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Electron paramagnetic resonance (EPR) Spektroskopie MTSSL markierter Proteine

3.5 S PEKTROSKOPISCHE M ETHODEN

3.5.1 Electron paramagnetic resonance (EPR) Spektroskopie MTSSL markierter Proteine

EPR-Spektroskopie wurde zur Suche nach Peptid-Bindestellen auf der Oberfläche des SurA Moleküls herangezogen. Aufgrund der Tatsache, dass die Primärsequenz von SurA keine Cysteine aufweist, ist dieses Protein für das sogenannte site-directed spin labeling (SDSL) geeignet (Millhauser et al., 1995; Oh et al., 1999; Columbus und Hubbell, 2002). Es wurden an bestimmten Positionen in SurA, die mittels der bekannten 3D-Struktur von SurA ausgewählt wurden, Cysteinreste eingeführt (3.3.5.) und an diese die Radikalsonde 1-oxyl-2, 2, 5, 5-tetramethylpyrroline-methyl-Methanthiosulfonat (Stone et al., 1965; Berliner et al., 1982) über Thiol-Kopplung kovalent gebunden (Kirby et al., 2004). Aufgrund des freien Elektrons am

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Stickstoffatom diente die Radikalsonde (Abb. 10) als Werkzeug der electron paramagnetic resonance (EPR) Spektroskopie zur Untersuchung der Umgebung in einem gewissen Radius um die Sonde (Owenius et al., 1999; Ikryannikova et al., 2004). Für die hier angelegte Fragestellung nach einer Bindung eines Peptides in einem bestimmten Bereich um die Sonde ist die Information über den Grad der Immobilisation der Sonde entscheidend (Steinhoff, 2004). Anders ausgedrückt: im Falle einer Bindung von Peptiden in räumlicher Nähe zur Sonde ist eine verstärkte Immobilisierung der Sonde zu erwarten. Gleichzeitig kann auch durch Konformationsänderung des Proteins eine indirekte Änderung des Immobilisationsgrades verursacht werden. Daher kann Aufschluss über eine Bindung eines Substrates oder eine Konformationsänderung, verursacht durch das Substrat, gewonnen werden. Die wichtigsten Charakteristika der EPR Spektroskopie werden hier näher erörtert.

CH3

Abb. 10: Chemische Struktur von (1-oxyl-2, 2, 5, 5-tetramethylpyrroline--methyl) Methanthiosulfonat (MTSSL). Die Radikalsonde besitzt ein freies Radikal am Stickstoffatom, welches bei der EPR Spektroskopie mit Mikrowellen Bestrahlung und einem angelegten Magnetfeld von Bereich von 3195 bis 3295 Gauß ein charakteristisches Resonanzsignal liefert.

Ähnlich wie der NMR-Spektroskopie, bei der entweder Distanzen zwischen Resten eines Makromoleküls oder zwischen einem Ligand und einer Bindungsstelle ermittelt werden, wird bei der EPR der Abstand eines bestimmten Atoms zu einen unbestimmten weiteren Atom gemessen (Freifelder, 1982). Grundlegend basiert das Prinzip auf einem paramagnetischen Zentrum, z.B. ein ungepaartes Elektron, das von einem fluktuierenden magnetischen Feld, erzeugt durch den ungepaarten Elektronenspin, umgeben ist. Ein Spektrum dieses Feldes verbreitert sich, wenn ein weiteres Atom in eine gewisse räumliche Nähe gelangt und dadurch das Magnetfeld beeinflusst wird (3.5.1). Das Spektrum wird bei Kontakt und/oder Änderung der Hydrophobizität sowie anderer Parameter des Umfeldes breiter und gibt somit Aufschluss über die Mobilität der Sonde, was wiederum auf den Zustand der Umgebung schließen lässt (Kirby et al., 2004; Steinhoff, 2004).

Die meisten chemischen Verbindungen besitzen gepaarte Elektronen, somit ist das magnetische Nettomoment gleich null. Substanzen mit ungepaarten Elektronen sind paramagnetisch, weil sich in dem gleichen Orbital kein zweites Elektron mit entgegen gesetztem Spin und somit auch entgegen gesetztem magnetischem Moment befindet. Das magnetische Moment des ungepaarten Elektrons wird nicht durch das zweite Elektron neutralisiert, das ungepaarte Elektron ist paramagnetisch und mittels EPR detektierbar (Mortimer, 1973). Ein Elektron

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besitzt ein magnetisches Spinmoment, welches zwei Orientierungen, mit der Spinquantenzahl mS

½, im Raum einnehmen und mit einem äußeren Magnetfeld interagieren kann (Freifelder, 1982).

Ein einzelnes Elektron mit gegebenem Spin verhält sich dabei wie ein kleiner Magnet, d.h. es orientiert sich entweder parallel oder antiparallel zur Ausrichtung des Magnetfeldes. Die Resonanzbedingung, also die Energiedifferenz zwischen zwei Spin Zuständen des Elektrons in einem Magnetfeld B, lautet nach Atkins (1990):

∆E = ge µB B

mit ge = g-Faktor, eine Konstante mit einem Wert von 2,00232 für ein freies Elektron (Kurad et al., 2003}, µB = Bohrsches Magneton (9,27408 × 10–24 J T–1); B = Magnetfeld

Somit ist die Resonanzbedingung bei

hv = ge µB B gegeben.

Bei Erfüllung der Resonanzbedingung findet eine verstärkte Strahlungsabsorption statt. Bei der EPR Spektroskopie wird mit einer Feldstärke gemessen, bei der die Elektronen in Resonanz mit monochromatischer Strahlung kommen (Atkins, 1990). Es wird dazu ein Magnetfeld im Bereich von ca. 3000 Gauß angelegt und die Resonanz mit elektromagnetischer Strahlung der Frequenz von ca. 9 GHz (Wellenlänge von 3 cm) induziert. Diese Frequenz gehört zum so genannten X-Band des Mikrowellenbereiches. Ein EPR Spektrum wird erzeugt, indem man die Mikrowellen-Absorption bei einer Änderung des Magnetfeldes detektiert. Das Signal der Mikrowellen-Absorption wird jedoch noch verändert, denn das resultierende Spektrum wird als die 1. Ableitung der Absorption nach der Feldstärke ausgegeben (Abb. 11).

Man betrachtet nun die Anordnung der hier verwendeten Radikalsonde am Stickstoffkern. Es handelt sich hierbei um ein Radikal mit einem ungepaarten 2p π-Orbital Elektron. Beim 14 N-Kern (Konfiguration: 1s2 2s2 2px1 2py1 2pz1) mit der Spinquantenzahl I = 1 sind drei Spinorientierungen erlaubt und ein Spektrum wird in drei Linien gleicher Intensität aufgespalten, da jede dieser drei Orientierungen von 1/3 der Radikale einer Probe besetzt wird. Die drei p-Orbitale im Stickstoff, die je ein Elektron beherbergen sind jedoch energetisch identisch und nur durch das Anlegen eines äußeren magnetischen Feldes werden bestimmte Resonanzlinien in mehrere Linien aufgespalten (Mortimer, 1973). Diese Erscheinung wird als Zeemann-Effekt bezeichnet und für Stickstoff (I = 1) sind drei Zustände beschrieben, der mit ml. = +1 wird um µBB angehoben, der mit ml. = 0 bleibt unverändert und der mit ml. = –1 wird um µBB erniedrigt (ml. =magnetisches Bahnmoment, µB = Bohrsches Magneton; B = Magnetfeld). Es kommt zur Hyperfeinaufspaltung, also zur Aufspaltung einzelner Resonanzlinien in mehrere Komponenten (Atkins, 1990), die generell für Kerne mit der Spinquantenzahl = I zu einer Aufspaltung des

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EPR-Spektrums in 2I+1 Hyperfeinstruktur-Linien gleicher Intensität führt (Cantor und Schimmel, 1980; Freifelder, 1982). Diese Aufspaltung wird durch die Anzahl möglicher Orientierungen der magnetischen Momente des Atomkerns bestimmt.

Abb. 11: (A): Registrierung des Absorptionssignal S bei einem angelegten magnetischen Feld B. (B):Die 1. Ableitung der Absorption nach der magnetischen Feldstärke liefert das endgültige Spektrum; (Modifiziert nach Atkins, 1990).

Zwei wichtige Faktoren haben Einfluss auf den Verlauf eines EPR-Spektrums. Der bereits erwähnte g-Faktor ist ein Proportionalitätsfaktor, ein sogenannter Tensor (gxx, gyy, gzz), der oft orientierungsabhängig, sprich anisotrop ist. Der Wert hängt von der Elektronenkonfiguration des untersuchten Radikals ab und liegt bei einem freien Elektron bei 2,0023. Weiterhin ist die Wechselwirkung des ungepaarten Elektrons und des Kernspins als Hyperfeinaufspaltung zu berücksichtigen. Dieses geschieht durch die Verwendung eines weiteren Tensors, A, der die anisotrope Hyperfein-Wechselwirkung beschreibt. Ein EPR-Spektrum kann nun näherungsweise durch den Hamilton-Operator quantitativ beschrieben werden (Hoppe et al., 1982):

H = |ß|⋅SgHO+hSTI

mit S, I und HO als Vektoren des Elektronenspins (S), des Kernspins (I) und des äußeren Magnetfeldes (HO). Desweiteren mit g als Tensor des g-Faktors und h als Planck Konstante, ß als Bohrsches Magneton. Der g-Faktor wie auch der A-Tensor sind nun äußerst empfindlich bezüglich der gegenseitigen Orientierung des Magnetfeldes und des 2p π-Orbitals (Hoppe et al.,

Signal S

Feld B

Feld B

Signal S

A

B

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1982). Das freie, ungepaarte Elektron ist in Nitroxid-Radikalsonden im 2p πz-Orbital lokalisiert (Wegener, 2000; Kurad et al., 2003). Im Falle einer senkrechten Orientierung des Magnetfeldes HO zur Längsachse der Sonde und damit auch zur z-Achse des 2p π-Orbitals ist ein Spektrum zu erhalten, das eine völlige Mobilität des Elektrons zeigt (Abb. 12B), während bei einer parallelen Ausrichtung des Magnetfeldes zur z-Achse des 2p π-Orbitals ein immobilisierter Zustand vorherrscht (Abb. 12A). Die Spektren zeigen Extremfälle der völligen Immobilisierung, durch einen Signalverlauf mit verbreiterten peaks charakterisiert, und der sehr schnellen Rotation, durch ein scharfes Triplettspektrum gekennzeichnet (Hoppe et al., 1982).

Abb. 12: Schematische Darstellung der Anisotropie des EPR-Spektrums einer Nitroxid Radikalsonde Bei Veränderungen (Polarität des Lösungsmittels, pH, Interaktionen mit benachbarten Atomen) der Umgebung steigt der Beitrag der anisotropen Hyperfein-Wechselwirkung (A-Tensor) was verbreiterte Spektralbanden verursacht (A). In diesem Fall der völligen Immobilisierung ist das Magnetfeld parallel (HO) zur z-Achse des 2p π-Orbitals ausgerichtet. Sind die, die Radikalsonde umgebenden Einflüsse und somit die des A-Tensors sehr gering, ist das Magnetfeld senkrecht (HO) zur z-Achse des 2p π-Orbitals orientiert (B); (Modifiziert nach Hoppe et al., 1982).

Die Wechselwirkung aus der Umgebung, die solche Veränderungen des A-Tensors und somit des Spektrums hervorrufen, sind u.a. durch Faktoren wiedergegeben. Diese Faktoren sind im A-Tensor, der von anisotropen Hyperfein-Wechselwirkungen bestimmt wird, enthalten. Als entscheidende Einflüsse sind Viskosität des umgebenden Mediums, der pH-Wert, die Interaktion mit benachbarten Seitenketten und die Dipol-Dipol-Wechselwirkungen speziell durch die anisotropen Hyperfein-Wechselwirkungen berücksichtigt, festzuhalten (Wegener et al., 2000; Hammarström et al., 2001; Kurad et al., 2003; Ikryannikova et al., 2004; Steinhoff, 2004).

Mit der Methode der positionsspezifischen Radikalsonde steht ein potentes Werkzeug zur Verfügung, mit dem über die Mobilität der Nitroxid-Seitenkette ortstypische Informationen über Bindungen oder Konformationsänderungen gewonnen werden können (Wegener et al., 2000; 2001). Man erhält Informationen über die Beschaffenheit, die Sekundär- und Tertiär-struktur der nahe gelegenen Umgebung zur Bindungsstelle der Radikalsonde (Pfeiffer et al., 1999).

2 A

2 A

A B

g

g

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3.5.2 Modifikationen von SurA-Cys-Proteinen mit der Radikalsonde