]

Die Population von d*-Orbitalen, die einen stark antibindenden Charakter besitzen, bewirkt Bindungsaufweitungen, die dazu f¨uhren, dass der Abstand zwischen Metall-zentrum und Ligand vergr¨oßert wird. Die Geometrie des dd*-Zustands ist folglich im Vergleich zum Grundzustand erheblich verzerrt. [161–164] Die durch die Bindungs-aufweitung reduzierten Kraftkonstanten dr¨ucken sich in den Potentialkurven durch eine schw¨achere Kr¨ummung sowie durch eine Verschiebung der Gleichgewichtslagen des tiefsten 3MC-Zustands im Vergleich zum elektronischen Grund- bzw. angeregten T1-Zustand aus (siehe Abb. 3.5). Außerdem f¨uhrt der gr¨oßere Abstand zwischen Me-tall und Ligand im angeregten Zustand zu einer niedrigeren Ligandenfeldst¨arke als im elektronischen Grundzustand. Durch die Verzerrung wird das Aufspaltungsmuster der d-Orbitale modifiziert. Die Energiebarriere, die ¨uberwunden werden muss um einen

Ligandenfeldzustand aus dem emittierenden Triplett-Zustand zu besetzen, wird als Aktivierungsenergie ∆EQ bezeichnet.

Die Desaktivierung ¨uber einen Ligandenfeldzustand verl¨auft mit Ratenkonstanten vonkQ ≈1012−1014s−1. [42, 156, 158, 165–168] Diese hohen ¨Ubergangsraten werden in der Literatur oft mit sich schneidenden Potentialfl¨achen der am ¨Ubergang beteiligten Zust¨ande begr¨undet. [152, 157, 158, 169] Außerdem wird in diesem Zusammenhang die Bildung eines ¨Ubergangszustands durch einen Bindungsbruch einer Metall-Ligand-Bindung diskutiert. [42, 151, 170] Dieser Prozess kann reversibel sein. Dar¨uber hinaus kann es zur vollst¨andigen Dissoziation eines Liganden oder zu Substitutionen kommen.

Die Desaktivierung ¨uber den Ligandenfeldzustand w¨are dann ein irreversibler Prozess.

[151, 169, 171]

Die strahlungslose Desaktivierung ¨uber Ligandenfeldzust¨ande stellt einen limitie-renden Faktor bez¨uglich OLED-Anwendungen vor allem bei blau emittierenden Kom-plexen dar. Ein Konzept, um die Aktivierungsenergie des L¨oschprozesses zu erh¨ohen, besteht darin, die 3MC-Zust¨ande zu destabilisieren. Dies kann durch Liganden mit h¨oheren Ligandenfeldst¨arken, wie beispielsweise Carbenen, geschehen. [172–174] Die durch die h¨ohere Ligandenfeldst¨arke hervorgerufene gr¨oßere energetische Aufspaltung der Metall-d-Orbitale birgt jedoch die Gefahr einer ¨Anderung des ¨Ubergangstyps, da nicht nur die unbesetzten d*-Orbitale energetisch angehoben sondern auch die besetz-ten d-Orbitale stabilisiert werden k¨onnen. Ein Beispiel hierf¨ur ist die ¨Anderung vom favorisierten MLCT-Typ von Ir(ppy)3 hin zum f¨ur OLED-Anwendungen unvorteilhaft langlebigeren LC-Typ bei Ir(ppy)2(CO)(Cl) durch die Substitution eines ppy-Liganden durch (CO)(Cl)-Gruppen mit h¨oheren Ligandenfeldst¨arken. [175]

Eine weitere M¨oglichkeit um die Ligandenfeldst¨arke zu erh¨ohen, besteht in der Be-einflussung der Metall-Ligand-Bindungsl¨angen. Bei Pt(II)-Komplexen mit dreiz¨ahnigen Liganden beispielsweise wird ¨uber k¨urzere Pt-C-Bindungen und einer damit verbun-denen Destabilisierung der 3MC-Zust¨ande gegen¨uber entsprechenden Komplexen mit zweiz¨ahnigen Liganden berichtet. [163, 176–178] Die Verwendung von Liganden mit mehr als zwei Koordinationsstellen erh¨oht zudem die Rigidit¨at eines Komplexes. Da-durch wird die Verzerrung der Geometrie im 3MC-Zustand gegen¨uber der Grundzu-standsgeometrie abgeschw¨acht. [163, 179–181] Diese Erh¨ohung der Rigidit¨at kann auch von außen durch die den Komplex umgebende Matrix bewirkt werden. [166, 182–184]

Abschließend sei noch angemerkt, dass die Desaktivierung ¨uber Ligandenfeldzust¨ande durch die Verwendung von Zentrallmetallen mit vollst¨andig besetzten d-Orbitalen, wie beispielsweise Cu(I), umgangen werden kann. [185, 186]

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3.4.2 Vibrationsl¨ oschung

Bei dem im vorhergehenden Abschnitt beschriebenen Desaktivierungsmechanismus ist neben dem Ausgangs- und Endzustand ein dritter Zustand beteiligt, der eine große nicht-radiative Rate aufweist. Die strahlungslose Relaxation des angeregten Zustands in den Grundzustand kann auch direkt stattfinden. Dieser Mechanismus wird als Vi-brationsl¨oschung bezeichnet. Eine allgemeine theoretische Herleitung f¨ur diesen Prozess findet man in [188–191]. Der strahlungslose ¨Ubergang zwischen dem angeregten Triplett und dem Singulett-Grundzustand wird durch eine vibronische Kopplung der beiden Zust¨ande durch geeignete Moden k und durch Spin-Bahn-Kopplung bewirkt. Die vibro-nische Kopplung bewirkt eine ¨Anderung im ¨Uberlapp der Wellenfunktionen des Grund-und angeregten Zustands. Durch die Beimischung von Singulett-Charakter in den an-geregten Triplett-Zustand durch Spin-Bahn-Kopplung wird außerdem das Spinverbot des strahlungslosen ¨Ubergangs teilweise aufgehoben. [187] Der nicht-radiative ¨ Uber-gang erfolgt vom Schwingungsgrundzustand des angeregten Tripletts bzw. der Triplett-Unterzust¨ande in einen energetisch gleich liegenden angeregten Schwingungszustand des elektronischen Grundzustands. Die Anregungsenergie wird dabei in die

Akzeptor-Abbildung 3.6: Schematische Darstellung der Vibrationsl¨oschung. Der angeregete Zustand koppelt durch geeignete Moden an den Grundzustand. Die Anregungsenergie wird vom Schwingungsgrundzustand des emittierenden Triplett auf energetisch gleich liegende Akzeptormoden des elektronischen Grundzustands ¨ubertragen. Daraufhin er-folgt durch interne Konversion eine Relaxation in den Schwingungsgrundzustand des elektronischen Grundzustands. [187]

moden des elektronischen Grundzustands ¨uberf¨uhrt. [187] Unter Annahme einer schwa-chen elektronisch-vibronisschwa-chen Kopplung (E0 Smν¯m) und im Tieftemperatur-Limit (¯νm kBT) kann ein Ausdruck f¨ur die nicht-radiative Rate der Vibrationsl¨oschung, das sogenannte Energiel¨uckengesetz, wie folgt angegeben werden: [187, 192–194]

ln(knr) = ln(β)− 1

Der erste Term dr¨uckt die elektronisch-vibronische Kopplung zwischen den beiden am Ubergang beteiligten elektronischen Zust¨¨ anden aus. β setzt sich aus einem Produkt von Spin-Bahn-Kopplungsintegralen HSO und Termen, die die vibronische Kopplung zwischen Grund- und angeregtem Zustand durch die induzierende Mode k beschreiben:

β ∝HSO·C2ωk

zusammen. [187] Qk ist die Normalkoordinate, ωk die Kreisfrequenz undMk die redu-zierte Masse einer mittleren induzierenden Vibrationsmode k. β ist f¨ur die drei Un-terzust¨ande des angeregten Tripletts individuell, analog zu den radiativen ¨ Ubergangs-prozessen (siehe Kap. 3.4). Dementsprechend k¨onnen sich die nicht-radiativen Raten der drei Triplett-Unterzust¨ande deutlich unterscheiden (siehe Kap. 4, 5). Die ¨ubrigen Terme in Gl. 3.5 sind bestimmt durch den ¨Uberlapp der Schwingungswellenfunktio-nen von Grund- und angeregtem Zustand. E0 symbolisiert die Energie des elektroni-schen 0-0- ¨Ubergangs, ¯νm die Energie der Akzeptormode des elektronischen Grundzu-stands und Sm den Huang-Rhys-Parameter, der die Verschiebung der Gleichgewichts-lagen der Potentialkurven der Schwingungszust¨ande von Grund- und angeregtem Zu-stand ausdr¨uckt (siehe Kap. 3.5.1). Niederfrequente intramolekulare Schwingungen und L¨osungsmitteleffekte werden in Gl. 3.5 durch die Halbwertsbreite der Emissionsbande

¯

ν1/2 ber¨ucksichtigt.

Ublicherweise wird der einfache lineare Zusammenhang zwischen ln(k¨ nr) und der Ubergangsenergie¨ E0 als Energiel¨uckengesetz bezeichnet. Diese Beziehung ergibt sich aus einer Vereinfachung von Gl. 3.5 unter der Voraussetzung, dass bei einer Serie von zu untersuchenden Komplexen die Desaktivierung des angeregten Zustands ¨uber dieselbe Akzeptormode verl¨auft und die elektronisch-vibronische Kopplung, die Huang-Rhys-Parameter sowie die L¨osungsmittelwechselwirkungen nahezu identisch sind. [187] Die

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G¨ultigkeit dieses vereinfachten Energiel¨uckengesetzes konnte an einer Reihe von Rh-, Ru-, Re,- und Os-Komplexen experimentell nachgewiesen werden. [171, 193, 195–198]

Aus Gl. 3.5 wird ersichtlich, dass die nicht-radiative Rate der Vibrationsl¨oschung umso gr¨oßer ausf¨allt, je kleiner die ¨Ubergangsenergie E0 zwischen Grund- und an-geregtem Zustand ist. Deshalb zeigt sich bei rot emittierenden Komplexen oft eine st¨arker ausgepr¨agte Vibrationsl¨oschung als bei gr¨un oder blau emittierenden Kom-plexen. Des Weiteren wirkt sich die gegen¨uber dem Grundzustand verzerrte Geometrie im angeregten Zustand auf den Huang-Rhys-Parameter aus (siehe Kap. 3.5.1). Mit zu-nehmendem Werten vonSm steigt die Rate der Vibrationsl¨oschung an. Will man diese Rate hingegen niedrig halten, so kann ¨uber starre Molek¨ulstrukturen eine Verzerrung zwischen Grund- und angeregtem Zustand vermindert werden. Beispiele hierf¨ur sind Pt(II)-Komplexe mit drei- [176–178, 180] oder vierz¨ahnigen Liganden (siehe Kap. 6 und [179]).